Tagebücher 1914-1916: Difference between revisions

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Es gibt also  wirklich  eine  Art und  Weise, wie in  der Philosophie ''in einem nicht psychologischen Sinne '' vom Ich  die Rede sein  kann und muß. ''[Vgl.'' 5.641.]
Es gibt also  wirklich  eine  Art und  Weise, wie in  der Philosophie ''in einem nicht psychologischen Sinne '' vom Ich  die Rede sein  kann und muß. ''[Vgl.'' 5.641.]


12. 8. 16.
12. 8. 16.
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Das Gesichtsfeld hat nämlich nicht etwa eine solche Form:
Das Gesichtsfeld hat nämlich nicht etwa eine solche Form:


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[5.6331.]
[5.6331.]
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Alles, was wir sehen, könnte auch anders sein.
Alles, was wir sehen, könnte auch anders sein.


Alles, was wir überhaupt beschreiben können, könnte auch anders sein. ''[S.'' 5.634.]<references />
Alles, was wir überhaupt beschreiben können, könnte auch anders sein. ''[S.'' 5.634.]
 
13. 8. 16.
 
Angenommen, der Mensch könnte seinen Willen nicht betätigen müßte aber alle Not dieser Welt leiden, was könnte ihn dann glücklich machen?
 
Wie kann der Mensch überhaupt glücklich sein, da er doch die Not dieser Welt nicht abwehren kann?
 
Eben durch das Leben der Erkenntnis.
 
Das gute Gewissen ist das Glück, welches das Leben der Erkenntnis gewährt.
 
Das Leben der Erkenntnis ist das Leben, welches glücklich ist, der Not der Welt zum Trotz.
 
Nur das Leben ist glücklich, welches auf die Annehmlichkeiten der Welt verzichten kann.
 
Ihm sind die Annehmlichkeiten der Welt nur so viele Gnaden des Schicksals.
 
 
16. 8. 16.
 
Daß  ein  Punkt nicht  zugleich  rot und  grün  sein  kann,  muß dem ersten Anschein nach keine ''logische'' Unmöglichkeit sein.  Aber schon die  physikalische Ausdrucksweise reduziert  sie  zu einer kinetischen
 
Unmöglichkeit. Man sieht, zwischen Rot und Grün besteht eine Verschiedenheit der Struktur.
 
Und nun ordnet sie die Physik gar noch in eine Reihe. Und nun sieht man, wie hier die wahre Struktur der Gegenstände ans Licht gebracht wird.
 
Daß ein Teilchen nicht zu gleicher Zeit an zwei Orten sein kann, das sieht schon vielmehr aus wie eine ''logische'' Unmöglichkeit.
 
Fragen wir z. B. warum, so  taucht sofort der Gedanke auf: Nun wir würden eben Teilchen, die sich an zwei Orten befänden, verschiedene nennen, und das scheint alles wieder aus der Struktur des
 
Raumes und der Teilchen zu folgen. ''[Vgl.'' 6.3751.]
 
 
17. 8. 16.
 
Operation ist der Übergang von einem Glied zum folgenden einer Formen-Reihe.
 
Operation und Formen-Reihe sind Äquivalente.
 
 
29. 8. 16.
 
Die Frage ist, ob die gewöhnliche, kleine Anzahl von Grundoperationen genügt, um alle möglichen Operationen herzustellen.
 
Es scheint, daß dies so sein muß.
 
Man kann auch fragen, ob man von jedem Ausdruck auf jeden verwandten mit jenen Grundoperationen übergehen kann.
 
 
2. 9. 16.
 
Hier sieht man, daß der Solipsismus streng durchgeführt mit dem reinen Realismus zusammenfällt.
 
Das Ich des Solipsismus schrumpft zum ausdehnungslosen Punkt zusammen, und es bleibt die ihm koordinierte Realität bestehen. [5.64.]
 
Was geht mich die Geschichte an? Meine Welt ist die erste und einzige!
 
Ich will berichten, wie ''ich'' die Welt vorfand.
 
Was andere mir auf der Welt über die Welt sagten, ist ein ganz kleiner und nebensächlicher Teil meiner Welt-Erfahrung.
 
''Ich'' habe die Welt zu beurteilen, die Dinge zu messen.
 
Das philosophische Ich ist nicht der Mensch, nicht der menschliche Körper oder die menschliche Seele mit den psychologischen Eigenschaften, sondern das metaphysische Subjekt, die Grenze (nicht ein Teil) der Welt. Der menschliche Körper aber, ''mein'' Körper insbesondere, ist ein Teil der Welt unter anderen Teilen der Welt, unter Tieren, Pflanzen, Steinen etc. etc. [''Vgl.'' 5.641.]
 
Wer das einsieht, wird seinem Körper oder dem menschlichen Körper nicht eine bevorzugte Stelle in der Welt einräumen wollen.
 
Er wird Menschen und Tiere ganz naiv als ähnliche und zusammengehörige Dinge betrachten.
 
 
11. 9. 16.
 
Die Art und Weise, wie die Sprache bezeichnet, spiegelt sich in ihrem Gebrauche wieder.
 
Daß die Farben keine Eigenschaften sind, zeigt die Analyse der Physik, zeigen die internen Relationen, in welchen die Physik die Farben zeigt.
 
Wende dies auch auf Klänge an.
 
 
12. 9. 16.
 
Jetzt wird klar, warum ich dachte, Denken und Sprechen wäre dasselbe. Das Denken nämlich ist eine Art Sprache. Denn der Gedanke ist natürlich ''auch'' ein logisches Bild des Satzes und somit ebenfalls eine Art Satz.
 
 
19. 9. 16.
 
Die Menschheit hat immer nach einer Wissenschaft gesucht in welcher simplex sigillum veri ist. [''Vgl.'' 5.4541.]
 
Es kann nicht eine ordentliche oder eine unordentliche Welt geben,  o daß man sagen könnte, unsere Welt ist ordentlich. Sondern in Jeder   mögli0en.   Welt  ist  eine,  wenn  auch  komplizierte Ordnung, geradeso, wie es 1m Raum auch nicht unordentliche und ordentliche Punktverteilungen gibt, sondern jede Punktverteilung ist ordentlich.
 
(Diese Bemerkung ist nur Material für einen Gedanken.)
 
Die Kunst ist ein Ausdruck.
 
Das gute Kunstwerk ist der vollendete Ausdruck.
 
 
7. 10. 16.
 
Das Kunstwerk ist der Gegenstand sub specie aeternitatis gesehen; und das gute Leben ist die Welt sub specie aeternitatis gesehen. Dies ist der Zusammenhang zwischen Kunst und Ethik.
 
Die gewöhnliche Betrachtungsweise sieht die Gegenstände gleichsam aus ihrer Mitte, die Betrachtung sub specie aeternitatis von außerhalb.
 
So daß sie die ganze Welt als Hintergrund haben.
 
Ist es etwa das, daß sie den Gegenstand ''mit'' Raum und Zeit sieht  statt ''in'' Raum und Zeit?
 
Jedes Ding bedingt die ganze logische Welt, sozusagen den ganzen logischen Raum.
 
(Es drängt sie der danke auf): Das Ding sub specie aeternitatis gesehen 1st das Ding mit dem ganzen logischen Raum gesehen.
 
 
8. 10. 16.
 
Als Ding unter Dingen ist jedes Ding gleich unbedeutend, als Welt jedes gleichbedeutend.
 
Habe  ich den  Ofen  kontempliert, und  es  wird mir  nun  gesagt: jetzt kennst du aber nur den Ofen, so scheint mein Resultat allerdings kleinlich. Denn das stellt es so dar, als hätte ich den Ofen unter den vielen, vielen Dingen der Welt studiert. Habe ich aber den Ofen kontempliert, so war ''er'' meine Welt, und alles Andere dagegen blaß.
 
(Manches Gute im Großen, im Einzelnen aber schlecht.)
 
Man kann eben die bloße gegenwärtige Vorstellung sowohl  auffassen, als das nichtige momentane Bild in der ganzen zeitlichen Welt, als auch  als die wahre Welt unter Schatten.
 
 
9. 10. 16.
 
Nun ist aber endlich der Zusammenhang der Ethik mit der Welt klarzumachen.
 
 
12. 10. 16.
 
Ein Stein, der Körper eines Tieres, der Körper eines  Menschen, mein Körper, stehen alle auf gleicher Stufe.
 
Darum ist, was geschieht, ob es von einem Stein oder von meinem Körper geschieht, weder gut noch schlecht.
 
"Die Zeit ist einsinnig", muß ein Unsinn sein.
 
Die Einsinnigkeit ist eine logische Eigenschaft der Zeit.
 
Denn wenn man jemanden früge, wie er sich die Einsinnigkeit vorstellt, so würde er sagen: die Zeit wäre nicht einsinnig, wenn sich ein Ereignis wiederholen könnte.
 
Daß sich aber ein Ereignis nicht wiederholen kann, liegt, geradeso wie, daß ein Körper nicht zu gleicher Zeit an zwei Orten sein kann, im logischen Wesen des Ereignisses.
 
Es ist wahr: der Mensch ''ist'' der Mikrokosmos:
 
Ich bin meine Welt. ''[Vgl.'' 5.63.]
 
 
15. 10. 16.
 
Was man sich nicht denken kann, darüber kann man auch nicht reden. [''Vgl.'' 5.61.]
 
"Bedeutung" bekommen die Dinge erst durch ihr Verhältnis zu meinem Willen.
 
Denn "Jedes Ding ist, was es ist, und kein ander Ding".
 
Eine Auffassung: Wie ich aus meiner Physiognomie auf meinen Geist (Charakter, Willen) schließen kann, so aus der Physiognomie jedes Dinges auf ''seinen'' Geist (Willen).
 
Kann ich aber aus meiner Physiognomie auf meinen Geist ''schließen''?
 
Ist dies Verhältnis nicht rein empirisch?
 
Drückt mein Körper wirklich etwas aus?
 
Ist er selbst der interne Ausdruck von etwas?
 
Ist etwa das böse Gesicht an sich böse oder bloß, weil es empirisch mit böser Laune verbunden ist?
 
Aber es ist klar, daß der Kausalnexus gar kein Nexus ist. [''Vgl.'' 5.136.]
 
Ist es denn wahr, daß sich mein Charakter  nach  der psychophysischen Auffassung nur im Bau ''meines '' Körpers  oder  meines Gehirns und nicht ebenso im Bau der ganzen übrigen Welt ausdrückt?
 
Hier liegt ein springender Punkt.
 
Dieser Parallelismus besteht also eigentlich zwischen meinem Geist, i.e. dem Geist, und der Welt.
 
Bedenke nur, daß der Geist der Schlange, des Löwen, ''dein'' Geist ist. Denn nur von dir her kennst du überhaupt den Geist.
 
Es ist nun freilich die Frage, warum habe ich der Schlange gerade diesen Geist gegeben.
 
Und die Antwort hierauf kann nur im psychophysischen Parallelismus liegen: Wenn ich so aussähe wie die Schlange und das täte, was sie tut, so wäre ich so und so.
 
Das Gleiche beim Elefanten, bei der Fliege, bei der Wespe.
 
Es fragt sich aber,  ob nicht  eben  auch hier  wieder  (und gewiß  ist es so) mein Körper mit dem der Wespe und der Schlange auf einer Stufe steht, so daß ich weder von dem der Wespe auf meinen,  noch von meinem auf den der Wespe geschlossen habe.
 
Ist das die Lösung des Rätsels, warum die Menschen immer glaubten, ''ein'' Geist sei der ganzen Welt gemein?
 
Und dann wäre er freilich auch den unbelebten Dingen gemeinsam.
 
Der Weg, den ich gegangen bin, ist der: Der Idealismus scheidet aus der Welt als unik die Menschen aus, der Solipsismus scheidet mich allein aus, und endlich sehe ich, daß auch ich zur übrigen Welt gehöre, auf der einen Seite bleibt also ''nichts'' übrig, auf der anderen als unik ''die Welt.'' So führt der Idealismus streng durchdacht  zum Realismus. ''[Vgl.'' 5.64.]
 
 
17. 10. 16.
 
Und in diesem Sinne kann ich auch von einem der ganzen Welt gemeinsamen Willen sprechen.
 
Aber dieser Wille ist in einem höheren Sinne ''mein'' Wille.
 
Wie meine Vorstellung die Welt ist, so ist mein Wille der Weltwille.
 
20. 10. 16.
 
Es ist klar, daß mein Gesichtsraum der Länge nach anders beschaffen ist, als der Breite nach.<references />