Bemerkungen über die Farben: Difference between revisions

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222. Denn, daß man sich etwas 'Grauglühendes' nicht denken kann, gehört nicht in die Psychologie der Farbe.
222. Denn, daß man sich etwas 'Grauglühendes' nicht denken kann, gehört nicht in die Psychologie der Farbe.
223. Denk dir, es würde uns gesagt, daß eine Substanz mit grauer Flamme brennt. Du kennst doch nicht die Farbe der Flammen sämtlicher Stoffe: warum sollte das also nicht möglich sein? Und doch hieße es nichts. Wenn ich so etwas hörte, würde ich nur denken, die Flamme sei ''schwach leuchtend''.
224. Was leuchtend ''aussieht'', sieht nicht grau aus. Alles Graue ''sieht'' beleuchtet ''aus''.
Daß aber etwas 'leuchtend aussehen' kann, das macht die Verteilung der Helligkeiten im Gesehenen, aber es gibt auch ein 'etwas ''als'' leuchtend sehen', man kann unter gewissen Umständen, reflektiertes Licht für das Licht eines leuchtenden Körpers halten.
225. Ich könnte also etwas ''jetzt'' als schwach leuchtend, ''jetzt'' als grau schen.
226. Was man als leuchtend sieht, sieht man nicht als grau. Wohl aber kann man es als weiß sehen.
227. Man redet von einem 'dunkelroten Schein', aber nicht voneinem 'schwarzroten'.
228. Es gibt einen ''Eindruck'' des Leuchtens.
229. Es ist nicht dasselbe zu sagen: der Eindruck des Weißen oder Grauen kommt nur unter diesen Bedingungen zustande (kausal), und daß er der Eindruck eines bestimmten Kontextes ist (Definition). (Das erste ist Gestaltpsychologie, das zweite Logik).
230. 'Urphänomen' ist z.B. was Freud an den einfachen Wunschträumen zu erkennen glaubte. Das Urphänomen ist eine vorgefaßte Idee, die von uns Besitz ergreift.
231. Erschiene mir in der Nacht ein Gespenst, so könnte es mit einem schwachen weiblichen Schein leuchten; sähe es aber grau aus, so müßte das Licht von woanders zu kommen scheinen.
232. Die Psychologie, wenn sie vom Schein spricht, verbindet Schein mit Sein. Wir aber können vom Schein allein sprechen, oder wir verbinden Schein und Schein.
233. Man könnte sagen, die Farbe des Gespenstes sei die, die ich auf der Palette mischen muß, um es genau abzumalen.
Wie aber bestimmt man, was das genaue Bild ist?
234. Die Psychologie verbindet das Erlebte mit etwas Physischem, wir aber das Erlebte mit Erlebtem.
235. Man könnte Halbdunkel im Halbdunkel malen. Und die 'richtige Beleuchtung' eines Bildes könnte das Halbdunkel sein. (Bühnenmalerei.)
236. Eine glatte weiße Fläche kann spiegeln: Wie nun, wenn man sich irrte, und das, was in einer solchen Fläche gespiegelt erscheint, wirklich hinter ihr wäre und durch sie gesehen würde? Wäre sie dann weiß-durchsichtig? Auch dann entspräche, was wir sehen, nicht dem färbigen Durchsichtigen.
237. Man spricht von einem 'schwarzen Spiegel'. Aber wenn er spiegelt, ''verdunkelt'' er zwar, sieht aber nicht schwarz aus und sein Schwarz 'schmutzt' nicht.
238. Warum ertrinkt Grün im Schwarz, und Weiß nicht?
239. Es gibt Farbbegriffe, die sich nur auf die visuelle Erscheinung einer Fläche beziehen, und es könnte solche geben, die sich nur auf die Erscheinung durchsichtiger Medien, oder vielmehr den visuellen Eindruck solcher, beziehen. Man könnte auch ein weißes Glanzlicht auf Silber etwa nicht "weiß" nennen wollen, und es von der weißen Farbe einer Oberfläche unterscheiden. Daher, glaube ich, das Reden von "durchsichtigem" Licht.
240. Wenn man einem Kind die Farbbegriffe so beibrachte, daß man auf gefärbte Flammen, oder gefärbte durchsichtige Körper zeigte, so würde die Eigentümlichkeit von Weiß, Grau und Schwarz klarer zu Tage kommen.
241. Daß nicht alle Farbbegriffe logisch gleichartig sind, sieht man leicht. Man sieht leicht den Unterschied der Begriffe: 'Farbe des Goldes' oder 'Farbe des Silbers' und 'gelb' oder 'grau'.
Daß aber ein einigermaßen verwandter Unterschied zwischen 'Weiß' und 'Rot' besteht, ist schwer zu sehen.
242. Milch ist nicht darum undurchsichtig, weil sie weiß ist, – als wäre das Weiß etwas undurchsichtiges.
Wenn schon 'Weiß' ein Begriff ist, der sich nur auf eine visuelle Oberfläche bezieht, warum gibt es dann nicht einen dem 'Weiß' verwandten Farbbegriff, der sich auf Durchsichtiges bezieht?
243. Ein Medium, durch welches ein schwarz und weißes Muster (Schachbrett) unverändert erscheint, wird man nicht weiß gefärbt nennen wollen, auch wenn es die übrigen Farben ins Weibliche verändert.
244. Grau und schwach erleuchtetes oder leuchtendes Weiß kann in ''einem'' Sinne die gleiche Farbe sein, denn wenn ich dieses ''male'', muß ich vielleicht auf der Palette jenes mischen.
245. Ob ich etwas als grau oder als weiß sche, kann davon abhängen, wie ich die Dinge um mich beleuchtet sehe. In einem Zusammenhang ist die Farbe für mich weiß in schlechter Beleuchtung, im andern grau in guter Beleuchtung
246. Der Eimer, den ich vor mir sehe, ist glänzend weiß glasiert, ich könnte ihn unmöglich "grau" nennen oder sagen: "Ich sehe eigentlich grau". Aber er hat ein Glanzlicht, das weit heller ist als seine übrige Fläche, und, da er rund ist, geht er vom Licht allmählich in den Schatten über, ohne doch anders gefärbt zu erscheinen.
247. Welches ist die Farbe des Eimers an ''dieser'' Stelle? Wie soll ich's entscheiden?
248. Es gibt zwar nicht Phänomenologie, wohl aber phänomenologische Probleme.
249. Man möchte sagen: Beimischung von Rot verdünnt die Farben nicht, Beimischung von Weiß verdünnt sie.
Anderseits empfindet man Rosa oder ein weibliches Blau nicht immer als verdünnt.
250. Kann man sagen: "Leuchtendes Grau ist Weiß"?
251. Die Schwierigkeiten, die wir beim Nachdenken über das Wesen der Farben begegnen (mit denen sich Goethe durch die Farbenlehre auseinandersetzen wollte), liegen schon darin beschlossen, daß wir nicht nur einen Begriff der Farbengleichheit haben, sondern deren mehrere, mit einander verwandte.
252. Die Frage ist: Welcher Art muß das Gesichtsbild sein, wenn wir es das eines gefärbten durchsichtigen Mediums nennen sollen? Oder auch: Wie muß etwas ausschauen, damit es uns als gefärbt und durchsichtig erscheint? Dies ist keine Frage der Physik, aber mit physikalischen Fragen verbunden.
253. Wie ist unser Gesichtsbild beschaffen, welches wir dasjenige eines farbigen durchsichtigen Mediums nennen?
254. Es gibt scheinbar, was man "Stoffarben" und was man "Oberflächenfarben" nennen kann.
255. Unsre Farbbegriffe beziehen sich manchmal auf Substanzen (Schnee ist weiß), manchmal auf Oberflächen (dieser Tisch ist braun), manchmal auf die Beleuchtung (im rötlichen Abendschein), manchmal auf durchsichtige Körper. Und gibt es nicht auch eine Anwendung auf eine Stelle im Gesichtsfeld logisch unabhängig von einem räumlichen Zusammenhang?
Kann ich nicht sagen: “Dort sehe ich weiß" (und es etwa malen), auch wenn ich das Gesichtsbild gar nicht räumlich deuten kann? (Fleckfarbe) (Ich denke an eine pointillistische Malweise.)
256. Eine Farbe allgemein benennen können, heißt noch nicht, sie genau kopieren können. Vielleicht kann ich sagen "Dort sehe ich eine rötliche Stelle" und kann doch nicht eine Farbe mischen, die ich als genau gleich anerkenne.
257. Male etwa, was du siehst, wenn du die Augen schließt! Und doch kannst du es ''ungefähr'' beschreiben.
258. Denke an die Farben von poliertem Silber, Nickel, Chrom etc., oder an die Farbe eines Ritzers in diesen Metallen.
259. Ich gebe einer Farbe einen Namen "F" und sage, es sei die Farbe, die ich dort sehe. Oder vielleicht male ich mein Gesichtsbild und sage dann einfach "Ich sehe ''dies''”. Nun, welche Farbe ist an ''dieser'' Stelle meines Bildes? Wie bestimm ich es? Ich führe etwa das Wort "Kobaldblau" ein: Wie fixiere ich, was 'K' ist? Ich könnte ein Papier als Paradigma dieser Farbe nehmen oder den Farbstoff in einem Topf. Wie bestimmt ich nun, daß eine Oberfläche (z.B.) diese Farbe habe? Alles kommt auf die Vergleichsmethode an.