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Und doch ließen sich Umstände denken, unter welchen wir sagen würden, "Diese Leute sehen außer den unsern noch andere Farben." | Und doch ließen sich Umstände denken, unter welchen wir sagen würden, "Diese Leute sehen außer den unsern noch andere Farben." | ||
28.3. | |||
43. Man muß in der Philosophie nicht nur in jedem Fall lernen, ''was'' über einen Gegenstand zu sagen ist, sondern ''wie'' man über ihn zu reden hat. Man muß immer wieder erst die Methode lernen wie er anzugehen ist. | |||
44. Oder auch: In jedem ernstern Problem reicht die Unsicherheit bis in die Wurzeln hinab. | |||
45. Man muß immer gefaßt sein, etwas ''gänzlich'' Neues zu lernen. | |||
46. In den Farben: Verwandschaft, und Gegensatz. (Und das ist Logik.) | |||
47. Was heißt es, "Das Braun ist dem Gelb verwandt"? | |||
48. Heißt es, daß sich die Aufgabe, ein etwas bräunliches Gelb zu wählen, ohne weiteres verstünde? (Oder ein etwas gelblicheres Braun.) | |||
49. Die färbige Vermittlung zwischen zwei Farben. | |||
50. "Gelb ist dem Rot verwandter als dem Blau." – | |||
51. Der Unterschied zwischen Schwarz-Rot-Gold und Schwarz-RotGelb. – Gold gilt hier als Farbe. | |||
52. Tatsache ist, daß wir im Stande sind, uns über die Farben der Dinge mittels sechs Farbnamen zu verständigen. Auch, daß wir die Wörter "Rötlichgrün," "Gelblichblau" etc. nicht verwenden. | |||
53. Beschreibung eines Zusammenlegspiels durch die Beschreibung der Steine. Ich nehme an, daß diese nie eine räumliche Form erkennen lassen, sondern uns als flache ein- oder mehrfarbige Stückchen erscheinen. Erst zusammengestzt wird etwas ein 'Schatten', ein 'Glanz', cine 'konkave oder konvexe einfärbige Fläche' etc. | |||
54. Ich kann sagen: Dieser Mann unterscheidet nicht Rot und Grün. Kann ich aber sagen: Wir Normalen unterscheiden Rot und Grün? Wir könnten aber sagen: "Wir sehen ''hie''r zwei Farben, jener nur ''eine''." | |||
55. Die Beschreibung der ''Phänomene'' der Farbenblindheit gehört zur Psychologie. Also auch die der Phänomene des normalen Farbensehens? Gewiß, – aber was setzt so eine Beschreibung voraus, und für wen ist es eine Beschreibung, oder besser: welcher Hilfsmittel bedient sie sich? Wenn ich sage, “Was setzt sie voraus?" so heißt das, "Wie muß Einer auf ''sie'' schon reagieren, um sie zu ''verstehen''?" "Wer in einem Buch die Phänomene der Farbenblindheit beschreibt, beschreibt sie mit den Begriffen der Sehenden." | |||
56. Dieses Papier ist an verschiedenen Stellen verschieden hell; aber kann ich sagen, es sei nur an gewissen Stellen weiß, an den andern aber grau?? – Ja, wenn ich es malte, würde ich allerdings für die dunklern Stellen ein Grau mischen. | |||
Eine Flächenfarbe ist eine Qualität einer Fläche. Man könnte also versucht sein, sie keinen reinen Farbbegriff zu nennen. Aber was wäre dann ein ''reiner''?! | |||
57. Es ist nicht richtig, daß in einem ''Bild'' das Weiße stets die hellste Farbe sein muß. Wohl aber in einer flächenhaften Kombina tion von Farbflecken. Ein Bild könnte ein Buch weißen Papiers im Schatten darstellen und heller als dieses einen gelb, oder blau, oder rötlich leuchtenden Himmel. Beschreibe ich aber eine ebene Fläche, eine Tapete z.B.: sie bestehe aus rein gelben, roten, blauen, weißen und schwarzen Quadraten, so können die gelben nicht heller sein als die weißen, die roten nicht heller als die gelben. | |||
Darum waren die Farben für Goethe Schatten. | |||
58. Es scheint einen fundamentalern: Farbbegriff zu geben, als den der Oberflächenfarbe. Er wäre, möchte man denken, darzustellen entweder durch kleine farbige Elemente des Gesichtsfeldes, oder durch leuchtende Punkte nach Art der Sterne. Aus diesen Punktfarben, oder kleinen Farbflecken setzten sich auch die größeren farbigen Ausdehnungen zusammen. So daß man also den Farbeindruck von einer Oberfläche beschreiben könnte, indem man die vielen kleinen Farbflecken in ihren Lagen angäbe. | |||
Aber wie soll man z.B. so ein kleines Farbmuster mit einem Stück der größeren Oberfläche vergleichen? Welche Umgebung soll das Farbmuster haben? | |||
59. Wir sind im gewöhnlichen Leben beinahe von lauter unreinen Farben umgeben. Um so merkwürdiger, daß wir einen Begriff von ''reinen'' Farben gebildet haben. | |||
29.3 | |||
60. Warum reden wir nicht von einem 'reinen' Braun? Ist der Grund davon bloß die Stellung des Braun zu den andern 'reinen' Farben, seine Verwandschaft mit ihnen allen? – Braun ist vor allem nur Oberflächenfarbe. D.h.: es gibt kein ''klares'' Braun, sondern nur ein Trübes. Auch: Braun enthält Schwarz. – (?) – Wie müßte sich ein Mensch benchmen, daß man von ihm sagen könnte, er kenne ein ''reines'', ''primäres'', Braun? | |||
61. Wir müssen uns immer wieder die Frage vorhalten: Wie lernt der Mensch die Bedeutung der Farbnamen? | |||
62. Was heißt "Braun enthält Schwarz"? Es gibt mehr und weniger schwärzliches Braun. Gibt es eins, was gar nicht mehr schwärzlich ist? Es gibt gewiß nicht eins, welches gar nicht ''gelblich'' ist. | |||
63. Wenn wir so weiter überlegen, so fallen uns nach und nach 'interne Eigenschaften' einer Farbe ein, an die wir anfangs nicht gedacht hatten. Und das kann uns den Gang einer philosophischen Untersuchung zeigen. Wir müssen immer gewärtig sein, daß eine neue, die wir nicht bedacht haben, uns einfällt. | |||
64. Wir dürfen auch nicht vergessen, daß unsre Farbwörter den Eindruck einer Fläche charakterisieren, auf der unser Blick herumschweift. Dazu sind sie da. | |||
65. "Braunes Licht". Angenommen es werde vorgeschlagen, ein Lichtsignal auf der Straße sollte ''braun'' sein. | |||
66. Es ist nur ''zu erwarten'', daß wir Adjektive finden werden, die (wie ja z.B. "schillernd") Farbcharakteristika einer ausgedehnten Fläche sind, oder auch einer kleinen Ausdehnung in einer ''bestimmten Umgebung'' ("schimmernd", "flimmernd", "glänzend", "leuchtend"). | |||
67. Ja, die reinen Farben haben nicht einmal besondere allgemein gebrauchte Namen, so wenig wichtig sind sie uns. | |||
68. Denken wir uns jemand malte jedes beliebige Stück der Natur, und zwar in den naturgetreuen Farben. Jeder Flächenteil so eines Gemäldes hat eine bestimmte Farbe. Welche Farbe? Wie bestimme ich ihren Namen? Soll sie den Namen des Pigments haben, das er aufgetragen hat, unter dem es z.B. zu kaufen ist? Aber könnte nicht in der besondern Umgebung ein solches Pigment ganz anders ausschen als auf der Palette? | |||
69. So kämen wir also vielleicht dazu, kleinen Farbstückchen auf einem schwarzen Grund (z.B.) besondere Namen zu geben. | |||
Ich will damit eigentlich zeigen, daß es gar nicht a priori klar ist, welches die ''einfachen'' Farbbegriffe sind. | |||
30.3 | |||
70. Es ist nicht wahr, daß eine dunklere Farbe zugleich eine schwärzlichere ist. Das ist ja klar. Ein sattes Gelb ist dunkler, aber nicht schwärzlicher als ein Weißlichgelb. Aber Amber ist auch nicht ein 'schwärzliches Gelb'. (?) Und doch redet man, auch von einem 'schwarzen' Glas oder Spiegel. – Liegt die Schwierigkeit darin, daß ich mit "Schwarz" wesentlich eine Oberflächenfarbe meine? | |||
Ich würde von einem Rubin nicht sagen, er habe ein schwärzliches Rot, denn das würde auf ''Trübe'' deuten. (Anderseits erinnere dich, daß sich Trübe und Durchsichtigkeit ''malen'' lassen.) | |||
71. Ich behandle die Farbbegriffe ähnlich wie die Begriffe der Sinnesempfindungen. | |||
72. Die Farbbegriffe sind ähnlich zu behandeln wie die Begriffe der Sinnesempfindungen. | |||
73. Es gibt nicht ''den'' reinen Farbbegriff. | |||
74. Woher aber dann die Täuschung? Ist sie nicht eine vorschnelle Vereinfachung in der Logik wie jede andre? | |||
75. D.h.: die verschiedenen Farbbegriffe sind wohl eng mit einander verwandt, die verschiedenen 'Farbwörter' haben einen verwandten Gebrauch, aber es sind mancherlei Unterschiede. | |||
76. Runge sagt, es gebe durchsichtige und undurchsichtige Farben. Aber ein Stück grünes Glas wird in einem Bild darum nicht mit einem andern Grün gemalt als grünes Tuch. | |||
77. Es ist ein eigentümlicher Schritt der Malerei, ein Glanzlicht durch eine Farbe darzustellen. | |||
78. Die Unbestimmtheit im Begriff der Farbe liegt vor allem in der Unbestimmtheit des Begriffs der Farbengleichheit, also der Methode des Vergleichen der Farben. | |||
79. Es gibt Goldfarbe, aber Rembrandt hat einen goldenen Helm nicht mit Goldfarbe dargestellt. | |||
80. Was macht Grau zu einer neutralen Farbe? Ist es etwas Physiologisches, oder etwas Logisches? | |||
Was macht die bunten Farben zu ''bunten''? Liegt es im Begriff, oder in Ursache und Wirkung? | |||
Warum nimmt man in den 'Farbenkreis' nicht Weiß und Schwarz auf? Nur weil das gegen ein Gefühl in uns streitet? | |||
81. Es gibt kein leuchtendes Grau. Gehört das zum Begriff des Grau, oder zur Psychologie, also zur Naturgeschichte, des Grau? Und ist es nicht seltsam, daß ich das nicht weiß? | |||
82. Daß die Farben ihre charakteristischen Ursachen und Wirkungen haben, das wissen wir. | |||
83. Grau ist zwischen zwei Extremen (Schwarz und Weiß), und kann eine Tönung von jeder andern Farbe annehmen. | |||
84. Wäre es denkbar, daß jemand alles, was wir weiß sehen, schwarz sähe, und umgekehrt? | |||
85. In einem bunten Muster könnte Schwarzes und Weißes neben Rotem und Grünem etc. sein, ohne als andersartig sich abzusondern | |||
Nur im Farbenkreis fiele es heraus. Schon weil sich Schwarz und Weiß mit allen andern Farben mischen; besonders auch: beide mit ihrem Gegenpol. | |||
86. Kann man sich nicht vorstellen, daß Menschen eine andere Farbengeometrie hätten, als unsre normale? Und das heißt natürlich: kann man es beschreiben, kann man der Aufforderung es zu beschreiben ohne weiteres nachkommen, weiß man also ''unzweideutig'', was von uns verlangt wird? | |||
Die Schwierigkeit ist offenbar die: Zeigt uns nicht gerade die Farbengeometrie, wovon die Rede ist, daß nämlich von den Farben die Rede ist? | |||
87. Die Schwierigkeit es sich vorzustellen (oder es sich auszumalen) ist also eigentlich die, zu wissen, wann man sich ''das'' ausgemalt hat. D.h., die Unbestimmtheit der Aufforderung, es sich vorzustellen. | |||
88. Die Schwierigkeit ist also, zu wissen, was hier als das Analogon eines uns Bekannten zu betrachten ist. | |||
89. Eine Farbe, die als Farbe einer Wand 'schmutzig' wäre, ist es darum nicht in einem Gemälde. | |||
90. Ich bezweifle, daß Goethes Bemerkungen über die Charaktere der Farben für einen Maler nützlich sein können. Kaum für einen Dekorateur. | |||
91. Gäbe es eine Harmonielehre der Farben, so würde sie etwa mit einer Einteilung der Farben in verschiedene Gruppen anfangen und gewisse Mischungen oder Nachbarschaften verbieten, andere erlauben; und sie würde, wie die Harmonielehre, ihre Regeln nicht begründen. | |||
92. Kann uns das kein Licht aufstecken über die ''Art'' jener Unterscheidungen zwischen den Farben? | |||
93. [Wir sagen nicht, A wisse etwas, B das Gegenteil. Setzt man aber statt "wissen" "glauben", so ist es ein Satz.] | |||
94. Runge an Goethe: "Wenn man sich ein bläuliches Orange, ein rötliches Grün oder ein gelbliches Violett denken will, wird einem so zu Muthe wie bei einem südwestlichen Nordwinde." | |||
Ebendaselbst: "Weiß sowohl als Schwarz sind beide undurchsichtig oder körperlich..... Weißes Wasser wird man sich nicht denken können, was rein ist, so wenig wie klare Milch. Wenn das Schwarze bloß dunkel machte, so könnte es wohl klar sein; da es aber schmutzt, so kann es solches nicht." | |||
95. In meinem Zimmer um mich her sind verschieden gefärbte Gegenstände. Es ist leicht, ihre Farben anzugeben. Wenn ich aber gefragt würde, welche Farbe ich jetzt von hier aus, an ''dieser'' Stelle meines Tisches etwa, sehe, so könnte ich darauf nicht antworten; die Stelle ist weißlich (weil der braune Tisch hier von der hellen Wand aufgehellt wird), sie ist jedenfalls weit heller als das Übrige des Tisches, aber ich könnte nicht aus Farbmustern eins auswählen, das die gleiche Färbung hätte wie diese Stelle des Tisches. |