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{{ParUG|375}} Man muß hier einsehen, daß die vollkommene Zweifellosigkeit in einem Punkt, sogar dort wo, wie wir sagen würden, »berechtigte« Zweifel bestehen können, ein Sprachspiel nicht falsifizieren muß. Es gibt eben auch so etwas wie eine ''andere'' Arithmetik. Dieses Eingeständnis muß, glaube ich, am Grunde alles Verständnisses der Logik liegen. | {{ParUG|375}} Man muß hier einsehen, daß die vollkommene Zweifellosigkeit in einem Punkt, sogar dort wo, wie wir sagen würden, »berechtigte« Zweifel bestehen können, ein Sprachspiel nicht falsifizieren muß. Es gibt eben auch so etwas wie eine ''andere'' Arithmetik. Dieses Eingeständnis muß, glaube ich, am Grunde alles Verständnisses der Logik liegen. | ||
17.3. | 17.3.51 | ||
{{ParUG|376}} Ich kann mich mit Leidenschaft dafür erklären, daß ich weiß, daß das (z. B.) mein Fuß ist. | {{ParUG|376}} Ich kann mich mit Leidenschaft dafür erklären, daß ich weiß, daß das (z. B.) mein Fuß ist. | ||
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{{ParUG|388}} Jeder von uns gebraucht oft einen solchen Satz, und es ist nicht fraglich, ob er Sinn hat. Läßt sich damit auch ein philosophischer Aufschluß geben? Ist es mehr ein Beweiß der Existenz der äußern Dinge, daß ich weiß, daß das eine Hand ist, als daß ich nicht weiß, ob das Gold oder Messing ist? | {{ParUG|388}} Jeder von uns gebraucht oft einen solchen Satz, und es ist nicht fraglich, ob er Sinn hat. Läßt sich damit auch ein philosophischer Aufschluß geben? Ist es mehr ein Beweiß der Existenz der äußern Dinge, daß ich weiß, daß das eine Hand ist, als daß ich nicht weiß, ob das Gold oder Messing ist? | ||
18.3. | 18.3.51 | ||
{{ParUG|389}} Moore wollte ein Beispiel dafür geben, daß man Sätze über physikalische Gegenstände wirklich wissen könne. Wenn es streitig wäre, ob man an der und der bestimmten Stelle des Körpers Schmerzen haben kann, dann könnte Einer, der gerade dort Schmerzen hat, sagen: »Ich versichere dich, ich habe jetzt da Schmerzen.« Es klänge aber seltsam, wenn Moore gesagt hätte: »Ich versichere dich, ich weiß, daß das ein Baum ist.« Es hat eben hier nicht ein persönliches Erlebnis für uns Interesse. | {{ParUG|389}} Moore wollte ein Beispiel dafür geben, daß man Sätze über physikalische Gegenstände wirklich wissen könne. Wenn es streitig wäre, ob man an der und der bestimmten Stelle des Körpers Schmerzen haben kann, dann könnte Einer, der gerade dort Schmerzen hat, sagen: »Ich versichere dich, ich habe jetzt da Schmerzen.« Es klänge aber seltsam, wenn Moore gesagt hätte: »Ich versichere dich, ich weiß, daß das ein Baum ist.« Es hat eben hier nicht ein persönliches Erlebnis für uns Interesse. | ||
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{{ParUG|395}} »Ich weiß das alles.« Und das wird sich darin zeigen, wie ich handle und über die Dinge spreche. | {{ParUG|395}} »Ich weiß das alles.« Und das wird sich darin zeigen, wie ich handle und über die Dinge spreche. | ||
{{ParUG|396}} Im Sprachspiel (2),{{check|<sup>3</sup>}} kann er sagen, er wisse, daß das Bausteine sind? – »Nein, aber er ''weiß'' es.« | {{ParUG|396}} Im Sprachspiel [[Philosophische_Untersuchungen#2|(2)]],{{check|<sup>3</sup>}} kann er sagen, er wisse, daß das Bausteine sind? – »Nein, aber er ''weiß'' es.« | ||
{{ParUG|397}} Habe ich mich nicht geirrt und hat nicht Moore vollkommen recht? Habe ich nicht den elementaren Fehler gemacht, zu verwechseln, was man denkt, mit dem, was man weiß? Freilich denke ich nicht »Die Erde hat einige Zeit vor meiner Geburt schon existiert«, aber ''weiß'' ich’s drum nicht? Zeige ich nicht, daß ich’s weiß, indem ich immer die Konsequenzen draus ziehe? | {{ParUG|397}} Habe ich mich nicht geirrt und hat nicht Moore vollkommen recht? Habe ich nicht den elementaren Fehler gemacht, zu verwechseln, was man denkt, mit dem, was man weiß? Freilich denke ich nicht »Die Erde hat einige Zeit vor meiner Geburt schon existiert«, aber ''weiß'' ich’s drum nicht? Zeige ich nicht, daß ich’s weiß, indem ich immer die Konsequenzen draus ziehe? | ||
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{{ParUG|399}} Aber zeigt, daß ich die Konsequenzen draus ziehe, nicht nur, daß ich diese Hypothese annehme? | {{ParUG|399}} Aber zeigt, daß ich die Konsequenzen draus ziehe, nicht nur, daß ich diese Hypothese annehme? | ||
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{{ParUG|400}} Ich bin hier geneigt, gegen Windmühlen zu kämpfen, weil ich das noch nicht sagen kann, was ich eigentlich sagen will. | {{ParUG|400}} Ich bin hier geneigt, gegen Windmühlen zu kämpfen, weil ich das noch nicht sagen kann, was ich eigentlich sagen will. | ||
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{{ParUG|409}} Wenn ich sage »Ich weiß, daß das ein Fuß ist« – was sage ich eigentlich? Ist nicht der ganze Witz, daß ich der Konsequenzen sicher bin, daß, wenn ein Andrer gezweifelt hätte, ich ihm sagen könnte »Siehst du, ich hab dir’s gesagt«? Wäre mein Wissen noch etwas wert, wenn es als Richtschnur des Handelns versagte? Und ''kann'' es nicht versagen? | {{ParUG|409}} Wenn ich sage »Ich weiß, daß das ein Fuß ist« – was sage ich eigentlich? Ist nicht der ganze Witz, daß ich der Konsequenzen sicher bin, daß, wenn ein Andrer gezweifelt hätte, ich ihm sagen könnte »Siehst du, ich hab dir’s gesagt«? Wäre mein Wissen noch etwas wert, wenn es als Richtschnur des Handelns versagte? Und ''kann'' es nicht versagen? | ||
20.3. | 20.3.51 | ||
{{ParUG|410}} Unser Wissen bildet ein großes System. Und nur in diesem System hat das Einzelne den Wert, den wir ihm beilegen. | {{ParUG|410}} Unser Wissen bildet ein großes System. Und nur in diesem System hat das Einzelne den Wert, den wir ihm beilegen. | ||
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– »certain beyond all reasonable doubt« – | – »certain beyond all reasonable doubt« – | ||
21.3. | 21.3.51 | ||
{{ParUG|417}} »Ich weiß, daß ich im letzten Monat täglich gebadet habe.« Woran erinnre ich mich? An jeden Tag und das Bad an jedem Morgen? Nein. Ich ''weiß'', daß ich jeden Tag gebadet habe, und ich entnehme das nicht aus einem andern unmittelbaren Datum. Ähnlich sage ich »Ich habe einen Stich im Arm empfunden«, ohne daß diese Lokalität mir auf eine andre Weise (durch ein Bild etwa) zum Bewußtsein käme. | {{ParUG|417}} »Ich weiß, daß ich im letzten Monat täglich gebadet habe.« Woran erinnre ich mich? An jeden Tag und das Bad an jedem Morgen? Nein. Ich ''weiß'', daß ich jeden Tag gebadet habe, und ich entnehme das nicht aus einem andern unmittelbaren Datum. Ähnlich sage ich »Ich habe einen Stich im Arm empfunden«, ohne daß diese Lokalität mir auf eine andre Weise (durch ein Bild etwa) zum Bewußtsein käme. | ||
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{{ParUG|426}} Wie aber ist es Einem zu ''zeigen'', daß wir nicht nur Wahrheiten über Sinnesdaten, sondern auch solche über Dinge ''wissen?'' Denn es kann doch nicht genug sein, daß jemand uns versichert, ''er'' wisse dies. Wovon muß man denn ausgehen, um das zu zeigen? | {{ParUG|426}} Wie aber ist es Einem zu ''zeigen'', daß wir nicht nur Wahrheiten über Sinnesdaten, sondern auch solche über Dinge ''wissen?'' Denn es kann doch nicht genug sein, daß jemand uns versichert, ''er'' wisse dies. Wovon muß man denn ausgehen, um das zu zeigen? | ||
22.3. | 22.3.51 | ||
{{ParUG|427}} Man muß zeigen, daß, auch wenn er nie die Worte gebraucht »Ich weiß, ...«, sein Gebaren das zeigt, worauf es uns ankommt. | {{ParUG|427}} Man muß zeigen, daß, auch wenn er nie die Worte gebraucht »Ich weiß, ...«, sein Gebaren das zeigt, worauf es uns ankommt. | ||
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{{ParUG|434}} Lehrt uns nun ''Erfahrung'', daß Menschen unter den und den Umständen das und das wissen? Erfahrung zeigt uns gewiß, daß für gewöhnlich ein Mensch nach soundso viel Tagen sich in einem Haus, das er bewohnt, auskennt. Oder auch: Erfahrung lehrt uns, daß eines Menschen Urteil nach der und der Lehrdauer zu trauen ist. Er muß, erfahrungsgemäß, soundso lang gelernt haben, um eine richtige Vorhersage machen zu können. Aber – – – | {{ParUG|434}} Lehrt uns nun ''Erfahrung'', daß Menschen unter den und den Umständen das und das wissen? Erfahrung zeigt uns gewiß, daß für gewöhnlich ein Mensch nach soundso viel Tagen sich in einem Haus, das er bewohnt, auskennt. Oder auch: Erfahrung lehrt uns, daß eines Menschen Urteil nach der und der Lehrdauer zu trauen ist. Er muß, erfahrungsgemäß, soundso lang gelernt haben, um eine richtige Vorhersage machen zu können. Aber – – – | ||
27.3. | 27.3.51 | ||
{{ParUG|435}} Man wird oft von einem Wort behext. Z. B. vom Wort »wissen«. | {{ParUG|435}} Man wird oft von einem Wort behext. Z. B. vom Wort »wissen«. | ||
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Oder: Ist in dem Sprachspiel diese »Sicherheit« nicht (schon) vorausgesetzt? Dadurch nämlich, daß ''der'' es nicht spielt, oder falsch spielt, der Gegenstände nicht mit Sicherheit erkennt. | Oder: Ist in dem Sprachspiel diese »Sicherheit« nicht (schon) vorausgesetzt? Dadurch nämlich, daß ''der'' es nicht spielt, oder falsch spielt, der Gegenstände nicht mit Sicherheit erkennt. | ||
28.3. | 28.3.51 | ||
{{ParUG|447}} Vergleiche damit 12 × 12 = 144. Auch hier sagen wir nicht »vielleicht«. Denn sofern dieser Satz darauf beruht, daß wir uns nicht verzählen oder verrechnen, daß uns unsre Sinne beim Rechnen nicht trügen, sind die beiden, der arithmetische und der physische Satz, auf der gleichen Stufe. | {{ParUG|447}} Vergleiche damit 12 × 12 = 144. Auch hier sagen wir nicht »vielleicht«. Denn sofern dieser Satz darauf beruht, daß wir uns nicht verzählen oder verrechnen, daß uns unsre Sinne beim Rechnen nicht trügen, sind die beiden, der arithmetische und der physische Satz, auf der gleichen Stufe. | ||
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{{ParUG|454}} Es gibt Fälle, in denen der Zweifel unvernünftig ist, andre aber, in denen er logisch unmöglich scheint. Und zwischen ihnen scheint es keine klare Grenze zu geben. | {{ParUG|454}} Es gibt Fälle, in denen der Zweifel unvernünftig ist, andre aber, in denen er logisch unmöglich scheint. Und zwischen ihnen scheint es keine klare Grenze zu geben. | ||
29.3. | 29.3.51 | ||
{{ParUG|455}} Alles Sprachspiel beruht darauf, daß Wörter und Gegenstände wiedererkannt werden. Wir lernen mit der gleichen Unerbittlichkeit, daß dies ein Sessel ist, wie daß 2 × 2 = 4 ist. | {{ParUG|455}} Alles Sprachspiel beruht darauf, daß Wörter und Gegenstände wiedererkannt werden. Wir lernen mit der gleichen Unerbittlichkeit, daß dies ein Sessel ist, wie daß 2 × 2 = 4 ist. | ||
Line 1,150: | Line 1,150: | ||
{{ParUG|461}} Angenommen, ich wäre der Arzt, und ein Patient kommt zu mir, zeigt mir seine Hand und sagt: »Was hier wie eine Hand ausschaut, ist nicht eine ausgezeichnete Imitation, sondern wirklich eine Hand.« Worauf er von seiner Verletzung redet. – Würde ich dies wirklich als eine Mitteilung, wenn auch eine überflüssige, ansehen? Würde ich es nicht vielmehr für Unsinn halten, der allerdings die Form einer Mitteilung hat? Denn, würde ich sagen, wenn diese Mitteilung wirklich Sinn hätte, wie kann er seiner Sache sicher sein? Es fehlt der Mitteilung der Hintergrund. | {{ParUG|461}} Angenommen, ich wäre der Arzt, und ein Patient kommt zu mir, zeigt mir seine Hand und sagt: »Was hier wie eine Hand ausschaut, ist nicht eine ausgezeichnete Imitation, sondern wirklich eine Hand.« Worauf er von seiner Verletzung redet. – Würde ich dies wirklich als eine Mitteilung, wenn auch eine überflüssige, ansehen? Würde ich es nicht vielmehr für Unsinn halten, der allerdings die Form einer Mitteilung hat? Denn, würde ich sagen, wenn diese Mitteilung wirklich Sinn hätte, wie kann er seiner Sache sicher sein? Es fehlt der Mitteilung der Hintergrund. | ||
30.3. | 30.3.51 | ||
{{ParUG|462}} Warum gibt Moore unter den Dingen, die er weiß, nicht z. B. an, es gebe in dem und dem Teil von England ein Dorf, das soundso heiße? Mit andern Worten: Warum erwähnt er nicht eine Tatsache, die ihm, und nicht ''jedem'' von uns, bekannt ist? | {{ParUG|462}} Warum gibt Moore unter den Dingen, die er weiß, nicht z. B. an, es gebe in dem und dem Teil von England ein Dorf, das soundso heiße? Mit andern Worten: Warum erwähnt er nicht eine Tatsache, die ihm, und nicht ''jedem'' von uns, bekannt ist? | ||
31.3. | 31.3.51 | ||
{{ParUG|463}} Gewiß ist doch, daß die Mitteilung »Das ist ein Baum«, wenn niemand daran zweifeln könnte, eine Art Witz sein könnte und als solche Sinn hätte. Ein Witz dieser Art ist wirklich einmal von Renan gemacht worden. | {{ParUG|463}} Gewiß ist doch, daß die Mitteilung »Das ist ein Baum«, wenn niemand daran zweifeln könnte, eine Art Witz sein könnte und als solche Sinn hätte. Ein Witz dieser Art ist wirklich einmal von Renan gemacht worden. | ||
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{{ParUG|467}} Ich sitze mit einem Philosophen im Garten; er sagt zu wiederholten Malen »Ich weiß, daß das ein Baum ist«, wobei er auf einen Baum in unsrer Nähe zeigt. Ein Dritter kommt daher und hört das, und ich sage ihm: »Dieser Mensch ist nicht verrückt: Wir philosophieren nur.« | {{ParUG|467}} Ich sitze mit einem Philosophen im Garten; er sagt zu wiederholten Malen »Ich weiß, daß das ein Baum ist«, wobei er auf einen Baum in unsrer Nähe zeigt. Ein Dritter kommt daher und hört das, und ich sage ihm: »Dieser Mensch ist nicht verrückt: Wir philosophieren nur.« | ||
4.4. | 4.4.51 | ||
{{ParUG|468}} Jemand sagt irrelevant »Das ist ein Baum«. Er könnte den Satz sagen, weil er sich erinnert, ihn in einer ähnlichen Situation gehört zu haben; oder er wurde plötzlich von der Schönheit dieses Baumes getroffen, und der Satz war ein Ausruf; oder er sagte sich den Satz als grammatisches Beispiel vor. (Etc.) Ich frage ihn nun: »Wie hast du das gemeint?«, und er antwortet: »Es war eine Mitteilung, an dich gerichtet.« Stünde mir da nicht frei, anzunehmen, er wisse nicht, was er sage, wenn er verrückt genug ist, mir diese Mitteilung machen zu wollen? | {{ParUG|468}} Jemand sagt irrelevant »Das ist ein Baum«. Er könnte den Satz sagen, weil er sich erinnert, ihn in einer ähnlichen Situation gehört zu haben; oder er wurde plötzlich von der Schönheit dieses Baumes getroffen, und der Satz war ein Ausruf; oder er sagte sich den Satz als grammatisches Beispiel vor. (Etc.) Ich frage ihn nun: »Wie hast du das gemeint?«, und er antwortet: »Es war eine Mitteilung, an dich gerichtet.« Stünde mir da nicht frei, anzunehmen, er wisse nicht, was er sage, wenn er verrückt genug ist, mir diese Mitteilung machen zu wollen? | ||
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{{ParUG|470}} Warum ist kein Zweifel, daß ich L. W. heiße? Es scheint durchaus nichts, das man ohne weiteres zweifelfrei feststellen könnte. Man sollte nicht meinen, daß das eine der unzweifelhaften Wahrheiten ist. | {{ParUG|470}} Warum ist kein Zweifel, daß ich L. W. heiße? Es scheint durchaus nichts, das man ohne weiteres zweifelfrei feststellen könnte. Man sollte nicht meinen, daß das eine der unzweifelhaften Wahrheiten ist. | ||
5.4. | 5.4.51 | ||
[Hier ist noch eine große Lücke in meinem Denken. Und ich zweifle, ob sie noch ausgefüllt werden wird.] | [Hier ist noch eine große Lücke in meinem Denken. Und ich zweifle, ob sie noch ausgefüllt werden wird.] | ||
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{{ParUG|475}} Ich will den Menschen hier als Tier betrachten; als ein primitives Wesen, dem man zwar Instinkt, aber nicht Raisonnement zutraut. Als ein Wesen in einem primitiven Zustande. Denn welche Logik für ein primitives Verständigungsmittel genügt, deren brauchen wir uns auch nicht zu schämen. Die Sprache ist nicht aus einem Raisonnement hervorgegangen. | {{ParUG|475}} Ich will den Menschen hier als Tier betrachten; als ein primitives Wesen, dem man zwar Instinkt, aber nicht Raisonnement zutraut. Als ein Wesen in einem primitiven Zustande. Denn welche Logik für ein primitives Verständigungsmittel genügt, deren brauchen wir uns auch nicht zu schämen. Die Sprache ist nicht aus einem Raisonnement hervorgegangen. | ||
6.4. | 6.4.51 | ||
{{ParUG|476}} Das Kind lernt nicht, daß es Bücher gibt, daß es Sessel gibt, etc. etc., sondern es lernt Bücher holen, sich auf Sessel (zu) setzen, etc. | {{ParUG|476}} Das Kind lernt nicht, daß es Bücher gibt, daß es Sessel gibt, etc. etc., sondern es lernt Bücher holen, sich auf Sessel (zu) setzen, etc. | ||
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Warum soll denn das Sprachspiel auf einem Wissen ruhen? | Warum soll denn das Sprachspiel auf einem Wissen ruhen? | ||
7.4. | 7.4.51 | ||
{{ParUG|478}} Glaubt das Kind, daß es Milch gibt? Oder weiß es, daß es Milch gibt? Weiß die Katze, daß es eine Maus gibt? | {{ParUG|478}} Glaubt das Kind, daß es Milch gibt? Oder weiß es, daß es Milch gibt? Weiß die Katze, daß es eine Maus gibt? | ||
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{{ParUG|479}} Sollen wir sagen, daß die Erkenntnis, es gebe physikalische Gegenstände, eine sehr frühe oder eine sehr späte sei? | {{ParUG|479}} Sollen wir sagen, daß die Erkenntnis, es gebe physikalische Gegenstände, eine sehr frühe oder eine sehr späte sei? | ||
8.4. | 8.4.51 | ||
{{ParUG|480}} Das Kind, das das Wort »Baum« gebrauchen lernt. Man steht mit ihm vor einem Baum und sagt »''Schöner'' Baum!«. Daß kein Zweifel an der Existenz des Baums in das Sprachspiel eintritt, ist klar. Aber kann man sagen, das Kind ''wisse:'' daß es einen Baum gibt? Es ist allerdings wahr, daß »etwas wissen« nicht in sich beschließt: daran ''denken'' – aber muß nicht, wer etwas weiß, eines Zweifels fähig sein? Und zweifeln heißt denken. | {{ParUG|480}} Das Kind, das das Wort »Baum« gebrauchen lernt. Man steht mit ihm vor einem Baum und sagt »''Schöner'' Baum!«. Daß kein Zweifel an der Existenz des Baums in das Sprachspiel eintritt, ist klar. Aber kann man sagen, das Kind ''wisse:'' daß es einen Baum gibt? Es ist allerdings wahr, daß »etwas wissen« nicht in sich beschließt: daran ''denken'' – aber muß nicht, wer etwas weiß, eines Zweifels fähig sein? Und zweifeln heißt denken. | ||
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{{ParUG|485}} Man kann sich auch einen Fall denken, in welchem Einer eine Liste von Sätzen durchgeht und sich dabei immer wieder fragt »Weiß ich das, oder glaube ich es nur?« Er will die Sicherheit jedes einzelnen Satzes überprüfen. Es könnte sich um eine Zeugenaussage vor Gericht handeln. | {{ParUG|485}} Man kann sich auch einen Fall denken, in welchem Einer eine Liste von Sätzen durchgeht und sich dabei immer wieder fragt »Weiß ich das, oder glaube ich es nur?« Er will die Sicherheit jedes einzelnen Satzes überprüfen. Es könnte sich um eine Zeugenaussage vor Gericht handeln. | ||
9.4. | 9.4.51 | ||
{{ParUG|486}} »Weißt du, oder glaubst du nur, daß du L. W. heißt?« Ist das eine sinnvolle Frage? Weißt du, oder glaubst du nur, daß, was du hier hinschreibst, deutsche Worte sind? Glaubst du nur, daß »glauben« ''diese'' Bedeutung hat? Welche Bedeutung? | {{ParUG|486}} »Weißt du, oder glaubst du nur, daß du L. W. heißt?« Ist das eine sinnvolle Frage? Weißt du, oder glaubst du nur, daß, was du hier hinschreibst, deutsche Worte sind? Glaubst du nur, daß »glauben« ''diese'' Bedeutung hat? Welche Bedeutung? | ||
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Ich könnte aber sagen: Nicht nur zweifle ich nie im mindesten, daß ich so heiße, sondern ich könnte keines Urteils sicher sein, wenn sich darüber ein Zweifel erhöbe. | Ich könnte aber sagen: Nicht nur zweifle ich nie im mindesten, daß ich so heiße, sondern ich könnte keines Urteils sicher sein, wenn sich darüber ein Zweifel erhöbe. | ||
10.4. | 10.4.51 | ||
{{ParUG|491}} »Weiß ich, oder glaub ich nur, daß ich L. W. heiße?« – Ja, wenn die Frage hieße »Bin ich sicher, oder vermute ich nur, daß ich ...?«, da könnte man sich auf meine Antwort verlassen. – | {{ParUG|491}} »Weiß ich, oder glaub ich nur, daß ich L. W. heiße?« – Ja, wenn die Frage hieße »Bin ich sicher, oder vermute ich nur, daß ich ...?«, da könnte man sich auf meine Antwort verlassen. – | ||
Line 1,262: | Line 1,262: | ||
{{ParUG|497}} Wenn Einer Zweifel in mir immer aufrufen wollte und spräche: da täuscht dich dein Gedächtnis, dort bist du betrogen worden, dort wieder hast du dich nicht gründlich genug überzeugt, etc., und ich ließe mich nicht erschüttern und bliebe bei meiner Gewißheit – dann kann das schon darum nicht falsch sein, weil es erst ein Spiel definiert. | {{ParUG|497}} Wenn Einer Zweifel in mir immer aufrufen wollte und spräche: da täuscht dich dein Gedächtnis, dort bist du betrogen worden, dort wieder hast du dich nicht gründlich genug überzeugt, etc., und ich ließe mich nicht erschüttern und bliebe bei meiner Gewißheit – dann kann das schon darum nicht falsch sein, weil es erst ein Spiel definiert. | ||
11.4. | 11.4.51 | ||
{{ParUG|498}} Das Seltsame ist, daß, wenn schon ich es ganz richtig finde, daß Einer den Versuch, ihn mit Zweifeln in dem Fundamente irrezumachen, mit dem Wort »Unsinn!« abweist, ich es für unrichtig halte, wenn er sich verteidigen will, wobei er etwa die Worte »Ich weiß« gebraucht. | {{ParUG|498}} Das Seltsame ist, daß, wenn schon ich es ganz richtig finde, daß Einer den Versuch, ihn mit Zweifeln in dem Fundamente irrezumachen, mit dem Wort »Unsinn!« abweist, ich es für unrichtig halte, wenn er sich verteidigen will, wobei er etwa die Worte »Ich weiß« gebraucht. | ||
Line 1,300: | Line 1,300: | ||
Aber greif ich so nicht auch zum Namen eines Dinges? | Aber greif ich so nicht auch zum Namen eines Dinges? | ||
12.4. | 12.4.51 | ||
{{ParUG|512}} Die Frage ist doch die: »Wie, wenn du auch in diesen fundamentalsten Dingen deine Meinung ändern müßtest?« Und darauf scheint mir die Antwort zu sein: »Du ''mußt'' sie nicht ändern. Gerade darin liegt es, daß sie ›fundamental‹ sind.« | {{ParUG|512}} Die Frage ist doch die: »Wie, wenn du auch in diesen fundamentalsten Dingen deine Meinung ändern müßtest?« Und darauf scheint mir die Antwort zu sein: »Du ''mußt'' sie nicht ändern. Gerade darin liegt es, daß sie ›fundamental‹ sind.« | ||
Line 1,322: | Line 1,322: | ||
Da aber ein Sprachspiel etwas ist, was in wiederholten Spielhandlungen in der Zeit besteht, so scheint es, man könne in keinem ''einzelnen'' Falle sagen, das und das müsse außer Zweifel stehen, wenn es ein Sprachspiel geben solle, wohl aber, daß, ''in der Regel'', irgendwelche Erfahrungsurteile außer Zweifel stehen müssen. | Da aber ein Sprachspiel etwas ist, was in wiederholten Spielhandlungen in der Zeit besteht, so scheint es, man könne in keinem ''einzelnen'' Falle sagen, das und das müsse außer Zweifel stehen, wenn es ein Sprachspiel geben solle, wohl aber, daß, ''in der Regel'', irgendwelche Erfahrungsurteile außer Zweifel stehen müssen. | ||
13.4. | 13.4.51 | ||
{{ParUG|520}} Moore hat ein gutes Recht zu sagen, er wisse, daß vor ihm ein Baum steht. Natürlich kann er sich darin irren. (Denn es ist ja hier nicht wie mit der Äußerung »Ich glaube, dort steht ein Baum«.) Aber, ob er in diesem Fall recht hat oder sich irrt, ist philosophisch nicht von Belang. Wenn Moore die bekämpft, die sagen, so etwas könne man nicht eigentlich wissen, so kann er es nicht tun, indem er versichert: ''Er'' wisse das und das. Denn das braucht man ihm nicht zu glauben. Hätten seine Gegner behauptet, man könne das und das nicht ''glauben'', so hätte er ihnen antworten können »''Ich'' glaube es«. | {{ParUG|520}} Moore hat ein gutes Recht zu sagen, er wisse, daß vor ihm ein Baum steht. Natürlich kann er sich darin irren. (Denn es ist ja hier nicht wie mit der Äußerung »Ich glaube, dort steht ein Baum«.) Aber, ob er in diesem Fall recht hat oder sich irrt, ist philosophisch nicht von Belang. Wenn Moore die bekämpft, die sagen, so etwas könne man nicht eigentlich wissen, so kann er es nicht tun, indem er versichert: ''Er'' wisse das und das. Denn das braucht man ihm nicht zu glauben. Hätten seine Gegner behauptet, man könne das und das nicht ''glauben'', so hätte er ihnen antworten können »''Ich'' glaube es«. | ||
14.4. | 14.4.51 | ||
{{ParUG|521}} Moores Fehler liegt darin, auf die Behauptung, man könne das nicht wissen, zu entgegnen »Ich weiß es«. | {{ParUG|521}} Moores Fehler liegt darin, auf die Behauptung, man könne das nicht wissen, zu entgegnen »Ich weiß es«. | ||
Line 1,334: | Line 1,334: | ||
{{ParUG|523}} Ja, hier vermißt auch niemand den Zweifel; wundert sich niemand, daß wir die Bedeutung der Worte nicht nur ''vermuten''. | {{ParUG|523}} Ja, hier vermißt auch niemand den Zweifel; wundert sich niemand, daß wir die Bedeutung der Worte nicht nur ''vermuten''. | ||
15.4. | 15.4.51 | ||
{{ParUG|524}} Ist es für unsre Sprachspiele (»Befehlen und Gehorchen«, z. B.) wesentlich, daß ein Zweifel an gewissen Stellen nicht eintritt, oder genügt es, wenn das Gefühl der Sicherheit besteht, wenn auch mit einem leichten Anhauch des Zweifels? | {{ParUG|524}} Ist es für unsre Sprachspiele (»Befehlen und Gehorchen«, z. B.) wesentlich, daß ein Zweifel an gewissen Stellen nicht eintritt, oder genügt es, wenn das Gefühl der Sicherheit besteht, wenn auch mit einem leichten Anhauch des Zweifels? | ||
Line 1,346: | Line 1,346: | ||
{{ParUG|525}} Wie sieht also der Fall aus, wo Einer wirklich zu den Farbnamen, z. B., eine andere Beziehung hat als wir? Wo nämlich ein leiser Zweifel, oder die Möglichkeit eines Zweifels, in ihrem Gebrauch bestehenbleibt. | {{ParUG|525}} Wie sieht also der Fall aus, wo Einer wirklich zu den Farbnamen, z. B., eine andere Beziehung hat als wir? Wo nämlich ein leiser Zweifel, oder die Möglichkeit eines Zweifels, in ihrem Gebrauch bestehenbleibt. | ||
16.4. | 16.4.51 | ||
{{ParUG|526}} Wer beim Anblick eines englischen Postkastens sagte »Ich bin sicher, er ist rot«, den müßten wir für farbenblind halten oder glauben, er beherrschte das Deutsche nicht und wüßte den richtigen Farbnamen in einer andern Sprache. | {{ParUG|526}} Wer beim Anblick eines englischen Postkastens sagte »Ich bin sicher, er ist rot«, den müßten wir für farbenblind halten oder glauben, er beherrschte das Deutsche nicht und wüßte den richtigen Farbnamen in einer andern Sprache. | ||
Line 1,390: | Line 1,390: | ||
{{ParUG|544}} Ich kann freilich wahrheitsgemäß sagen »Ich weiß, wie diese Farbe auf deutsch heißt«, indem ich z. B. auf die Farbe des frischen Blutes deute. Aber – – – | {{ParUG|544}} Ich kann freilich wahrheitsgemäß sagen »Ich weiß, wie diese Farbe auf deutsch heißt«, indem ich z. B. auf die Farbe des frischen Blutes deute. Aber – – – | ||
17.4. | 17.4.51 | ||
{{ParUG|545}} »Das Kind weiß, welche Farbe das Wort »blau« bedeutet.« Was es da weiß, ist gar nicht so einfach. | {{ParUG|545}} »Das Kind weiß, welche Farbe das Wort »blau« bedeutet.« Was es da weiß, ist gar nicht so einfach. | ||
Line 1,404: | Line 1,404: | ||
[Die Prätensionen sind eine Hypothek, die die Denkkraft des Philosophen belastet.] | [Die Prätensionen sind eine Hypothek, die die Denkkraft des Philosophen belastet.] | ||
18.4. | 18.4.51 | ||
{{ParUG|550}} Wenn Einer etwas glaubt, so muß man nicht immer die Frage beantworten können, »warum er es glaubt«; weiß er aber etwas, so muß die Frage »Wie weiß er es?« beantwortet werden können. | {{ParUG|550}} Wenn Einer etwas glaubt, so muß man nicht immer die Frage beantworten können, »warum er es glaubt«; weiß er aber etwas, so muß die Frage »Wie weiß er es?« beantwortet werden können. | ||
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Wie ich aber den Satz außerhalb seines Zusammenhangs sage, so erscheint er in einem falschen Lichte. Denn dann ist es, als wollte ich versichern, daß es Dinge gibt, die ich ''weiß''. Worüber Gott selber mir nichts erzählen könnte. | Wie ich aber den Satz außerhalb seines Zusammenhangs sage, so erscheint er in einem falschen Lichte. Denn dann ist es, als wollte ich versichern, daß es Dinge gibt, die ich ''weiß''. Worüber Gott selber mir nichts erzählen könnte. | ||
19.4. | 19.4.51 | ||
{{ParUG|555}} Wir sagen, wir wissen, daß das Wasser kocht, wenn es ans Feuer gestellt wird. Wie wissen wir’s? Erfahrung hat es uns gelehrt. – Ich sage »Ich weiß, daß ich heute früh gefrühstückt habe«; Erfahrung hat mich das nicht gelehrt. Man sagt auch »Ich weiß, daß er Schmerzen hat«. Jedesmal ist das Sprachspiel anders, jedesmal sind wir ''sicher'', und jedesmal wird man mit uns übereinstimmen, daß wir ''in der Lage sind'' zu wissen. Daher finden sich ja auch die Lehrsätze der Physik in Lehrbüchern für jedermann. | {{ParUG|555}} Wir sagen, wir wissen, daß das Wasser kocht, wenn es ans Feuer gestellt wird. Wie wissen wir’s? Erfahrung hat es uns gelehrt. – Ich sage »Ich weiß, daß ich heute früh gefrühstückt habe«; Erfahrung hat mich das nicht gelehrt. Man sagt auch »Ich weiß, daß er Schmerzen hat«. Jedesmal ist das Sprachspiel anders, jedesmal sind wir ''sicher'', und jedesmal wird man mit uns übereinstimmen, daß wir ''in der Lage sind'' zu wissen. Daher finden sich ja auch die Lehrsätze der Physik in Lehrbüchern für jedermann. | ||
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{{ParUG|565}} Aber hier ist von einem »Wissen«, daß dies »Platte«, ''dies'' »Säule« etc. heißt, noch gar nicht die Rede. | {{ParUG|565}} Aber hier ist von einem »Wissen«, daß dies »Platte«, ''dies'' »Säule« etc. heißt, noch gar nicht die Rede. | ||
{{ParUG|566}} Ja, das Kind, das mein Sprachspiel (No. 2){{check|<sup>6</sup>}} lernt, lernt nicht sagen »Ich weiß, daß dies »Platte« heißt«. | {{ParUG|566}} Ja, das Kind, das mein Sprachspiel [[Philosophische_Untersuchungen#2|(No. 2)]]{{check|<sup>6</sup>}} lernt, lernt nicht sagen »Ich weiß, daß dies »Platte« heißt«. | ||
Es gibt nun freilich ein Sprachspiel, in welchem das Kind ''diesen'' Satz gebraucht. Dies setzt voraus, daß das Kind, sowie ihm der Name gegeben ist, ihn auch schon gebrauchen kann. Wie wenn mir jemand sagte »Diese Farbe heißt ›...‹« – Wenn also das Kind ein Sprachspiel mit Bausteinen gelernt hat, so kann man ihm nun etwa sagen »Und dieser Stein heißt ›...‹« und man hat dadurch das ursprüngliche Sprachspiel ''erweitert''. | Es gibt nun freilich ein Sprachspiel, in welchem das Kind ''diesen'' Satz gebraucht. Dies setzt voraus, daß das Kind, sowie ihm der Name gegeben ist, ihn auch schon gebrauchen kann. Wie wenn mir jemand sagte »Diese Farbe heißt ›...‹« – Wenn also das Kind ein Sprachspiel mit Bausteinen gelernt hat, so kann man ihm nun etwa sagen »Und dieser Stein heißt ›...‹« und man hat dadurch das ursprüngliche Sprachspiel ''erweitert''. | ||
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{{ParUG|579}} Es gehört zu dem Sprachspiel mit den Personennamen, daß jeder seinen Namen mit der größten Sicherheit weiß. | {{ParUG|579}} Es gehört zu dem Sprachspiel mit den Personennamen, daß jeder seinen Namen mit der größten Sicherheit weiß. | ||
20.4. | 20.4.51 | ||
{{ParUG|580}} Es könnte doch sein, daß, wenn immer ich sagte »Ich weiß es«, es sich als falsch herausstellte. (Aufzeigen.) | {{ParUG|580}} Es könnte doch sein, daß, wenn immer ich sagte »Ich weiß es«, es sich als falsch herausstellte. (Aufzeigen.) | ||
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Ich habe keinen Grund, ihnen nicht zu trauen. Und ich traue ihnen. Ich weiß, wie solche Bücher entstehen – oder vielmehr, ich glaube es zu wissen. Ich habe einige Evidenz, aber sie reicht nicht weit und ist von sehr zerstreuter Art. Ich habe Dinge gehört, gesehen, gelesen. | Ich habe keinen Grund, ihnen nicht zu trauen. Und ich traue ihnen. Ich weiß, wie solche Bücher entstehen – oder vielmehr, ich glaube es zu wissen. Ich habe einige Evidenz, aber sie reicht nicht weit und ist von sehr zerstreuter Art. Ich habe Dinge gehört, gesehen, gelesen. | ||
22.4. | 22.4.51 | ||
{{ParUG|601}} Es ist immer die Gefahr, die Bedeutung durch Betrachtung des Ausdrucks und der Stimmung, in welcher man ihn gebraucht, erkennen zu wollen, statt immer an die Praxis zu denken. Darum sagt man sich den Ausdruck so oft vor, weil es ist, als müßte man in ihm und in dem Gefühl, das man hat, das Gesuchte sehen. | {{ParUG|601}} Es ist immer die Gefahr, die Bedeutung durch Betrachtung des Ausdrucks und der Stimmung, in welcher man ihn gebraucht, erkennen zu wollen, statt immer an die Praxis zu denken. Darum sagt man sich den Ausdruck so oft vor, weil es ist, als müßte man in ihm und in dem Gefühl, das man hat, das Gesuchte sehen. | ||
23.4. | 23.4.51 | ||
{{ParUG|602}} Soll ich sagen »Ich glaube an die Physik«, oder »Ich weiß, daß die Physik wahr ist«? | {{ParUG|602}} Soll ich sagen »Ich glaube an die Physik«, oder »Ich weiß, daß die Physik wahr ist«? | ||
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{{ParUG|620}} Unter bestimmten Umständen sagt man »Du kannst dich drauf verlassen«; und diese Versicherung kann in der Alltagssprache berechtigt oder unberechtigt sein, und sie kann auch dann als berechtigt gelten, wenn das nicht zutrifft, was vorhergesagt wurde. ''Es gibt ein Sprachspiel'', worin die Versicherung verwendet wird. | {{ParUG|620}} Unter bestimmten Umständen sagt man »Du kannst dich drauf verlassen«; und diese Versicherung kann in der Alltagssprache berechtigt oder unberechtigt sein, und sie kann auch dann als berechtigt gelten, wenn das nicht zutrifft, was vorhergesagt wurde. ''Es gibt ein Sprachspiel'', worin die Versicherung verwendet wird. | ||
24.4. | 24.4.51 | ||
{{ParUG|621}} Wenn von Anatomie die Rede wäre, würde ich sagen: »Ich weiß, daß vom Gehirn 12 Nervenpaare ausgehen.« Ich habe diese Nerven nie gesehen, und auch ein Fachmann hat sie nur an wenigen Specimina beobachtet. – So wird eben hier das Wort »Ich weiß« richtig gebraucht. | {{ParUG|621}} Wenn von Anatomie die Rede wäre, würde ich sagen: »Ich weiß, daß vom Gehirn 12 Nervenpaare ausgehen.« Ich habe diese Nerven nie gesehen, und auch ein Fachmann hat sie nur an wenigen Specimina beobachtet. – So wird eben hier das Wort »Ich weiß« richtig gebraucht. | ||
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{{ParUG|637}} »Ich kann mich etc.« weist meiner Behauptung ihren Platz im Spiel an. Aber es bezieht sich wesentlich auf ''mich'', nicht auf das Spiel im allgemeinen. Wenn ich mich in meiner Behauptung irre, so nimmt das dem Sprachspiel nicht seinen Nutzen. | {{ParUG|637}} »Ich kann mich etc.« weist meiner Behauptung ihren Platz im Spiel an. Aber es bezieht sich wesentlich auf ''mich'', nicht auf das Spiel im allgemeinen. Wenn ich mich in meiner Behauptung irre, so nimmt das dem Sprachspiel nicht seinen Nutzen. | ||
25.4. | 25.4.51 | ||
{{ParUG|638}} »Ich kann mich darin nicht irren« ist ein gewöhnlicher Satz, der dazu dient, den Gewißheitswert einer Aussage anzugeben. Und nur in seinem alltäglichen Gebrauch ist er berechtigt. | {{ParUG|638}} »Ich kann mich darin nicht irren« ist ein gewöhnlicher Satz, der dazu dient, den Gewißheitswert einer Aussage anzugeben. Und nur in seinem alltäglichen Gebrauch ist er berechtigt. | ||
Line 1,748: | Line 1,748: | ||
{{ParUG|669}} Der Satz »Ich kann mich darin nicht irren« wird sicher in der Praxis gebraucht. Man kann aber bezweifeln, ob er dann in ganz strengem Sinne zu verstehen ist, oder ob er eher von der Art einer Übertreibung ist, die vielleicht nur zum Zweck der Überredung gebraucht wird. | {{ParUG|669}} Der Satz »Ich kann mich darin nicht irren« wird sicher in der Praxis gebraucht. Man kann aber bezweifeln, ob er dann in ganz strengem Sinne zu verstehen ist, oder ob er eher von der Art einer Übertreibung ist, die vielleicht nur zum Zweck der Überredung gebraucht wird. | ||
27.4. | 27.4.51 | ||
{{ParUG|670}} Man könnte von Grundprinzipien der menschlichen Forschung reden. | {{ParUG|670}} Man könnte von Grundprinzipien der menschlichen Forschung reden. |