MLavazza
Diese Bemerkung bezieht sich auf den ersten Abschnitt von Th. Skolems Begründung der Elementaren Arithmetik durch die Rekurrierende Denkweise ohne Anwendung Scheinbarer Veränderlichen mit Unendlichem Ausdehnungsbereich (Videnskapsselskapets Skrifter. 1 Math.-Naturv. Klasse 1923, No. 6.). Die Stelle lautet:
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§1
Die Addition
Ich will eine deskriptive Funktion zweier Veränderlichen a und b einführen, die ich durch a + b bezeichne und die Summe von a und b nennen will, indem sie für b = 1 eben die auf a folgende Zahl a + 1 bedeuten soll. Diese Funktion ist also schon für b = 1 für beliebige a als definiert anzusehen. Um sie allgemein zu definieren, brauche ich sie dann nur für b + 1 für beliebige a zu definieren, wenn sie schon für b für beliebige a als definiert angenommen wird. Das geschieht durch folgende Definition:
Df. 1. a + (b + 1) = (a + b) + 1.
Hierdurch wird also die Summe von a und b + 1 gleich der auf a + b folgenden Zahl gesetzt. Ist also die Addition schon definiert für beliebige Werte von a für eine gewisse Zahl b, so ist durch Df. 1 die Addition für beliebige a für b + 1 erklärt und ist somit allgemein definiert. Es ist dies ein typisches Beispiel einer rekurrierenden Definition.
Satz 1. Das assoziative Gesetz: a + (b + c) = (a + b) + c.
Beweis: Der Satz gilt für c = 1 kraft Df. 1. Ich nehme an, daß er für ein gewisses c für beliebige Werte von a und b gültig ist. Dann muß für beliebige Werte von a und b
(α) a + (b + (c + 1)) = a + ((b + c) + 1),
da nämlich nach Df. 1 b + (c + 1) = (b + c) + 1. Nach Df. 1 muß aber auch
(β) a + ((b + c) + 1) = (a + (b + c)) + 1
sein. Der Annahme nach soll nun a + (b + c) = (a + b) + c sein, woraus
(γ) (a + (b + c)) + 1 = ((a + b) + c) + 1.
Nach Df. 1 haben wir endlich auch
(δ) ((a + b) + c) + 1 = (a + b) + (c + 1).
Aus (α), (β), (γ) und (δ) folgt
a + (b + (c + 1)) = (a + b) + (c + 1),
wodurch der Satz für c + 1 für unbestimmt gelassene a und b bewiesen ist. Der Satz gilt also allgemein. Dies ist ein typisches Beispiel eines rekurrierenden Beweises (Beweis durch vollständige Induktion).‹
Am Rande seines Exemplars zieht Wittgenstein Pfeile auf ›Satz 1‹ und auf (α) und schreibt: ›Das c ist in beiden Fällen eine andere Art von Variable‹. Er macht ein Fragezeichen bei dem Gleichheitszeichen in (γ); und bei den Worten in (δ) ›wodurch der Satz für c + 1 für unbestimmt gelassene a und b bewiesen ist‹ wieder ein Fragezeichen und ›Übergang?‹. Man vergleiche oben, S. 144, Fußnote: ›Wenn man den falschen Übergang von dem variablen Satz zum allgemeinen Satz macht...‹.