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ganz anderen //eigentümlichen// Charakter tragen und die man rituelle Handlungen nennen könnte. | ganz anderen //eigentümlichen// Charakter tragen und die man rituelle Handlungen nennen könnte. | ||
Nun aber ist es Unsinn, so fortzufahren, dass man als das Charakteristische ''dieser'' Handlungen sagt, sie seien solche, die aus fehlerhaften Anschauungen über die Physik der Dinge entsprängen. | Nun aber ist es Unsinn, so fortzufahren, dass man als das Charakteristische ''dieser'' Handlungen sagt, sie seien solche, die aus fehlerhaften Anschauungen über die Physik der Dinge entsprängen. | ||
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(So tut es Frazer, wenn er sagt, Magie sei wesentlich falsche Physik, bzw. Falsche Medizin//Heilkunst//, Technik, etc..) | (So tut es Frazer, wenn er sagt, Magie sei wesentlich falsche Physik, bzw. Falsche Medizin//Heilkunst//, Technik, etc..) | ||
Vielmehr ist das Charakteristische der rituellen Handlung gar keine Ansicht, Meinung, ob sie nun richtig oder falsch ist, obgleich eine Meinung — ein Glaube — selbst auch rituell sein kann, zum Ritus gehören kann. | |||
Vielmehr ist das Charakteristische der rituellen Handlung gar keine Ansicht, Meinung, ob sie nun richtig oder falsch ist, obgleich eine Meinung — ein Glaube — selbst auch rituell sein kann, zum | |||
Ritus gehören kann. | |||
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Wenn man es für selbstverständlich hält, dass sich der Mensch an seiner Phantasie vergnügt, so bedenke man, dass diese Phantasie nicht wie ein gemaltes Bild oder ein plastisches Modell ist, sondern ein kompliziertes Gebilde aus heterogenen Bestandteilen: Wörtern und Bildern. | Wenn man es für selbstverständlich hält, dass sich der Mensch an seiner Phantasie vergnügt, so bedenke man, dass diese Phantasie nicht wie ein gemaltes Bild oder ein plastisches Modell ist, sondern ein kompliziertes Gebilde aus heterogenen Bestandteilen: Wörtern und Bildern. | ||
Man wird dann das Operieren mit Schrift- und Lautzeichen nicht mehr in Gegensatz stellen zu dem Operieren mit „Vorstellungsbildern‖ der Ereignisse. | |||
Man wird dann das Operieren mit Schrift- und Lautzeichen nicht | |||
„Vorstellungsbildern‖ der Ereignisse. | |||
Wir müssen die ganze Sprache durchpflügen. | Wir müssen die ganze Sprache durchpflügen. | ||
Frazer: ―... That these observances are dictated by fear of the ghost of the slain seems certain; ...‖ Aber warum gebraucht Frazer denn das Wort ―ghost‖? Er versteht also sehr wohl diesen Aberglauben, da er ihn uns mit einem ihm geläufigen abergläubischen Wort erklärt. Oder vielmehr, er hätte daraus sehen können, dass auch in uns etwas für jene Handlungsweisen der Wilden spricht. — Wenn ich, der ich nicht glaube, dass es irgendwo menschlich-übermenschliche Wesen gibt, die man Götter nennen kann — wenn ich sage: „ich fürchte die Rache der Götter‖, so zeigt das, dass ich damit etwas meinen (kann), oder einer Empfindung Ausdruck geben kann, die nicht notwendig | Frazer: ―... That these observances are dictated by fear of the ghost of the slain seems certain; ...‖ Aber warum gebraucht Frazer denn das Wort ―ghost‖? Er versteht also sehr wohl diesen Aberglauben, da er ihn uns mit einem ihm geläufigen abergläubischen Wort erklärt. Oder vielmehr, er hätte daraus sehen können, dass auch in uns etwas für jene Handlungsweisen der Wilden spricht. — Wenn ich, der ich nicht glaube, dass es irgendwo menschlich-übermenschliche Wesen gibt, die man Götter nennen kann — wenn ich sage: „ich fürchte die Rache der Götter‖, so zeigt das, dass ich damit etwas meinen (kann), oder einer Empfindung Ausdruck geben kann, die nicht notwendig | ||
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mit jenem Glauben verbunden ist. | mit jenem Glauben verbunden ist. | ||
Frazer wäre im Stande zu glauben, dass ein Wilder aus Irrtum stirbt. In Volksschullesebüchern steht, dass Attila seine großen Kriegszüge unternommen hat, weil er glaubte, das Schwert des Donnergottes zu besitzen. | Frazer wäre im Stande zu glauben, dass ein Wilder aus Irrtum stirbt. In Volksschullesebüchern steht, dass Attila seine großen Kriegszüge unternommen hat, weil er glaubte, das Schwert des Donnergottes zu besitzen. | ||
Frazer ist viel mehr savage, als die meisten seiner savages, denn diese werden nicht so weit vom Verständnis einer geistigen Angelegenheit entfernt sein, wie ein Engländer des 20sten Jahrhunderts. ''Seine'' Erklärungen der primitiven Gebräuche sind viel roher, als der Sinn dieser Gebräuche selbst. | |||
Frazer ist viel mehr savage, als die meisten seiner savages, denn diese werden nicht so weit vom Verständnis einer geistigen Angelegenheit entfernt sein, wie ein Engländer des 20sten Jahrhunderts. ''Seine'' Erklärungen der primitiven Gebräuche sind viel | |||
roher, als der Sinn dieser Gebräuche selbst. | |||
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Die historische Erklärung, die Erklärung als eine Hypothese der Entwicklung ist nur ''eine'' Art der Zusammenfassung der Daten — ihrer Synopsis. Es ist ebenso wohl möglich, die Daten in ihrer Beziehung zu einander zu sehen und in ein allgemeines Bild zusammenfassen, ohne es in Form einer Hypothese über die zeitliche Entwicklung zu machen. | Die historische Erklärung, die Erklärung als eine Hypothese der Entwicklung ist nur ''eine'' Art der Zusammenfassung der Daten — ihrer Synopsis. Es ist ebenso wohl möglich, die Daten in ihrer Beziehung zu einander zu sehen und in ein allgemeines Bild zusammenfassen, ohne es in Form einer Hypothese über die zeitliche Entwicklung zu machen. | ||
Identifizierung der eigenen Götter mit Göttern andrer Völker. Man überzeugt sich davon, dass die Namen die gleiche Bedeutung haben. | Identifizierung der eigenen Götter mit Göttern andrer Völker. Man überzeugt sich davon, dass die Namen die gleiche Bedeutung haben. | ||
<sub>‖</sub>Und so deutet das Chor auf ein geheimes Gesetz‖ möchte man zu der Frazerschen Tatsachensammlung sagen. Dieses Gesetz, diese Idee ''kann'' ich nun durch eine Entwicklungshypothese ausdrücken // darstellen// oder auch, analog dem Schema einer Pflanze, durch das Schema einer religiösen Zeremonie, oder aber durch die Gruppierung des Tatsachenmaterials allein, in einer <sub>‖</sub>''übersichtlichen''‖ Darstellung. | |||
<sub>‖</sub>Und so deutet das Chor auf ein geheimes Gesetz‖ möchte man zu der Frazerschen Tatsachensammlung sagen. Dieses Gesetz, diese Idee ''kann'' ich nun durch eine Entwicklungshypothese ausdrücken // darstellen// oder auch, analog dem Schema einer Pflanze, durch das Schema einer religiösen Zeremonie, oder aber durch die Gruppierung des Tatsachenmaterials allein, in einer | |||
<sub>‖</sub>''übersichtlichen''‖ Darstellung. | |||
'''(TS 211, p. 321)''' | '''(TS 211, p. 321)''' | ||
Der Begriff der übersichtlichen Darstellung ist für uns von grundlegender Bedeutung. Er bezeichnet unsere Darstellungsform, die Art wie | Der Begriff der übersichtlichen Darstellung ist für uns von grundlegender Bedeutung. Er bezeichnet unsere Darstellungsform, die Art wie | ||
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wir die Dinge sehen. (Eine Art der 'Weltanschauung' wie sie scheinbar für unsere Zeit typisch ist. Spengler) | wir die Dinge sehen. (Eine Art der 'Weltanschauung' wie sie scheinbar für unsere Zeit typisch ist. Spengler) | ||
Diese übersichtliche Darstellung vermittelt das Verstehen // Verständnis //, welches eben darin besteht, dass wir die "Zusammenhänge sehen". Daher die Wichtigkeit des Findens von ''Zwischengliedern''. | Diese übersichtliche Darstellung vermittelt das Verstehen // Verständnis //, welches eben darin besteht, dass wir die "Zusammenhänge sehen". Daher die Wichtigkeit des Findens von ''Zwischengliedern''. | ||
'''(TS 211, p. 282)''' | '''(TS 211, p. 282)''' | ||
Ein hypothetisches Zwischenglied aber soll in diesem Falle nichts tun, als die Aufmerksamkeit auf die Ähnlichkeit, den Zusammenhang, der ''Tatsachen'' lenken. Wie wenn man eine interne | Ein hypothetisches Zwischenglied aber soll in diesem Falle nichts tun, als die Aufmerksamkeit auf die Ähnlichkeit, den Zusammenhang, der ''Tatsachen'' lenken. Wie wenn man eine interne | ||
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Beziehung der Kreisform zur Ellipse dadurch illustrieren wollte // illustrierte //, dass man eine Ellipse allmählich in einen Kreis überführt; ''aber nicht um zu behaupten, dass eine gewisse Ellipse tatsächlich, historisch, aus einem Kreis entstanden wäre'' | Beziehung der Kreisform zur Ellipse dadurch illustrieren wollte // illustrierte //, dass man eine Ellipse allmählich in einen Kreis überführt; ''aber nicht um zu behaupten, dass eine gewisse Ellipse tatsächlich, historisch, aus einem Kreis entstanden wäre'' (Entwicklungshypothese), sondern nur um unser Auge für einen formalen Zusammenhang zu schärfen. | ||
(Entwicklungshypothese), sondern nur um unser Auge für einen formalen Zusammenhang zu schärfen. | |||
Aber auch die Entwicklungshypothese kann ich als weiter Nichts sehen, als die «eine» Einkleidung eines formalen Zusammenhangs. | Aber auch die Entwicklungshypothese kann ich als weiter Nichts sehen, als die «eine» Einkleidung eines formalen Zusammenhangs. | ||
'''(TS 211, p. 322)''' | '''(TS 211, p. 322)''' | ||
Ich möchte sagen: nichts zeigt unsere Verwandtschaft mit jenen Wilden besser, als dass Frazer ein ihm und uns so geläufiges Wort wie ―ghost‖ oder ―shade‖ bei der Hand hat, um die Ansichten dieser Leute zu beschreiben. | Ich möchte sagen: nichts zeigt unsere Verwandtschaft mit jenen Wilden besser, als dass Frazer ein ihm und uns so geläufiges Wort wie ―ghost‖ oder ―shade‖ bei der Hand hat, um die Ansichten dieser Leute zu beschreiben. | ||
'''(TS 211, p. 250)''' | '''(TS 211, p. 250)''' | ||
(Das ist ja doch etwas anderes, als wenn er etwa beschriebe, die Wilden bildeten // bilden // sich ein, dass ihnen ihr Kopf herunterfällt, wenn sie einen Feind erschlagen haben. Hier hätte ''unsere Beschreibung'' nichts Abergläubisches oder Magisches an sich.) | (Das ist ja doch etwas anderes, als wenn er etwa beschriebe, die Wilden bildeten // bilden // sich ein, dass ihnen ihr Kopf herunterfällt, wenn sie einen Feind erschlagen haben. Hier hätte ''unsere Beschreibung'' nichts Abergläubisches oder Magisches an sich.) | ||
Ja, diese Sonderbarkeit bezieht sich nur auf die Ausdrücke ―ghost‖ und ―shade‖, und es wird viel zu wenig Aufhebens davon gemacht, dass wir das Wort „Seele‖, „Geist‖ (―spirit‖) zu unserem eigenen gebildeten Vokabular zählen. Dagegen ist eine Kleinigkeit, dass wir nicht glauben, dass unsere Seele isst und trinkt. | |||
Ja, diese Sonderbarkeit bezieht sich nur auf die Ausdrücke | |||
―ghost‖ und ―shade‖, und es wird viel zu wenig Aufhebens davon gemacht, dass wir das Wort „Seele‖, „Geist‖ (―spirit‖) zu unserem eigenen gebildeten Vokabular zählen. Dagegen ist eine Kleinigkeit, dass wir nicht glauben, dass unsere Seele isst und trinkt. | |||
In unserer Sprache ist eine ganze Mythologie niedergelegt. | In unserer Sprache ist eine ganze Mythologie niedergelegt. | ||
Austreiben des Todes oder Umbringen des Todes; aber anderseits wird er als Gerippe dargestellt, also selbst in gewissem Sinne tot. ―As dead as death‖. ‚Nichts ist so tot wie der Tod; nichts so schön wie die Schönheit selbst‘. Das Bild, worunter man sich hier die Realität denkt ist, dass die Schönheit, der Tod, etc. die reine (konzentrierte) Substanz ist «die reinen (konzentrierten) Substanzen sind», während sie in einem schönen Gegenstand als Beimischung | |||
Austreiben des Todes oder Umbringen des Todes; aber anderseits wird er als Gerippe dargestellt, also selbst in gewissem Sinne tot. ―As dead as death‖. ‚Nichts ist so tot wie der Tod; nichts so schön wie die Schönheit selbst‘. Das Bild, worunter man sich hier die Realität denkt ist, dass die Schönheit, der Tod, etc. die reine | |||
(konzentrierte) Substanz ist «die reinen (konzentrierten) Substanzen sind», während sie in einem schönen Gegenstand als Beimischung | |||
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'''(TS 211, p. 251)''' | '''(TS 211, p. 251)''' | ||
In den alten Riten haben wir den Gebrauch einer äußerst ausgebildeten Gebärdensprache. | In den alten Riten haben wir den Gebrauch einer äußerst ausgebildeten Gebärdensprache. | ||
Und wenn ich in Frazer lese, so möchte ich auf Schritt und Tritt sagen: Alle diese Prozesse, diese Wandlungen der Bedeutung, haben wir noch in unserer Wortsprache vor uns. Wenn das, was sich in der letzten Garbe verbirgt, der ‚Kornwolf‘ genannt wird, aber auch diese Garbe selbst, und auch der Mann der sie bindet, so erkennen wir hierin einen uns wohlbekannten sprachlichen Vorgang. | Und wenn ich in Frazer lese, so möchte ich auf Schritt und Tritt sagen: Alle diese Prozesse, diese Wandlungen der Bedeutung, haben wir noch in unserer Wortsprache vor uns. Wenn das, was sich in der letzten Garbe verbirgt, der ‚Kornwolf‘ genannt wird, aber auch diese Garbe selbst, und auch der Mann der sie bindet, so erkennen wir hierin einen uns wohlbekannten sprachlichen Vorgang. | ||
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'''(TS 211, p. 281)''' | '''(TS 211, p. 281)''' | ||
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Ich könnte mir denken, dass ich die Wahl gehabt hätte, ein Wesen der Erde als die Wohnung für meine Seele zu wählen und dass mein Geist dieses unansehnliche (nicht-anziehende) Geschöpf als seinen Sitz und Aussichtspunkt gewählt hätte. Etwa, weil ihm | Ich könnte mir denken, dass ich die Wahl gehabt hätte, ein Wesen der Erde als die Wohnung für meine Seele zu wählen und dass mein Geist dieses unansehnliche (nicht-anziehende) Geschöpf als seinen Sitz und Aussichtspunkt gewählt hätte. Etwa, weil ihm | ||
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die Ausnahme eines schönen Sitzes zuwider wäre. Dazu müsste freilich der Geist seiner selbst sehr sicher sein. | die Ausnahme eines schönen Sitzes zuwider wäre. Dazu müsste freilich der Geist seiner selbst sehr sicher sein. | ||
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Man könnte sagen „jeder Aussicht ist ein Reiz abzugewinnen‖, aber das wäre falsch. Richtig ist es, zu sagen, jede Aussicht ist bedeutsam für den der sie bedeutsam sieht (das heißt aber nicht, sie anders sieht als sie ist). Ja, in diesem Sinne, ist jede Aussicht gleich bedeutsam. | |||
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Ja, es ist wichtig, dass ich auch die Verachtung des Andern für mich «↓ mir» zu eigen machen muss, als einen wesentlichen und bedeutsamen Teil der Welt von meinem Ort gesehen. | |||
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Ja, es ist wichtig, dass ich auch die Verachtung des Andern für mich | |||
'''(MS 110, p. 254)''' | '''(MS 110, p. 254)''' | ||
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Wenn es einem Menschen freigestellt wäre «i sich» in einen Baum eines Waldes geboren zu werden «gebären zu lassen»: so gäbe es Solche, die sich den schönsten oder höchsten Baum aussuchen würden, solche die sich den kleinsten wählten und solche die sich einen Durchschnitts- oder minderen Durchschnittsbaum wählen würden, und zwar meine ich nicht aus Philiströsität, sondern aus eben dem Grund, oder der Art von Grund, warum sich der Andre den höchsten gewählt hat. Dass das Gefühl welches wir für unser Leben | |||
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'''(MS 110, p. 255)''' | '''(MS 110, p. 255)''' | ||
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Ich glaube, das Charakteristische des primitiven Menschen ist es, dass er nicht aus ''Meinungen'' handelt (dagegen Frazer). Ich lese unter vielen ähnlichen Beispielen von einem Regen-König in Afrika zu dem die Leute um Regen bitten, ''wenn die Regenperiode kommt''. Aber das heißt doch, dass sie nicht eigentlich meinen, er könne Regen machen, sonst würden sie es in den trockenen Perioden des Jahres, in der das Land ―a parched and arid desert‖ ist, machen. Denn wenn man annimmt, dass die Leute einmal aus Dummheit dieses Amt des Regenkönigs eingesetzt haben, so ist es doch gewiss klar, dass sie schon vorher die Erfahrung hatten, dass im März der Regen beginnt und sie hätten dann den Regenkönig für den übrigen Teil des Jahres funktionieren lassen. Oder auch so: Gegen morgen, wenn die Sonne aufgehen will, werden von den Menschen Riten des Tagwerdens zelebriert, aber nicht in der Nacht, sondern da brennen sie einfach Lampen. | |||
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[Wenn ich über etwas wütend bin, so schlage ich manchmal mit meinem Stock auf die Erde oder an einen Baum, etc. Aber ich glaube doch nicht, dass die Erde schuld ist, oder das Schlagen etwas helfen kann. „Ich lasse meinen Zorn aus‖. Und dieser Art sind alle Riten. Solche Handlungen kann man Instinkt | |||
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[Wenn ich über etwas wütend bin, so schlage ich manchmal mit meinem Stock auf die Erde oder an einen Baum, etc. Aber ich glaube doch nicht, dass die Erde schuld ist, oder das Schlagen etwas helfen kann. „Ich lasse meinen Zorn aus‖. Und dieser Art sind alle Riten. | |||
Solche Handlungen kann man Instinkt | |||
'''(MS 110, p. 297)''' | '''(MS 110, p. 297)''' | ||
-Handlungen nennen. — Und eine historische Erklärung, etwa dass ich früher oder meine Vorfahren früher geglaubt haben, das Schlagen der Erde helfe etwas, sind Spiegelfechtereien, denn sie sind überflüssige Annahmen, die ''nichts'' erklären. Wichtig ist die Ähnlichkeit des Aktes mit einem Akt der Züchtigung, aber mehr als | -Handlungen nennen. — Und eine historische Erklärung, etwa dass ich früher oder meine Vorfahren früher geglaubt haben, das Schlagen der Erde helfe etwas, sind Spiegelfechtereien, denn sie sind überflüssige Annahmen, die ''nichts'' erklären. Wichtig ist die Ähnlichkeit des Aktes mit einem Akt der Züchtigung, aber mehr als diese Ähnlichkeit ist nichts zu konstatieren. | ||
diese Ähnlichkeit ist nichts zu konstatieren. | |||
Ist ein solches Phänomen einmal mit einem Instinkt, den ich selber besitze, in Verbindung gebracht, so ist eben dies die gewünschte «ersehnte» Erklärung; d.h. die welche das besondere puzzlement «diese besondere Schwierigkeit» löst. Und eine Betrachtung «weitere Forschung» über die Geschichte meines Instinkts bewegt sich nun auf andern Bahnen. | |||
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Kein geringer Grund d.h. überhaupt kein ''Grund'' kann es gewesen sein, was gewisse Menschenrassen den Eichbaum verehren ließ, sondern nur das, dass sie und die Eiche in einer Lebensgemeinschaft «Symbiose» vereinigt waren, also nicht aus Wahl sondern wie der Floh und der Hund «↓ in ihrer Entstehung vereinigt». (Entwickelten die Flöhe einen Ritus, er würde sich auf den Hund beziehen.) {mit einander entstanden} | |||
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Man könnte sagen, nicht ihre Vereinigung (von Eiche und Mensch) hat zu diesen Riten die Veranlassung gegeben, sondern vielleicht ihre Trennung. {sondern, in gewissem Sinne, ihre Trennung}. | |||
sich. (Die Entstehung der ''Wahl''.) | {{leftaside|ø\}} | ||
Denn das Erwachen des Intellekts geht mit einer Trennung von dem ursprünglichen ''Boden'' der ursprünglichen Grundlage des Lebens vor sich. (Die Entstehung der ''Wahl''.) | |||
'''(MS 110, p. 298)''' | '''(MS 110, p. 298)''' | ||
ø\ | {{leftaside|ø\}} | ||
(Die Form des erwachenden Geistes ist die Verehrung.) | |||
'''(MS 110, p. 299)'''] | '''(MS 110, p. 299)'''] | ||
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= II. Teil | == II. Teil == | ||
Dies ist natürlich nicht so, dass das Volk glaubt, der Herrscher habe diese Kräfte, der Herrscher aber sehr wohl weiß, dass er sie nicht hat oder es nur dann nicht weiß, wenn er ein Schwachkopf oder Narr ist. Sondern die Notion von seiner Kraft ist natürlich schon so eingerichtet, dass sie mit der Erfahrung — des Volkes und seiner — übereinstimmen kann. Dass dabei irgend eine Heuchelei eine Rolle spielt | Dies ist natürlich nicht so, dass das Volk glaubt, der Herrscher habe diese Kräfte, der Herrscher aber sehr wohl weiß, dass er sie nicht hat oder es nur dann nicht weiß, wenn er ein Schwachkopf oder Narr ist. Sondern die Notion von seiner Kraft ist natürlich schon so eingerichtet, dass sie mit der Erfahrung — des Volkes und seiner — übereinstimmen kann. Dass dabei irgend eine Heuchelei eine Rolle spielt |