Bemerkungen über die Farben: Difference between revisions

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Und doch ist auch in dieser Betrachtungsweise etwas Falsches. Denn Einer könnte, während er handelt, wirklich etwas zu sich selbst sagen und dies könnte z.B. ganz konventionell sein.
Und doch ist auch in dieser Betrachtungsweise etwas Falsches. Denn Einer könnte, während er handelt, wirklich etwas zu sich selbst sagen und dies könnte z.B. ganz konventionell sein.
301. Daß ich eines Menschen Freund sein kann beruht darauf, daß er die gleichen oder ähnliche ''Möglichkeiten'' hat wie ich selbst.
302. Wäre es richtig zu sagen, in unsern Begriffen spiegelt sich unser Leben?
Sie stehen mitten in ihm.
303. Die Regelmäßigkeit unsrer Sprache durchdringt unser Leben.
304. Von wem würden wir sagen, er habe unsern Begriff des Schmerzes nicht? Ich könnte annehmen, er kenne Schmerzen nicht, aber ich will annehmen, er kenne sie; er gibt also Schmerzäußerungen von sich und man könnte ihm die Worte "Ich habe Schmerzen" beibringen. Soll er auch fähig sein sich seiner Schmerzen zu erinnern? – Soll er Schmerzäußerungen der Andern als solche erkennen; und wie zeigt sich das? Soll er Mitleid zeigen – Soll er gespielten Schmerz ''als solchen'' verstehen?
305. "Ich weiß nicht, ''wie'' ärgerlich er war." "Ich weiß nicht, ob er wirklich ärgerlich war." – Weiß er's selbst? Nun fragt man ihn, und er sagt "Ja, ich war's."
306. Was ist denn das: die ''Unsicherheit'' darüber, ob der Andre ärgerlich war? Ist es ein Zustand der Seele des Unsichern? Warum soll der uns beschäftigen? Sie liegt in dem Gebrauch der Aussage "Er ist ärgerlich."
307. Aber Einer ist unsicher, der Andre kann sicher sein: er 'kennt den Gesichtsausdruck' dieses Menschen, wenn er ärgerlich ist. Wie lernt er dieses Anzeichen des Ärgers als solches kennen? Das ist nicht leicht zu sagen.
308. Aber nicht nur: "Was heißt es über den Zustand des Andern unsicher sein?" – sondern auch: "Was heißt es '''Wissen'', sicher sein, daß jener sich ärgert'?"
309. Hier könnte man nun fragen, was ich denn eigentlich will, wieweit ich die Grammatik behandeln will.
310. Es ist etwas gemeinsam der Sicherheit, daß er mich besuchen wird, und der Sicherheit, daß er sich ärgert. Es ist auch etwas dem Tennisspiel und dem Schachspiel gemeinsam, aber niemand würde hier sagen: "Ganz einfach: sie spielen beide male, nur eben etwas andres." Man sieht in ''diesem'' Falle die Unähnlichkeit mit "Er ißt einmal eine Apfel, ein andermal eine Birne", während man sie in jenem Fall nicht so leicht sieht.
311. "Ich weiß, daß er gestern angekommen ist." – "Ich weiß, daß 2 × 2 = 4 ist." – "Ich weiß, daß er Schmerzen hatte." – "Ich weiß, daß dort ein Tisch steht."
312. Ich weiß jedesmal, nur immer etwas anderes? ''Freilich'', – aber die Sprachspiele sind weit verschiedener, als es uns bei diesen Sätzen zu Bewußtsein kommt.
313. "Die Welt der physikalischen Gegenstände und die Welt des Bewußtseins." Was weiß ich von ''dieser''? Was mich meine Sinne lehren? Also, wie das ist, wenn man sieht, hört, fühlt etc. etc. – Aber lerne ich das wirklich? Oder lerne ich wie das ist, wenn ''ich jetzt'' sehe, höre etc, und ''glaube'', daß es auch früher so war?
314. Was ist eigentlich die '<nowiki/>''Welt''' des Bewußtseins? Da möchte ich sagen: "Was in meinem Geist vorgeht, jetzt in ihm vorgeht, was ich sche, höre, ...." Könnten wir das nicht vereinfachen und sagen: "Was ich jetzt sehe." –
315. Die Frage ist offenbar: Wie vergleichen wir physikalische Gegenstände – wie Erlebnisse?
316. Was ist eigentlich die 'Welt des Bewußtseins'? – Was in meinem Bewußtsein ist: was ich jetzt sehe, höre, fühle.... – Und was, z.B., sehe ich jetzt? Darauf kann die Antwort nicht sein: "Nun, ''alles das''", mit einer umfassenden Gebärde.
317. Wenn der an Gott Glaubende um sich sieht und fragt "Woher ist alles, was ich sehe?" "Woher das alles?", verlangt er ''keine'' (kausale) Erklärung; und der Witz seiner Frage ist, daß sie der Ausdruck dieses Verlangens ist. Er drückt also eine Einstellung zu allen Erklärungen aus. – Aber wie zeigt sich die in seinem Leben? Es ist die Einstellung, die eine bestimmte Sache ernst nimmt, sie aber dann an einem bestimmten ''Punkte'' doch nicht ernst nimmt, und erklärt, etwas anderes sei noch ernster.
So kann Einer sagen, es ist sehr ernst, daß der und der gestorben ist, ehe er ein bestimmtes Werk vollenden konnte; und in anderem Sinne kommt's darauf gar nicht an. Hier gebraucht man die Worte "in einem tiefern Sinne".
Eigentlich möchte ich sagen, daß es auch hier nicht auf die ''Worte'' ankommt, die man ausspricht oder auf das, was man dabei denkt, sondern auf den Unterschied, den sie an verschiedenen Stellen im Leben machen. Wie weiß ich, daß zwei Menschen das gleiche meinen, wenn jeder sagt, er glaubt an Gott? Und ganz dasselbe kann man bezüglich der drei Personen sagen. Die Theologie, die auf den Gebrauch ''gewisser'' Worte und Phrasen dringt und andere verbannt, macht nichts klarer. (Karl Barth.) Sic fuchtelt sozusagen mit Worten herum, weil sie etwas sagen will und nicht weiß, wie man es ausdrücken kann. ''Die Praxis'' gibt den Worten ihren Sinn.
318. Ich beobachte diesen Fleck. "Jetzt ist er ''so''" – dabei zeige ich etwa auf ein Bild. Ich mag ständig das gleiche ''beobachten'' und was ich ''sehe'', mag dabei gleichbleiben, oder sich ändern. Was ich beobachte und was ich sehe hat nicht die gleiche Art der Identität. Denn die Worte "dieser Fleck" z.B. lassen die Art der Identität, die ich meine, nicht erkennen.
319. "Die Psychologie beschreibt die Phänomene der Farbenblindheit und auch des normalen Sehens." Was sind die 'Phänomene der Farbenblindheit'? Doch die Reaktionen des Farbenblinden, durch die er sich vom Normalen unterscheidet. Doch nicht ''alle'' Reaktionen des Farbenblinden, z.B. auch die, durch welche er sich vom Blinden unterscheidet. – Kann ich den Blinden lehren, was Sehen ist, oder kann ich den Sehenden dies lehren? Das heißt nichts. Was heißt es denn: das ''Sehen'' zu beschreiben? Aber ich kann Menschen die Bedeutung der Worte "blind" und "schend" lehren und zwar lernt sie der Sehende, wie der Blinde. Weiß denn der Blinde, wie das ist, wenn man sieht? Aber weiß es der Sehende?! Weiß er auch, wie es ist, Bewußtsein zu haben?
Aber kann nicht der Psychologe den Unterschied zwischen dem Benehmen des Sehenden und des Blinden beobachten? (Der Meteorologe den Unterschied zwischen Regen und Trockenheit?) Man könnte doch z.B. den Unterschied des Benehmens beobachten von Ratten, denen man die Barthaare genommen hat, und von unverstümmelten. Und das könnte man nennen vielleicht, die Rolle dieses Tastapparates zu beschreiben – {{Check}}Das Leben der Blinden ist anders als das Leben der Sehenden.
320. Der Normale kann z.B. erlernen, nach Diktat zu schreiben Was ist das? Nun, der Eine spricht, der Andre schreibt was jener spricht. Sagt er also z.B. den Laut ''a'', so schreibt der Andre das Zeichen "a" etc. – Muß nun nicht, wer diese Erklärung ''versteht'', das Spiel entweder schon gekannt haben, nur vielleicht nicht unter diesem Namen, – oder es durch die Beschreibung gelernt haben? Aber Karl der Große hat gewiß das Prinzip des Schreibens verstanden und doch nicht schreiben lernen können. So kann also auch der die Beschreibung der Technik verstehen, der diese nicht erlernen kann. Aber es gibt eben zwei Fälle des Nicht-Erlernen-Könnens. In einem erlangen wir bloß eine Fertigkeit nicht, im andern fehlt uns das Verständnis. Man kann Einem ein Spiel ''erklären'': Er mag diese Erklärung verstehen, aber das Spiel nicht erlernen können, oder unfähig sein, eine Erklärung des Spiels zu verstehen. Es ist aber auch das Umgekehrte denkbar.
321. "Du siehst den Baum, der Blinde sieht ihn nicht." Das müßte ich einem Sehenden sagen. Und also einem Blinden: "Du siehst den Baum nicht, wir sehen ihn"? Wie wäre das, wenn der Blinde zu sehen glaubte, oder ich glaubte, ich könnte nicht sehen?
322. Ist es ein Phänomen, daß ich den Baum sche? Es ist eins, daß ich dies richtig als Baum erkenne, daß ich nicht blind bin.
323. "Ich sehe einen Baum" als Äußerung des visuellen Eindrucks, ist es die Beschreibung eines Phänomens? ''Welches'' Phänomens? Wie kann ich Einem dies erklären?
Und ist es nicht doch für den Andern ein Phänomen, daß ich diesen Gesichtseindruck habe? Denn es ist etwas, was er beobachtet, aber nicht etwas, was ich beobachte.
Die Worte "Ich sehe einen Baum" sind nicht die Beschreibung eines Phänomens. (Ich könnte z.B. nicht sagen "Ich sehe einen Baum! Wie merkwürdig!", wohl aber: "Ich sehe einen Baum, obwohl keiner da ist. Wie merkwürdig!")
324. Oder soll ich sagen: "Der Eindruck ist kein Phänomen; daß L. W. diesen Eindruck hat, ist eins"?
325. (Man könnte sich denken, daß Einer den Eindruck gleichsam wie einen Traum, vor sich hinspricht, ohne das Pronomen der ersten Person.)