Über Gewißheit: Difference between revisions

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'''9.''' Bewähre ich nun im Leben, daß ich weiß, daß da eine Hand (nämlich meine Hand) ist?
'''9.''' Bewähre ich nun im Leben, daß ich weiß, daß da eine Hand (nämlich meine Hand) ist?


'''10.''' Ich weiß, daß hier ein kranker Mensch liegt? Unsinn! Ich sitze an seinem Bett, schaue aufmerksam in seine Züge. – So weiß ich also nicht, daß da ein Kranker liegt? – Es hat weder die Frage noch die Aussage Sinn. So wenig wie die: »Ich bin hier«, die ich doch jeden Moment gebrauchen könnte, wenn sich die passende Gelegenheit dazu ergäbe. – So ist also auch »2 x 2 = 4« Unsinn und kein wahrer arithmetischer Satz, außer bei bestimmten Gelegenheiten? »2 x 2 = 4« ist ein wahrer Satz der Arithmetik – nicht »bei bestimmten Gelegenheiten« noch »immer« – aber die Laut- oder Schriftzeichen »2 x 2 = 4« könnten im Chinesischen eine andere Bedeutung haben oder aufgelegter Unsinn sein, woraus man sieht: nur im Gebrauch hat der Satz Sinn. Und »Ich weiß, daß hier ein Kranker liegt«, in der unpassenden Situation gebraucht, erscheint nur darum nicht als Unsinn, vielmehr als Selbstverständlichkeit, weil man sich verhältnismäßig leicht eine für ihn passende Situation vorstellen kann und weil man meint, die Worte »Ich weiß, daß ...« seien überall am Platz, wo es keinen Zweifel gibt (also auch dort, wo der Ausdruck des Zweifels verständlich wäre).
'''10.''' Ich weiß, daß hier ein kranker Mensch liegt? Unsinn! Ich sitze an seinem Bett, schaue aufmerksam in seine Züge. – So weiß ich also nicht, daß da ein Kranker liegt? – Es hat weder die Frage noch die Aussage Sinn. So wenig wie die: »Ich bin hier«, die ich doch jeden Moment gebrauchen könnte, wenn sich die passende Gelegenheit dazu ergäbe. – So ist also auch »2 × 2 = 4« Unsinn und kein wahrer arithmetischer Satz, außer bei bestimmten Gelegenheiten? »2 × 2 = 4« ist ein wahrer Satz der Arithmetik – nicht »bei bestimmten Gelegenheiten« noch »immer« – aber die Laut- oder Schriftzeichen »2 × 2 = 4« könnten im Chinesischen eine andere Bedeutung haben oder aufgelegter Unsinn sein, woraus man sieht: nur im Gebrauch hat der Satz Sinn. Und »Ich weiß, daß hier ein Kranker liegt«, in der unpassenden Situation gebraucht, erscheint nur darum nicht als Unsinn, vielmehr als Selbstverständlichkeit, weil man sich verhältnismäßig leicht eine für ihn passende Situation vorstellen kann und weil man meint, die Worte »Ich weiß, daß ...« seien überall am Platz, wo es keinen Zweifel gibt (also auch dort, wo der Ausdruck des Zweifels verständlich wäre).


'''11.''' Man sieht eben nicht, wie sehr spezialisiert der Gebrauch von »Ich weiß« ist.
'''11.''' Man sieht eben nicht, wie sehr spezialisiert der Gebrauch von »Ich weiß« ist.
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'''42.''' Man kann sagen »Er glaubt es, aber es ist nicht so«, nicht aber »Er weiß es, aber es ist nicht so«. Kommt dies von der Verschiedenheit der Seelenzustände des Glaubens und des Wissens? Nein. – »Seelenzustand« kann man etwa nennen, was sich im Ton der Rede, in der Gebärde etc. ausdrückt. Es wäre also ''möglich'', von einem seelischen Zustand der Überzeugtheit zu reden; und der kann der gleiche sein, ob gewußt oder fälschlich geglaubt wird. Zu meinen, den Worten »glauben« und »wissen« müßten verschiedene Zustände entsprechen, wäre so, als glaubte man, dem Worte »ich« und dem Namen »Ludwig« müßten verschiedene Menschen entsprechen, weil die Begriffe verschieden sind.
'''42.''' Man kann sagen »Er glaubt es, aber es ist nicht so«, nicht aber »Er weiß es, aber es ist nicht so«. Kommt dies von der Verschiedenheit der Seelenzustände des Glaubens und des Wissens? Nein. – »Seelenzustand« kann man etwa nennen, was sich im Ton der Rede, in der Gebärde etc. ausdrückt. Es wäre also ''möglich'', von einem seelischen Zustand der Überzeugtheit zu reden; und der kann der gleiche sein, ob gewußt oder fälschlich geglaubt wird. Zu meinen, den Worten »glauben« und »wissen« müßten verschiedene Zustände entsprechen, wäre so, als glaubte man, dem Worte »ich« und dem Namen »Ludwig« müßten verschiedene Menschen entsprechen, weil die Begriffe verschieden sind.


'''43.''' Was für ein Satz ist dies: »Wir ''können'' uns in 12 x 12 = 144 nicht verrechnet haben«? Es muß doch ein Satz der Logik sein. – Aber ist er nun nicht derselbe, oder kommt [es] auf das gleiche hinaus, wie die Feststellung 12 x 12 = 144?
'''43.''' Was für ein Satz ist dies: »Wir ''können'' uns in 12 × 12 = 144 nicht verrechnet haben«? Es muß doch ein Satz der Logik sein. – Aber ist er nun nicht derselbe, oder kommt [es] auf das gleiche hinaus, wie die Feststellung 12 × 12 = 144?


'''44.''' Forderst du eine Regel, aus der hervorgeht, daß man sich hier nicht könne verrechnet haben, so ist die Antwort, daß wir dies nicht durch eine Regel gelernt haben, sondern dadurch, daß wir rechnen lernten.
'''44.''' Forderst du eine Regel, aus der hervorgeht, daß man sich hier nicht könne verrechnet haben, so ist die Antwort, daß wir dies nicht durch eine Regel gelernt haben, sondern dadurch, daß wir rechnen lernten.
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'''49.''' Aber bedenk: auch wenn mir die Rechnung feststeht, ist es nur eine Entscheidung zu einem praktischen Zweck.
'''49.''' Aber bedenk: auch wenn mir die Rechnung feststeht, ist es nur eine Entscheidung zu einem praktischen Zweck.


'''50.''' Wann sagt man, »Ich weiß, daß ... x ... = ...«? Wenn man die Rechnung geprüft hat.
'''50.''' Wann sagt man, »Ich weiß, daß ... × ... = ...«? Wenn man die Rechnung geprüft hat.


'''51.''' Was ist das für ein Satz: »Wie sähe denn hier ein Fehler aus!«? Es müßte ein logischer Satz sein. Aber es ist eine Logik, die nicht gebraucht wird, weil, was sie lehrt, nicht durch Sätze gelehrt wird. – Es ist ein logischer Satz, denn er beschreibt ja die begriffliche (sprachliche) Situation.
'''51.''' Was ist das für ein Satz: »Wie sähe denn hier ein Fehler aus!«? Es müßte ein logischer Satz sein. Aber es ist eine Logik, die nicht gebraucht wird, weil, was sie lehrt, nicht durch Sätze gelehrt wird. – Es ist ein logischer Satz, denn er beschreibt ja die begriffliche (sprachliche) Situation.
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'''223.''' Könnte ich nicht eben verrückt sein und das nicht bezweifeln, was ich unbedingt bezweifeln sollte.
'''223.''' Könnte ich nicht eben verrückt sein und das nicht bezweifeln, was ich unbedingt bezweifeln sollte.


'''224.''' »Ich weiß, daß es nie geschehen ist, denn wäre es geschehen, so hätte ich es ##ummöglich vergessen können.«
'''224.''' »Ich weiß, daß es nie geschehen ist, denn wäre es geschehen, so hätte ich es {{check|##}}ummöglich vergessen können.«


Aber, angenommen, es wäre geschehen, so hättest du’s eben doch vergessen. Und wie weißt du, daß du’s unmöglich hättest vergessen können? Nicht bloß aus früherer Erfahrung?
Aber, angenommen, es wäre geschehen, so hättest du’s eben doch vergessen. Und wie weißt du, daß du’s unmöglich hättest vergessen können? Nicht bloß aus früherer Erfahrung?
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'''302.''' Es ist nichts nutz zu sagen »Vielleicht irren wir uns«, wenn, wenn ''keiner'' Evidenz zu trauen ist, im Fall der gegenwärtigen Evidenz nicht zu trauen ist.
'''302.''' Es ist nichts nutz zu sagen »Vielleicht irren wir uns«, wenn, wenn ''keiner'' Evidenz zu trauen ist, im Fall der gegenwärtigen Evidenz nicht zu trauen ist.


'''303.''' Wenn wir uns z. B. immer verrechnet haben und 12 x 12 nicht 144 ist, warum sollten wir dann irgendeiner anderen Rechnung trauen? Und das ist natürlich falsch ausgedrückt.
'''303.''' Wenn wir uns z. B. immer verrechnet haben und 12 × 12 nicht 144 ist, warum sollten wir dann irgendeiner anderen Rechnung trauen? Und das ist natürlich falsch ausgedrückt.


'''304.''' Aber auch ich ''irre'' mich in dieser Formel des Einmaleins nicht. Ich mag später einmal sagen, ich sei jetzt verwirrt gewesen, aber nicht, ich hätte mich geirrt.
'''304.''' Aber auch ich ''irre'' mich in dieser Formel des Einmaleins nicht. Ich mag später einmal sagen, ich sei jetzt verwirrt gewesen, aber nicht, ich hätte mich geirrt.
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28.3.
28.3.


'''447.''' Vergleiche damit 12 x 12 = 144. Auch hier sagen wir nicht »vielleicht«. Denn sofern dieser Satz darauf beruht, daß wir uns nicht verzählen oder verrechnen, daß uns unsre Sinne beim Rechnen nicht trügen, sind die beiden, der arithmetische und der physische Satz, auf der gleichen Stufe.
'''447.''' Vergleiche damit 12 × 12 = 144. Auch hier sagen wir nicht »vielleicht«. Denn sofern dieser Satz darauf beruht, daß wir uns nicht verzählen oder verrechnen, daß uns unsre Sinne beim Rechnen nicht trügen, sind die beiden, der arithmetische und der physische Satz, auf der gleichen Stufe.


Ich will sagen: Das physische Spiel ist ebenso sicher wie das arithmetische. Aber das kann mißverstanden werden. Meine Bemerkung ist eine logische, nicht eine psychologische.
Ich will sagen: Das physische Spiel ist ebenso sicher wie das arithmetische. Aber das kann mißverstanden werden. Meine Bemerkung ist eine logische, nicht eine psychologische.
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29.3.
29.3.


'''455.''' Alles Sprachspiel beruht darauf, daß Wörter und Gegenstände wiedererkannt werden. Wir lernen mit der gleichen Unerbittlichkeit, daß dies ein Sessel ist, wie daß 2 x 2 = 4 ist.
'''455.''' Alles Sprachspiel beruht darauf, daß Wörter und Gegenstände wiedererkannt werden. Wir lernen mit der gleichen Unerbittlichkeit, daß dies ein Sessel ist, wie daß 2 × 2 = 4 ist.


'''456.''' Wenn ich also zweifle, oder unsicher bin darüber, daß das meine Hand ist (in welchem Sinn immer), warum dann nicht auch über die Bedeutung dieser Worte?
'''456.''' Wenn ich also zweifle, oder unsicher bin darüber, daß das meine Hand ist (in welchem Sinn immer), warum dann nicht auch über die Bedeutung dieser Worte?
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'''565.''' Aber hier ist von einem »Wissen«, daß dies »Platte«, ''dies'' »Säule« etc. heißt, noch gar nicht die Rede.
'''565.''' Aber hier ist von einem »Wissen«, daß dies »Platte«, ''dies'' »Säule« etc. heißt, noch gar nicht die Rede.


'''566.''' Ja, das Kind, das mein Sprachspiel (No. 2##){{check|<sup>6</sup>}} lernt, lernt nicht sagen »Ich weiß, daß dies »Platte« heißt«.
'''566.''' Ja, das Kind, das mein Sprachspiel (No. 2){{check|<sup>6</sup>}} lernt, lernt nicht sagen »Ich weiß, daß dies »Platte« heißt«.


Es gibt nun freilich ein Sprachspiel, in welchem das Kind ''diesen'' Satz gebraucht. Dies setzt voraus, daß das Kind, sowie ihm der Name gegeben ist, ihn auch schon gebrauchen kann. Wie wenn mir jemand sagte »Diese Farbe heißt ›...‹« – Wenn also das Kind ein Sprachspiel mit Bausteinen gelernt hat, so kann man ihm nun etwa sagen »Und dieser Stein heißt ›...‹« und man hat dadurch das ursprüngliche Sprachspiel ''erweitert''.
Es gibt nun freilich ein Sprachspiel, in welchem das Kind ''diesen'' Satz gebraucht. Dies setzt voraus, daß das Kind, sowie ihm der Name gegeben ist, ihn auch schon gebrauchen kann. Wie wenn mir jemand sagte »Diese Farbe heißt ›...‹« – Wenn also das Kind ein Sprachspiel mit Bausteinen gelernt hat, so kann man ihm nun etwa sagen »Und dieser Stein heißt ›...‹« und man hat dadurch das ursprüngliche Sprachspiel ''erweitert''.
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'''568.''' Wenn einer meiner Namen nur ganz selten gebraucht würde, so könnte es sein, daß ich ihn nicht wüßte. Daß ich meinen Namen weiß, ist nur darum selbstverständlich, weil ich ihn, wie jeder Andre, unzählige Male verwende.
'''568.''' Wenn einer meiner Namen nur ganz selten gebraucht würde, so könnte es sein, daß ich ihn nicht wüßte. Daß ich meinen Namen weiß, ist nur darum selbstverständlich, weil ich ihn, wie jeder Andre, unzählige Male verwende.


'''569.''' Ein ##innres Erlebnis kann es mir nicht zeigen, daß ich etwas ''weiß''.
'''569.''' Ein {{check|##}}innres Erlebnis kann es mir nicht zeigen, daß ich etwas ''weiß''.


Wenn ich daher trotzdem sage »Ich weiß, daß ich ... heiße« und es doch offenbar nicht ein Erfahrungssatz ist, – – –
Wenn ich daher trotzdem sage »Ich weiß, daß ich ... heiße« und es doch offenbar nicht ein Erfahrungssatz ist, – – –
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'''650.''' Das heißt doch: die Möglichkeit eines ''Irrtums'' läßt sich in gewissen (und häufigen) Fällen eliminieren. – So eliminiert man (ja auch) Rechnungsfehler. Denn wenn eine Rechnung unzählige Male nachgerechnet worden ist, so kann man nun nicht sagen: »Ihre Richtigkeit ist dennoch nur ''sehr wahrscheinlich'', – da sich immer noch ein Fehler eingeschlichen haben kann.« Denn angenommen, es schiene nun einmal, daß ein Fehler entdeckt worden sei – warum sollen wir nicht ''hier'' einen Fehler vermuten?
'''650.''' Das heißt doch: die Möglichkeit eines ''Irrtums'' läßt sich in gewissen (und häufigen) Fällen eliminieren. – So eliminiert man (ja auch) Rechnungsfehler. Denn wenn eine Rechnung unzählige Male nachgerechnet worden ist, so kann man nun nicht sagen: »Ihre Richtigkeit ist dennoch nur ''sehr wahrscheinlich'', – da sich immer noch ein Fehler eingeschlichen haben kann.« Denn angenommen, es schiene nun einmal, daß ein Fehler entdeckt worden sei – warum sollen wir nicht ''hier'' einen Fehler vermuten?


'''651.''' Ich kann mich nicht darin irren, daß 12 x 12 = 144 ist. Und man kann nun nicht ''mathematische'' Sicherheit der relativen Unsicherheit von Erfahrungssätzen entgegenstellen. Denn der mathematische Satz wurde durch eine Reihe von Handlungen erhalten, die sich in keiner Weise von Handlungen des übrigen Lebens unterscheiden und die gleichermaßen dem Vergessen, Übersehen, der Täuschung ausgesetzt sind.
'''651.''' Ich kann mich nicht darin irren, daß 12 × 12 = 144 ist. Und man kann nun nicht ''mathematische'' Sicherheit der relativen Unsicherheit von Erfahrungssätzen entgegenstellen. Denn der mathematische Satz wurde durch eine Reihe von Handlungen erhalten, die sich in keiner Weise von Handlungen des übrigen Lebens unterscheiden und die gleichermaßen dem Vergessen, Übersehen, der Täuschung ausgesetzt sind.


'''652.''' Kann ich nun prophezeien, daß Menschen die heutigen Rechensätze nie umstürzen werden, nie sagen werden, jetzt wüßten sie erst, wie es sich verhalte? Aber würde das einen Zweifel unsrerseits rechtfertigen?
'''652.''' Kann ich nun prophezeien, daß Menschen die heutigen Rechensätze nie umstürzen werden, nie sagen werden, jetzt wüßten sie erst, wie es sich verhalte? Aber würde das einen Zweifel unsrerseits rechtfertigen?


'''653.''' Wenn der Satz 12 x 12 = 144 vom Zweifel ausgenommen ist, dann müssen’s auch nicht–mathematische Sätze sein.
'''653.''' Wenn der Satz 12 × 12 = 144 vom Zweifel ausgenommen ist, dann müssen’s auch nicht–mathematische Sätze sein.


26.4.51
26.4.51


'''654.''' Aber darauf kann man manches einwenden. – Erstens ist eben »12 x 12 etc.« ein ''mathematischer'' Satz, und daraus kann man folgern, daß nur solche Sätze in dieser Lage sind. Und wenn diese Folgerung nicht berechtigt ist, so sollte es einen ebenso sichern Satz geben, der vom Vorgang jener Rechnung handelt, aber nicht mathematisch ist. – Ich denke an einen Satz etwa dieser Art: »Die Rechnung »12 x 12« wird, wenn Rechenkundige sie ausführen, in der großen Mehrzahl der Fälle »144« ergeben.« Diesen Satz wird niemand bestreiten, und er ist natürlich kein mathematischer. Aber hat er die Gewißheit des mathematischen?
'''654.''' Aber darauf kann man manches einwenden. – Erstens ist eben »12 × 12 etc.« ein ''mathematischer'' Satz, und daraus kann man folgern, daß nur solche Sätze in dieser Lage sind. Und wenn diese Folgerung nicht berechtigt ist, so sollte es einen ebenso sichern Satz geben, der vom Vorgang jener Rechnung handelt, aber nicht mathematisch ist. – Ich denke an einen Satz etwa dieser Art: »Die Rechnung »12 × 12« wird, wenn Rechenkundige sie ausführen, in der großen Mehrzahl der Fälle »144« ergeben.« Diesen Satz wird niemand bestreiten, und er ist natürlich kein mathematischer. Aber hat er die Gewißheit des mathematischen?


'''655.''' Dem mathematischen Satz ist gleichsam offiziell der Stempel der Unbestreitbarkeit aufgedrückt worden. D. h.: »Streitet euch um andre Dinge; ''das'' steht fest, ist eine Angel, um die sich euer Streit drehen kann.«
'''655.''' Dem mathematischen Satz ist gleichsam offiziell der Stempel der Unbestreitbarkeit aufgedrückt worden. D. h.: »Streitet euch um andre Dinge; ''das'' steht fest, ist eine Angel, um die sich euer Streit drehen kann.«
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'''676.''' »Aber wenn ich mich auch in solchen Fällen nicht irren kann, – ist es nicht möglich, daß ich in der Narkose bin?« Wenn ich es bin und wenn die Narkose mir das Bewußtsein raubt, dann rede und denke ich jetzt nicht wirklich. Ich kann nicht im Ernst annehmen, ich träume jetzt. Wer träumend sagt »Ich träume«, auch wenn er dabei hörbar redete, hat so wenig recht, wie wenn er im Traum sagt »Es regnet«, während es tatsächlich regnet. Auch wenn sein Traum wirklich mit dem Geräusch des Regens zusammenhängt.
'''676.''' »Aber wenn ich mich auch in solchen Fällen nicht irren kann, – ist es nicht möglich, daß ich in der Narkose bin?« Wenn ich es bin und wenn die Narkose mir das Bewußtsein raubt, dann rede und denke ich jetzt nicht wirklich. Ich kann nicht im Ernst annehmen, ich träume jetzt. Wer träumend sagt »Ich träume«, auch wenn er dabei hörbar redete, hat so wenig recht, wie wenn er im Traum sagt »Es regnet«, während es tatsächlich regnet. Auch wenn sein Traum wirklich mit dem Geräusch des Regens zusammenhängt.


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<!--Fußnoten


1              S. G. E. Moore, »Proof of an External World«, in ''Proceedings of the British Academy'' 1939; »A Defence of Common Sense« in ''Contemporary British Philosophy, 2nd Series;'' J. H. Muirhead Herausg. 1925. Beide Schriften sind auch zu finden in Moores ''Philosophical Papers,'' London, George Allen and Unwin 1959. ''Herausg''.
1              S. G. E. Moore, »Proof of an External World«, in ''Proceedings of the British Academy'' 1939; »A Defence of Common Sense« in ''Contemporary British Philosophy, 2nd Series;'' J. H. Muirhead Herausg. 1925. Beide Schriften sind auch zu finden in Moores ''Philosophical Papers,'' London, George Allen and Unwin 1959. ''Herausg''.
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7              Der letzte Satz ist ein Nachtrag. (Herausg.)
7              Der letzte Satz ist ein Nachtrag. (Herausg.)


8              Randbemerkung: Kann es denn nicht auch geschehen, daß man heute einen Irrtum früherer Zeiten zu erkennen glaubt und später darauf kommt, daß die erste Ansicht ''richtig'' war? etc.}}
8              Randbemerkung: Kann es denn nicht auch geschehen, daß man heute einen Irrtum früherer Zeiten zu erkennen glaubt und später darauf kommt, daß die erste Ansicht ''richtig'' war? etc.-->