Tagebücher 1914-1916: Difference between revisions

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22. 8. 14.
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(∃x,y).(∃''φ'').x ≠ y.''φ''x.~''φ''y:''φ''u.''φ''z. ⊃<sub>u,z</sub>.u = z
(∃x,y).(∃''φ'').x ≠ y.''φ''x.~''φ''y:''φ''u.''φ''z. ⊃<sub>u,z</sub>.u = z
:(∃''φ'').(''ψ'').''ψ'' = ''φ''
:(∃''φ'').(''ψ'').''ψ'' = ''φ''
:(∃x,y).(z).z = x v z = y  
:(∃x,y).(z).z = x v z = y


Und hier braucht man auch Sätze von der Art der letzten zwei, um die Gegenstände identifizieren zu können.
Und hier braucht man auch Sätze von der Art der letzten zwei, um die Gegenstände identifizieren zu können.
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| ~p<br>
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<nowiki>~~~</nowiki>p<br>
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~p ∨ ~p<br>
~p ∨ ~p<br>
~p.~p    
~p.~p    
| <span style="font-size:600%">}</span>
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| und dasselbe<br>gilt für die<br>Allgemeinheits-<br>bezeichnung etc.
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| colspan=3 | etc. etc.
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Denn das Bild sagt gleichsam: "''so'' ist es ''nicht''", und auf die Frage "''wie'' ist es nicht?" ist eben die Antwort der positive Satz.
Denn das Bild sagt gleichsam: "''so'' ist es ''nicht''", und auf die Frage "''wie'' ist es nicht?" ist eben die Antwort der positive Satz.


==1==
Man könnte sagen: Die Verneinung bezieht sich schon auf den logischen Ort, den der verneinte Satz bestimmt. [''S.'' 4.0641.]


<references />
Nur den festen Grund, auf dem man einmal gestanden ist, nicht verlieren!
 
Der verneinende Satz bestimmt einen ''anderen '' logischen Ort  als der verneinte. [''S.'' 4.0641.]
 
Der verneinte Satz zieht nicht nur die Grenzlinie zwischen dem verneinten Gebiet und dem übrigen, sondern er deutet auch schon auf das verneinte Gebiet.
 
Der verneinende Satz bestimmt seinen logischen Ort mit Hilfe des logischen Ortes des verneinten Satzes. Indem er jenen als den außerhalb diesem liegenden beschreibt. [''S.'' 4.0641.]
 
Der Satz ist wahr, wenn es das gibt, was er vorstellt.
 
4. 11. 14.
 
Wie bestimmt der Satz den logischen Ort?
 
Wie repräsentiert das Bild einen Sachverhalt?
 
Selbst ist es doch nicht der Sachverhalt, ja dieser braucht gar nicht der Fall zu sein.
 
Ein Name repräsentiert ein Ding, ein anderer ein anderes Ding und selbst sind sie verbunden; so stellt das Ganze – wie ein lebendes Bild – den Sachverhalt vor. [''Vgl.'' 4.0311.]
 
Die logische Verbindung muß natürlich unter den repräsentierten Dingen möglich sein, und dies wird immer der Fall sein, wenn die Dinge wirklich repräsentiert sind. Wohlgemerkt, jene Verbindung ist keine Relation, sondern nur das ''Bestehen'' einer Relation.
 
 
5. 11. 14.
 
So stellt der Satz den Sachverhalt gleichsam auf eigene Faust dar.
 
Wenn ich aber sage: Die Verbindung der Satzbestandteile muß für die repräsentierten Dinge möglich sein: liegt nicht hierin das ganze Problem! Wie kann eine Verbindung zwischen Gegenständen möglich sein, die nicht ist?
 
Die Verbindung muß möglich sein, heißt: der Satz und die Bestandteile des Sachverhalts müssen in einer bestimmten Relation stehen.
 
Damit also ein Satz einen Sachverhalt darstelle, ist nur nötig, daß seine Bestandteile die des Sachverhalts repräsentieren und daß jene in einer für diese möglichen Verbindung stehen.
 
Das Satzzeichen verbürgt die Möglichkeit der Tatsache, welche es darstellt (nicht, daß diese Tatsache wirklich der Fall ist), das gilt auch für die allgemeinen Sätze.
 
Denn, wenn die positive Tatsache φa gegeben ist, dann ist auch die ''Möglichkeit'' für (x).φx, ~(∃x).φx, ~φa etc. etc. gegeben. (Alle logischen Konstanten sind bereits im Elementarsatz enthalten.) [''Vgl.'' 5.47.]
 
So entsteht das Bild.
 
Um mit dem Bilde einen logischen Ort zu bezeichnen, müssen wir zu ihm eine Bezeichnungsweise setzen (die positive, negative, etc.).
 
Man könnte z. B. mittelst fechtenden Puppen zeigen, wie man ''nicht'' fechten solle.
 
 
6. 11. 14.
 
Und der Fall ist hier ganz der gleiche, wie bei ~φa, obwohl das Bild von dem handelt, was nicht geschehen ''soll'', statt von dem, was nicht geschieht.
 
Daß man den verneinten Satz wieder verneinen kann, zeigt, daß das, was verneint wird, schon ein Satz und nicht erst die Vorbereitung zu einem Satz ist. [''S.'' 4.0641.]
 
Könnte man sagen; Hier ist das Bild, aber ob es stimmt oder nicht, kann man nicht sagen, ehe man weiß, was damit gesagt sein soll?
 
Das Bild muß nun wieder seinen Schatten auf die Welt werfen.
 
 
7. 11. 14.
 
Der räumliche und der logische Ort stimmen darin überein, daß beide die Möglichkeit einer Existenz sind. [''Vgl.'' 3.411.]
 
 
8. 11. 14.
 
Was sich in den Sätzen über Wahrscheinlichkeit durch das Experiment bestätigen läßt, kann unmöglich Mathematik sein! [ ''Vgl.'' 5.154.]
 
Wahrscheinlichkeitssätze sind Auszüge naturwissenschaftlicher Gesetze. [''Vgl.'' 5.156.]
 
Sie sind Verallgemeinerungen und drücken eine unvollständige Kenntnis jener Gesetze aus. [''Vgl.'' 5.156.]
 
Wenn ich z. B. schwarze und weiße Ballen aus einer  Urne ziehe,  so kann ich nicht vor einem Zug sagen, ob ich einen weißen oder schwarzen Ballen ziehen werde, da ich hierzu die Naturgesetze nicht genau genug kenne; aber ''das weiß ich doch,'' daß, im Falle gleich viel schwarze und weiße Ballen vorhanden sind, die Zahl der gezogenen schwarzen sich der der weißen bei fortgesetztem Ziehen nähern wird, ''so'' genau kenne ich die Naturgesetze eben ''doch.'' [''Vgl.'' 5.154.]
 
 
9. 11. 14.
 
Was ich nun in den Wahrscheinlichkeitssätzen kenne, sind gewisse allgemeine Eigenschaften der unverallgemeinerten naturwissenschaftlichen Sätze, wie z. B. ihre Symmetrie in gewissen Beziehungen, ihre Asymmetrie in anderen etc. [''Vgl.'' 5.156.]
 
Vexierbilder und das Sehen von Sachverhalten. [''Vgl.'' 5.5423.]
 
Es war das, was ich mein starkes scholastisches Gefühl nennen möchte, was die Ursache meiner besten Entdeckungen war.
 
"Nicht p" und "p" widersprechen einander, beide können nicht wahr sein; aber doch kann ich beide aussprechen, ''beide Bilder gibt es''. Sie liegen nebeneinander.
 
Oder vielmehr "p" und "~p" sind wie ein Bild und die unendliche Ebene außerhalb dieses Bildes (logischer Ort).
 
Den unendlichen Raum außerhalb kann ich nur mit Hilfe des Bildes herstellen, indem ich ihn durch dieses begrenze.
 
 
10. 11. 14.
 
Wenn ich sage "p ist möglich", heißt das '"p" hat einen Sinn'? Redet jener Satz von der Sprache, sodaß also für seinen Sinn die Existenz eines Satzzeichens ("p") wesentlich ist? (Dann wäre er ganz unwichtig.) Aber will er nicht vielmehr das sagen, was "p ∨ ~p" zeigt?
 
Entspricht nicht mein Studium der Zeichensprache dem Studium der Denkprozesse, welches die Philosophen für die Philosophie der Logik immer für so wesentlich hielten?-Nur verwickelten sie sich immer in unwesentliche psychologische Untersuchungen und eine analoge Gefahr gibt es auch bei meiner Methode. [''S''. 4.1121.]
 
 
11. 11 .14.
 
Da "a = b" kein Satz, "x = y" keine Funktion ist, so ist eine "Klasse ˆx (x = x)" ein Unding und ebenso die sogenannte Nullklasse. (Man hatte übrigens immer schon das Gefühl, daß überall da, wo man sich in Satzkonstruktionen mit x = x, a = a, etc. half, daß es sich in allen solchen Fällen um ein sich-heraus-schwindeln handelte; so wenn man sagte "a existiert", heißt "(∃x)x = a".)
 
''Dies ist falsch: da die Definition der Klassen selbst die Existenz der wirklichen Funktionen verbürgt.''
 
Wenn ich nun eine Funktion von der Nullklasse auszusagen scheine, so sage ich, daß diese Funktion von allen Funktionen wahr ist, welche null sind – und dies kann ich auch dann sagen, wenn ''keine'' Funktion null ist.
 
Ist x ≠ x. ≡<sub>x.</sub> φx identisch mit
:(x).~φx ? Gewiß!
 
Der Satz deutet auf die Möglichkeit, daß es sich so und so verhält.
 
 
12. 11. 14.
 
Die Verneinung ist im selben Sinne ''eine Beschreibung'' wie der Elementarsatz selbst.
 
Man könnte die Wahrheit eines Satzes möglich, die einer Tautologie gewiß, und die einer Kontradiktion unmöglich nennen.  Hier  tritt schon das Anzeichen einer Gradation auf, die wir in der Wahrscheinlichkeitsrechnung brauchen. [''Vgl.'' 4.464.]
 
In der Tautologie bildet der Elementarsatz selbstverständlich noch immer ab, aber er ist mit der Wirklichkeit so lose  verbunden, daß diese unbeschränkte Freiheit hat. Die Kontradiktion wieder setzt solche Schranken, daß keine Wirklichkeit in ihnen existieren kann.
 
Es ist, als projizierten die logischen Konstanten das Bild des Elementarsatzes auf die Wirklichkeit-die dann mit dieser Projektion stimmen oder nicht-stimmen kann.
 
Obwohl im einfachen Satz bereits alle logischen Konstanten vor­ kommen, so ''muß'' in ihm doch auch sein eigenes Urbild ganz und unzerlegt vorkommen!
 
Ist also etwa nicht der einfache Satz das  Bild sondern  vielmehr sein Urbild, welches in ihm vorkommen muß?
 
Dieses Urbild ist dann wirklich kein Satz, (hat aber die Gestalt eines Satzes) und ''es'' könnte der Fregeschen "Annahme" entsprechen.
 
Der Satz bestünde dann aus Ur''bildern,'' die auf die Welt projiziert wären.
 
 
13. 11. 14.
 
Bei dieser Arbeit lohnt es ''sich'' mehr als bei jeder anderen, Fragen, die man für gelöst hält, immer wieder von neuen Seiten als ungelöst zu betrachten.
 
 
14. 11. 14.
 
Denke an die Darstellung ''negativer'' Tatsachen, durch Modelle etwa: So und so dürfen zwei Eisenbahnzüge nicht auf den Gleisen stehen. Der Satz, das Bild, das  Modell  sind-im negativen  Sinn-wie  ein fester Körper, der die Bewegungsfreiheit der anderen beschränkt, im positiven Sinne, wie der von fester Substanz begrenzte Raum, worin ein Körper Platz hat. [''Vgl.'' 4. 463.]
 
[[File:Illustrazione 14.11.14.png|300px|center|link=]]
 
Diese Vorstellung ist ''sehr'' deutlich und müßte zur Lösung führen.
 
 
15. 11. 14.
 
Projektion des Bildes auf die Wirklichkeit
 
[[File:Illustrazione 15.11.14.png|300px|center|link=]]
 
(Maxwell's Methode der mechanischen Modelle.)
 
Nur sich nicht um das kümmern, was man einmal geschrieben hat! Nur immer von frischem anfangen zu denken, als ob noch gar nichts geschehen wäre!
 
Jener Schatten, welchen das Bild gleichsam auf die Welt wirft: Wie soll ich ihn exakt fassen?
 
Hier ist ein tiefes Geheimnis.
 
Es ist das Geheimnis der Negation: Es verhält sich nicht so, und doch können wir sagen, ''wie'' es sich ''nicht'' verhält. –
 
Der Satz ist eben nur die ''Beschreibung'' eines Sachverhalts. (Aber das ist alles noch an der Oberfläche.) [''Vgl.'' 4.023.]<references />