Bemerkungen über Frazers “The Golden Bough”: Difference between revisions

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Eine {{udashed|<s>Annahme</s>}} Überzeugung liegt jedenfalls den Annahmen über den Ursprung des Beltanefestes – z.B. – zu Grunde; die ist, dass solche Feste nicht von einem Menschen, sozusagen aufs Geratewohl, erfunden werden, sondern eine unendlich viel breitere Basis brauchen, um sich zu erhalten. Wollte ich ein Fest erfinden, so würde es baldigst aussterben oder aber auf solcher Weise modifiziert werden, dass es einem allgemeinen Hang der Leute entspricht.
Eine {{udashed|<s>Annahme</s>}} Überzeugung liegt jedenfalls den Annahmen über den Ursprung des Beltanefestes – z.B. – zu Grunde; die ist, dass solche Feste nicht von einem Menschen, sozusagen aufs Geratewohl, erfunden werden, sondern eine unendlich viel breitere Basis brauchen, um sich zu erhalten. Wollte ich ein Fest erfinden, so würde es baldigst aussterben oder aber auf solcher Weise modifiziert werden, dass es einem allgemeinen Hang der Leute entspricht.


Was aber wehrt sich dagegen anzunehmen, das Beltanefest sei immer in der gegenwärtigen (oder jüngstvergangenen) Form gefeiert worden? Man möchte sagen: Es ist zu sinnlos, um so erfunden worden {{Frazer MS reference|Ms or Ts=Ms |number=143 |page=17}} zu sein. Ist es nicht, wie wenn ich eine Ruine sehe und sage: das muss einmal ein Haus gewesen sein, denn niemand würde einen so beschaffenen Haufen behauener und unregelmäßiger Steine errichten? Und wenn gefragt würde: Woher weißt du das, so könnte ich nur sagen: Meine Erfahrung mit den Menschen lehrt es mich. Ja selbst da, wo sie wirklich Ruinen bauen, nehmen sie die Formen von eingestürzten Häusern her.
Was aber wehrt sich dagegen anzunehmen, das Beltanefest sei immer in der gegenwärtigen (oder jüngstvergangenen) Form gefeiert worden? Man möchte sagen: Es ist zu sinnlos, um so erfunden worden {{Frazer MS reference|Ms or Ts=Ms |number=143 |page=17}} zu sein. Ist es nicht, wie wenn ich eine Ruine sehe und sage: das muss einmal ein Haus gewesen sein, denn niemand würde einen so beschaffenen Haufen behauener und unregelmäßiger Steine errichten? Und wenn gefragt würde: Woher weißt du das? //,// so könnte ich nur sagen: Meine Erfahrung mit den Menschen lehrt es mich. Ja selbst da, wo sie wirklich Ruinen bauen, nehmen sie die Formen von eingestürzten Häusern her.


Man könnte auch so sagen: Wer uns mit der Erzählung vom Beltanefest einen Eindruck machen wollte, brauchte jedenfalls die Hypothese von seiner Herkunft nicht zu äußern, sondern er brauchte uns nur das Material (das zu dieser Hypothese führt) vorlegen und nichts weiter dazu sagen. Nun möchte man vielleicht sagen: »Freilich, weil der Hörer, oder Leser, den Schluss selber ziehen wird!« Aber muss er diesen Schluss explizite ziehen? Also, überhaupt ziehen? Und was ist es denn für ein Schluss? Dass das oder jenes ''wahrscheinlich'' ist?! Und wenn er den Schluss selber ziehen kann, <s>warum</s> wie soll ihm der Schluss einen Eindruck machen? Was ihm den Eindruck macht, muss doch das sein, was ''er'' nicht gemacht hat! Impressioniert ihn also erst die geäußerte <s>oder</s> <s>jede</s> Hypothese (ob von ihm oder andern geäußert) oder schon das Material zu ihr?
Man könnte auch so sagen: Wer uns mit der Erzählung vom Beltanefest einen Eindruck machen wollte, brauchte jedenfalls die Hypothese von seiner Herkunft nicht zu äußern, sondern er brauchte uns nur das Material (das zu dieser Hypothese führt) vorlegen und nichts weiter dazu sagen. Nun möchte man vielleicht sagen: »Freilich, weil der Hörer, oder Leser, den Schluss selber ziehen wird!« Aber muss er diesen Schluss explizite ziehen? Also, überhaupt ziehen? Und was ist es denn für ein Schluss? Dass das oder jenes <u>wahrscheinlich</u> ist?! Und wenn er den Schluss selber ziehen kann, <s>warum</s> wie soll ihm der Schluss einen Eindruck machen? Was ihm den Eindruck macht, muss doch das sein, was <u>er</u> nicht gemacht hat! Impressioniert ihn also erst die geäußerte <s>oder</s> <s>jede</s> Hypothese (ob von ihm oder andern geäußert) oder schon das Material zu ihr?


{{Frazer MS reference|Ms or Ts=Ms |number=143 |page=18}} Aber könnte ich da nicht ebenso gut fragen: Wenn ich sehe, wie einer umgebracht wird, – impressioniert mich da einfach, was ich sehe, oder erst die Hypothese, dass hier ein Mensch umgebracht wird?
{{Frazer MS reference|Ms or Ts=Ms |number=143 |page=18}} Aber könnte ich da nicht ebenso gut fragen: Wenn <s>einer</s> ich sehe, wie einer umgebracht wird, – impressioniert mich da einfach, was ich sehe, oder erst die Hypothese, dass hier ein Mensch umgebracht wird?


Aber es ist ja nicht einfach der Gedanke an die mögliche Herkunft des Beltanefestes, welcher den Eindruck mit sich führt, sondern, was man die ungeheure Wahrscheinlichkeit dieses Gedankens nennt. Als das, was vom Material hergenommen ist.
Aber es ist ja nicht einfach der Gedanke an die mögliche Herkunft des Beltanefestes, welcher den Eindruck mit sich führt, sondern, was man die ungeheure Wahrscheinlichkeit dieses Gedankens nennen möchte //nennt//. Als das, was vom Material hergenommen ist.


So wie das Beltanefest auf uns gekommen ist, ist es ja ein Schauspiel und ähnlich wie wenn Kinder Räuber spielen. Aber doch nicht so. Denn wenn es auch abgekartet ist, dass die Partei, die das Opfer rettet, gewinnt, so hat doch was geschieht noch immer einen Temperamentszusatz, den die bloße schauspielerische Darstellung nicht hat. – Aber auch wenn es sich bloß um eine ganz kühle Darstellung handelte, würden wir uns doch beunruhigt fragen: was soll diese Darstellung, was ist ihr ''Sinn''?! Und sie könnte uns abgesehen von jeder Deutung dann durch ihre eigentümliche Sinnlosigkeit beunruhigen. (Was zeigt, welcher Art der Grund so einer Beunruhigung sein kann.) Würde nun etwa eine harmlose Deutung gegeben: Das {{Frazer MS reference|Ms or Ts=Ms |number=143 |page=19}} Los werde einfach geworfen, damit man das Vergnügen hätte, jemandem damit drohen zu können, ins Feuer geworfen zu werden, was nicht angenehm sei; so wird das Beltanefest allerdings viel ähnlicher einem jener Belustigungen, wo einer der Gesellschaft gewisse Grausamkeiten zu erdulden hat, und die, so wie sie sind, ein Bedürfnis befriedigen. Und das Beltanefest würde durch so eine Erklärung auch wirklich jedes Geheimnisvolle verlieren, wenn es eben nicht selbst in der Handlung wie in der Stimmung von solchen gewöhnlichen Räuberspielen etc. abwiche.
So wie das Beltanefest auf uns gekommen ist, ist es ja ein Schauspiel und ähnlich wie wenn Kinder Räuber spielen. Aber doch nicht so. Denn wenn es auch abgekartet ist, dass die Partei, die das Opfer rettet, gewinnt, so hat doch was geschieht noch immer einen Temperamentszusatz, den die bloße schauspielerische Darstellung nicht hat. – Aber auch wenn es sich bloß um eine ganz kühle Darstellung handelte, würden wir uns doch beunruhigt fragen: was soll diese Darstellung, was ist ihr <u>Sinn</u>?! Und sie könnte uns abgesehen von jeder Deutung dann durch ihre eigentümliche Sinnlosigkeit beunruhigen. (Was zeigt, welcher Art der Grund so einer Beunruhigung sein kann.) Würde nun etwa eine harmlose Deutung gegeben: Das {{Frazer MS reference|Ms or Ts=Ms |number=143 |page=19}} Los werde einfach geworfen, damit man das Vergnügen hätte, jemandem damit drohen zu können, ins Feuer geworfen zu werden, was nicht angenehm sei; so wird das Beltanefest allerdings viel ähnlicher einem jener Belustigungen, wo einer der Gesellschaft gewisse Grausamkeiten zu erdulden hat, und die, so wie sie sind, ein Bedürfnis befriedigen. Und das Beltanefest würde durch so eine Erklärung auch wirklich jedes Geheimnisvolle verlieren, wenn es eben nicht selbst in der Handlung wie in der Stimmung von solchen gewöhnlichen Räuberspielen etc. abwiche.


Ebenso, dass Kinder an gewissen Tagen einen Strohmann verbrennen, auch wenn dafür keine Erklärung gegeben würde, könnte uns beunruhigen. Seltsam dass ''ein Mensch'' festlich «↓ von ihnen» verbrannt werden sollte! Ich will sagen: die Lösung ist nicht beunruhigender als das Rätsel.
Ebenso, dass Kinder an gewissen Tagen einen Strohmann verbrennen, auch wenn dafür keine Erklärung gegeben würde, könnte uns beunruhigen. Seltsam dass <u>ein Mensch</u> festlich von ihnen verbrannt werden sollte! Ich will sagen: die Lösung ist nicht beunruhigender als das Rätsel.


Warum soll es aber nicht wirklich nur (oder doch zum Teil) der ''Gedanke'' sein, der mir den Eindruck gibt? Sind denn Vorstellungen nicht furchtbar? Kann mir bei dem Gedanken, dass der Kuchen mit den Knöpfen einmal dazu gedient hat, das Todesopfer auszulosen, nicht schaurig zumute werden? Hat nicht der ''Gedanke'' {{Frazer MS reference|Ms or Ts=Ms |number=143 |page=20}} etwas Furchtbares? – Ja, aber das, was ich in jenen Erzählungen sehe, gewinnen sie doch durch die Evidenz, auch durch solche, die damit nicht unmittelbar verbunden zu sein scheint, durch den Gedanken an den Menschen und seine Vergangenheit, durch all das Seltsame, das ich in mir und dem andern sehe, gesehen und gehört habe.
Warum soll es aber nicht wirklich nur (oder doch zum Teil) der <u>Gedanke</u> sein, der mir den Eindruck gibt? Sind denn Vorstellungen nicht furchtbar? Kann mir bei dem Gedanken, dass der Kuchen mit den Knöpfen einmal dazu gedient hat, das Todesopfer auszulosen, nicht schaurig zumute sein //werden//? Hat nicht der <u>Gedanke</u> {{Frazer MS reference|Ms or Ts=Ms |number=143 |page=20}} etwas Furchtbares? – Ja, aber das, was ich in jenen Erzählungen sehe, gewinnen sie doch durch die Evidenz, auch durch solche, die damit nicht unmittelbar verbunden zu sein scheint, durch den Gedanken an den Menschen und seine Vergangenheit, durch all das Seltsame, das ich in mir und dem andern sehe, gesehen und gehört habe.


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Das kann man sich sehr gut denken – und als Grund wäre etwa angegeben worden, dass die Schutzheiligen sonst gegeneinander ziehen würden und dass nur einer die Sache dirigieren könne. Aber auch das wohl nur eine ({{udashed|nachträgliche}}) Ausdeutung des Instinkts.
Das kann man sich sehr gut vorstellen //denken// – und als Grund wäre etwa angegeben worden, dass die Schutzheiligen sonst gegeneinander ziehen würden und dass nur einer die Sache dirigieren könne. Aber auch das wohl nur eine ({{udashed|nachträgliche}}) Ausdeutung des Instinkts.


Alle diese ''verschiedenen'' Gebräuche zeigen, dass es sich hier nicht um die Abstammung des einen vom andern handelt, {{Frazer MS reference|Ms or Ts=Ms |number=143 |page=22}} sondern um einen gemeinsamen Geist. Und man könnte alle diese Zeremonien selber erfinden (erdichten). Und der Geist, aus dem man sie erfände, wäre eben ihr gemeinsamer Geist.
Alle diese <u>verschiedenen</u> Gebräuche zeigen, dass es sich hier nicht um die Abstammung des einen vom andern handelt, {{Frazer MS reference|Ms or Ts=Ms |number=143 |page=22}} sondern um einen gemeinsamen Geist. Und man könnte alle diese Zeremonien selber erfinden (erdichten). Und der Geist, aus dem man sie erfände, wäre eben ihr gemeinsamer Geist.


641. Die Verbindung von Krankheit und Schmutz. »Von einer Krankheit reinigen«.
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Die Verbindung von Krankheit und Schmutz. »Von einer Krankheit reinigen«.


Es liefert eine einfache kindliche Theorie der Krankheit, dass sie ein Schmutz ist, der abgewaschen werden kann.
Es liefert eine einfache kindliche Theorie der Krankheit, dass sie ein Schmutz ist, der abgewaschen werden kann.


Wie es »infantile Sexualtheorien gibt«, so überhaupt infantile Theorien. Das heißt aber nicht, dass alles was ein Kind tut ''aus'' einer {{Frazer MS reference|Ms or Ts=Ms |number=143 |page=23}} infantilen Theorie als seinem Grund hervorgegangen ist.
Wie es »infantile Sexualtheorien gibt«, so überhaupt infantile Theorien. Das heißt aber nicht, dass alles was ein Kind tut <u>aus</u> einer {{Frazer MS reference|Ms or Ts=Ms |number=143 |page=23}} infantilen Theorie als seinem Grund hervorgegangen ist.


Das Richtige und Interessante ist nicht zu sagen, das ist aus dem hervorgegangen, sondern: es könnte so hervorgegangen sein.
Das Richtige und Interessante ist nicht zu sagen, das ist aus dem hervorgegangen, sondern: es könnte so hervorgegangen sein.
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Dass das Feuer zur Reinigung gebraucht wurde, ist klar. Aber nichts kann wahrscheinlicher sein, als dass die denkenden Menschen Reinigungszeremonien, auch wo sie ursprünglich nur als solche gedacht gewesen wären, später mit der Sonne in Zusammenhang gebracht haben. Wenn sich einem Menschen ein Gedanke aufdrängt (Feuer-Reinigung) und einem ein anderer {{Frazer MS reference|Ms or Ts=Ms |number=143 |page=25}} (Feuer-Sonne), was kann wahrscheinlicher sein, als dass sich einem Menschen beide Gedanken aufdrängen werden. Die Gelehrten, die immer ''eine'' Theorie haben möchten!!!
Dass das Feuer zur Reinigung gebraucht wurde, ist klar. Aber nichts kann wahrscheinlicher sein, als dass die denkenden Menschen Reinigungszeremonien, auch wo sie ursprünglich nur als solche gedacht gewesen wären, später mit der Sonne in Zusammenhang gebracht haben. Wenn sich einem Menschen ein Gedanke aufdrängt (Feuer-Reinigung) und einem ein anderer {{Frazer MS reference|Ms or Ts=Ms |number=143 |page=25}} (Feuer-Sonne), was kann wahrscheinlicher sein, als dass sich einem Menschen beide Gedanken aufdrängen werden. Die Gelehrten, die immer <u>eine</u> Theorie haben möchten!!!


Die ''gänzliche'' Zerstörung durch das Feuer anders als durch Zerschlagen Zerreißen etc. muss den Menschen aufgefallen sein.
Die <u>gänzliche</u> Zerstörung durch das Feuer anders als durch Zerschlagen Zerreißen etc. muss den Menschen aufgefallen sein.


Auch wenn man nichts von einer solchen Verbindung des Reinigung und Sonne Gedankens wüsste, könnte man annehmen, dass er irgendwo wird aufgetreten sein.
Auch wenn man nichts von einer solchen Verbindung des Reinigung und Sonne Gedankens wüsste, könnte man annehmen, dass er irgendwo wird aufgetreten sein.


{{Frazer MS reference|Ms or Ts=Ms |number=143 |page=26}} 680 »soul-stone« Da sieht man, wie eine solche Hypothese arbeitet.
{{Frazer MS reference|Ms or Ts=Ms |number=143 |page=26}} 680
 
»soul-stone«
 
Da sieht man, wie eine solche Hypothese arbeitet.


{{Frazer MS reference|Ms or Ts=Ms |number=143 |page=27}} 681
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