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26. Was uns mißtrauisch machen kann, ist, daß Manche drei Grundfarben zu erkennen glaubten, Manche vier. Manche hielten dafür, daß Grün eine Zwischenfarbe von Blau und Gelb sei, und mir z.B. kommt das falsch vor auch abgesehen von jeder ''Erfahrung''. | 26. Was uns mißtrauisch machen kann, ist, daß Manche drei Grundfarben zu erkennen glaubten, Manche vier. Manche hielten dafür, daß Grün eine Zwischenfarbe von Blau und Gelb sei, und mir z.B. kommt das falsch vor auch abgesehen von jeder ''Erfahrung''. | ||
Blau und Gelb, sowie Rot und Grün, erscheinen mir als Gegensätze - aber das mag einfach daherrühren, daß ich gewöhnt bin, sie im Farbenkreis an entgegengesetzten Punkten zu sehen. | |||
Ja, welche ''Wichtigkeit'' hat für mich (sozusagen psychologisch) die Frage nach der Zahl der Reinen Farben? | |||
27. Ich scheine ''ein'' logisch Wichtiges zu sehen: Wenn man Grün eine Zwischenfarbe von Blau und Gelb nennt, dann muß man z.B. auch sagen können, was ein nur leicht bläuliches Gelb heißt, oder ein nur etwas gelbliches Blau. Und diese Ausdrücke sagen mir gar nichts. Aber könnten sie nicht einem Andern etwas sagen? | |||
Wer mir also die Farbe einer Wand so beschreibe, "Sie war ein etwas rötliches Gelb," den könnte ich so verstehen, daß ich aus einer Zahl von Mustern ein annähernd richtiges wählen könnte. Wer die Farbe aber ''so'' beschriebe, sie sei ein etwas bläuliches Gelb, dem könnte ich so ein Muster nicht zeigen. - Man pflegt hier zu sagen, man könne sich in einem Falle die Farbe vorstellen, im andern nicht, - aber dieser Ausdruck ist irreführend, denn man braucht hier gar nicht an das Auftauchen eines Bildes vor dem inneren Auge zu denken. | |||
28. Wie es ein absolutes Gehör gibt und Leute, die es nicht besitzen, so könnte man sich doch denken, daß es mit Bezug auf das Farben sehen eine große Zahl verschiedener Veranlagungen gäbe. | |||
Vergleiche z.B. den Begriff 'satte Farbe' mit 'warme Farbe'. Müßten alle Leute 'warme' und 'kalte' Farben kennen? Es sei denn, daß man sie einfach lehrt, eine bestimmte Disjunktion von Farben so, bezw. so zu nennen. | |||
Könnte nicht z.B. ein ''Maler'' gar keinen Begriff von 'vier reinen Farben' haben, ja es lächerlich finden, von solchen zu reden? | |||
29. Oder auch so: Was ginge Menschen ab, denen dieser Begriff gar nicht natürlich ist? | |||
30. Frage so: Weißt du, was "rötlich" bedeutet? Und wie zeigst du, daß du's weißt? | |||
Sprachspiele: "Zeige ein rötliches Gelb (Weiß, Blau, Braun)!" - "Zeige ein noch rötlicheres!" - "Ein weniger rötliches!" etc. Beherrschst du nun diese Spiele, so wird verlangt, "Zeig ein etwas rötliches Grün!” Nimm nun zwei Fälle an: Der eine: Du zeigst daraufhin auf eine Farbe (und immer auf die gleiche), z.B. (etwa) auf ein Olivgrün - der andere: Du sagst, "Ich weiß nicht, was das heißt," oder "Das gibt's nicht." | |||
Man könnte geneigt sein zu sagen, der Eine habe einen andern Farbbegriff als der Andre; oder einen andern Begriff von '...lich.' | |||
31. Wir reden von "Farbenblindheit" und nennen sie einen ''Defekt''. Aber es könnte leicht mehrere verschiedene Anlagen geben, von denen keine gegen die andre offenbar minderwertig ist. - Und denk auch daran, daß ein Mensch durch's Leben gehen kann, ohne daß seine Farbenblindheit bemerkt wird, bis eine besondere Gelegenheit sie zum Vorschein bringt. | |||
32. So können also verschiedene Menschen verschiedene Farbbegriffe haben? - ''Etwas'' verschiedene. In einem oder dem andern Zug verschiedene. Und das wird ihre Verständigung mehr, oder weniger, oft beinahe gar nicht beeinträchtigen. | |||
33. Hier möchte ich eine allgemeine Bemerkung über die Natur der philosophischen Probleme machen. Die philosophische Unklarheit ist quälend. Sie wird als beschämend empfunden. Man fühlt: man kennt sich nicht aus, wo man sich auskennen ''sollte''. Und dabei ''ist'' es doch nicht so. Wir können sehr wohl leben, ohne diese Unterscheidungen, auch ohne sich hier auszukennen. | |||
34. Wie hängen Farbenmischung und "Zwischenfarbe zusammen? Man kann offenbar von Zwischenfarben in einem Sprachspiel reden, worin Farben gar nicht durch Mischung erzeugt werden, sondern nur vorhandene Farbtöne ''gewählt'' werden. | |||
Und doch ist ''ein'' Gebrauch des Begriffes der Zwischenfarbe auch, die Farbenmischung zu erkennen, die einen Farbton erzeugt. | |||
35. Lichtenberg sagt, nur wenige Menschen hätten je reines Weiß gesehen. So verwenden also die Meisten das Wort falsch? Und wie hat ''er'' den richtigen Gebrauch gelernt? - Vielmehr: er hat aus dem tatsächlichen einen Idealgebrauch konstruiert. Wie man eine Geometrie konstruiert. Aber mit "Ideal" ist hier nicht etwas besonders Gutes, sondern nur etwas auf die Spitze getriebenes gemeint. | |||
36. Und freilich kann so ein erfundener uns wieder über den wirklichen Gebrauch belehren. | |||
Und es könnte auch sein, daß wir, z.B. für wissenschaftliche Zwecke, einen neuen Begriff des 'reinen Weiß' ''einführen''. | |||
(Ein solcher neuer Begriff entspräche dann etwa dem chemischen Begriff eines 'Salzes'.) | |||
37. Inwiefern ist Weiß und Schwarz mit Gelb, Rot und Blau zu vergleichen, und inwiefern nicht? | |||
Hätten wir eine gewürfelte Tapete aus roten, blauen, grünen, gelben, schwarzen und weißen Quadraten, so wären wir nicht geneigt zu sagen, sie sei aus ''zweierlei'' Bestandteilen zusammengesetzt, aus 'farbigen' und 'unfäbigen' etwa. | |||
38. Denken wir uns nun, daß Menschen nicht farbige und schwarzweiß Bilder kontrastierten, sondern farbige und blau-weiß Bilder. D.h.: könnte nicht auch Blau als keine ''eigentliche'' Farbe empfunden (und d.h. gebraucht) werden? | |||
39. Meinem Gefühl nach löscht Blau das Gelb aus, - aber warum sollte ich nicht ein etwas grünliches Gelb ein "bläuliches Gelb" nennen und Grün eine Zwischenfarbe von Blau und Gelb, und ein stark bläuliches Grün ein etwas gelbliches Blau? | |||
40. In einem grünlichen Gelb merke ich noch ''nichts'' Blaues. - Grün ist für mich eine besondere Station auf dem farbigen Wege von Blau nach Gelb, und Rot ist auch eine. | |||
41. Was hätte Einer vor mir voraus, der einen direkten Farbenweg zwischen Blau und Gelb kennte? Und wie zeigt es sich, daß ich so einen Weg nicht kenne? - Liegt alles an den mir möglichen Sprachspielen mit der Form "...lich"? | |||
42. Man wird sich also fragen müssen: wie sähe es aus, wenn Menschen Farben kennten, die auch unsre Normalsichtigen nicht kennen? Diese Frage wird sich im allgemeinen nicht eindeutig beantworten lassen. Denn es ist nicht ohne weiteres klar, daß wir von solchen Abnormen sagen ''müssen'', sie kennten andere ''Farben''. Es gibt ja kein allgemein anerkanntes Kriterium dafür, was eine Farbe sei, es sei denn, daß es eine unsrer Farben ist. | |||
Und doch ließen sich Umstände denken, unter welchen wir sagen würden, "Diese Leute sehen außer den unsern noch andere Farben." |