Tagebücher 1914-1916: Difference between revisions

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Der ''Name'' ist ''kein'' Bild des Benannten!
Der ''Name'' ist ''kein'' Bild des Benannten!


Der Satz ''sagt nur insoweit etwas aus,'' als er ''ein Bild'' ist! [''S.'' 4.03.]
Der Satz ''sagt nur insoweit etwas aus'', als er ''ein Bild'' ist! [''S.'' 4.03.]


Tautologien sagen nichts aus, sie sind nicht Bilder von Sachverhalten: Sie sind selber logisch vollkommen neutral: (Das logische Produkt einer Tautologie und eines Satzes sagt nicht mehr noch weniger aus als dieser allein.) [''Vgl.'' 4.462 ''u.'' 4.465.]
Tautologien sagen nichts aus, sie sind nicht Bilder von Sachverhalten: Sie sind selber logisch vollkommen neutral: (Das logische Produkt einer Tautologie und eines Satzes sagt nicht mehr noch weniger aus als dieser allein.) [''Vgl.'' 4.462 ''u.'' 4.465.]
Line 318: Line 318:
Immer wieder entsteht das Bedürfnis nach einer vergleichenden Zusammenstellung von Sätzen, die in internen Beziehungen stehen. Man könnte zu diesem Buch geradezu Bildertafeln anlegen.
Immer wieder entsteht das Bedürfnis nach einer vergleichenden Zusammenstellung von Sätzen, die in internen Beziehungen stehen. Man könnte zu diesem Buch geradezu Bildertafeln anlegen.


(Die Tautologie ''zeigt,'' was sie zu ''sagen'' schein , die Kontradiktion zeigt ''das Gegenteil'' von dem, was sie zu sagen scheint.)
(Die Tautologie ''zeigt'', was sie zu ''sagen'' schein , die Kontradiktion zeigt ''das Gegenteil'' von dem, was sie zu sagen scheint.)


Es ist klar, daß wir alle überhaupt möglichen völlig allgemeinen Sätze bilden können sobald uns nur ''eine Sprache'' gegeben ist. Und darum ist es doch kaum zu glauben, daß solche Zeichenverbindungen wirklich etwas über die Welt aussagen sollten. – Andererseits aber dieser graduelle Übergang vom elementaren Satz zum völlig allgemeinen!!
Es ist klar, daß wir alle überhaupt möglichen völlig allgemeinen Sätze bilden können sobald uns nur ''eine Sprache'' gegeben ist. Und darum ist es doch kaum zu glauben, daß solche Zeichenverbindungen wirklich etwas über die Welt aussagen sollten. – Andererseits aber dieser graduelle Übergang vom elementaren Satz zum völlig allgemeinen!!
Line 487: Line 487:
Um überhaupt eine Aussage machen zu können, müssen wir – in einem Sinne – wissen, wie es sich verhält, wenn die Aussage wahr ist (und dies bilden wir eben ab). [''Vgl.'' 4.02.4.]
Um überhaupt eine Aussage machen zu können, müssen wir – in einem Sinne – wissen, wie es sich verhält, wenn die Aussage wahr ist (und dies bilden wir eben ab). [''Vgl.'' 4.02.4.]


Der Satz ''drückt aus,'' was ich nicht weiß, was ich aber doch wissen muß, um ihn überhaupt aussagen zu können, das ''zeige ich in ihm.''
Der Satz ''drückt aus'', was ich nicht weiß, was ich aber doch wissen muß, um ihn überhaupt aussagen zu können, das ''zeige ich in ihm.''


Die Definition ist eine Tautologie und zeigt interne Relationen zwischen ihren beiden Gliedern!
Die Definition ist eine Tautologie und zeigt interne Relationen zwischen ihren beiden Gliedern!
Line 551: Line 551:
Denn, wenn ein Elementarsatz wahr ist, so ist doch jedenfalls ''ein'' Elementarsatz ''mehr.'' [''S.'' 5.5262.]
Denn, wenn ein Elementarsatz wahr ist, so ist doch jedenfalls ''ein'' Elementarsatz ''mehr.'' [''S.'' 5.5262.]


Damit ein Satz wahr sei, muß er vor allem wahr sein ''können,'' und nur das geht die Logik etwas an.
Damit ein Satz wahr sei, muß er vor allem wahr sein ''können'', und nur das geht die Logik etwas an.


Der Satz muß zeigen, was er sagen will. – Er muß sich zu seiner Bedeutung ähnlich verhalten, wie eine Beschreibung zu ihrem Gegenstand.
Der Satz muß zeigen, was er sagen will. – Er muß sich zu seiner Bedeutung ähnlich verhalten, wie eine Beschreibung zu ihrem Gegenstand.
Line 628: Line 628:
Analogie zwischen Satz und Beschreibung: ''Der Komplex, welcher'' mit diesem Zeichen kongruent ist. (Genau so in der graphischen Darstellung.)
Analogie zwischen Satz und Beschreibung: ''Der Komplex, welcher'' mit diesem Zeichen kongruent ist. (Genau so in der graphischen Darstellung.)


Nur kann man eben nicht ''sagen,'' dieser Komplex ist mit jenem kongruent (oder dergleichen), sondern dies zeigt sich. Und daher nimmt auch die Beschreibung einen anderen Charakter an. [''Vgl.'' 4.02.3.]
Nur kann man eben nicht ''sagen'', dieser Komplex ist mit jenem kongruent (oder dergleichen), sondern dies zeigt sich. Und daher nimmt auch die Beschreibung einen anderen Charakter an. [''Vgl.'' 4.02.3.]


Es muß ja die Abbildungsmethode vollkommen bestimmt sein ehe man überhaupt die Wirklichkeit mit dem Satze vergleichen kann, um zu sehen, ob er wahr oder falsch ist. Die Vergleichsmethode muß mir gegeben sein, ehe ich vergleichen kann.
Es muß ja die Abbildungsmethode vollkommen bestimmt sein ehe man überhaupt die Wirklichkeit mit dem Satze vergleichen kann, um zu sehen, ob er wahr oder falsch ist. Die Vergleichsmethode muß mir gegeben sein, ehe ich vergleichen kann.
Line 670: Line 670:
Auch dies ist streng genommen nicht richtig, da wir kein bestimmtes Subjekt oder Prädikat zu kennen brauchen.
Auch dies ist streng genommen nicht richtig, da wir kein bestimmtes Subjekt oder Prädikat zu kennen brauchen.


''Offenbar,'' daß wir den Elementarsatz als das Bild eines Sachverhalts empfinden. – Wie geht das zu? [''Vgl.'' 4.012.]
''Offenbar'', daß wir den Elementarsatz als das Bild eines Sachverhalts empfinden. – Wie geht das zu? [''Vgl.'' 4.012.]


Muß nicht die Möglichkeit der darstellenden Beziehung durch den Satz ''selbst'' gegeben sein?
Muß nicht die Möglichkeit der darstellenden Beziehung durch den Satz ''selbst'' gegeben sein?
Line 766: Line 766:
Sie sind Verallgemeinerungen und drücken eine unvollständige Kenntnis jener Gesetze aus. [''Vgl.'' 5.156.]
Sie sind Verallgemeinerungen und drücken eine unvollständige Kenntnis jener Gesetze aus. [''Vgl.'' 5.156.]


Wenn ich z. B. schwarze und weiße Ballen aus einer Urne ziehe, so kann ich nicht vor einem Zug sagen, ob ich einen weißen oder schwarzen Ballen ziehen werde, da ich hierzu die Naturgesetze nicht genau genug kenne; aber ''das weiß ich doch,'' daß, im Falle gleich viel schwarze und weiße Ballen vorhanden sind, die Zahl der gezogenen schwarzen sich der der weißen bei fortgesetztem Ziehen nähern wird, ''so'' genau kenne ich die Naturgesetze eben ''doch.'' [''Vgl.'' 5.154.]
Wenn ich z. B. schwarze und weiße Ballen aus einer Urne ziehe, so kann ich nicht vor einem Zug sagen, ob ich einen weißen oder schwarzen Ballen ziehen werde, da ich hierzu die Naturgesetze nicht genau genug kenne; aber ''das weiß ich doch'', daß, im Falle gleich viel schwarze und weiße Ballen vorhanden sind, die Zahl der gezogenen schwarzen sich der der weißen bei fortgesetztem Ziehen nähern wird, ''so'' genau kenne ich die Naturgesetze eben ''doch.'' [''Vgl.'' 5.154.]




Line 821: Line 821:
Dieses Urbild ist dann wirklich kein Satz, (hat aber die Gestalt eines Satzes) und ''es'' könnte der Fregeschen "Annahme" entsprechen.
Dieses Urbild ist dann wirklich kein Satz, (hat aber die Gestalt eines Satzes) und ''es'' könnte der Fregeschen "Annahme" entsprechen.


Der Satz bestünde dann aus Ur''bildern,'' die auf die Welt projiziert wären.
Der Satz bestünde dann aus Ur''bildern'', die auf die Welt projiziert wären.




Line 937: Line 937:
Es ist ja klar, daß alle die ab-Funktionen nur so viele verschiedene Meßmethoden der Wirklichkeit sind. – Und gewiß haben die Meßmethoden durch p und ~p etwas Besonderes allen anderen voraus. –
Es ist ja klar, daß alle die ab-Funktionen nur so viele verschiedene Meßmethoden der Wirklichkeit sind. – Und gewiß haben die Meßmethoden durch p und ~p etwas Besonderes allen anderen voraus. –


Es ist der ''Dualismus,'' positive und negative Tatsachen, der mich nicht zur Ruhe kommen läßt. So einen Dualismus kann es ja nicht geben. Aber wie ihm entgehen?
Es ist der ''Dualismus'', positive und negative Tatsachen, der mich nicht zur Ruhe kommen läßt. So einen Dualismus kann es ja nicht geben. Aber wie ihm entgehen?


Alles das würde sich von selbst lösen durch ein Verständnis des Wesens des Satzes!
Alles das würde sich von selbst lösen durch ein Verständnis des Wesens des Satzes!
Line 948: Line 948:
Der gefürchtete Dualismus von positiv und negativ besteht nicht denn (x).φx etc., etc. sind weder positiv noch negativ.
Der gefürchtete Dualismus von positiv und negativ besteht nicht denn (x).φx etc., etc. sind weder positiv noch negativ.


Wenn schon der positive Satz nicht im negativen vorkommen ''muß,'' muß nicht in jedem Fall das Urbild des positiven Satzes im negativen vorkommen?
Wenn schon der positive Satz nicht im negativen vorkommen ''muß'', muß nicht in jedem Fall das Urbild des positiven Satzes im negativen vorkommen?


Indem wir – und zwar in jeder möglichen Notation – zwischen ~aRb und ~bRa unterscheiden, setzen wir in einer jeden eine bestimmte Zuordnung von Argument und Argumentstelle im negativen Satz voraus; die ja das Urbild des verneinten positiven Satzes ausmacht.
Indem wir – und zwar in jeder möglichen Notation – zwischen ~aRb und ~bRa unterscheiden, setzen wir in einer jeden eine bestimmte Zuordnung von Argument und Argumentstelle im negativen Satz voraus; die ja das Urbild des verneinten positiven Satzes ausmacht.
Line 1,396: Line 1,396:
Daß p.~p eine Kontradiktion ist, zeigt, daß ~p p widerspricht. [''Vgl.'' 6.1201.]
Daß p.~p eine Kontradiktion ist, zeigt, daß ~p p widerspricht. [''Vgl.'' 6.1201.]


Skeptizismus ist ''nicht'' unwiderleglich sondern ''offenbar unsinnig,'' wenn er bezweifeln will, wo nicht gefragt werden kann. [''S.'' 6.51.]
Skeptizismus ist ''nicht'' unwiderleglich sondern ''offenbar unsinnig'', wenn er bezweifeln will, wo nicht gefragt werden kann. [''S.'' 6.51.]


Denn Zweifel kann nur bestehen, wo eine Frage besteht; eine Frage kann nur bestehen, wo eine Antwort besteht, und diese nur, wo etwas ''gesagt'' werden ''kann.'' [''S.'' 6.51.]
Denn Zweifel kann nur bestehen, wo eine Frage besteht; eine Frage kann nur bestehen, wo eine Antwort besteht, und diese nur, wo etwas ''gesagt'' werden ''kann.'' [''S.'' 6.51.]
Line 1,465: Line 1,465:
Eine Frage: Können wir ohne einfache Gegenstände in der LOGIK auskommen?
Eine Frage: Können wir ohne einfache Gegenstände in der LOGIK auskommen?


''Offenbar'' sind Sätze möglich welche keine einfachen Zeichen enthalten, d. h. keine Zeichen, welche unmittelbar eine Bedeutung haben. Und diese sind wirklich ''Sätze,'' die einen Sinn haben, und die Definitionen ihrer Bestandteile brauchen auch nicht bei ihnen zu stehen.
''Offenbar'' sind Sätze möglich welche keine einfachen Zeichen enthalten, d. h. keine Zeichen, welche unmittelbar eine Bedeutung haben. Und diese sind wirklich ''Sätze'', die einen Sinn haben, und die Definitionen ihrer Bestandteile brauchen auch nicht bei ihnen zu stehen.


Es ist doch klar, daß Bestandteile unserer Sätze durch Definitionen zerlegt werden können und müssen, wenn wir uns der eigentlichen Struktur des Satzes nähern wollen. ''Jedenfalls gibt es also einen Prozeß der Analyse.'' Und kann nun nicht gefragt werden, ob dieser Prozeß einmal zu einem Ende kommt? Und wenn ja: Was wird das Ende sein??
Es ist doch klar, daß Bestandteile unserer Sätze durch Definitionen zerlegt werden können und müssen, wenn wir uns der eigentlichen Struktur des Satzes nähern wollen. ''Jedenfalls gibt es also einen Prozeß der Analyse.'' Und kann nun nicht gefragt werden, ob dieser Prozeß einmal zu einem Ende kommt? Und wenn ja: Was wird das Ende sein??
Line 1,483: Line 1,483:
Mit der Zeichenklasse des Satzes "p" ist bereits die Klasse "~p" etc., etc., gegeben. Wie es auch sein muß.
Mit der Zeichenklasse des Satzes "p" ist bereits die Klasse "~p" etc., etc., gegeben. Wie es auch sein muß.


''Aber,'' setzt das nicht schon voraus, daß uns die Klasse aller Sätze gegeben ist? Und wie kommen wir zu ''ihr''?
''Aber'', setzt das nicht schon voraus, daß uns die Klasse aller Sätze gegeben ist? Und wie kommen wir zu ''ihr''?




Line 1,524: Line 1,524:
15. 5. 15.
15. 5. 15.


Die Komplex-Theorie drückt sich in Sätzen aus wie dieser: "Wenn ein Satz wahr ist, dann existiert Etwas"; es scheint ein Unterschied zu sein zwischen der Tatsache, welche der Satz ausdrückt: a steht in der Relation R zu b, und dem Komplex: ''a in der Relation R zu b'', welcher eben dasjenige ist, welches "existiert", wenn jener Satz wahr ist: Es scheint, als könnten wir dieses Etwas ''bezeichnen,'' und zwar mit einem eigentlichen "zusammengesetzten Zeichen". – Die Gefühle, die sich in diesen Sätzen ausdrücken, sind ganz natürlich und ungekünstelt; es muß ihnen also eine Wahrheit zu Grunde liegen. Aber welche?
Die Komplex-Theorie drückt sich in Sätzen aus wie dieser: "Wenn ein Satz wahr ist, dann existiert Etwas"; es scheint ein Unterschied zu sein zwischen der Tatsache, welche der Satz ausdrückt: a steht in der Relation R zu b, und dem Komplex: ''a in der Relation R zu b'', welcher eben dasjenige ist, welches "existiert", wenn jener Satz wahr ist: Es scheint, als könnten wir dieses Etwas ''bezeichnen'', und zwar mit einem eigentlichen "zusammengesetzten Zeichen". – Die Gefühle, die sich in diesen Sätzen ausdrücken, sind ganz natürlich und ungekünstelt; es muß ihnen also eine Wahrheit zu Grunde liegen. Aber welche?


Soviel ist klar, daß ein Komplex nur durch seine Beschreibung gegeben sein kann; und diese stimmen oder nicht stimmen wird. [''S.'' 3.24.]
Soviel ist klar, daß ein Komplex nur durch seine Beschreibung gegeben sein kann; und diese stimmen oder nicht stimmen wird. [''S.'' 3.24.]
Line 1,547: Line 1,547:
19. 5. 15.
19. 5. 15.


Wir können sogar einen in Bewegung begriffenen Körper, ''und zwar mit seiner Bewegung zusammen,'' als Ding auffassen. So bewegt sich der um die Erde sich drehende Mond um die Sonne. Hier scheint es mir klar, daß in dieser Verdinglichung nichts als eine logische Manipulation vorliegt – deren Möglichkeit übrigens höchst bedeutungsvoll sein mag.
Wir können sogar einen in Bewegung begriffenen Körper, ''und zwar mit seiner Bewegung zusammen'', als Ding auffassen. So bewegt sich der um die Erde sich drehende Mond um die Sonne. Hier scheint es mir klar, daß in dieser Verdinglichung nichts als eine logische Manipulation vorliegt – deren Möglichkeit übrigens höchst bedeutungsvoll sein mag.


Oder betrachten wir Verdinglichungen wie: eine Melodie, einen gesprochenen Satz. –
Oder betrachten wir Verdinglichungen wie: eine Melodie, einen gesprochenen Satz. –
Line 1,604: Line 1,604:
Wenn wir auch die einfachen Gegenstände nicht aus der Anschauung kennen; die komplexen Gegenstände ''kennen'' wir aus der Anschauung, wir wissen aus der Anschauung, daß sie komplex sind. – Und daß sie zuletzt aus einfachen Dingen bestehen müssen? Wir nehmen zum Beispiel aus unserem Gesichtsfeld eine Teil heraus, wir sehen, daß er noch immer komplex ist, daß ein Teil von ''ihm'' noch immer komplex aber schon einfacher ist, u.s.w. –
Wenn wir auch die einfachen Gegenstände nicht aus der Anschauung kennen; die komplexen Gegenstände ''kennen'' wir aus der Anschauung, wir wissen aus der Anschauung, daß sie komplex sind. – Und daß sie zuletzt aus einfachen Dingen bestehen müssen? Wir nehmen zum Beispiel aus unserem Gesichtsfeld eine Teil heraus, wir sehen, daß er noch immer komplex ist, daß ein Teil von ''ihm'' noch immer komplex aber schon einfacher ist, u.s.w. –


Ist es denkbar, daß wir – z. B.– ''sehen,'' daß ''alle Punkte einer Fläche gelb sind'', ohne irgend ''einen'' Punkt dieser Fläche zu sehen? Fast scheint es so.
Ist es denkbar, daß wir – z. B. – ''sehen'', daß ''alle Punkte einer Fläche gelb sind'', ohne irgend ''einen'' Punkt dieser Fläche zu sehen? Fast scheint es so.


Die Entstehung der Probleme: die drückende Spannung, die sich einmal in eine Frage zusammenballt und sich objektiviert.
Die Entstehung der Probleme: die drückende Spannung, die sich einmal in eine Frage zusammenballt und sich objektiviert.
Line 1,615: Line 1,615:
Erscheint uns das Gesichtsbild eines minimum visibile wirklich als unteilbar? Was Ausdehnung hat, ist teilbar. Gibt es Teile in unserem Gesichtsbild, die ''keine'' Ausdehnung haben? Etwa die der Fixsterne? –
Erscheint uns das Gesichtsbild eines minimum visibile wirklich als unteilbar? Was Ausdehnung hat, ist teilbar. Gibt es Teile in unserem Gesichtsbild, die ''keine'' Ausdehnung haben? Etwa die der Fixsterne? –


Der Trieb zum Mystischen kommt von der Unbefriedigtheit unserer Wünsche durch die Wissenschaft. Wir ''fühlen,'' daß selbst wenn alle ''möglichen'' wissenschaftlichen Fragen beantwortet sind, ''unser Problem noch gar nicht berührt ist.'' Freilich bleibt dann eben keine Frage mehr; und eben dies ist die Antwort. [''Vgl.'' 6.52.]
Der Trieb zum Mystischen kommt von der Unbefriedigtheit unserer Wünsche durch die Wissenschaft. Wir ''fühlen'', daß selbst wenn alle ''möglichen'' wissenschaftlichen Fragen beantwortet sind, ''unser Problem noch gar nicht berührt ist.'' Freilich bleibt dann eben keine Frage mehr; und eben dies ist die Antwort. [''Vgl.'' 6.52.]


Die Tautologie wird von ''jedem'' Satz bejaht; die Kontradiktion von jedem verneint. (Man könnte ja an jeden Satz, ohne seinen Sinn zu ändern, irgend eine Tautologie mit "und" anhängen und ebenso die Verneinung einer Kontradiktion.)
Die Tautologie wird von ''jedem'' Satz bejaht; die Kontradiktion von jedem verneint. (Man könnte ja an jeden Satz, ohne seinen Sinn zu ändern, irgend eine Tautologie mit "und" anhängen und ebenso die Verneinung einer Kontradiktion.)
Line 1,639: Line 1,639:
"Aber könnte es nicht etwas geben, was durch einen ''Satz.'' sich nicht ausdrücken läßt (und auch kein Gegenstand ist)?" Das ließe sich eben dann durch die ''Sprache'' nicht ausdrücken; und wir können auch nicht darnach ''fragen.''
"Aber könnte es nicht etwas geben, was durch einen ''Satz.'' sich nicht ausdrücken läßt (und auch kein Gegenstand ist)?" Das ließe sich eben dann durch die ''Sprache'' nicht ausdrücken; und wir können auch nicht darnach ''fragen.''


Wie, wenn es etwas außerhalb den ''Tatsachen'' gibt? Was unsere Sätze nicht auszudrücken vermögen? Aber da haben wir ja z. B. die ''Dinge, und wir fühlen gar kein Verlangen,'' sie in Sätzen auszudrücken.
Wie, wenn es etwas außerhalb den ''Tatsachen'' gibt? Was unsere Sätze nicht auszudrücken vermögen? Aber da haben wir ja z. B. die ''Dinge, und wir fühlen gar kein Verlangen'', sie in Sätzen auszudrücken.


Was sich nicht ausdrücken läßt, das drücken wir nicht aus –. Und wie wollen wir ''fragen,'' ob sich DAS ausdrücken läßt, was sich nicht AUSDRÜCKEN läßt?
Was sich nicht ausdrücken läßt, das drücken wir nicht aus –. Und wie wollen wir ''fragen'', ob sich DAS ausdrücken läßt, was sich nicht AUSDRÜCKEN läßt?


''Gibt es kein Bereich außerhalb den Tatsachen?''  
''Gibt es kein Bereich außerhalb den Tatsachen?''  
Line 1,660: Line 1,660:
Warum soll es nicht eine Ausdrucksweise geben, mit der ich ''über '' die Sprache reden kann, so daß diese mir in Koordination mit etwas Anderem erscheinen kann?
Warum soll es nicht eine Ausdrucksweise geben, mit der ich ''über '' die Sprache reden kann, so daß diese mir in Koordination mit etwas Anderem erscheinen kann?


Nehmen wir an, die Musik wäre eine solche Ausdrucksweise: Dann ''ist'' jedenfalls charakteristisch für die ''Wissenschaft,'' daß in ihr ''keine'' musikalischen Themen vorkommen.
Nehmen wir an, die Musik wäre eine solche Ausdrucksweise: Dann ''ist'' jedenfalls charakteristisch für die ''Wissenschaft'', daß in ihr ''keine'' musikalischen Themen vorkommen.


Ich selbst schreibe hier nur Sätze hin. Und warum?
Ich selbst schreibe hier nur Sätze hin. Und warum?
Line 1,794: Line 1,794:
In der Klassen-Theorie ist noch nicht ersichtlich, warum der Satz seinen Gegensatz ''bedarf.'' Warum er ein von dem übrigen Teil des logischen Raumes ''abgetrennter'' Teil ist.
In der Klassen-Theorie ist noch nicht ersichtlich, warum der Satz seinen Gegensatz ''bedarf.'' Warum er ein von dem übrigen Teil des logischen Raumes ''abgetrennter'' Teil ist.


Der Satz sagt, es ist: ''so,'' und nicht: ''so.'' Er stellt eine Möglichkeit dar und bildet doch schon ''ersichtlich'' den Teil eines Ganzen – dessen Züge er trägt – und von welchem er sich abhebt.
Der Satz sagt, es ist: ''so'', und nicht: ''so.'' Er stellt eine Möglichkeit dar und bildet doch schon ''ersichtlich'' den Teil eines Ganzen – dessen Züge er trägt – und von welchem er sich abhebt.


p ∨ q ∨ ~p ist auch eine Tautologie. –
p ∨ q ∨ ~p ist auch eine Tautologie. –


Es gibt wohl Sätze, die sowohl p als auch ~p ''zulassen,'' aber ''keinen'', den sowohl p als auch ~p ''bejaht.''  
Es gibt wohl Sätze, die sowohl p als auch ~p ''zulassen'', aber ''keinen'', den sowohl p als auch ~p ''bejaht.''  


[[File:Illustrazione 6.6.15.png|380px|center|link=]]
[[File:Illustrazione 6.6.15.png|380px|center|link=]]
Line 1,886: Line 1,886:
12. 6. 15.
12. 6. 15.


Man könnte eigentlich bei jedem Satz fragen: Was hat es zu bedeuten, wenn er wahr ist'','' was hat es zu bedeuten, wenn er falsch ist''?''
Man könnte eigentlich bei jedem Satz fragen: Was hat es zu bedeuten, wenn er wahr ist, was hat es zu bedeuten, wenn er falsch ist?


Nun ist p.~p seiner Annahme nach immer nur falsch, und dies hat also nichts zu bedeuten; und wieviel es bedeutet, wenn er wahr ist, kann man ja gar nicht fragen.
Nun ist p.~p seiner Annahme nach immer nur falsch, und dies hat also nichts zu bedeuten; und wieviel es bedeutet, wenn er wahr ist, kann man ja gar nicht fragen.
Line 1,893: Line 1,893:
13. 6. 15.
13. 6. 15.


Wenn "p.~p" wahr sein KÖNNTE, so würde es allerdings ''sehr'' viel besagen. Aber ''die Annahme,'' daß es wahr ist, kommt eben bei ihm nicht in Betracht, da es seiner Annahme nach immer falsch ist.
Wenn "p.~p" wahr sein KÖNNTE, so würde es allerdings ''sehr'' viel besagen. Aber ''die Annahme'', daß es wahr ist, kommt eben bei ihm nicht in Betracht, da es seiner Annahme nach immer falsch ist.


Eigentümlich: Die Wörter "Wahr" und "Falsch" beziehen sich auf die Beziehung des Satzes zur Welt; daß diese Wörter in ihm selbst zur Darstellung verwendet werden können!
Eigentümlich: Die Wörter "Wahr" und "Falsch" beziehen sich auf die Beziehung des Satzes zur Welt; daß diese Wörter in ihm selbst zur Darstellung verwendet werden können!
Line 1,925: Line 1,925:
15. 6. 15.
15. 6. 15.


(Dies ist ja nicht zu verwechseln mit der ''Tatsache,'' daß der ''Bestandteil'' im Komplex präjudiziert ist.)
(Dies ist ja nicht zu verwechseln mit der ''Tatsache'', daß der ''Bestandteil'' im Komplex präjudiziert ist.)


(Eine der schwersten Aufgaben des Philosophen ist es zu finden, wo ihn der Schuh druckt.)
(Eine der schwersten Aufgaben des Philosophen ist es zu finden, wo ihn der Schuh druckt.)
Line 1,972: Line 1,972:
– Was für eine Art Frage ist aber dies? –
– Was für eine Art Frage ist aber dies? –


''Jst es,'' A PRIORI, ''klar, daß wir bei der Zerlegung auf einfache Bestandteile kommen müßten – liegt dies etwa schon im Begriff der Zerlegung'' –'','' oder ist eine Zerlegbarkeit ad infinitum möglich? – Oder am Ende gar ein Drittes?
''Ist es'', A PRIORI, ''klar, daß wir bei der Zerlegung auf einfache Bestandteile kommen müßten – liegt dies etwa schon im Begriff der Zerlegung –'', oder ist eine Zerlegbarkeit ad infinitum möglich? – Oder am Ende gar ein Drittes?


Jene Frage ist eine logische, und die Zusammengesetztheit der räumlichen Gegenstände ist eine logische, denn zu sagen, daß ein Ding ein Teil eines anderen sei, ist immer eine Tautologie.
Jene Frage ist eine logische, und die Zusammengesetztheit der räumlichen Gegenstände ist eine logische, denn zu sagen, daß ein Ding ein Teil eines anderen sei, ist immer eine Tautologie.
Line 1,990: Line 1,990:
Alles, was ich will, ist ja nur vollständige Zerlegtheit ''meines Sinnes''!! Mit anderen Worten, der Satz muß vollkommen artikuliert sein. Alles, was sein Sinn mit einem anderen Sinn gemeinsam hat, muß im Satz separat enthalten sein. Kommen Verallgemeinerungen vor, so müssen die Formen der besonderen Fälle ersichtlich sein. – Und es ist klar, daß diese Forderung berechtigt ist, sonst kann der Satz überhaupt kein Bild von ''irgend etwas'' sein. [''Vgl.'' 3.251.]
Alles, was ich will, ist ja nur vollständige Zerlegtheit ''meines Sinnes''!! Mit anderen Worten, der Satz muß vollkommen artikuliert sein. Alles, was sein Sinn mit einem anderen Sinn gemeinsam hat, muß im Satz separat enthalten sein. Kommen Verallgemeinerungen vor, so müssen die Formen der besonderen Fälle ersichtlich sein. – Und es ist klar, daß diese Forderung berechtigt ist, sonst kann der Satz überhaupt kein Bild von ''irgend etwas'' sein. [''Vgl.'' 3.251.]


Denn wenn im Satze Möglichkeiten ''offen gelassen werden,'' so muß ''eben das bestimmt'' sein: ''was'' offen gelassen wird. Die Verallgemeinerungen der Form – z. B. – müssen bestimmt sein. Was ich nicht weiß, das weiß ich nicht, aber der Satz muß mir zeigen, WAS ich weiß. Und ist dann nicht dies Bestimmte, zu dem ich kommen muß, gerade einfach in dem Sinn, der mir immer vorgeschwebt hat? Es ist sozusagen das Harte.
Denn wenn im Satze Möglichkeiten ''offen gelassen werden'', so muß ''eben das bestimmt'' sein: ''was'' offen gelassen wird. Die Verallgemeinerungen der Form – z. B. – müssen bestimmt sein. Was ich nicht weiß, das weiß ich nicht, aber der Satz muß mir zeigen, WAS ich weiß. Und ist dann nicht dies Bestimmte, zu dem ich kommen muß, gerade einfach in dem Sinn, der mir immer vorgeschwebt hat? Es ist sozusagen das Harte.


"Zusammengesetzte Gegenstände gibt es nicht", heißt dann also
"Zusammengesetzte Gegenstände gibt es nicht", heißt dann also
Line 2,005: Line 2,005:
Die Forderung der einfachen Dinge ''ist'' die Forderung der Bestimmtheit des Sinnes. [''Vgl.'' 3.23.]
Die Forderung der einfachen Dinge ''ist'' die Forderung der Bestimmtheit des Sinnes. [''Vgl.'' 3.23.]


Denn rede ich etwa von dieser Uhr und meine damit etwas Komplexes, und es kommt auf die Zusammensetzung nicht an, so wird im Satz eine Verallgemeinerung auftreten, und ihre Grundformen werden, ''soweit sie überhaupt gegeben sind,'' vollkommen bestimmt sein.
Denn rede ich etwa von dieser Uhr und meine damit etwas Komplexes, und es kommt auf die Zusammensetzung nicht an, so wird im Satz eine Verallgemeinerung auftreten, und ihre Grundformen werden, ''soweit sie überhaupt gegeben sind'', vollkommen bestimmt sein.


Wenn es einen endlichen Sinn gibt, und einen Satz, der diesen vollständig ausdrückt, dann gibt es auch Namen für einfache Gegenstände.
Wenn es einen endlichen Sinn gibt, und einen Satz, der diesen vollständig ausdrückt, dann gibt es auch Namen für einfache Gegenstände.
Line 2,015: Line 2,015:
Aber beeinträchtigt nun diese ''mögliche'' unendliche Zusammengesetztheit des Sinnes dessen Bestimmtheit?
Aber beeinträchtigt nun diese ''mögliche'' unendliche Zusammengesetztheit des Sinnes dessen Bestimmtheit?


Man könnte die Bestimmtheit auch so fordern: Wenn ein Satz Sinn haben soll, so muß vorerst die syntaktische Verwendung jedes seiner Teile festgelegt sein. – Man kann z. B. nicht ''erst nachträglich draufkommen,'' daß ein Satz aus ihm folgt. Sondern z. B. welche Sätze aus einem Satz folgen, muß vollkommen feststehen, ehe dieser Satz einen Sinn haben kann!
Man könnte die Bestimmtheit auch so fordern: Wenn ein Satz Sinn haben soll, so muß vorerst die syntaktische Verwendung jedes seiner Teile festgelegt sein. – Man kann z. B. nicht ''erst nachträglich draufkommen'', daß ein Satz aus ihm folgt. Sondern z. B. welche Sätze aus einem Satz folgen, muß vollkommen feststehen, ehe dieser Satz einen Sinn haben kann!


Es scheint mir durchaus möglich, daß Flächen in unserem Gesichtsbild einfache Gegenstände sind, indem wir nämlich keinen einzigen Punkt dieser Fläche separat wahrnehmen; Gesichtsbilder von Sternen scheinen es sogar sicher zu sein. Wenn ich nämlich z.B. sage, diese Uhr liegt nicht in der Lade, so braucht daraus durchaus nicht LOGISCH FOLGEN, daß ein Rad, welches in der Uhr ist, nicht in der Lade liegt, denn ''ich wußte'' vielleicht ''gar nicht,'' daß das Rad in der Uhr war, habe daher auch nicht mit "diese Uhr" einen Komplex meinen können, in welchem das Rad vorkommt. Und es ist gewiß, daß ich – beiläufig gesprochen – nicht alle Teile meines ''theoretischen'' Gesichtsbildes sehe. Wer weiß, ''ob'' ich unendlich viele Punkte sehe!
Es scheint mir durchaus möglich, daß Flächen in unserem Gesichtsbild einfache Gegenstände sind, indem wir nämlich keinen einzigen Punkt dieser Fläche separat wahrnehmen; Gesichtsbilder von Sternen scheinen es sogar sicher zu sein. Wenn ich nämlich z.B. sage, diese Uhr liegt nicht in der Lade, so braucht daraus durchaus nicht LOGISCH FOLGEN, daß ein Rad, welches in der Uhr ist, nicht in der Lade liegt, denn ''ich wußte'' vielleicht ''gar nicht'', daß das Rad in der Uhr war, habe daher auch nicht mit "diese Uhr" einen Komplex meinen können, in welchem das Rad vorkommt. Und es ist gewiß, daß ich – beiläufig gesprochen – nicht alle Teile meines ''theoretischen'' Gesichtsbildes sehe. Wer weiß, ''ob'' ich unendlich viele Punkte sehe!


Nehmen wir nun an, wir sähen einen kreisförmigen Fleck: ist die Kreisform seine ''Eigenschaft?'' Gewiß nicht. Sie scheint eine strukturelle "Eigenschaft" zu sein. Und wenn ich bemerke, daß ein Fleck kreisrund ist, bemerke ich da nicht eine unendlich komplexe strukturelle Eigenschaft? Oder ich bemerke nur, daß der Fleck eine endliche Ausdehnung hat, und auch das schon scheint eine unendlich komplexe Struktur ''vorauszusetzen''.
Nehmen wir nun an, wir sähen einen kreisförmigen Fleck: ist die Kreisform seine ''Eigenschaft?'' Gewiß nicht. Sie scheint eine strukturelle "Eigenschaft" zu sein. Und wenn ich bemerke, daß ein Fleck kreisrund ist, bemerke ich da nicht eine unendlich komplexe strukturelle Eigenschaft? Oder ich bemerke nur, daß der Fleck eine endliche Ausdehnung hat, und auch das schon scheint eine unendlich komplexe Struktur ''vorauszusetzen''.
Line 2,085: Line 2,085:
Die Schwierigkeit ist eigentlich die: daß, wenn wir auch einen ''ganz bestimmten'' Sinn ausdrücken wollen, die Möglichkeit besteht, daß wir dieses Ziel verfehlen. Es scheint also sozusagen, daß wir keine Garantie haben, daß unser Satz wirklich ein Bild der Wirklichkeit ist.
Die Schwierigkeit ist eigentlich die: daß, wenn wir auch einen ''ganz bestimmten'' Sinn ausdrücken wollen, die Möglichkeit besteht, daß wir dieses Ziel verfehlen. Es scheint also sozusagen, daß wir keine Garantie haben, daß unser Satz wirklich ein Bild der Wirklichkeit ist.


Die Zerlegung der Körper in ''materielle Punkte,'' wie wir sie in der Physik haben, ist weiter nichts als die Analyse in ''einfache Bestandteile.''
Die Zerlegung der Körper in ''materielle Punkte'', wie wir sie in der Physik haben, ist weiter nichts als die Analyse in ''einfache Bestandteile.''


Aber sollte es möglich sein, daß die von uns gewöhnlich gebrauchten Sätze gleichsam nur einen unvollkommenen Sinn haben (ganz abgesehen von ihrer Wahr- oder Falschheit) und die physikalischen Sätze sich sozusagen dem Stadium nähern, wo ein Satz wirklich einen vollkommenen Sinn hat??
Aber sollte es möglich sein, daß die von uns gewöhnlich gebrauchten Sätze gleichsam nur einen unvollkommenen Sinn haben (ganz abgesehen von ihrer Wahr- oder Falschheit) und die physikalischen Sätze sich sozusagen dem Stadium nähern, wo ein Satz wirklich einen vollkommenen Sinn hat??
Line 2,093: Line 2,093:
Der Sinn muß doch klar sein, denn ''etwas'' meinen wir doch mit dem Satz, und soviel als wir ''sicher'' meinen, muß doch klar sein.
Der Sinn muß doch klar sein, denn ''etwas'' meinen wir doch mit dem Satz, und soviel als wir ''sicher'' meinen, muß doch klar sein.


Wenn der Satz "das Buch liegt auf dem Tisch" einen klaren Sinn hat, dann muß ich, was immer auch ''der Fall ist,'' sagen können, ob der Satz wahr oder falsch ist. Es könnten aber sehr wohl ''Fälle'' eintreten, in welchen ich nicht ohne weiteres sagen könnte, ob das Buch noch "auf dem Tisch liegend" zu nennen ist. Also?
Wenn der Satz "das Buch liegt auf dem Tisch" einen klaren Sinn hat, dann muß ich, was immer auch ''der Fall ist'', sagen können, ob der Satz wahr oder falsch ist. Es könnten aber sehr wohl ''Fälle'' eintreten, in welchen ich nicht ohne weiteres sagen könnte, ob das Buch noch "auf dem Tisch liegend" zu nennen ist. Also?


Ist also etwa der Fall der, daß ich zwar genau weiß was ich sagen will, aber dann im Ausdruck Fehler mache?
Ist also etwa der Fall der, daß ich zwar genau weiß was ich sagen will, aber dann im Ausdruck Fehler mache?
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Ich will nur die Vagheit der gewöhnlichen Sätze rechtfertigen, denn sie ''läßt'' sich rechtfertigen.
Ich will nur die Vagheit der gewöhnlichen Sätze rechtfertigen, denn sie ''läßt'' sich rechtfertigen.


Es ist klar: ''Ich weiß,'' was ich mit dem vagen Satz ''meine.'' Nun versteht es aber ein Anderer nicht und sagt "ja aber wenn du das meinst, hättest du – das und das – dazu setzen müssen"; und nun wird es noch Einer nicht verstehen und den Satz noch ausführlicher verlangen. Ich werde dann antworten: Ja, DAS versteht sich ''doch von selbst.''
Es ist klar: ''Ich weiß'', was ich mit dem vagen Satz ''meine.'' Nun versteht es aber ein Anderer nicht und sagt "ja aber wenn du das meinst, hättest du – das und das – dazu setzen müssen"; und nun wird es noch Einer nicht verstehen und den Satz noch ausführlicher verlangen. Ich werde dann antworten: Ja, DAS versteht sich ''doch von selbst.''


Sage ich jemandem "die Uhr liegt auf dem Tisch", und nun sagt er "ja aber wenn die Uhr so und so läge, würdest du da auch noch sagen, 'sie liegt auf dem Tisch'". Und ich würde unsicher. Das zeigt, daß ich nicht wußte, was ich mit dem "liegen" ''im Allgemeinen'' meinte. Wenn man mich so in die Enge triebe, um mir zu zeigen, daß ich nicht wisse, was ich meine, würde ich sagen: "''Ich weiß'', was ich meine; ich meine eben DAS" und würde dabei etwa auf den betreffenden Komplex mit dem Finger zeigen. Und in diesem Komplex habe ich nun tatsächlich die zwei Gegenstände in einer Relation. – Das heißt aber ''wirklich'' nur: Die Tatsache läßt sich IRGENDWIE auch durch diese Form abbilden.
Sage ich jemandem "die Uhr liegt auf dem Tisch", und nun sagt er "ja aber wenn die Uhr so und so läge, würdest du da auch noch sagen, 'sie liegt auf dem Tisch'". Und ich würde unsicher. Das zeigt, daß ich nicht wußte, was ich mit dem "liegen" ''im Allgemeinen'' meinte. Wenn man mich so in die Enge triebe, um mir zu zeigen, daß ich nicht wisse, was ich meine, würde ich sagen: "''Ich weiß'', was ich meine; ich meine eben DAS" und würde dabei etwa auf den betreffenden Komplex mit dem Finger zeigen. Und in diesem Komplex habe ich nun tatsächlich die zwei Gegenstände in einer Relation. – Das heißt aber ''wirklich'' nur: Die Tatsache läßt sich IRGENDWIE auch durch diese Form abbilden.
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An Gott glauben heißt sehen, daß das Leben einen Sinn hat.
An Gott glauben heißt sehen, daß das Leben einen Sinn hat.


Die Welt ist mir ''gegeben,'' d. h. mein Wille tritt an die Welt ganz von außen als an etwas Fertiges heran.
Die Welt ist mir ''gegeben'', d. h. mein Wille tritt an die Welt ganz von außen als an etwas Fertiges heran.


(Was mein Wille ist, das weiß ich noch nicht.)
(Was mein Wille ist, das weiß ich noch nicht.)
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Alles dies ist eigentlich in gewissem Sinne tief geheimnisvoll!!
Alles dies ist eigentlich in gewissem Sinne tief geheimnisvoll!!


''Es ist klar,'' daß sich die Ethik nicht aussprechen ''läßt''! [''Vgl.'' 6.421.]
''Es ist klar'', daß sich die Ethik nicht aussprechen ''läßt''! [''Vgl.'' 6.421.]


Man könnte aber so sagen: Das glückliche Leben scheint in irgend einem Sinne ''harmonischer'' zu sein als das unglückliche. In welchem aber??
Man könnte aber so sagen: Das glückliche Leben scheint in irgend einem Sinne ''harmonischer'' zu sein als das unglückliche. In welchem aber??