Bemerkungen über Frazers “The Golden Bough”: Difference between revisions

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Wenn er uns z.B. erklärt, der König müsse in seiner Blüte getötet werden, {{Frazer MS reference|Ms or Ts=Ts |number=211 |page=314}} weil nach den Anschauungen der Wilden sonst seine Seele nicht frisch erhalten würde, so kann man doch nur sagen: Wo jener Gebrauch und diese Anschauung zusammengehen, dort entspringt nicht der Gebrauch der Anschauung, sondern sie sind eben beide da.
Wenn er uns z.B. erklärt, der König müsse in seiner Blüte getötet werden, {{Frazer MS reference|Ms or Ts=Ts |number=211 |page=314}} weil nach den Anschauungen der Wilden sonst seine Seele nicht frisch erhalten würde, so kann man doch nur sagen: Wo jener Gebrauch und diese Anschauung zusammengehen, dort entspringt nicht der Gebrauch der Anschauung, sondern sie sind eben beide da.


Es kann schon sein, und kommt heute oft vor, dass ein Mensch einen Gebrauch aufgibt, nachdem er einen Irrtum erkannt hat, auf den sich dieser Gebrauch stützte. Aber dieser <s>Gebrauch</s> Fall besteht eben nur dort, wo es genügt den Menschen auf seinen Irrtum aufmerksam zu machen, um ihn von seiner Handlungsweise abzubringen. Aber das ist doch bei den religiösen Gebrauche eines Volkes nicht der Fall und ''darum'' handelt es sich eben um ''keinen'' Irrtum.
Es kann schon sein, und kommt heute oft vor, dass ein Mensch einen Gebrauch aufgibt, nachdem er einen Irrtum erkannt hat, auf den sich dieser Gebrauch stützte. Aber dieser <s>Gebrauch</s> //Fall// besteht eben nur dort, wo es genügt den Menschen auf seinen Irrtum aufmerksam zu machen, um ihn von seiner Handlungsweise abzubringen. Aber das ist doch bei den religiösen Gebrauche eines Volkes nicht der Fall und ''darum'' handelt es sich eben um ''keinen'' Irrtum.


Frazer sagt, es sei sehr schwer, den Irrtum in der Magie zu entdecken – und darum halte sie sich so lange – weil z.B. eine Beschwörung, die Regen herbeiführen soll, früher oder später gewiss als wirksam erscheint. Aber dann ist es eben merkwürdig, dass die Menschen nicht früher darauf kommen, dass es ohnehin früher oder später regnet.
Frazer sagt, es sei sehr schwer, den Irrtum in der Magie zu entdecken – und darum halte sie sich so lange – weil z.B. eine Beschwörung, die Regen herbeiführen soll, früher oder später gewiss als wirksam erscheint. Aber dann ist es eben merkwürdig, dass die Menschen nicht früher darauf kommen, dass es ohnehin früher oder später regnet.
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Was aber wehrt sich dagegen anzunehmen, das Beltanefest sei immer in der gegenwärtigen (oder jüngstvergangenen) Form gefeiert worden? Man möchte sagen: Es ist zu sinnlos, um so erfunden worden {{Frazer MS reference|Ms or Ts=Ms |number=143 |page=17}} zu sein. Ist es nicht, wie wenn ich eine Ruine sehe und sage: das muss einmal ein Haus gewesen sein, denn niemand würde einen so beschaffenen Haufen behauener und unregelmäßiger Steine errichten? Und wenn gefragt würde: Woher weißt du das? //,// so könnte ich nur sagen: Meine Erfahrung mit den Menschen lehrt es mich. Ja selbst da, wo sie wirklich Ruinen bauen, nehmen sie die Formen von eingestürzten Häusern her.
Was aber wehrt sich dagegen anzunehmen, das Beltanefest sei immer in der gegenwärtigen (oder jüngstvergangenen) Form gefeiert worden? Man möchte sagen: Es ist zu sinnlos, um so erfunden worden {{Frazer MS reference|Ms or Ts=Ms |number=143 |page=17}} zu sein. Ist es nicht, wie wenn ich eine Ruine sehe und sage: das muss einmal ein Haus gewesen sein, denn niemand würde einen so beschaffenen Haufen behauener und unregelmäßiger Steine errichten? Und wenn gefragt würde: Woher weißt du das? //,// so könnte ich nur sagen: Meine Erfahrung mit den Menschen lehrt es mich. Ja selbst da, wo sie wirklich Ruinen bauen, nehmen sie die Formen von eingestürzten Häusern her.


Man könnte auch so sagen: Wer uns mit der Erzählung vom Beltanefest einen Eindruck machen wollte, brauchte jedenfalls die Hypothese von seiner Herkunft nicht zu äußern, sondern er brauchte uns nur das Material (das zu dieser Hypothese führt) vorlegen und nichts weiter dazu sagen. Nun möchte man vielleicht sagen: »Freilich, weil der Hörer, oder Leser, den Schluss selber ziehen wird!« Aber muss er diesen Schluss explizite ziehen? Also, überhaupt ziehen? Und was ist es denn für ein Schluss? Dass das oder jenes <u>wahrscheinlich</u> ist?! Und wenn er den Schluss selber ziehen kann, <s>warum</s> wie soll ihm der Schluss einen Eindruck machen? Was ihm den Eindruck macht, muss doch das sein, was <u>er</u> nicht gemacht hat! Impressioniert ihn also erst die geäußerte <s>oder</s> <s>jede</s> Hypothese (ob von ihm oder andern geäußert) oder schon das Material zu ihr?
Man könnte auch so sagen: Wer uns mit der Erzählung vom Beltanefest einen Eindruck machen wollte, brauchte jedenfalls die Hypothese von seiner Herkunft nicht zu äußern, sondern er brauchte uns nur das Material (das zu dieser Hypothese führt) vorlegen und nichts weiter dazu sagen. Nun möchte man vielleicht sagen: »Freilich, weil der Hörer, oder Leser, den Schluss selber ziehen wird!« Aber muss er diesen Schluss explizite ziehen? Also, überhaupt ziehen? Und was ist es denn für ein Schluss? Dass das oder jenes <u>wahrscheinlich</u> ist?! Und wenn er den Schluss selber ziehen kann, <s>warum</s> wie soll ihm der Schluss einen Eindruck machen? Was ihm den Eindruck macht, muss doch das sein, was <u>er</u> nicht gemacht hat! Impressioniert ihn also erst die geäußerte <s>oder jede</s> Hypothese (ob von ihm oder andern geäußert) oder schon das Material zu ihr?


{{Frazer MS reference|Ms or Ts=Ms |number=143 |page=18}} Aber könnte ich da nicht ebenso gut fragen: Wenn <s>einer</s> ich sehe, wie einer umgebracht wird, – impressioniert mich da einfach, was ich sehe, oder erst die Hypothese, dass hier ein Mensch umgebracht wird?
{{Frazer MS reference|Ms or Ts=Ms |number=143 |page=18}} Aber könnte ich da nicht ebenso gut fragen: Wenn <s>einer</s> ich sehe, wie einer umgebracht wird, – impressioniert mich da einfach, was ich sehe, oder erst die Hypothese, dass hier ein Mensch umgebracht wird?