Tagebücher 1914-1916: Difference between revisions

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Der allgemeine Begriff des Satzes führt auch einen ganz allgemeinen Begriff der Zuordnung von Satz und Sachverhalt mit Sich: Die Losung aller meiner Fragen muß ''höchst'' einfach sein!
Der allgemeine Begriff des Satzes führt auch einen ganz allgemeinen Begriff der Zuordnung von Satz und Sachverhalt mit Sich: Die Losung aller meiner Fragen muß ''höchst'' einfach sein!


Im Satz wird eine Welt probeweise zusammengestellt. (Wie wenn im Pariser Gerichtssaal ein Automobilunglück mit Puppen etc. dargestellt wird.)<ref>Diese Bemerkung weist auf ein Ereignis hin, von dem Wittgenstein später mehreren seiner Freunde erzählt hat. (Vgl. G. H. von Wright, ''Ludwig Wittgenstein, a Biographical Sketch'' in ''The Philosophical Review'', Vol. LXIV, 1955, Ss. 532-533.) Nach den Datierungen des hier gredruckten Textes zu beurteilen, dürfte die Angabe, daß es sich in einem Schützengraben an der Ostfront zugetragen hatte, nicht stichaltig sein. (Herausg.)</ref> [''Vgl.'' 4.031.]
Im Satz wird eine Welt probeweise zusammengestellt. (Wie wenn im Pariser Gerichtssaal ein Automobilunglück mit Puppen etc. dargestellt wird.)<!--<ref>Diese Bemerkung weist auf ein Ereignis hin, von dem Wittgenstein später mehreren seiner Freunde erzählt hat. (Vgl. G. H. von Wright, ''Ludwig Wittgenstein, a Biographical Sketch'' in ''The Philosophical Review'', Vol. LXIV, 1955, Ss. 532-533.) Nach den Datierungen des hier gredruckten Textes zu beurteilen, dürfte die Angabe, daß es sich in einem Schützengraben an der Ostfront zugetragen hatte, nicht stichaltig sein. (Herausg.)</ref>--> [''Vgl.'' 4.031.]


Daraus muß sich (wenn ich nicht blind wäre) sofort das Wesen der Wahrheit ergeben.
Daraus muß sich (wenn ich nicht blind wäre) sofort das Wesen der Wahrheit ergeben.
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Es ist klar daß in "xRy" das bezeichnende Element einer Relation enthalten sein kann, auch wenn "x" und "y" nichts bezeichnen. Und dann ist die Relation das einzige, was in jenem Zeichen bezeichnet wird.
Es ist klar daß in "xRy" das bezeichnende Element einer Relation enthalten sein kann, auch wenn "x" und "y" nichts bezeichnen. Und dann ist die Relation das einzige, was in jenem Zeichen bezeichnet wird.


Aber wie ist es dann<ref>Bezieht sich auf früher.</ref> möglich, daß in einem Code "Kilo" heißt: "es geht mir gut"? Hier sagt doch ein ''einfaches Zeichen'' etwas aus, und wird benützt, andern etwas mitzuteilen!!––
Aber wie ist es dann<!--<ref>Bezieht sich auf früher.</ref>--> möglich, daß in einem Code "Kilo" heißt: "es geht mir gut"? Hier sagt doch ein ''einfaches Zeichen'' etwas aus, und wird benützt, andern etwas mitzuteilen!!––


Kann denn in der vorigen Bedeutung das ''Wort'' "Kilo" nicht wahr oder falsch sein?!
Kann denn in der vorigen Bedeutung das ''Wort'' "Kilo" nicht wahr oder falsch sein?!
Line 462: Line 462:
(Das Gleichheitszeichen in der geschweiften Klammer könnte man ''vermeiden'', wenn man schriebe
(Das Gleichheitszeichen in der geschweiften Klammer könnte man ''vermeiden'', wenn man schriebe


:<math>0 = \widehat{\hat{u}(\phi u)} \{(x)\sim \phi x\}</math>.)<ref>Gesprochen: Die Klasse aller derjenigen Klassen der Elemente ''u'', für welche ''φ''u, für welche kein Element ''φ'' ist. (Herausg.)</ref>
:<math>0 = \widehat{\hat{u}(\phi u)} \{(x)\sim \phi x\}</math>.)<!--<ref>Gesprochen: Die Klasse aller derjenigen Klassen der Elemente ''u'', für welche ''φ''u, für welche kein Element ''φ'' ist. (Herausg.)</ref>-->


Der Satz muß die ''Möglichhit seiner Wahrheit enthalten'' (und so zeigen). Aber nicht mehr als die ''Möglichkeit.'' [''Vgl.'' 2.203'' u.'' 3.02 ''u.'' 3.13.]
Der Satz muß die ''Möglichhit seiner Wahrheit enthalten'' (und so zeigen). Aber nicht mehr als die ''Möglichkeit.'' [''Vgl.'' 2.203'' u.'' 3.02 ''u.'' 3.13.]
Line 706: Line 706:
Jene willkürliche Zuordnung von Zeichen und Bezeichnetem, die die Möglichkeit der Sätze bedingt, und die ich in den ganz allgemeinen Sätzen vermißte, geschieht dort durch die Allgemeinheitsbezeichnung geradeso wie beim Elementarsatz durch Namen (denn die Allgemeinheitsbezeichnung gehört nicht zum ''Bild''). Daher empfand man auch immer, daß die Allgemeinheit ganz wie ein Argument auftritt. [''Vgl.'' 5.523.]
Jene willkürliche Zuordnung von Zeichen und Bezeichnetem, die die Möglichkeit der Sätze bedingt, und die ich in den ganz allgemeinen Sätzen vermißte, geschieht dort durch die Allgemeinheitsbezeichnung geradeso wie beim Elementarsatz durch Namen (denn die Allgemeinheitsbezeichnung gehört nicht zum ''Bild''). Daher empfand man auch immer, daß die Allgemeinheit ganz wie ein Argument auftritt. [''Vgl.'' 5.523.]


Verneinen kann man nur einen fertigen Satz. (Ähnliches gilt von allen ab-Funktionen.<ref>ab-Funktionen sind die Wahrheitsfunktionen. S. Appendix I. (Herausg.)</ref>) [''Vgl.'' 4.064 ''u.'' 4.0641.]
Verneinen kann man nur einen fertigen Satz. (Ähnliches gilt von allen ab-Funktionen.<!--<ref>ab-Funktionen sind die Wahrheitsfunktionen. S. Appendix I. (Herausg.)</ref>-->) [''Vgl.'' 4.064 ''u.'' 4.0641.]


Der Satz ist das logische Bild eines Sachverhaltes.
Der Satz ist das logische Bild eines Sachverhaltes.
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(Diese Theorie behandelt die Sätze exklusiv, sozusagen als eine eigene Welt und nicht in Verbindung mit dem, was sie darstellen.)
(Diese Theorie behandelt die Sätze exklusiv, sozusagen als eine eigene Welt und nicht in Verbindung mit dem, was sie darstellen.)


Die Verbindung der Bild-Theorie mit der Klassen-Theorie<ref> Die Theorie des Satzes als Klasse. (Herausg.)</ref> wird erst später ganz einleuchtend werden!
Die Verbindung der Bild-Theorie mit der Klassen-Theorie<!--<ref>Die Theorie des Satzes als Klasse. (Herausg.)</ref>--> wird erst später ganz einleuchtend werden!


Man kann von einer Tautologie nicht sagen, daß sie wahr ist, denn sie ist ''wahr gemacht.''
Man kann von einer Tautologie nicht sagen, daß sie wahr ist, denn sie ist ''wahr gemacht.''
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Ist das das Wesen der künstlerischen Betrachtungsweise, daß sie die Welt mit glücklichem Auge betrachtet?
Ist das das Wesen der künstlerischen Betrachtungsweise, daß sie die Welt mit glücklichem Auge betrachtet?


Ernst ist das Leben, heiter ist die Kunst.<ref>Schiller, ''Wallensteins Lager, Prolog.'' (Herausg.)</ref>
Ernst ist das Leben, heiter ist die Kunst.<!--<ref>Schiller, ''Wallensteins Lager, Prolog.'' (Herausg.)</ref>-->