Tagebücher 1914-1916: Difference between revisions

Line 419: Line 419:
[''Vgl.'' 5.512.]
[''Vgl.'' 5.512.]


==1==
Scheinsätze sind solche, die, wenn analysiert, das, was sie ''sagen'' sollten, doch nur wieder ''zeigen.''
Scheinsätze sind solche, die, wenn analysiert, das, was sie ''sagen'' sollten, doch nur wieder ''zeigen.''


Line 585: Line 584:
Beide zusammen sind wahr oder falsch, nämlich ''das Bild auf eine bestimmte Art und Weise.'' (Dies gilt natürlich auch vom Elementarsatz.)
Beide zusammen sind wahr oder falsch, nämlich ''das Bild auf eine bestimmte Art und Weise.'' (Dies gilt natürlich auch vom Elementarsatz.)


''Jeder Satz'' kann verneint werden. Und das zeigt, daß für alle Sätze "Wahr" und "Falsch" dasselbe bedeuten. (Dies ist von allerhöchster Wichtigkeit.) (Im Gegensatz zu Russell.)<references />
''Jeder Satz'' kann verneint werden. Und das zeigt, daß für alle Sätze "Wahr" und "Falsch" dasselbe bedeuten. (Dies ist von allerhöchster Wichtigkeit.) (Im Gegensatz zu Russell.)
 
Die Bedeutung des Satzes muß durch ''ihn und seine Darstellungsweise'' auf ja oder nein fixiert sein. [''Vgl.'' 4.023.]
 
In der Logik gibt es kein Nebeneinander, kann es keine Klassifikation geben! [''S.'' 5.454.]
 
 
31. 10. 14.
 
Ein Satz wie "(∃x,φ).φx" ist gerade so gut zusammengesetzt wie ein elementarer; dies zeigt sich darin, daß wir in der Klammer "φ" und "x" ''extra'' erwähnen müssen. Beide stehen – unabhängig – in bezeichnenden Beziehungen zur Welt, gerade wie im Falle eines Elementarsatzes "ψa". [''Vgl.'' 5.5261.]
 
Verhält es sich nicht so: Die logischen Konstanten charakterisieren die Darstellungsweise der Elementarformen des Satzes?
 
Die Bedeutung des Satzes muß durch ihn und seine Darstellungsweise auf ja oder nein fixiert sein. Dazu muß sie durch ihn vollständig beschrieben sein. [''Vgl.'' 4.023.]
 
Die Darstellungsweise bildet ''nicht'' ab; nur der Satz ist Bild.
 
Die Darstellungsweise bestimmt, wie die Wirklichkeit mit dem Bild verglichen werden muß.
 
Vor allem muß die Elementarsatzform abbilden, alle Abbildung geschieht durch diese.
 
 
1.11.14.
 
Sehr nahe liegt die Verwechslung zwischen der darstellenden Beziehung des Satzes zu seiner Bedeutung und der Wahrheitsbeziehung. Jene ist für verschiedene Sätze verschieden,  diese  ist eine  und  für alle Sätze die Gleiche.
 
Es scheint als wäre "(x,φ).φx" die Form einer Tatsache φa.ψb.θc etc. (Ähnlich wäre (∃x).φx die Form von φa, wie ich auch wirklich glaubte.)
 
Und hier muß eben mein Fehler liegen.
 
Untersuche doch den Elementarsatz: welches ist denn die Form von "φa" und wie verhält sie sich zu "~φa".
 
Jener Präzedenzfall, auf den man sich immer berufen möchte, muß schon im Zeichen selber liegen. [''Vgl.'' 5.525.]
 
Die logische Form des Satzes muß schon durch die Formen seiner Bestandteile gegeben sein. (Und diese haben nur mit dem ''Sinn'' der Sätze, nicht mit ihrer Wahr- und Falschheit zu tun.)
 
In der Form des Subjekts und des Prädikats liegt schon die Möglichkeit des Subjekt-Prädikat Satzes etc.; aber – wie billig – nichts über seine Wahr- oder Falschheit.
 
Das Bild hat die Relation zur Wirklichkeit, die es nun einmal hat. Und es kommt darauf an: wie soll es darstellen. Dasselbe Bild wird mit der Wirklichkeit übereinstimmen oder nicht übereinstimmen je nachdem, wie es darstellen soll.
 
Analogie zwischen Satz und Beschreibung: ''Der Komplex, welcher'' mit diesem Zeichen kongruent ist. (Genau so in der graphischen Darstellung.)
 
Nur kann man eben nicht ''sagen,'' dieser Komplex ist mit jenem kongruent (oder dergleichen), sondern dies zeigt sich. Und daher nimmt auch die Beschreibung einen anderen Charakter an. [''Vgl.'' 4.02.3.]
 
Es muß ja die Abbildungsmethode vollkommen bestimmt sein ehe man überhaupt die Wirklichkeit mit dem Satze vergleichen kann, um zu sehen, ob er wahr oder falsch ist. Die Vergleichsmethode muß mir gegeben sein, ehe ich vergleichen kann.
 
Ob ein Satz wahr oder falsch ist, muß sich zeigen.
 
Wir müssen aber im voraus wissen, ''wie'' es sich zeigen wird.
 
Daß zwei Leute nicht kämpfen, kann man darstellen indem man sie nicht kämpfend darstellt und auch so, indem man sie kämpfend darstellt und sagt, das Bild zeige, wie es sich ''nicht'' verhält. Man ''konnte'' mit negativen Tatsachen ebensogut darstellen wie mit positiven –. Wir aber wollen bloß die Principe der Darstellung ''überhaupt'' untersuchen.
 
Der Satz "'p' ist wahr" ist gleichbedeutend mit dem logischen Produkt von 'p' und einen Satz "'p'", der den Satz 'p' beschreibt, und einer Zuordnung der Bestandteile der beiden Sätze. – Die internen Beziehungen von Satz und Bedeutung werden durch die internen Beziehungen zwischen 'p' und "'p'" abgebildet. (Schlechte Bemerkung.)
 
Nur sich nicht in Teilfragen verstricken, sondern immer dort hinaus flüchten, wo man freien Überblick über das ganze ''eine'' große Problem hat, wenn auch dieser Überblick noch unklar ist!
 
"Ein Sachverhalt ist denkbar" ("vorstellbar") heißt: Wir können uns ein Bild von ihm machen. [3.001.]
 
Der Satz muß einen logischen Ort bestimmen.
 
Die Existenz dieses logischen Orts ist durch die Existenz der Bestandteile allein verbürgt, durch die Existenz des sinnvollen Satzes. Wenn auch kein Komplex in dem logischen Ort ist, so ist doch Einer: nicht in dem logischen Ort. [''Vgl.'' 3.4.]
 
 
2. 11. 14.
 
In der Tautologie heben die Bedingungen der Übereinstimmung mit der Welt (die Wahrheitsbedingungen) – die darstellenden Beziehungen – einander auf, sodaß sie in keiner darstellenden Beziehung zur Wirklichkeit steht (nichts sagt.). [''Vgl.'' 4.462.]
 
a = a ist nicht in demselben Sinne eine Tautologie wie p ⊃ p. Daß ein Satz wahr ist, besteht nicht darin, daß er eine ''bestimmte'' Beziehung zur Wirklichkeit hat, sondern darin, daß er zu ihr eine bestimmte Beziehung wirklich ''hat.''
 
Verhält es sich nicht so: Der falsche Satz hat, wie der wahre und unabhängig von seiner Falsch- oder Wahrheit, einen Sinn, aber keine Bedeutung? (Ist hier nicht ein besserer Gebrauch des Wortes "Bedeutung"?)
 
Könnte man sagen: sobald mir Subjekt und Prädikat gegeben sind,  so ist mir eine Relation gegeben, die zwischen einem Subjekt-Prädikat Satz und seiner Bedeutung bestehen oder nicht ''bestehen'' wird. Sobald ich nur Subjekt und Prädikat kenne, kann ich auch um jene Relation wissen, die ja auch für den Fall, daß der Subjekt-Prädikat Satz falsch ist, eine unumgängliche Voraussetzung ist.
 
 
3. 11. 14.
 
Damit es den negativen Sachverhalt geben kann, muß es das Bild des positiven geben. [''Vgl.'' 5.5151.]
 
Die Kenntnis der darstellenden Relation ''darf'' sich ja auch nur auf die Kenntnis der Bestandteile des Sachverhalts gründen!
 
Könnte man also sagen: Die Kenntnis des Subjekt-Prädikat Satzes und von Subjekt und Prädikat gibt uns die Kenntnis einer internen Relation etc.?
 
Auch dies ist streng genommen nicht richtig, da wir kein bestimmtes Subjekt oder Prädikat zu kennen brauchen.
 
''Offenbar,'' daß wir den Elementarsatz als das Bild eines Sachverhalts empfinden. – Wie geht das zu? [''Vgl.'' 4.012.]
 
Muß nicht die Möglichkeit der darstellenden Beziehung durch den Satz ''selbst'' gegeben sein?
 
Der Satz ''selber'' scheidet das mit ihm Kongruierende von dem nicht Kongruierenden.
 
Zum Beispiel: ist also der Satz gegeben und Kongruenz, dann ist der Satz wahr, wenn der Sachverhalt mit ihm kongruent IST, oder es sind gegeben der Satz und Nicht-Kongruenz, dann ist der Satz wahr, wenn der Sachverhalt mit ihm nicht kongruent ist.
 
Wie aber wird uns die Kongruenz oder Nicht-Kongruenz oder dergleichen gegeben?
 
Wie kann mir ''mitgeteilt'' werden, ''wie'' der Satz darstellt? Oder kann mir das Oberhaupt nicht ''gesagt'' werden? Und wenn dem so ist, kann ich es "''wissen''"? Wenn es mir gesagt werden sollte, so müßte dies durch einen Satz geschehen; der könnte es aber nur zeigen.
 
Was gesagt werden kann, kann mir durch einen Satz gesagt werden, also kann nichts, was zum Verständnis ''aller'' Sätze nötig ist, gesagt werden.
 
Jene willkürliche Zuordnung von Zeichen und Bezeichnetem,  die die Möglichkeit der Sätze bedingt, und die ich in den ganz allgemeinen Sätzen vermißte, geschieht dort durch die Allgemeinheitsbezeichnung geradeso wie beim Elementarsatz durch Namen (denn die Allgemeinheitsbezeichnung gehört nicht zum ''Bild).'' Daher empfand man auch immer, daß die Allgemeinheit ganz wie ein Argument auftritt. [''Vgl.'' 5.523.]
 
Verneinen kann man nur einen fertigen Satz. (Ähnliches gilt von allen ab-Funktionen.<ref>ab-Funktionen sind die Wahrheitsfunktionen. S. Appendix I. (Herausg.)</ref>) [''Vgl.4.06411.'' 4.0641.]
 
Der Satz ist das logische Bild eines Sachverhaltes.
 
Die Verneinung bezieht sich auf den ''fertigen'' Sinn des verneinten Satzes und nicht auf dessen Darstellungsweise. [''Vgl.'' 4.064 ''u.'' 4.0641.]
 
Wenn ein Bild auf die vorhin erwähnte Weise darstellt was-nicht­ der-Fall-ist, so geschieht dies auch nur dadurch, daß es  ''dasjenige'' darstellt, das nicht der Fall ''ist.''
 
Denn das Bild sagt gleichsam: "''so'' ist es ''nicht''", und auf die Frage "''wie'' ist es nicht?" ist eben die Antwort der positive Satz.
 
==1==
 
<references />