Bemerkungen über die Farben: Difference between revisions

no edit summary
No edit summary
No edit summary
Line 1,102: Line 1,102:


325. (Man könnte sich denken, daß Einer den Eindruck gleichsam wie einen Traum, vor sich hinspricht, ohne das Pronomen der ersten Person.)
325. (Man könnte sich denken, daß Einer den Eindruck gleichsam wie einen Traum, vor sich hinspricht, ohne das Pronomen der ersten Person.)
326. Beobachten ist nicht das gleiche wie betrachten oder anblicken. "Betrachte diese Farbe und sag, woran sie dich erinnert." Ändert sich die Farbe, so betrachtest du nicht mehr die, welche ich meinte.
Man beobachtet, um zu sehen, was man nicht sähe, wenn man nicht beobachtet[e].
327. Man sagt etwa: "Betrachte diese Farbe für einige Zeit." Das tut man aber nicht, um mehr zu ''sehen'', als man auf den ersten Blick gesehen hatte.
328. Könnte in einer "Psychologie" der Satz stehen: "Es gibt Menschen, welche ''sehen''"?
Nun, wäre das falsch? – Aber wem wird hier etwas mitgeteilt? (Und ich meine nicht nur: Was mitgeteilt wird, sei schon längst bekannt.)
329. Ist mir bekannt, daß ich sehe?
330. Man könnte sagen wollen: Wenn es solche Menschen nicht gäbe, so auch den Begriff des ''Sehens'' nicht. – Aber könnten nicht Marsbewohner so etwas sagen? Sie haben etwa durch Zufall zuerst lauter Blinde bei uns kennen gelernt.
331. Und wie kann es unsinnig sein, zu sagen "es gibt Menschen, welche sehen", wenn es nicht unsinnig ist, zu sagen, es gibt Menschen, welche blind sind?
Aber der Sinn des Satzes "Es gibt Menschen, welche sehen", d.h. seine mögliche Verwendung, ist jedenfalls nicht sogleich klar.
332. Könnte das Sehen nicht ''Ausnahme'' sein? Aber beschreiben könnten es weder die Blinden noch die Sehenden, es sei denn als Fähigkeit das und das zu tun. Z.B. auch, gewisse Sprachspiele zu spielen; aber da muß man achtgeben, wie man diese Sprachspiele beschreibt.
333. Sagt man "Es gibt Menschen, welche sehen", so folgt die Frage: "Und was ''ist'' 'sehen'?" Und wie soll man sie beantworten? Indem man dem Fragenden den Gebrauch des Wortes "Sehen" beibringt?
334. Wie wäre es mit dieser Erklärung: "Es gibt Menschen, die sich benehmen wie du und ich, und nicht wie dieser da, der Blinde"?
335. "Du kannst, mit offenen Augen, über die Straße gehen, ohne überfahren zu werden etc."
Die Logik der ''Mitteilung''.
336. Damit, daß ein Satz von der Form einer Mitteilung eine Verwendung hat, ist noch nichts über die ''Art'' seiner Verwendung gesagt.
337. Kann der Psychologe mir mitteilen, was Sehen ist? Was ''nennt'' man "mitteilen, was Sehen ist"?
Nicht der Psychologe lehrt mich den Gebrauch des Wortes "sehen".
338. Wenn der Psychologe uns mitteilt "Es gibt Menschen, welche sehen", so können wir ihn fragen "Und was nennst du 'Menschen, welche schen'?" Darauf wäre die Antwort von der Art "Menschen, die unter den und den Umständen so und so reagieren, sich so und so benehmen". "Sehen" wäre ein Fachwort des Psychologen, das er uns erklärt. Sehen ist dann etwas, was er an dem Menschen beobachtet hat.
339. Wir lernen die Ausdrücke "ich sehe ...", "er sieht ..." etc. gebrauchen, ehe wir zwischen Sehen und Blindheit unterscheiden lernen.
340. "Es gibt Menschen, welche reden können.", "Ich kann einen Satz sagen.", "Ich kann das Wort 'Satz' aussprechen.", "Wie Du siehst, bin ich wach.", "Ich bin hier."
341. Es gibt doch eine Belehrung darüber, unter welchen Umständen ein gewisser Satz eine Mitteilung sein kann. Wie soll ich diese Belehrung nennen?
342. Kann man sagen, ich habe ''beobachtet'', daß ich und Andre mit offenen Augen gehen können, ohne anzustoßen, und daß wir's mit geschlossenen Augen nicht können?
343. Wenn ich Einem mitteile, ich sei nicht blind, ist das eine Beobachtung? Ich kann ihn jedenfalls durch mein Benehmen davon überzeugen.
344. Ein Blinder könnte leicht herausfinden, ob auch ich blind sci; indem er z.B. eine bestimmte Handbewegung macht und mich fragt, was er getan hat.
345. Können wir uns nicht einen blinden Volkstamm denken? Könnte er nicht unter besondern Bedingungen lebensfähig sein? Und könnte es nicht als Ausnahme Sehende geben?
346. Angenommen, ein Blinder sagte zu mir: "Du kannst gehen, ohne irgendwo anzustoßen, ich kann es nicht" – wäre der erste Teil des Satzes eine Mitteilung?
347. Nun, er sagt mir nichts Neues.
348. Es scheint Sätze zu geben, die den Charakter von Erfahrungssätzen haben, deren Wahrheit aber für mich unanfechtbar ist. D.h., wenn ich annehme, daß sie falsch sind, muß ich allen meinen Urteilen mißtrauen.
349. Es gibt jedenfalls Irrtümer, die ich als gewöhnlich hinnehme, und solche, die andern Charakter haben, und von meinen übrigen Urteilen als eine vorübergehende ''Verwirrung'' abgekapselt werden müssen. Aber gibt es nicht auch Übergänge zwischen diesen beiden?
350. Wenn man den Begriff des Wissens in diese Untersuchung bringt, so nützt das nichts; denn Wissen ist nicht ein psychologischer Zustand, durch dessen Besonderheiten sich nun allerlei erklärt. Die besondere Logik des Begriffs 'wissen' ist vielmehr nicht die des psychologischen Zustands.