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'''100'''. »Es ist doch kein Spiel, wenn es eine Vagheit ''in den Regeln'' gibt.« – Aber ''ist'' es dann kein Spiel? – »Ja, vielleicht wirst du es Spiel nennen, aber es ist doch jedenfalls kein vollkommenes Spiel.« D.h.: es ist doch dann verunreinigt, und ich interessiere mich nun für dasjenige, was hier verunreinigt wurde. – Aber ich will sagen: Wir mißverstehen die Rolle, die das Ideal in unsrer Ausdrucksweise spielt. D.h.: auch wir würden es ein Spiel nennen, nur sind wir vom Ideal geblendet und sehen daher nicht deutlich die wirkliche Anwendung des Wortes »Spiel«. | '''100'''. »Es ist doch kein Spiel, wenn es eine Vagheit ''in den Regeln'' gibt.« – Aber ''ist'' es dann kein Spiel? – »Ja, vielleicht wirst du es Spiel nennen, aber es ist doch jedenfalls kein vollkommenes Spiel.« D.h.: es ist doch dann verunreinigt, und ich interessiere mich nun für dasjenige, was hier verunreinigt wurde. – Aber ich will sagen: Wir mißverstehen die Rolle, die das Ideal in unsrer Ausdrucksweise spielt. D.h.: auch wir würden es ein Spiel nennen, nur sind wir vom Ideal geblendet und sehen daher nicht deutlich die wirkliche Anwendung des Wortes »Spiel«. | ||
'''101'''. Eine Vagheit in der Logik – wollen wir sagen – kann es nicht geben. Wir leben nun in der Idee: das Ideal ›''müsse''‹ sich in der Realität finden. Während man noch nicht sieht, ''wie'' es sich darin findet, und nicht das Wesen dieses »muß« versteht. Wir glauben: es muß in ihr stecken; denn wir glauben, es schon in ihr zu sehen. | |||
'''102'''. Die strengen und klaren Regeln des logischen Satzbaues erscheinen uns als etwas im Hintergrund, – im Medium des Verstehens versteckt. Ich sehe sie schon jetzt (wenn auch durch ein Medium hindurch), da ich ja das Zeichen verstehe, etwas mit ihm meine. | |||
'''103'''. Das Ideal, in unsern Gedanken, sitzt unverrückbar fest. Du kannst nicht aus ihm heraustreten. Du muß immer wieder zurück. Es gibt gar kein Draußen; draußen fehlt die Lebensluft. – Woher dies? Die Idee sitzt gleichsam als Brille auf unsrer Nase, und was wir ansehen, sehen wir durch sie. Wir kommen gar nicht auf den Gedanken, sie abzunehmen. | |||
'''104'''. Man prädiziert von der Sache, was in der Darstellungsweise liegt. Die Möglichkeit des Vergleichs, die uns beeindruckt, nehmen wir für die Wahrnehmung einer höchst allgemeinen Sachlage. | |||
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(Faraday »The Chemical History of a Candle«): »Water is one individual thing – it never changes.« | |||
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'''105'''. Wenn wir glauben, jene Ordnung, das Ideal, in der wirklichen Sprache finden zu müssen, werden wir nun mit dem unzufrieden, was man im gewöhnlichen Leben »Satz«, »Wort«, »Zeichen«, nennt. | |||
Der Satz, das Wort, von dem die Logik handelt, soll etwas Reines und Scharfgeschnittenes sein. Und wir zerbrechen uns nun über das Wesen des ''eigentlichen'' Zeichens den Kopf. – Ist es etwa die ''Vorstellung'' vom Zeichen? oder die Vorstellung im gegenwärtigen Augenblick? | |||
'''106'''. Hier ist es schwer, gleichsam den Kopf oben zu behalten, – zu sehen, daß wir bei den Dingen des alltäglichen Denkens bleiben müssen, um nicht auf den Abweg zu geraten, wo es scheint, als müßten wir die letzten Feinheiten beschreiben, die wir doch wieder mit unsern Mitteln gar nicht beschreiben könnten. Es ist uns, als sollten wir ein zerstörtes Spinnennetz mit unsern Fingern in Ordnung bringen. | |||
'''107'''. Je genauer wir die tatsächliche Sprache betrachten, desto stärker wird der Widerstreit zwischen ihr und unsrer Forderung. (Die Kristallreinheit der Logik hatte sich mir ja nicht ''ergeben''; sondern sie war eine Forderung.) Der Widerstreit wird unerträglich; die Forderung droht nun, zu etwas Leerem zu werden. – Wir sind aufs Glatteis geraten, wo die Reibung fehlt, also die Bedingungen in gewissem Sinne ideal sind, aber wir eben deshalb auch nicht gehen können. Wir wollen gehen; dann brauchen wir die ''Reibung''. Zurück auf den rauhen Boden! | |||
'''108'''. Wir erkennen, daß, was wir »Satz«, »Sprache«, nennen, nicht die formelle Einheit ist, die ich mir vorstellte, sondern die Familie mehr oder weniger miteinander verwandter Gebilde. –– Was aber wird nun aus der Logik? Ihre Strenge scheint hier aus dem Leim zu gehen. – Verschwindet sie damit aber nicht ganz? – Denn wie kann die Logik ihre Strenge verlieren? Natürlich nicht dadurch, daß man ihr etwas von ihrer Strenge abhandelt. – Das ''Vorurteil'' der Kristallreinheit kann nur so beseitigt werden, daß wir unsere ganze Betrachtung drehen. (Man könnte sagen: Die Betrachtung muß gedreht werden, aber um unser eigentliches Bedürfnis als Angelpunkt.) | |||
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Die Philosophie der Logik redet in keinem andern Sinn von Sätzen und Wörtern, als wir es im gewöhnlichen Leben tun, wenn wir etwa sagen »hier steht ein chinesischer Satz aufgeschrieben«, oder »nein, das sieht nur aus wie Schriftzeichen, ist aber ein Ornament«, etc. | |||
Wir reden von dem räumlichen und zeitlichen Phänomen der Sprache; nicht von einem unräumlichen und unzeitlichen Unding. [Nur kann man sich in verschiedener Weise für ein Phänomen interessieren.] Aber wir reden von ihr so, wie von den Figuren des Schachspiels, indem wir Spielregeln für sie angeben, nicht ihre physikalischen Eigenschaften beschreiben. | |||
Die Frage »Was ist eigentlich ein Wort?« ist analog der »Was ist eine Schachfigur?« | |||
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'''109'''. Richtig war, daß unsere Betrachtungen nicht wissenschaftliche Betrachtungen sein durften. Die Erfahrung, ›daß sich das oder das denken lasse, entgegen unserm Vorurteil‹ – was immer das heißen mag – konnte uns nicht interessieren. (Die pneumatische Auffassung des Denkens.) Und wir dürfen keinerlei Theorie aufstellen. Es darf nichts Hypothetisches in unsern Betrachtungen sein. Alle ''Erklärung'' muß fort, und nur Beschreibung an ihre Stelle treten. Und diese Beschreibung empfängt ihr Licht, d.i. ihren Zweck, von den philosophischen Problemen. Diese sind freilich keine empirischen, sondern sie werden durch eine Einsicht in das Arbeiten unserer Sprache gelöst, und zwar so, daß dieses erkannt wird: ''entgegen'' einem Trieb, es mißzuverstehen. Diese Probleme werden gelöst, nicht durch Beibringen neuer Erfahrung, sondern durch Zusammenstellung des längst Bekannten. Die Philosophie ist ein Kampf gegen die Verhexung unsres Verstandes durch die Mittel unserer Sprache. | |||
'''110'''. »Die Sprache (oder das Denken) ist etwas Einzigartiges« – das erweist sich als ein Aberglaube (nicht Irrtum!), hervorgerufen selbst durch grammatische Täuschungen. | |||
Und auf diese Täuschungen, auf die Probleme, fällt nun das Pathos zurück. | |||
'''111'''. Die Probleme, die durch ein Mißdeuten unserer Sprachformen entstehen, haben den Charakter der ''Tief''e. Es sind tiefe Beunruhigungen; sie wurzeln so tief in uns wie die Formen unserer Sprache, und ihre Bedeutung ist so groß wie die Wichtigkeit unserer Sprache. –– Fragen wir uns: Warum empfinden wir einen grammatischen Witz als ''tief''? (Und das ist ja die philosophische Tiefe.) | |||
'''112'''. Ein Gleichnis, das in die Formen unserer Sprache aufgenommen ist, bewirkt einen falschen Schein; der beunruhigt uns: »Es ist doch nicht ''so''!« – sagen wir. »Aber es muß doch ''so sein''!« | |||
'''113'''. »Es ist doch ''so'' – – –« sage ich wieder und wieder vor mich hin. Es ist mir, als müßte ich das Wesen der Sache erfassen, wenn ich meinen Blick ''nur ganz scharf'' auf dies Faktum einstellen, es in den Brennpunkt rücken könnte. | |||
'''114'''. Log. Phil. Abh. (4.5): »Die allgemeine Form des Satzes ist: Es verhält sich so und so«. – Das ist ein Satz von jener Art, die man sich unzählige Male wiederholt. Man glaubt, wieder und wieder der Natur nachzufahren, und fährt nur der Form entlang, durch die wir sie betrachten. | |||
'''115'''. Ein ''Bild'' hielt uns gefangen. Und heraus konnten wir nicht, denn es lag in unsrer Sprache, und sie schien es uns nur unerbittlich zu wiederholen. | |||
'''116'''. Wenn die Philosophen ein Wort gebrauchen – »Wissen«, »Sein«, »Gegenstand«, »Ich«, »Satz«, »Name« – und das ''Wesen'' des Dings zu erfassen trachten, muß man sich immer fragen: Wird denn dieses Wort in der Sprache, in der es seine Heimat hat, je tatsächlich so gebraucht? – | |||
''Wir'' führen die Wörter von ihrer metaphysischen, wieder auf ihre alltägliche Verwendung zurück. | |||
'''117'''. Man sagt mir: »Du verstehst doch diesen Ausdruck? Nun also, – in der Bedeutung, die du kennst, gebrauche auch ich ihn.« – Als wäre die Bedeutung ein Dunstkreis, den das Wort mitbringt und in jederlei Verwendung hinübernimmt. | |||
Wenn z.B. Einer sagt, der Satz »Dies ist hier« (wobei er vor sich hin auf einen Gegenstand zeigt) habe für ihn Sinn, so möge er sich fragen, unter welchen besonderen Umständen man diesen Satz tatsächlich verwendet. In diesen hat er dann Sinn. | |||
'''118'''. Woher nimmt die Betrachtung ihre Wichtigkeit, da sie doch nur alles Interessante, d.h. alles Große und Wichtige, zu zerstören scheint? (Gleichsam alle Bauwerke; indem sie nur Steinbrocken und Schutt übrig läßt.) Aber es sind nur Luftgebäude, die wir zerstören, und wir legen den Grund der Sprache frei, auf dem sie standen. | |||
'''119'''. Die Ergebnisse der Philosophie sind die Entdeckung irgendeines schlichten Unsinns und Beulen, die sich der Verstand beim Anrennen an die Grenze der Sprache geholt hat. Sie, die Beulen, lassen uns den Wert jener Entdeckung erkennen. | |||
'''120'''. Wenn ich über Sprache (Wort, Satz etc.) rede, muß ich die Sprache des Alltags reden. Ist diese Sprache etwa zu grob, materiell, für das, was wir sagen wollen? ''Und wie wird denn eine andere gebildet? –'' Und wie merkwürdig, daß wir dann mit der unsern überhaupt etwas anfangen können! | |||
Daß ich bei meinen Erklärungen, die Sprache betreffend, schon die volle Sprache (nicht etwa eine vorbereitende, vorläufige) anwenden muß, zeigt schon, daß ich nur Äußerliches über die Sprache vorbringen kann. | |||
Ja, aber wie können uns diese Ausführungen dann befriedigen? – Nun, deine Fragen waren ja auch schon in dieser Sprache abgefaßt; mußten in dieser Sprache ausgedrückt werden, wenn etwas zu fragen war! | |||
Und deine Skrupel sind Mißverständnisse. | |||
Deine Fragen beziehen sich auf Wörter; so muß ich von Wörtern reden. | |||
Man sagt: Es kommt nicht aufs Wort an, sondern auf seine Bedeutung; und denkt dabei an die Bedeutung, wie an eine Sache von der Art des Worts, wenn auch vom Wort verschieden. Hier ist das Wort, hier die Bedeutung. Das Geld und die Kuh, die man dafür kaufen kann. (Anderseits aber: das Geld, und sein Nutzen.) | |||
'''121'''. Man könnte meinen: wenn die Philosophie vom Gebrauch des Wortes »Philosophie« redet, so müsse es eine Philosophie zweiter Ordnung geben. Aber es ist eben nicht so; sondern der Fall entspricht dem der Rechtschreibelehre, die es auch mit dem Wort »Rechtschreibelehre« zu tun hat, aber dann nicht eine solche zweiter Ordnung ist. | |||
'''122'''. Es ist eine Hauptquelle unseres Unverständnisses, daß wir den Gebrauch unserer Wörter nicht ''übersehen''. – Unserer Grammatik fehlt es an Übersichtlichkeit. – Die übersichtliche Darstellung vermittelt das Verständnis, welches eben darin besteht, daß wir die ›Zusammenhänge sehen‹. Daher die Wichtigkeit des Findens und des Erfindens von ''Zwischengliedern''. | |||
Der Begriff der übersichtlichen Darstellung ist für uns von grundlegender Bedeutung. Er bezeichnet unsere Darstellungsform, die Art, wie wir die Dinge sehen. (Ist dies eine ›Weltanschauung‹?) | |||
'''123'''. Ein philosophisches Problem hat die Form: »Ich kenne mich nicht aus.« | |||
'''124'''. Die Philosophie darf den tatsächlichen Gebrauch der Sprache in keiner Weise antasten, sie kann ihn am Ende also nur beschreiben. | |||
Denn sie kann ihn auch nicht begründen. | |||
Sie läßt alles, wie es ist. | |||
Sie läßt auch die Mathematik, wie sie ist, und keine mathematische Entdeckung kann sie weiterbringen. Ein »führendes Problem der mathematischen Logik« ist für uns ein Problem der Mathematik, wie jedes andere. | |||
'''125'''. Es ist nicht Sache der Philosophie, den Widerspruch durch eine mathematische, logisch-mathematische, Entdeckung zu lösen. Sondern den Zustand der Mathematik, der uns beunruhigt, den Zustand ''vor'' der Lösung des Widerspruchs, übersehbar zu machen. (Und damit geht man nicht etwa einer Schwierigkeit aus dem Wege.) | |||
Die fundamentale Tatsache ist hier: daß wir Regeln, eine Technik, für ein Spiel festlegen, und daß es dann, wenn wir den Regeln folgen, nicht so geht, wie wir angenommen hatten. Daß wir uns also gleichsam in unsern eigenen Regeln verfangen. | |||
Dieses Verfangen in unsern Regeln ist, was wir verstehen, d. h. übersehen wollen. | |||
Es wirft ein Licht auf unsern Begriff des Meinens. Denn es kommt also in jenen Fällen anders, als wir es gemeint, vorausgesehen, hatten. Wir sagen eben, wenn, z.B., der Widerspruch auftritt: »So hab’ ich’s nicht gemeint.« | |||
Die bürgerliche Stellung des Widerspruchs, oder seine Stellung in der bürgerlichen Welt: das ist das philosophische Problem. | |||
'''126'''. Die Philosophie stellt eben alles bloß hin, und erklärt und folgert nichts. – Da alles offen daliegt, ist auch nichts zu erklären. Denn, was etwa verborgen ist, interessiert uns nicht. | |||
»Philosophie« könnte man auch das nennen, was ''vor'' allen neuen Entdeckungen und Erfindungen möglich ist. | |||
'''127'''. Die Arbeit des Philosophen ist ein Zusammentragen von Erinnerungen zu einem bestimmten Zweck. | |||
'''128'''. Wollte man ''Thesen'' in der Philosophie aufstellen, es könnte nie über sie zur Diskussion kommen, weil Alle mit ihnen einverstanden wären. | |||
'''129'''. Die für uns wichtigsten Aspekte der Dinge sind durch ihre Einfachheit und Alltäglichkeit verborgen. (Man kann es nicht bemerken, – weil man es immer vor Augen hat.) Die eigentlichen Grundlagen seiner Forschung fallen dem Menschen gar nicht auf. Es sei denn, daß ihm ''dies'' einmal aufgefallen ist. – Und das heißt: das, was, einmal gesehen, das Auffallendste und Stärkste ist, fällt uns nicht auf. | |||
'''130'''. Unsere klaren und einfachen Sprachspiele sind nicht Vorstudien zu einer künftigen Reglementierung der Sprache, – gleichsam erste Annäherungen, ohne Berücksichtigung der Reibung und des Luftwiderstands. Vielmehr stehen die Sprachspiele da als ''Vergleichsobjekte'', die durch Ähnlichkeit und Unähnlichkeit ein Licht in die Verhältnisse unsrer Sprache werfen sollen. | |||
'''131'''. Nur so nämlich können wir der Ungerechtigkeit, oder Leere unserer Behauptungen entgehen, indem wir das Vorbild als das, was es ist, als Vergleichsobjekt – sozusagen als Maßstab hinstellen; und nicht als Vorurteil, dem die Wirklichkeit entsprechen ''müsse''. (Der Dogmatismus, in den wir beim Philosophieren so leicht verfallen.) | |||
'''132'''. Wir wollen in unserm Wissen vom Gebrauch der Sprache eine Ordnung herstellen: eine Ordnung zu einem bestimmten Zweck; eine von vielen möglichen Ordnungen; nicht ''die'' Ordnung. Wir werden zu diesem Zweck immer wieder Unterscheidungen ''hervorheben'', die unsre gewöhnlichen Sprachformen leicht übersehen lassen. Dadurch kann es den Anschein gewinnen, als sähen wir es als unsre Aufgabe an, die Sprache zu reformieren. | |||
So eine Reform für bestimmte praktische Zwecke, die Verbesserung unserer Terminologie zur Vermeidung von Mißverständnissen im praktischen Gebrauch, ist wohl möglich. Aber das sind nicht die Fälle, mit denen wir es zu tun haben. Die Verwirrungen, die uns beschäftigen, entstehen gleichsam, wenn die Sprache leerläuft, nicht wenn sie arbeitet. | |||
'''133'''. Wir wollen nicht das Regelsystem für die Verwendung unserer Worte in unerhörter Weise verfeinern oder vervollständigen. | |||
Denn die Klarheit, die wir anstreben, ist allerdings eine ''vollkommene''. Aber das heißt nur, daß die philosophischen Probleme ''vollkommen'' verschwinden sollen. | |||
Die eigentliche Entdeckung ist die, die mich fähig macht, das Philosophieren abzubrechen, wann ich will. – Die die Philosophie zur Ruhe bringt, so daß sie nicht mehr von Fragen gepeitscht wird, die ''sie selbst'' in Frage stellen. – Sondern es wird nun an Beispielen eine Methode gezeigt, und die Reihe dieser Beispiele kann man abbrechen. – Es werden Probleme gelöst (Schwierigkeiten beseitigt), nicht ''ein'' Problem. | |||
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Es gibt nicht ''eine'' Methode der Philosophie, wohl aber gibt es Methoden, gleichsam verschiedene Therapien. | |||
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'''134'''. Betrachten wir den Satz: »Es verhält sich so oder so« – wie kann ich sagen, dies sei die allgemeine Form des Satzes? – Es ist vor allem ''selbst'' ein Satz, ein deutscher Satz, denn es hat Subjekt und Prädikat. Wie aber wird dieser Satz angewendet – in unsrer alltäglichen Sprache nämlich? Denn nur ''daher'' habe ich ihn ja genommen. | |||
Wir sagen z.B.: »Er erklärte mir seine Lage, sagte, es verhalte sich so und so, und er brauche daher einen Vorschuß.« Man kann also insofern sagen, jener Satz stünde für irgendwelche Aussagen. Er wird als Satz''schema'' verwendet; aber das ''nur'', weil er den Bau eines deutschen Satzes hat. Man könnte statt seiner ohneweiters auch sagen: »das und das ist der Fall«, oder »so und so liegen die Sachen«, etc. Man könnte auch, wie in der symbolischen Logik, bloß einen Buchstaben, eine Variable gebrauchen. Aber den Buchstaben »p« wird doch niemand die allgemeine Form eines Satzes nennen. Wie gesagt: »Es verhält sich so und so« war dies nur dadurch, daß er selbst das ist, was man einen deutschen Satz nennt. Aber obschon es ein Satz ist, so hat es doch nur als Satzvariable Verwendung. Zu sagen, dieser Satz stimme mit der Wirklichkeit überein (oder nicht überein), wäre offenbarer Unsinn, und er illustriert also dies, daß ''ein'' Merkmal unseres Satzbegriffes der ''Satzklang'' ist. | |||
'''135'''. Aber haben wir denn nicht einen Begriff davon, was ein Satz ist, was wir unter »Satz« verstehen? – Doch; sofern wir auch einen Begriff davon haben, was wir unter »Spiel« verstehen. Gefragt, was ein Satz ist – ob wir nun einem Andern antworten sollen, oder uns selbst – werden wir Beispiele angeben und unter diesen auch, was man induktive Reihen von Sätzen nennen kann; nun, auf ''diese'' Weise haben wir einen Begriff vom Satz. (Vergleiche den Begriff des Satzes mit dem Begriff der Zahl.) | |||
'''136'''. Im Grunde ist die Angabe von »Es verhält sich so und so« als allgemeine Form des Satzes das gleiche, wie die Erklärung: ein Satz sei alles, was wahr oder falsch sein könne. Denn, statt »Es verhält sich ....« hätte ich auch sagen können: »Das und das ist wahr«. (Aber auch: »Das und das ist falsch«.) Nun ist aber | |||
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›p‹ ist wahr = p | |||
›p‹ ist falsch = nicht-p. | |||
Und zu sagen, ein Satz sei alles, was wahr oder falsch sein könne, kommt darauf hinaus: Einen Satz nennen wir das, worauf wir ''in unserer Sprache'' den Kalkül der Wahrheitsfunktionen anwenden. | |||
Es scheint nun, als bestimmte die Erklärung – Satz sei dasjenige, was wahr oder falsch sein könne – was ein Satz ist, indem sie sage: Was zum Begriff ›wahr‹ paßt, oder, worauf der Begriff ›wahr‹ paßt, das ist ein Satz. Es ist also so, als hätten wir einen Begriff von wahr und falsch, mit dessen Hilfe wir nun bestimmen können, was ein Satz ist und was keiner. Was in den Begriff der Wahrheit ''eingreift'' (wie in ein Zahnrad), das ist ein Satz. | |||
Aber das ist ein schlechtes Bild. Es ist, als sagte man »Schachkönig ist ''die'' Figur, der man Schach ansagen kann.« Aber das kann doch nur heißen, daß wir in unserm Schachspiel nur dem König Schach geben. So wie der Satz, daß nur ein ''Satz'' wahr sein könne, nur sagen kann, daß wir »wahr« und »falsch« nur von dem prädizieren, was wir einen Satz nennen. Und was ein Satz ist, ist in ''einem'' Sinne bestimmt durch die Regeln des Satzbaus (der deutschen Sprache z.B.), in einem andern Sinne durch den Gebrauch des Zeichens im Sprachspiel. Und der Gebrauch der Wörter »wahr« und »falsch« kann auch ein Bestandteil dieses Spiels sein; und dann ''gehört'' er für uns zum Satz, aber er ›paßt‹ nicht zu ihm. Wie wir auch sagen können, das Schachgeben ''gehöre'' zu unserm Begriff vom Schachkönig (gleichsam als ein Bestandteil desselben). Zu sagen, das Schachgeben ''passe'' nicht auf unsern Begriff von den Bauern, würde heißen, daß ein Spiel, in welchem den Bauern Schach gegeben wird, in welchem etwa der verliert, der seine Bauern verliert, – daß ein solches Spiel uninteressant wäre, oder dumm, oder zu kompliziert, oder dergleichen. | |||
'''137'''. Wie ist es denn, wenn wir das Subjekt im Satz bestimmen lernen durch die Frage »Wer oder was ...?« – Hier gibt es doch ein ›''Passen''‹ des Subjekts zu dieser Frage; denn wie erführen wir sonst durch die Frage, was das Subjekt ist? Wir erfahren es in ähnlicher Weise, wie wir erfahren, welcher Buchstabe im Alphabet nach dem ›K‹ kommt, indem wir uns das Alphabet bis zum ›K‹ hersagen. In wiefern paßt nun das ›L‹ zu jener Buchstabenreihe? – Und insofern könnte man auch sagen, »wahr« und »falsch« passe zum Satz; und man könnte ein Kind lehren, Sätze von andern Ausdrücken zu unterscheiden, indem man ihm sagt: »Frag dich, ob du danach sagen kannst ›ist wahr‹. Wenn diese Worte passen, so ist es ein Satz.« (Und ebenso hätte man sagen können: Frage dich, ob du davor die Worte »Es verhält sich ''so'':« setzen kannst.) | |||
'''138'''. Kann denn aber nicht die Bedeutung eines Wortes, die ich verstehe, zum Sinn des Satzes, den ich verstehe, passen? Oder die Bedeutung eines Wortes zur Bedeutung eines andern? –– Freilich, wenn die Bedeutung der ''Gebrauch'' ist, den wir vom Worte machen, dann hat es keinen Sinn, von so einem Passen zu reden. Nun ''verstehen'' wir aber die Bedeutung eines Wortes, wenn wir es hören, oder aussprechen; wir erfassen sie mit einem Schlage; und was wir so erfassen, ist doch etwas Andres als der in der Zeit ausgedehnte ›Gebrauch‹! | |||
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Muß ich ''wissen'', ob ich ein Wort verstehe? Geschieht es nicht auch, daß ich mir einbilde, ein Wort zu verstehen (nicht anders, als eine Rechenart zu verstehen) und nun darauf komme, daß ich es nicht verstanden habe? (»Ich habe geglaubt, ich weiß, was ›relative‹ und ›absolute‹ Bewegung heißt, aber ich sehe, ich weiß es nicht.«) | |||
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'''139'''. Wenn mir jemand z.B. das Wort »Würfel« sagt, so weiß ich, was es bedeutet. Aber kann mir denn die ganze ''Verwendung'' des Wortes vorschweben, wenn ich es so ''verstehe''? | |||
Ja, wird aber anderseits die Bedeutung des Wortes nicht auch durch diese Verwendung bestimmt? Und können sich diese Bestimmungen nun widersprechen? Kann, was wir so ''mit einem Schlage''erfassen, mit einer Verwendung übereinstimmen, zu ihr passen, oder nicht zu ihr passen? Und wie kann das, was uns in einem Augenblicke gegenwärtig ist, was uns in einem Augenblick vorschwebt, zu einer ''Verwendung'' passen? | |||
Was ist es denn eigentlich, was uns vorschwebt, wenn wir ein Wort ''verstehen''? – Ist es nicht etwas, wie ein Bild? Kann es nicht ein Bild ''sein''? | |||
Nun, nimm an, beim Hören des Wortes »Würfel« schwebt dir ein Bild vor. Etwa die Zeichnung eines Würfels. In wiefern kann dies Bild zu einer Verwendung des Wortes »Würfel« passen, oder nicht zu ihr passen? – Vielleicht sagst du: »das ist einfach; – wenn mir dieses Bild vorschwebt und ich zeige z.B. auf ein dreieckiges Prisma und sage, dies sei ein Würfel, so paßt diese Verwendung nicht zum Bild.« – Aber paßt sie nicht? Ich habe das Beispiel absichtlich so gewählt, daß es ganz leicht ist, sich eine ''Projektionsmethode'' vorzustellen, nach welcher das Bild nun doch paßt. | |||
Das Bild des Würfels ''legte'' uns allerdings eine gewisse Verwendung ''nahe'', aber ich konnte es auch anders verwenden. | |||
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(a) »Ich glaube, das richtige Wort in diesem Fall ist ...... Zeigt das nicht, daß die Bedeutung des Worts ein Etwas ist, das uns vorschwebt, und das gleichsam das genaue Bild ist, welches wir hier brauchen wollen? Denke, ich wählte zwischen den Wörtern »stattlich«, »würdevoll«, »stolz«, »Achtung gebietend«; ist es nicht, als ob ich zwischen den Zeichnungen in einer Mappe wählte? – Nein; daß man vom ''treffenden Wort'' redet, ''zeigt'' nicht die Existenz eines Etwas, welches etc. Vielmehr ist man geneigt, von jenem bildartigen Etwas zu sprechen, weil man ein Wort als treffend empfinden kann; zwischen Worten oft, wie zwischen ähnlichen, aber doch nicht gleichen Bildern, wählt; weil man Bilder oft statt Wörtern, oder zur Illustration von Wörtern, gebraucht; etc. | |||
(b) Ich sehe ein Bild: es stellt einen alten Mann dar, der auf einen Stock gestützt einen steilen Weg aufwärts geht. – Und wie das? Konnte es nicht auch so aussehen, wenn er in dieser Stellung die Straße hinunterrutschte? Ein Marsbewohner würde das Bild vielleicht so beschreiben. Ich brauche nicht zu erklären, warum ''wir'' es nicht so beschreiben. | |||
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'''140'''. Welcher Art war dann aber mein Irrtum; der, welchen man so ausdrücken möchte: ich hätte geglaubt, das Bild zwinge mich nun zu einer bestimmten Verwendung? Wie konnte ich denn das glauben? Was ''habe'' ich da geglaubt? Gibt es denn ein Bild, oder etwas einem Bild Ähnliches, das uns zu einer bestimmten Anwendung zwingt, und war mein Irrtum also eine Verwechslung? – Denn wir könnten geneigt sein, uns auch so auszudrücken: wir seien höchstens unter einem psychologischen Zwang, aber unter keinem logischen. Und da scheint es ja völlig, als kennten wir zweierlei Fälle. | |||
Was tat denn mein Argument? Es machte darauf aufmerksam (erinnerte uns daran), daß wir unter Umständen bereit wären, auch einen andern Vorgang »Anwendung des Würfelbildes« zu nennen als nur den, an welchen wir ursprünglich gedacht hatten. Unser ›Glaube, das Bild zwinge uns zu einer bestimmten Anwendung‹, bestand also darin, daß uns nur der eine Fall und kein andrer einfiel. »Es gibt auch eine andere Lösung«, heißt: es gibt auch etwas Anderes, was ich bereit bin »Lösung« zu nennen; worauf ich bereit bin, das und das Bild, die und die Analogie anzuwenden, etc. | |||
Und das Wesentliche ist nun, daß wir sehen, daß uns das Gleiche beim Hören des Wortes vorschweben, und seine Anwendung doch eine andere sein kann. Und hat es dann beide Male die ''gleiche'' Bedeutung? Ich glaube, das werden wir verneinen. | |||
'''141'''. Aber wie, wenn uns nicht einfach das Bild des Würfels, sondern dazu auch die Projektionsmethode vorschwebt? –– Wie soll ich mir das denken? – Etwa so, daß ich ein Schema der Projektionsart vor mir sehe. Ein Bild etwa, das zwei Würfel zeigt, durch Projektionsstrahlen miteinander verbunden. – Aber bringt mich denn das wesentlich weiter? Kann ich mir nun nicht auch verschiedene Anwendungen dieses Schemas denken? –– Ja aber kann mir denn also nicht eine ''Anwendung vorschweben? –'' Doch; nur müssen wir uns über unsre Anwendung ''dieses'' Ausdrucks klarer werden. Nimm an, ich setze jemandem verschiedene Projektionsmethoden auseinander, damit er sie dann anwende; und fragen wir uns, in welchem Falle wir sagen werden, es schwebe ihm ''die'' Projektionsmethode vor, welche ich meine. | |||
Wir erkennen dafür nun offenbar zweierlei Kriterien an: Einerseits das Bild (welcher Art immer es sei), welches ihm zu irgendeiner Zeit vorschwebt; anderseits die Anwendung, die er – im Laufe der Zeit – von dieser Vorstellung macht. (Und ist es hier nicht klar, daß es durchaus unwesentlich ist, daß dieses Bild ihm in der Phantasie vorschwebt, und nicht vielmehr als eine Zeichnung vor ihm liegt, oder als Modell; oder auch von ihm als Modell hergestellt wird?) | |||
Können nun Bild und Anwendung kollidieren? Nun, sie können insofern kollidieren, als uns das Bild eine andere Verwendung erwarten läßt; weil die Menschen im allgemeinen von ''diesem'' Bild ''diese'' Anwendung machen. | |||
Ich will sagen: Es gibt hier einen ''normalen'' Fall und abnormale Fälle. | |||
'''142'''. Nur in normalen Fällen ist der Gebrauch der Worte uns klar vorgezeichnet; wir wissen, haben keinen Zweifel, was wir in diesem oder jenem Fall zu sagen haben. Je abnormaler der Fall, desto zweifelhafter wird es, was wir nun hier sagen sollen. Und verhielten sich die Dinge ganz anders, als sie sich tatsächlich verhalten –– gäbe es z.B. keinen charakteristischen Ausdruck des Schmerzes, der Furcht, der Freude; würde, was Regel ist, Ausnahme und was Ausnahme, zur Regel; oder würden beide zu Erscheinungen von ungefähr gleicher Häufigkeit –– so verlören unsere normalen Sprachspiele damit ihren Witz. – Die Prozedur, ein Stück Käse auf die Waage zu legen und nach dem Ausschlag der Waage den Preis zu bestimmen, verlöre ihren Witz, wenn es häufiger vorkäme, daß solche Stücke ohne offenbare Ursache plötzlich anwüchsen, oder einschrumpften. Diese Bemerkung wird klarer werden, wenn wir über Dinge, wie das Verhältnis des Ausdrucks zum Gefühl und Ähnliches reden werden. | |||
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Was wir zur Erklärung der Bedeutung, ich meine der Wichtigkeit, eines Begriffs sagen müssen, sind oft außerordentlich allgemeine Naturtatsachen. Solche, die wegen ihrer großen Allgemeinheit kaum je erwähnt werden. | |||
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'''143'''. Betrachten wir nun diese Art von Sprachspiel: B soll auf den Befehl des A Reihen von Zeichen niederschreiben nach einem bestimmten Bildungsgesetz. | |||
Die erste dieser Reihen soll die sein der natürlichen Zahlen im Dezimalsystem. – Wie lernt er dieses System verstehen? – Zunächst werden ihm Zahlenreihen vorgeschrieben und er wird angehalten, sie nachzuschreiben. (Stoß dich nicht an dem Wort »Zahlenreihen«, es ist hier nicht unrichtig verwendet!) Und schon hier gibt es eine normale und eine abnormale Reaktion des Lernenden. – Wir führen ihm etwa zuerst beim Nachschreiben der Reihe 0 bis 9 die Hand; dann aber wird die ''Möglichkeit der Verständigung'' daran hängen, daß er nun selbständig weiterschreibt. – Und hier können wir uns, z.B., denken, daß er nun zwar selbständig Ziffern kopiert, aber nicht nach der Reihe, sondern regellos einmal die, einmal die. Und dann hört ''da'' die Verständigung auf. – Oder aber er macht ›''Fehler''‹ in der Reihenfolge. – Der Unterschied zwischen diesem und dem ersten Fall ist natürlich einer der Häufigkeit. – Oder: er macht einen ''systematischen'' Fehler, er schreibt z.B. immer nur jede zweite Zahl nach; oder er kopiert die Reihe 0, 1, 2, 3, 4, 5, .... so: 1, 0, 3, 2, 5, 4, .... Hier werden wir beinahe versucht sein zu sagen, er habe uns ''falsch'' verstanden. | |||
Aber merke: Es gibt keine scharfe Grenze zwischen einem regellosen und einem systematischen Fehler. D.h., zwischen dem, was du einen »regellosen«, und dem, was du einen »systematischen Fehler« zu nennen geneigt bist. | |||
Man kann ihm nun vielleicht den systematischen Fehler abgewöhnen (wie eine Unart). Oder, man läßt seine Art des Kopierens gelten und trachtet, ihm die normale Art als eine Abart, Variation, der seinigen beizubringen. – Und auch hier kann die Lernfähigkeit unseres Schülers abbrechen. | |||
'''144'''. Was meine ich denn, wenn ich sage »hier ''kann'' die Lernfähigkeit des Schülers abbrechen«? Teile ich das aus meiner Erfahrung mit? Natürlich nicht. (Auch wenn ich so eine Erfahrung gemacht hätte.) Und was tue ich denn mit jenem Satz? Ich möchte doch, daß du sagst: »Ja, es ist wahr, das könnte man sich auch denken, das könnte auch geschehen!« – Aber wollte ich Einen darauf aufmerksam machen, daß er imstande ist, sich dies vorzustellen? –– Ich wollte dies Bild vor seine Augen stellen, und seine ''Anerkennung'' dieses Bildes besteht darin, daß er nun geneigt ist, einen gegebenen Fall anders zu betrachten: nämlich ihn mit ''dieser'' Bilderreihe zu vergleichen. Ich habe seine ''Anschauungsweise'' geändert. (Indische Mathematiker: »Sieh dies an!«) | |||
'''145'''. Der Schüler schreibe nun die Reihe 0 bis 9 zu unsrer Zufriedenheit. – Und dies wird nur der Fall sein, wenn ihm dies ''oft'' gelingt, nicht, wenn er es einmal unter hundert Versuchen richtig macht. Ich führe ihn nun weiter in der Reihe und lenke seine Aufmerksamkeit auf die Wiederkehr der ersten Reihe in den Einern; dann auf diese Wiederkehr in den Zehnern. (Was nur heißt, daß ich gewisse Betonungen anwende, Zeichen unterstreiche, in der und der Weise untereinander schreibe, und dergleichen.) – Und nun setzt er einmal die Reihe selbständig fort, – oder er tut es nicht. – Aber warum sagst du das; ''das'' ist selbstverständlich! – Freilich; ich wollte nur sagen: die Wirkung jeder weiteren ''Erklärung'' hänge von seiner ''Reaktion'' ab. | |||
Aber nehmen wir nun an, er setzt, nach einigen Bemühungen des Lehrers, die Reihe richtig fort, d. h. so, wie wir es tun. Nun können wir also sagen: er beherrscht das System. – Aber wie weit muß er die Reihe richtig fortsetzen, damit wir das mit Recht sagen können? Es ist klar: du kannst hier keine Begrenzung angeben. | |||
'''146'''. Wenn ich nun frage: »Hat er das System verstanden, wenn er die Reihe hundert Stellen weit fortsetzt?« Oder – wenn ich in unserm primitiven Sprachspiel nicht von ›verstehen‹ reden soll: Hat er das System inne, wenn er die Reihe bis ''dorthin'' richtig fortsetzt? – Da wirst du vielleicht sagen: Das System innehaben (oder auch: verstehen) kann nicht darin bestehen, daß man die Reihe bis zu ''dieser'', oder bis zu ''jener'' Zahl fortsetzt; das ist nur die Anwendung des Verstehens. Das Verstehen selbst ist ein Zustand, ''woraus'' die richtige Verwendung entspringt. | |||
Und an was denkt man da eigentlich? Denkt man nicht an das Ableiten einer Reihe aus ihrem algebraischen Ausdruck? Oder doch an etwas Analoges? – Aber da waren wir ja schon einmal. Wir können uns ja eben mehr als ''eine'' Anwendung eines algebraischen Ausdrucks denken; und jede Anwendungsart kann zwar wieder algebraisch niedergelegt werden, aber dies führt uns selbstverständlich nicht weiter. – Die Anwendung bleibt ein Kriterium des Verständnisses. | |||
'''147'''. »Aber wie kann sie das sein? Wenn ''ich'' sage, ich verstehe das Gesetz einer Reihe, so sage ich es doch nicht auf Grund der ''Erfahrung'', daß ich bis jetzt den algebraischen Ausdruck so und so angewandt habe! Ich weiß doch von mir selbst jedenfalls, daß ich die und die Reihe meine; gleichgültig, wieweit ich sie tatsächlich entwickelt habe.« – | |||
Du meinst also: du weißt die Anwendung des Gesetzes der Reihe, auch ganz abgesehen von einer Erinnerung an die tatsächlichen Anwendungen auf bestimmte Zahlen. Und du wirst vielleicht sagen: »Selbstverständlich! denn die Reihe ist ja unendlich und das Reihenstück, das ich entwickeln konnte, endlich.« | |||
'''148'''. Worin aber besteht dies Wissen? Laß mich fragen: ''Wann'' weißt du diese Anwendung? Immer? Tag und Nacht? Oder nur während du gerade an das Gesetz der Reihe denkst? D. h.: Weißt du sie, wie du auch das ABC und das Einmaleins weißt; oder nennst du ›Wissen‹ einen Bewußtheitszustand oder Vorgang – etwa ein An-etwas-denken, oder dergleichen? | |||
'''149'''. Wenn man sagt, das Wissen des ABC sei ein Zustand der Seele, so denkt man an den Zustand eines Seelenapparats (etwa unsres Gehirns), mittels welches wir die ''Äußerungen'' dieses Wissens erklären. Einen solchen Zustand nennt man eine Disposition. Es ist aber nicht einwandfrei, hier von einem Zustand der Seele zu reden, insofern es für den Zustand zwei Kriterien geben sollte; nämlich ein Erkennen der Konstruktion des Apparates, abgesehen von seinen Wirkungen. (Nichts wäre hier verwirrender als der Gebrauch der Wörter »bewußt« und »unbewußt« für den Gegensatz von Bewußtseinszustand und Disposition. Denn jenes Wortpaar verhüllt einen grammatischen Unterschied.) | |||
<nowiki>###</nowiki> | |||
(''a'') »Ein Wort verstehen«, ein Zustand. Aber ein ''seelischer'' Zustand? – Betrübnis, Aufregung, Schmerzen, nennen wir seelische Zustände. Mache diese grammatische Betrachtung: Wir sagen | |||
»Er war den ganzen Tagen betrübt«. | |||
»Er war den ganzen Tag in großer Aufregung«. | |||
»Er hatte seit gestern ununterbrochen Schmerzen«. – | |||
Wir sagen auch »Ich verstehe dieses Wort seit gestern«. Aber »ununterbrochen«? – Ja, man kann von einer Unterbrechung des Verstehens reden. Aber in welchen Fällen? Vergleiche: »Wann haben deine Schmerzen nachgelassen?« und »Wann hast du aufgehört, das Wort zu verstehen?« | |||
(''b'') Wie, wenn man fragte: Wann ''kannst'' du Schach spielen? Immer? oder während du einen Zug machst? Und während jedes Zuges das ganze Schach? – Und wie seltsam, daß Schachspielen können so kurze Zeit braucht, und eine Partie so viel länger. | |||
<nowiki>###</nowiki> | |||
'''150'''. Die Grammatik des Wortes »wissen« ist offenbar eng verwandt der Grammatik der Worte »können«, »imstande sein«. Aber auch eng verwandt der des Wortes »verstehen«. (Eine Technik ›beherrschen‹.) | |||
'''151'''. Nun gibt es aber auch ''diese'' Verwendung des Wortes »wissen«: wir sagen »Jetzt weiß ich’s!« – und ebenso »Jetzt kann ich’s!« und »Jetzt versteh ich’s!« | |||
Stellen wir uns dieses Beispiel vor: A schreibt Reihen von Zahlen an; B sieht ihm zu und trachtet, in der Zahlenfolge ein Gesetz zu finden. Ist es ihm gelungen, so ruft er: »Jetzt kann ich fortsetzen!« –– Diese Fähigkeit, dieses Verstehen ist also etwas, was in einem Augenblick eintritt. Schauen wir also nach: Was ist es, was hier eintritt? – A habe die Zahlen 1, 5, 11, 19, 29 hingeschrieben; da sagt B, jetzt wisse er weiter. Was geschah da? Es konnte verschiedenerlei geschehen sein; z.B.: Während A langsam eine Zahl nach der andern hinsetzte, ist B damit beschäftigt, verschiedene algebraische Formeln an den angeschriebenen Zahlen zu versuchen. Als A die Zahl 19 geschrieben hatte, versuchte B die Formel an = n2 + n – 1; die nächste Zahl bestätigte seine Annahme. ### | |||
Oder aber: B denkt nicht an Formeln. Er sieht mit einem gewissen Gefühl der Spannung zu, wie A seine Zahlen hinschreibt; dabei schwimmen ihm allerlei unklare Gedanken im Kopf. Endlich fragt er sich »Was ist die Reihe der Differenzen?« Er findet: 4, 6, 8, 10 und sagt: Jetzt kann ich weiter. | |||
Oder er sieht hin und sagt: »Ja, ''die'' Reihe kenn’ ich« – und setzt sie fort; wie er’s etwa auch getan hätte, wenn A die Reihe 1, 3, 5, 7, 9 hingeschrieben hätte. – Oder er sagt gar nichts und schreibt bloß die Reihe weiter. Vielleicht hatte er eine Empfindung, die man »das ist leicht!« nennen kann. (Eine solche Empfindung ist z.B. die eines leichten, schnellen Einziehens des Atems, ähnlich wie bei einem gelinden Schreck.) | |||
'''152'''. Aber sind denn diese Vorgänge, die ich da beschrieben habe, das ''Verstehen''? »B versteht das System der Reihe« heißt doch nicht einfach: B fällt die Formel »an = ....« ein! Denn es ist sehr wohl denkbar, daß ihm die Formel einfällt und er doch nicht versteht. »Er versteht« muß mehr beinhalten als: ihm fällt die Formel ein. Und ebenso auch mehr, als irgendeiner jener, mehr oder weniger charakteristischen, ''Begleitvorgänge'', oder Äußerungen, des Verstehens. ### | |||
'''153'''. Wir versuchen nun, den seelischen Vorgang des Verstehens, der sich, scheint es, hinter jenen gröbern und uns daher in die Augen fallenden Begleiterscheinungen versteckt, zu erfassen. Aber das gelingt nicht. Oder, richtiger gesagt: es kommt gar nicht zu einem wirklichen Versuch. Denn auch angenommen, ich hätte etwas gefunden, was in allen jenen Fällen des Verstehens geschähe, – warum sollte ''das'' nun das Verstehen sein? Ja, wie konnte denn der Vorgang des Verstehens versteckt sein, wenn ich doch sagte »Jetzt verstehe ich«, ''weil'' ich verstand?! Und wenn ich sage, er ist versteckt, – wie weiß ich denn, wonach ich zu suchen habe? Ich bin in einem Wirrwarr. | |||
'''154'''. Aber halt! – wenn »jetzt verstehe ich das System« nicht das Gleiche sagt, wie »mir fällt die Formel .... ein« (oder »ich spreche die Formel aus«, »ich schreibe sie auf«, etc.) – folgt daraus, daß ich den Satz »jetzt verstehe ich ....«, oder »jetzt kann ich fortsetzen«, als Beschreibung eines Vorgangs verwende, der hinter, oder neben dem des Aussprechens der Formel besteht? | |||
Wenn etwas ›hinter dem Aussprechen der Formel‹ stehen muß, so sind es ''gewisse Umstände'', die mich berechtigen, zu sagen, ich könne fortsetzen, – wenn mir die Formel einfällt. | |||
Denk doch einmal gar nicht an das Verstehen als ›seelischen Vorgang‹! – Denn ''das'' ist die Redeweise, die dich verwirrt. Sondern frage dich: in was für einem Fall, unter was für Umständen sagen wir denn »Jetzt weiß ich weiter«? ich meine, wenn mir die Formel eingefallen ist. - | |||
In dem Sinne, in welchem es für das Verstehen charakteristische Vorgänge (auch seelische Vorgänge) gibt, ist das Verstehen kein seelischer Vorgang. | |||
(Das Ab- und Zunehmen einer Schmerzempfindung, das Hören einer Melodie, eines Satzes: seelische Vorgänge.) | |||
'''155'''. Ich wollte also sagen: Wenn er plötzlich weiter wußte, das System verstand, so hatte er vielleicht ein besonderes Erlebnis – welches er etwa beschreiben wird, wenn man ihn fragt »Wie war das, was ging da vor, als du das System plötzlich begriffst?«, ähnlich wie wir es oben beschrieben haben – das aber, was ihn für uns berechtigt, in so einem Fall zu sagen, er verstehe, er wisse weiter, sind die ''Umstände'', unter denen er ein solches Erlebnis hatte. | |||
'''156'''. Dies wird klarer werden, wenn wir die Betrachtung eines andern Wortes einschalten, nämlich des Wortes »''lesen''«. Zuerst muß ich bemerken, daß ich zum ›Lesen‹, in dieser Betrachtung, nicht das Verstehen des Sinns des Gelesenen rechne; sondern Lesen ist hier die Tätigkeit, Geschriebenes oder Gedrucktes in Laute umzusetzen; auch aber, nach Diktat zu schreiben, Gedrucktes abzuschreiben, nach Noten zu spielen und dergleichen. | |||
Der Gebrauch dieses Wortes unter den Umständen unsres gewöhnlichen Lebens ist uns natürlich ungemein wohl bekannt. Die Rolle aber, die das Wort in unserm Leben spielt, und damit das Sprachspiel, in dem wir es verwenden, wäre schwer auch nur in groben Zügen darzustellen. Ein Mensch, sagen wir ein Deutscher, ist in der Schule, oder zu Hause, durch eine der bei uns üblichen Unterrichtsarten gegangen, er hat in diesem Unterricht seine Muttersprache lesen gelernt. Später liest er Bücher, Briefe, die Zeitung, u. a. | |||
Was geht nun vor sich, wenn er, z.B., die Zeitung liest? –– Seine Augen gleiten – wie wir sagen – den gedruckten Wörtern entlang, er spricht sie aus, – oder sagt sie nur zu sich selbst; und zwar gewisse Wörter, indem er ihre Druckform als Ganzes erfaßt, andere, nachdem sein Aug die ersten Silben erfaßt hat, einige wieder liest er Silbe für Silbe, und das eine oder andre vielleicht Buchstabe für Buchstabe. – Wir würden auch sagen, er habe einen Satz gelesen, wenn er während des Lesens weder laut noch zu sich selbst spricht, aber danach imstande ist, den Satz wörtlich oder annähernd wiederzugeben. – Er kann auf das achten, was er liest, oder auch – wie wir sagen könnten – als bloße Lesemaschine funktionieren, ich meine, laut und richtig lesen, ohne auf das, was er liest, zu achten; vielleicht während seine Aufmerksamkeit auf etwas ganz anderes gerichtet ist (so daß er nicht imstande ist, zu sagen, was er gelesen hat, wenn man ihn gleich darauf fragt). | |||
Vergleiche nun mit diesem Leser einen Anfänger. Er liest die Wörter, indem er sie mühsam buchstabiert. – Einige Wörter aber errät er aus dem Zusammenhang; oder er weiß das Lesestück vielleicht zum Teil schon auswendig. Der Lehrer sagt dann, daß er die Wörter nicht wirklich ''liest'' (und in gewissen Fällen, daß er nur vorgibt, sie zu lesen). | |||
Wenn wir an ''dieses'' Lesen, an das Lesen des Anfängers, denken und uns fragen, worin ''Lesen'' besteht, werden wir geneigt sein, zu sagen: es sei eine besondere bewußte geistige Tätigkeit. | |||
Wir sagen von dem Schüler auch: »Nur er weiß natürlich, ob er wirklich liest, oder die Worte bloß auswendig sagt«. (Über diese Sätze »Nur ''er'' weiß, ...« muß noch geredet werden.) | |||
Ich will aber sagen: Wir müssen zugeben, daß – was das Aussprechen irgend ''eines'' der gedruckten Wörter betrifft – im Bewußtsein des Schülers, der ›vorgibt‹ es zu lesen, das Gleiche stattfinden kann wie im Bewußtsein des geübten Lesers, der es ›liest‹. Das Wort »lesen« wird ''anders'' angewandt, wenn wir vom Anfänger, und wenn wir vom geübten Leser sprechen. –– Wir möchten nun freilich sagen: Was im geübten Leser und was im Anfänger vor sich geht, wenn sie das Wort aussprechen, ''kann'' nicht das Gleiche sein. Und wenn kein Unterschied in dem wäre, was ihnen gerade bewußt ist, so im unbewußten Arbeiten ihres Geistes; oder auch im Gehirn. – Wir möchten also sagen: Hier sind jedenfalls zwei verschiedene Mechanismen! Und was in ihnen vorgeht, muß Lesen von Nichtlesen unterscheiden. – Aber diese Mechanismen sind doch nur Hypothesen; Modelle zur Erklärung, zur Zusammenfassung dessen, was du wahrnimmst. | |||
'''157'''. Überlege dir folgenden Fall: Menschen, oder andere Wesen, würden von uns als Lesemaschinen benützt. Sie werden zu diesem Zweck abgerichtet. Der, welcher sie abrichtet, sagt von Einigen, sie können schon lesen, von Andern, sie könnten es noch nicht. Nimm den Fall eines Schülers, der bisher nicht mitgetan hat: zeigt man ihm ein geschriebenes Wort, so wird er manchmal irgendwelche Laute hervorbringen, und hie und da geschieht es dann ›zufällig‹, daß sie ungefähr stimmen. Ein Dritter hört diesen Schüler in so einem Fall und sagt: »Er liest«. Aber der Lehrer sagt: »Nein, er liest nicht; es war nur ein Zufall.« – Nehmen wir aber an, dieser Schüler, wenn ihm nun weitere Wörter vorgelegt werden, reagiert auf sie fortgesetzt richtig. Nach einiger Zeit sagt der Lehrer: »Jetzt kann er lesen!« – Aber wie war es mit jenem ersten Wort? Soll der Lehrer sagen: »Ich hatte mich geirrt, er hat es ''doch'' gelesen« – oder: »Er hat erst später angefangen, wirklich zu lesen«? – Wann hat er angefangen, zu lesen? Welches ist das erste Wort, das er ''gelesen'' hat? Diese Frage ist hier sinnlos. Es sei denn, wir erklärten: »Das erste Wort, das einer ›liest‹, ist das erste Wort der ersten Reihe von 50 Wörtern, die er richtig liest« (oder dergl.). | |||
Verwenden wir dagegen »Lesen« für ein gewisses Erlebnis des Übergangs vom Zeichen zum gesprochenen Laut, dann hat es wohl Sinn, von einem ''ersten'' Wort zu sprechen, das er wirklich gelesen hat. Er kann dann etwa sagen: »Bei diesem Worte hatte ich zum ersten Male das Gefühl: ›jetzt lese ich‹.« | |||
Oder aber in dem hiervon verschiedenen Fall einer Lesemaschine, die, etwa nach Art eines Pianolas, Zeichen in Laute übersetzt, könnte man sagen: »Erst nachdem dies und dies an der Maschine geschehen war – die und die Teile durch Drähte verbunden worden waren – hat die Maschine ''gelesen''; das erste Zeichen, welches sie gelesen hat, war ....« | |||
Im Falle aber der lebenden Lesemaschine hieß »lesen«: so und so auf Schriftzeichen reagieren. Dieser Begriff war also ganz unabhängig von dem eines seelischen, oder andern Mechanismus. – Der Lehrer kann hier auch vom Abgerichteten nicht sagen: »Vielleicht hat er dieses Wort schon gelesen«. Denn es ist ja kein Zweifel über das, was er getan hat. – Die Veränderung, als der Schüler zu lesen anfing, war eine Veränderung seines ''Verhaltens''; und von einem ›ersten Wort im neuen Zustand‹ zu reden, hat hier keinen Sinn. | |||
'''158'''. Aber liegt dies nicht nur an unserer zu geringen Kenntnis der Vorgänge im Gehirn und im Nervensystem? Wenn wir diese genauer kennten, würden wir sehen, welche Verbindungen durch das Abrichten hergestellt worden waren, und wir könnten dann, wenn wir ihm ins Gehirn sähen, sagen: »Dieses Wort hat er jetzt ''gelesen'', jetzt war die Leseverbindung hergestellt.« –– Und das ''muß'' wohl so sein – denn wie könnten wir sonst so sicher sein, daß es eine solche Verbindung gibt? Das ist wohl a priori so – oder ist es nur wahrscheinlich? Und wie wahrscheinlich ist es? Frag dich doch: was ''weißt'' du denn von diesen Sachen? –– Ist es aber a priori, dann heißt das, daß es eine uns sehr einleuchtende Darstellungsform ist. | |||
'''159'''. Aber wir sind, wenn wir darüber nachdenken, versucht zu sagen: das einzig wirkliche Kriterium dafür, daß Einer ''liest'', ist der bewußte Akt des Lesens, des Ablesens der Laute von den Buchstaben. »Ein Mensch weiß doch, ob er liest, oder nur vorgibt zu lesen!« – Angenommen, A will den B glauben machen, er könne cyrillische Schrift lesen. Er lernt einen russischen Satz auswendig und sagt ihn dann, indem er die gedruckten Wörter ansieht, als läse er sie. Wir werden hier gewiß sagen, A wisse, daß er nicht liest, und er empfinde, während er zu lesen vorgibt, eben dies. Denn es gibt natürlich eine Menge für das Lesen eines Satzes im Druck mehr oder weniger charakteristische Empfindungen; es ist nicht schwer, sich solche ins Gedächtnis zu rufen: denke an Empfindungen des Stockens, genauem Hinsehens, Verlesens, der größeren und geringeren Geläufigkeit der Wortfolgen, u. a. Und ebenso gibt es charakteristische Empfindungen für das Aufsagen von etwas Auswendiggelerntem. Und A wird in unserem Fall keine von den Empfindungen haben, die für das Lesen charakteristisch sind, und er wird etwa eine Reihe von Empfindungen haben, die für das Schwindeln charakteristisch sind. | |||
'''160'''. Denke dir aber diesen Fall: Wir geben Einem, der fließend lesen kann, einen Text zu lesen, den er nie zuvor gesehen hat. Er liest ihn uns vor – aber mit der Empfindung, als sage er etwas Auswendiggelerntes (dies könnte die Wirkung irgendeines Giftes sein). Würden wir in einem solchen Falle sagen, er lese das Stück nicht wirklich? Würden wir hier also seine Empfindungen als Kriterium dafür gelten lassen, ob er liest oder nicht? | |||
Oder aber: Wenn man einem Menschen, der unter dem Einfluß eines bestimmten Giftes steht, eine Reihe von Schriftzeichen vorlegt, die keinem existierenden Alphabet anzugehören brauchen, so spreche er nach der Anzahl der Zeichen Wörter aus, so als wären die Zeichen Buchstaben, und zwar mit allen äußeren Merkmalen und Empfindungen des Lesens. (Ähnliche Erfahrungen haben wir in Träumen; nach dem Aufwachen sagt man dann etwa: »Es kam mir vor, als läse ich die Zeichen, obwohl es gar keine Zeichen waren.«) In so einem Fall würden Manche geneigt sein, zu sagen, der Mensch ''lese'' diese Zeichen. Andere, er lese sie nicht. – Angenommen, er habe auf diese Weise eine Gruppe von vier Zeichen als OBEN gelesen (oder gedeutet) – nun zeigen wir ihm die gleichen Zeichen in umgekehrter Reihenfolge und er liest NEBO, und so behält er in weiteren Versuchen immer die gleiche Deutung der Zeichen bei; hier wären wir wohl geneigt, zu sagen, er lege sich ad hoc ein Alphabet zurecht und lese dann danach. | |||
'''161'''. Bedenke nun auch, daß es eine kontinuierliche Reihe von Übergängen gibt zwischen dem Falle, in welchem jemand das auswendig hersagt, was er lesen soll, und dem, in welchem er jedes Wort Buchstabe für Buchstabe liest, ohne jede Hilfe des Erratens aus dem Zusammenhang, oder des Auswendigwissens. | |||
Mach diesen Versuch: sag die Zahlenreihe von 1 bis 12. Nun schau auf das Zifferblatt deiner Uhr und ''lies'' diese Reihe. – Was hast du in diesem Falle »lesen« genannt? Das heißt: was hast du getan, um es zum ''Lesen'' zu machen? | |||
'''162'''. Versuchen wir diese Erklärung: Jemand liest, wenn er die Reproduktion von der Vorlage ''ableitet''. Und ›Vorlage‹ nenne ich den Text, welchen er liest, oder abschreibt; das Diktat, nach welchem er schreibt; die Partitur, die er spielt; etc. etc. – Wenn wir nun z.B. jemanden das cyrillische Alphabet gelehrt hätten und wie jeder Buchstabe auszusprechen sei, – wenn wir ihm dann ein Lesestück vorlegen und er liest es, indem er jeden Buchstaben so ausspricht, wie wir es ihn gelehrt haben, – dann werden wir wohl sagen, er leite den Klang eines Wortes vom Schriftbild mit Hilfe der Regel, die wir ihm gegeben haben, ab. Und dies ist auch ein klarer Fall des ''Lesens''. (Wir könnten sagen, wir haben ihn die ›Regel des Alphabets‹ gelehrt.) | |||
Aber warum sagen wir, er habe die gesprochenen Worte von den gedruckten ''abgeleitete?'' Wissen wir mehr, als daß wir ihn gelehrt haben, wie jeder Buchstabe auszusprechen sei, und daß er dann die Worte laut gelesen habe? Wir werden vielleicht antworten: der Schüler zeige: daß er den Übergang vom Gedruckten zum Gesprochenen mit Hilfe der Regel macht, die wir ihm gegeben haben. – Wie man dies ''zeigen'' könne, wird klarer, wenn wir unser Beispiel dahin abändern, daß der Schüler, statt den Text vorzulesen, ihn abzuschreiben hat, die Druckschrift in Schreibschrift zu übertragen hat. Denn in diesem Fall können wir ihm die Regel in Form einer Tabelle geben; in einer Spalte stehen die Druckbuchstaben, in der andern die Kursivbuchstaben. Und daß er die Schrift vom Gedruckten ableitet, zeigt sich darin, daß er in der Tabelle nachsieht. | |||
'''163'''. Aber wie, wenn er dies täte, und dabei ein A immer in ein b, ein B in ein c, ein C in ein d umschriebe, usf., und ein Z in ein a? – Auch das würden wir doch ein Ableiten nach der Tabelle nennen. – Er gebraucht sie nun, könnten wir sagen, nach dem zweiten Schema im § 86, statt nach dem ersten. | |||
Auch das wäre wohl noch ein Ableiten nach der Tabelle, das durch ein Pfeilschema ohne alle einfache Regelmäßigkeit wiedergegeben würde. | |||
Aber nimm an, er bleibe nicht bei ''einer'' Art des Transkribierens; sondern andere sie nach einer einfachen Regel: Hat er einmal ein A in ein n umgeschrieben, so schreibt er das nächste A in ein o, das nächste in ein p um, usw. – Aber wo ist die Grenze zwischen diesem Vorgehen und einem regellosen? | |||
Aber heißt das nun, das Wort »ableiten« habe eigentlich keine Bedeutung, da es ja scheint, daß diese, wenn wir ihr nachgehen, in nichts zerfließt? | |||
'''164'''. Im Falle (162) stand die Bedeutung des Wortes »ableiten« klar vor uns. Aber wir sagten uns, dies sei nur ein ganz spezieller Fall des Ableitens, eine ganze spezielle Einkleidung; diese mußte ihm abgestreift werden, wenn wir das Wesen des Ableitens erkennen wollten. Nun streiften wir ihm die besonderen Hüllen ab; aber da verschwand das Ableiten selbst. – Um die eigentliche Artischocke zu finden, hatten wir sie ihrer Blätter entkleidet. Denn es war freilich (162) ein spezieller Fall des Ableitens, aber das Wesentliche des Ableitens war nicht unter dem Äußeren dieses Falls versteckt, sondern dieses ›Äußere‹ war ein Fall aus der Familie der Fälle des Ableitens. | |||
Und so verwenden wir auch das Wort »Lesen« für eine Familie von Fällen. Und wir wenden unter verschiedenen Umständen verschiedene Kriterien an dafür, daß Einer liest. | |||
'''165'''. Aber lesen – möchten wir sagen – ist doch ein ganz bestimmter Vorgang! Lies eine Druckseite, dann kannst du’s sehen; es geht da etwas Besonderes vor und etwas höchst Charakteristisches. –– Nun, was geht denn vor, wenn ich den Druck lese! Ich sehe gedruckte Wörter und spreche Wörter aus. Aber das ist natürlich nicht alles; denn ich könnte gedruckte Wörter sehen und Wörter aussprechen, und es wäre doch nicht Lesen. Auch dann nicht, wenn die Wörter, die ich spreche, die sind, die man zufolge einem bestehenden Alphabet, von jenen gedruckten ablesen ''soll''. – Und wenn du sagst, das Lesen sei ein bestimmtes Erlebnis, so spielt es ja gar keine Rolle, ob du nach einer von Menschen allgemein anerkannten Regel des Alphabets liest, oder nicht. – Worin besteht also das Charakteristische am Erlebnis des Lesens? – Da möchte ich sagen: »Die Worte, die ich ausspreche, ''kommen'' in besonderer Weise.« Nämlich sie kommen nicht so, wie sie kämen, wenn ich sie z.B. ersänne. – Sie kommen von selbst. – Aber auch das ist nicht genug; denn es können mir ja Wortklänge ''einfallen'', während ich auf die gedruckten Worte schaue, und ich habe damit diese doch nicht gelesen. – Da könnte ich noch sagen, daß mir die gesprochenen Wörter auch nicht so einfallen, als erinnerte mich, z.B., etwas an sie. Ich möchte z.B. nicht sagen: das Druckwort »nichts« erinnert mich immer an den Laut »nichts«. – Sondern die gesprochenen Wörter schlüpfen beim Lesen gleichsam herein. Ja, ich kann ein deutsches gedrucktes Wort gar nicht ansehen, ohne einen eigentümlichen Vorgang des Innern Hörens des Wortklangs. | |||
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Die Grammatik des Ausdrucks: »Eine ganz bestimmte« (Atmosphäre). | |||
Man sagt »Dieses Gesicht hat einen ganz ''bestimmten'' Ausdruck«, und sucht etwa nach Worten, die ihn charakterisieren. | |||
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'''166'''. Ich sagte, die gesprochenen Worte beim Lesen kämen ›in besonderer Weise‹; aber in welcher Weise? Ist dies nicht eine Fiktion? Sehen wir uns einzelne Buchstaben an und geben acht, in welcher Weise der Laut des Buchstabens kommt. Lies den Buchstaben A. – Nun, wie kam der Laut? – Wir wissen gar nichts darüber zu sagen. –– Nun schreib ein kleines lateinisches a! – Wie kam die Handbewegung beim Schreiben? Anders als der Laut im vorigen Versuch? – Ich habe auf den Druckbuchstaben gesehen und schrieb den Kursivbuchstaben; mehr weiß ich nicht. –– Nun schau auf das Zeichen [[File:Par. 166.png|30px|link=]] und laß dir dabei einen Laut einfallen; sprich ihn aus. Mir fiel der Laut ›U‹ ein; aber ich könnte nicht sagen, es war ein wesentlicher Unterschied in der Art und Weise, wie dieser Laut ''kam''. Der Unterschied lag in der etwas andern Situation: Ich hatte mir vorher gesagt, ich solle mir einen Laut einfallen lassen; es war eine gewisse Spannung da, ehe der Laut kam. Und ich sprach nicht automatisch den Laut ›U‹, wie beim Anblick des Buchstaben U. Auch war mir jenes Zeichen nicht ''vertraut'', wie die Buchstaben. Ich sah es gleichsam gespannt, mit einem gewissen Interesse für seine Form an; ich dachte dabei an ein umgekehrtes Sigma. –– Stell dir vor, du müßtest nun dieses Zeichen regelmäßig als Buchstaben benützen; du gewöhnst dich also daran, bei seinem Anblick einen bestimmten Laut auszusprechen, etwa den Laut ›sch‹. Können wir mehr sagen, als daß nach einiger Zeit dieser Laut automatisch kommt, wenn wir das Zeichen ansehen? D.h.: ich frage mich bei seinem Anblick nicht mehr »Was ist das für ein Buchstabe?« – auch sage ich mir natürlich nicht »Ich will bei diesem Zeichen den Laut ›sch‹ aussprechen« – noch auch »Dieses Zeichen erinnert mich irgendwie an den Laut ›sch‹.« (Vergleiche damit die Idee: das Gedächtnisbild unterscheide sich von andern Vorstellungsbildern durch ein besonderes Merkmal.) | |||
'''167'''. Was ist nun an dem Satz, das Lesen sei doch ›ein ganz bestimmter Vorgang‹? Das heißt doch wohl, beim Lesen finde immer ''ein'' bestimmter Vorgang statt, den wir wiedererkennen. – Aber wenn ich nun einmal einen Satz im Druck lese und ein andermal nach Morsezeichen schreibe, – findet hier wirklich der gleiche seelische Vorgang statt? –– Dahingegen ist aber freilich eine Gleichförmigkeit in dem Erlebnis des Lesens einer Druckseite. Denn der Vorgang ist ja ein gleichförmiger. Und es ist ja leicht verständlich, daß sich dieser Vorgang unterscheidet von dem etwa, sich Wörter beim Anblick beliebiger Striche einfallen zu lassen. – Denn schon der bloße Anblick einer gedruckten Zeile ist ja ungemein charakteristisch, d.h., ein ganz spezielles Bild: Die Buchstaben alle von ungefähr der gleichen Größe, auch der Gestalt nach[1] verwandt, immer wiederkehrend; die Wörter, die zum großen Teil sich ständig wiederholen und uns unendlich wohlvertraut sind, ganz wie wohlvertraute Gesichter. – Denke an das Unbehagen, das wir empfinden, wenn die Rechtschreibung eines Wortes geändert wird. (Und an die noch tieferen Gefühle, die Fragen der Schreibung von Wörtern aufgeregt haben.) Freilich, nicht jede Zeichenform hat sich uns ''tief'' eingeprägt. Ein Zeichen z. B. in der Algebra der Logik kann durch ein beliebiges anderes ersetzt werden, ohne daß tiefe Gefühle in uns aufgeregt würden. – | |||
Bedenke, daß das gesehene Wortbild uns in ähnlichem Grade vertraut ist wie das gehörte. | |||
'''168'''. Auch gleitet der Blick anders über die gedruckte Zeile als über eine Reihe beliebiger Haken und Schnörkel. (Ich rede hier aber nicht von dem, was durch Beobachtung der Augenbewegung des Lesenden festgestellt werden kann.) Der Blick gleitet, möchte man sagen, besonders widerstandslos, ohne hängen zu bleiben; und doch ''rutscht'' er nicht. Und dabei geht ein unwillkürliches Sprechen in der Vorstellung vor sich. Und so verhält es sich, wenn ich Deutsch und andere Sprachen lese; gedruckt oder geschrieben, und in verschiedenen Schriftformen. – Was aber von dem allen ist für das Lesen als solches wesentlich? Nicht ein Zug, der in allen Fällen des Lesens vorkäme! (Vergleiche mit dem Vorgang beim Lesen der gewöhnlichen Druckschrift das Lesen von Worten, die ganz in Großbuchstaben gedruckt sind, wie manchmal die Auflösung von Rätseln. Welch anderer Vorgang! – Oder das Lesen unserer Schrift von rechts nach links.) | |||
'''169'''. Aber empfinden wir nicht, wenn wir lesen, eine Art Verursachung unseres Sprechens durch die Wortbilder? –– Lies einen Satz! – und nun schau der Reihe ### | |||
&8§≠ §≠?ß +% 8!’§* | |||
entlang und sprich dabei einen Satz. Ist es nicht fühlbar, daß im ersten Fall das Sprechen mit dem Anblick der Zeichen ''verbunden'' war und im zweiten ohne Verbindung neben dem Sehen der Zeichen herläuft? | |||
Aber warum sagst du, wir fühlten eine Verursachung? Verursachung ist doch das, was wir durch Experimente feststellen; indem wir, z.B., das regelmäßige Zusammentreffen von Vorgängen beobachten. Wie könnte ich denn sagen, daß ich das, was so durch Versuche festgestellt wird, ''fühle?'' (Es ist wohl wahr, daß wir Verursachung nicht nur durch die Beobachtung eines regelmäßigen Zusammentreffens feststellen.) Eher noch könnte man sagen, ich fühle, daß die Buchstaben der ''Grund'' sind, warum ich so und so lese. Denn, wenn mich jemand fragt: »Warum liest du so?« – so begründe ich es durch die Buchstaben, welche da stehen. | |||
Aber was soll es heißen, diese Begründung, die ich ausgesprochen, gedacht, habe, zu ''fühlen?'' Ich möchte sagen: Ich fühle beim Lesen einen gewissen ''Einfluß'' der Buchstaben auf mich –– aber nicht einen Einfluß jener Reihe beliebiger Schnörkel auf das, was ich rede. – Vergleichen wir wieder einen einzelnen Buchstaben mit einem solchen Schnörkel! Würde ich auch sagen, ich fühle den Einfluß von »i«, wenn ich diesen Buchstaben lese? Es ist natürlich ein Unterschied, ob ich beim Anblicken von »i« den i-Laut sage, oder beim Anblick von »§«. Der Unterschied ist etwa, daß beim Anblick des Buchstabens das innere Hören des i-Lauts automatisch, ja gegen meinen Willen, vor sich geht; und wenn ich den Buchstaben laut lese, sein Aussprechen anstrengungsloser ist als beim Anblick von »§«. Das heißt – es verhält sich so, wenn ich den ''Versuch'' mache; aber natürlich nicht, wenn ich, zufällig auf das Zeichen »§« blickend, etwa ein Wort ausspreche, in welchem der i-Laut vorkommt. | |||
'''170'''. Wir wären ja nie auf den Gedanken gekommen, wir ''fühlten den Einfluß'' der Buchstaben auf uns beim Lesen, wenn wir nicht den Fall der Buchstaben mit dem beliebiger Striche verglichen hätten. Und hier merken wir allerdings einen ''Unterschied''. Und diesen Unterschied deuten wir als Einfluß, und Fehlen des Einflusses. | |||
Und zwar sind wir zu dieser Deutung dann besonders geneigt, wenn wir absichtlich langsam lesen, – etwa um zu sehen, was denn beim Lesen geschieht. Wenn wir uns sozusagen recht absichtlich von den Buchstaben ''führen'' lassen. Aber dieses ›mich führen lassen‹ besteht wieder nur darin, daß ich mir die Buchstaben gut anschaue, – etwa, gewisse andere Gedanken ausschalte. | |||
Wir bilden uns ein, wir nähmen durch ein Gefühl, quasi, einen verbindenden Mechanismus wahr zwischen dem Wortbild und dem Laut, den wir sprechen. Denn wenn ich vom Erlebnis des Einflusses, der Verursachung, des Geführtwerdens rede, so soll das ja heißen, daß ich sozusagen die Bewegung der Hebel fühle, die den Anblick der Buchstaben mit dem Sprechen verbinden. | |||
'''171'''. Ich hätte mein Erlebnis beim Lesen eines Wortes auf verschiedene Weise treffend durch Worte ausdrücken können. So könnte ich sagen, daß das Geschriebene mir die Laute ''eingebe''. – Aber auch dies, daß Buchstabe und Laut beim Lesen eine ''Einheit'' bilden – gleichsam eine Legierung. (Eine ähnliche Verschmelzung gibt es z.B. zwischen den Gesichtern berühmter Männer und dem Klang ihrer Namen. Es kommt uns vor, dieser Name sei der einzig richtige Ausdruck für dieses Gesicht.) Wenn ich diese Einheit fühle, könnte ich sagen: ich sehe, oder höre den Laut in dem geschriebenen Wort. – | |||
Aber jetzt lies einmal ein paar Sätze im Druck, so wie du’s gewöhnlich tust, wenn du nicht an den Begriff des Lesens denkst; und frage dich, ob du beim Lesen solche Erlebnisse der Einheit, des Einflusses, etc. gehabt hast. – Sag nicht, du habest sie unbewußt gehabt! Auch lassen wir uns nicht durch das Bild verleiten, ›beim nähern Hinsehen‹ zeigten sich diese Erscheinungen! Wenn ich beschreiben soll, wie ein Gegenstand aus der Ferne ausschaut, so wird diese Beschreibung nicht genauer dadurch, daß ich sage, was bei näherem Hinsehen an ihm zu bemerken ist. | |||
'''172'''. Denken wir an das Erlebnis des Geführtwerdens! Fragen wir uns: Worin besteht dieses Erlebnis, wenn wir z.B. einen ''Weg'' geführt würden? – Stelle dir diese Fälle vor: | |||
Du bist auf einem Spielplatz, etwa mit verbundenen Augen, und wirst von jemandem an der Hand geleitet, bald links, bald rechts; du mußt immer des Zuges seiner Hand gewärtig sein, auch achtgeben, daß du bei einem unerwarteten Zug nicht stolperst. | |||
Oder aber: du wirst von jemandem an der Hand mit Gewalt geführt, wohin du nicht willst. | |||
Oder: du wirst im Tanz von einem Partner geführt; du machst dich so rezeptiv wie möglich, um seine Absicht zu erraten und dem leisesten Drucke zu folgen. | |||
Oder: jemand führt dich einen Spazierweg; ihr geht im Gespräch; wo immer er geht, gehst du auch. | |||
Oder: du gehst einen Feldweg entlang, läßt dich von ihm führen. | |||
Alle diese Situationen sind einander ähnlich; aber was ist allen den Erlebnissen gemeinsam? | |||
'''173'''. »Aber Geführtwerden ist doch ein bestimmtes Erlebnis!« – Die Antwort darauf ist: Du ''denkst'' jetzt an ein bestimmtes Erlebnis des Geführtwerdens. | |||
Wenn ich mir das Erlebnis desjenigen vergegenwärtigen will, der in einem der früheren Beispiele durch den gedruckten Text und die Tabelle beim Schreiben geführt wird, so stelle ich mir das ›gewissenhafte‹ Nachsehen, etc., vor. Ich nehme dabei sogar einen bestimmten Gesichtsausdruck an (den z.B. eines gewissenhaften Buchhalters). An diesem Bild ist z.B. die ''Sorgfalt'' sehr wesentlich; an einem andern wieder das Ausschalten jedes eigenen Willens. (Denke dir aber, daß jemand Dinge, die der gewöhnliche Mensch mit den Zeichen der Unachtsamkeit tut, mit dem Ausdruck – und warum nicht mit den Empfindungen? – der Sorgfalt begleitet. – Ist er nun sorgfältig? Stell dir etwa vor, der Diener lasse das Teebrett mit allem was darauf ist, mit den äußeren Zeichen der Sorgfalt, zu Boden fallen.) Vergegenwärtige ich mir so ein bestimmtes Erlebnis, so erscheint es mir als ''das'' Erlebnis des Geführtwerdens (oder Lesens). Nun aber frage ich mich: Was tust du? – Du schaust auf jedes Zeichen, du machst dieses Gesicht dazu, du schreibst die Buchstaben mit Bedacht (u. dergl.). – Das ist also das Erlebnis des Geführtwerdens? –– Da möchte ich sagen: »Nein, das ist es nicht: es ist etwas Innerlicheres, Wesentlicheres.« – Es ist, als ob zuerst all diese mehr oder weniger unwesentlichen Vorgänge in eine bestimmte Atmosphäre gekleidet wären, die sich nun verflüchtigt, wenn ich genau hinschaue. | |||
'''174'''. Frage dich, wie du ›''mit Bedacht''‹ eine Strecke parallel zu einer gegebenen Strecke ziehst, – ein andermal mit Bedacht in einem Winkel zu ihr. Was ist das Erlebnis des Bedachts? Da fällt dir gleich eine bestimmte Miene, eine Gebärde ein, – und dann möchtest du sagen: »und es ist eben ein ''bestimmtes'' inneres Erlebnis«. (Womit du natürlich gar nichts mehr gesagt hast.) | |||
(Es ist da ein Zusammenhang mit der Frage nach dem Wesen der Absicht, des Willens.) | |||
'''175'''. Mach einen beliebigen Fahrer auf dem Papier. –– Und nun zeichne ihn daneben nach, laß dich von ihm führen. –– Ich möchte sagen: »Gewiß! ich habe mich jetzt führen lassen. Aber was dabei Charakteristisches geschehen ist? – Wenn ich sage, was geschehen ist, so kommt es mir nicht mehr charakteristisch vor.« | |||
Aber nun merke dies: ''Während'' ich mich führen lasse, ist alles ganz einfach, ich merke nichts ''besonderes''; aber danach, wenn ich mich frage, was damals geschehen ist, so scheint es etwas Unbeschreibbares gewesen zu sein. ''Danach'' genügt mir keine Beschreibung. Ich kann, sozusagen, nicht glauben, daß ich bloß hingeschaut, dieses Gesicht gemacht, den Strich gezogen habe. – Aber ''erinnere'' ich mich denn an etwas anderes? Nein; und doch kommt mir vor, als müsse etwas anderes gewesen sein; und zwar dann, wenn ich mir dabei das Wort »''führen''«, »''Einfluß''« und derlei, vorsage. »Denn ich bin doch ''geführt'' worden«, sage ich mir. – Dann erst tritt die Idee jenes ätherischen, ungreifbaren Einflusses auf. | |||
'''176'''. Ich habe, wenn ich nachträglich an das Erlebnis denke, das Gefühl, daß das Wesentliche an ihm ein ›Erlebnis eines Einflusses‹, einer Verbindung, ist – im Gegensatz zu irgendeiner bloßen Gleichzeitigkeit von Phänomenen: Zugleich aber möchte ich kein erlebtes Phänomen »Erlebnis des Einflusses« nennen. (Hier liegt die Idee: der Wille ist keine ''Erscheinung''.) Ich möchte sagen, ich hätte das ›''Weil''‹ erlebt; und doch will ich keine Erscheinung »Erlebnis des Weil« nennen. | |||
'''177'''. Ich möchte sagen: »Ich erlebe das Weil«. Aber nicht, weil ich mich an dieses Erlebnis erinnere; sondern, weil ich beim Nachdenken darüber, was ich in so einem Fall erlebe, dies durch das Medium des Begriffes ›weil‹ (oder ›Einfluß‹, oder ›Ursache‹, oder ›Verbindung‹) anschaue. – Denn es ist freilich richtig, zu sagen, ich habe diese Linie unter dem Einfluß der Vorlage gezogen: dies liegt aber nicht einfach in dem, was ich beim Ziehen der Linie empfinde – sondern, unter Umständen, z.B. darin, daß ich sie zu der andern parallel ziehe; obwohl auch das wieder für das Geführtwerden nicht allgemein wesentlich ist. – | |||
'''178'''. Wir sagen auch: »Du ''siehst'' ja, daß ich mich von ihr führen lasse« – und was sieht der, der das sieht? | |||
Wenn ich zu mir selbst sage: »Ich werde doch geführt« – so mache ich etwa eine Handbewegung dazu, die das Führen ausdrückt. – Mach eine solche Handbewegung, gleichsam als leitetest du jemand entlang, und frage dich dann, worin ''das Führende'' dieser Bewegung besteht. Denn du hast hier ja niemand geführt. Und doch möchtest du die Bewegung eine ›führende‹ nennen. Also war in dieser Bewegung, und Empfindung, nicht das Wesen des Führens enthalten und doch drängte es dich, diese Bezeichnung zu gebrauchen. Es ist eben ''eine Erscheinungsform'' des Führens, die uns diesen Ausdruck aufdrängt. | |||
'''179'''. Kehren wir zu unserm Fall (151) zurück. Es ist klar: wir würden nicht sagen, B habe ein Recht, die Worte »Jetzt weiß ich weiter« zu sagen, weil ihm die Formel eingefallen ist, – wenn nicht erfahrungsmäßig ein Zusammenhang bestünde zwischen dem Einfallen – Aussprechen, Anschreiben – der Formel und dem tatsächlichen Fortsetzen der Reihe. Und so ein Zusammenhang besteht ja offenbar. – Und nun könnte man meinen, der Satz »Ich kann fortsetzen« sage soviel wie: »Ich habe ein Erlebnis, welches erfahrungsgemäß zum Fortsetzen der Reihe führt«. Aber meint das B, wenn er sagt, er könne fortsetzen? Schwebt ihm jener Satz dabei im Geiste vor, oder ist er bereit, ihn als Erklärung dessen, was er meint, zu geben? | |||
Nein. Die Worte »Jetzt weiß ich weiter« waren richtig angewandt, wenn ihm die Formel eingefallen war: nämlich unter gewissen Umständen. Z.B., wenn er Algebra gelernt, solche Formeln schon früher benützt hatte. – Das heißt aber nicht, jene Aussage sei nur eine Abkürzung für die Beschreibung sämtlicher Umstände, die den Schauplatz unseres Sprachspiels bilden. – Denke daran, wie wir jene Ausdrücke, »jetzt weiß ich weiter«, »jetzt kann ich fortsetzen«, u.a., gebrauchen lernen; in welcher Familie von Sprachspielen wir ihren Gebrauch lernen. | |||
Wir können uns auch den Fall vorstellen, daß im Geist des B gar nichts anderes vorfiel, als daß er plötzlich sagte »Jetzt weiß ich weiter« – etwa mit einem Gefühl der Erleichterung; und daß er nun die Reihe tatsächlich fortrechnet, ohne die Formel zu benützen. Und auch in diesem Fall würden wir – unter gewissen Umständen – sagen, er habe weiter gewußt. | |||
'''180'''. ''So werden diese Worte gebraucht''. Es wäre in diesem letzteren Fall z.B. ganz irreleitend, die Worte eine »Beschreibung eines seelischen Zustandes« zu nennen. – Eher könne man sie hier ein »Signal« nennen; und ob es richtig angewendet war, beurteilen wir nach dem, was er weiter tut. | |||
'''181'''. Um dies zu verstehen, müssen wir uns auch folgendes überlegen: Angenommen, B sagt, er wisse weiter – wenn er aber nun fortsetzen will, stockt er und kann es nicht: Sollen wir dann sagen, er habe mit Unrecht gesagt, er könne fortsetzen, oder aber: er hätte damals fortsetzen können, nur jetzt könne er es nicht? – Es ist klar, daß wir in verschiedenen Fällen Verschiedenes sagen werden. (Überlege dir beide Arten von Fällen.) | |||
'''182'''. Die Grammatik von »passen«, »können« und »verstehen«. Aufgaben: 1) Wann sagt man, ein Zylinder Z passe in einen Hohlzylinder H? Nur solange Z in H steckt? 2) Man sagt manchmal: Z hat um die und die Zeit aufgehört, in H zu passen. Welche Kriterien verwendet man in so einem Fall dafür, daß es um diese Zeit geschah? 3) Was betrachtet man als Kriterien dafür, daß ein Körper sein Gewicht um eine bestimmte Zeit geändert hat, wenn er damals nicht auf der Waage lag? 4) Gestern wußte ich das Gedicht auswendig; heute weiß ich’s nicht mehr. In was für Fällen hat die Frage Sinn: »Wann habe ich aufgehört, es auswendig zu wissen«? 5) Jemand fragt mich: »Kannst du dieses Gewicht heben?« Ich antworte »Ja«. Nun sagt er »Tu’s!« – da kann ich es nicht. Unter was für Umständen würde man die Rechtfertigung gelten lassen: »Als ich antwortete ›Ja‹, da ''konnte'' ich’s, nur jetzt kann ich’s nicht«? Die Kriterien, die wir für das ›Passen‹, ›Können‹, ›Verstehen‹ gelten lassen, sind viel kompliziertere, als es auf den ersten Blick scheinen möchte. D.h., das Spiel mit diesen Worten, ihre Verwendung im sprachlichen Verkehr, dessen Mittel sie sind, ist verwickelter – die Rolle dieser Wörter in unsrer Sprache eine andere, als wir versucht sind, zu glauben. | |||
(Diese Rolle ist es, die wir verstehen müssen, um philosophische Paradoxe aufzulösen. Und darum genügt dazu gewöhnlich nicht eine Definition; und schon erst recht nicht die Feststellung, ein Wort sei ›undefinierbar‹.) | |||
'''183'''. Wie aber, – hat nun der Satz »Jetzt kann ich fortsetzen« im Fall (151) das Gleiche geheißen, wie »Jetzt ist mir die Formel eingefallen«, oder etwas anderes? Wir können sagen, daß dieser Satz, unter diesen Umständen, den gleichen Sinn habe (das Gleiche leiste) wie jener. Aber auch, daß, ''allgemein'', diese beiden Sätze nicht den gleichen Sinn haben. Wir sagen auch: »Jetzt kann ich fortsetzen, ich meine, ich weiß die Formel«; wie wir sagen: »Ich kann gehen, d.h., ich habe Zeit«; aber auch: »Ich kann gehen, d.h., ich bin schon stark genug«; oder: »Ich kann gehen, was den Zustand meines Beins anbelangt«, wenn wir nämlich ''diese'' Bedingung des Gehens andern Bedingungen entgegensetzen. Hier müssen wir uns aber hüten, zu glauben, es gebe, entsprechend der Natur des Falles, eine ''Gesamtheit'' aller Bedingungen (z.B. dafür daß Einer geht), so daß er, sozusagen, nicht anders als gehen ''könnte'', wenn sie alle erfüllt sind. | |||
'''184'''. Ich will mich an eine Melodie erinnern und sie fällt mir nicht ein; plötzlich sage ich »Jetzt weiß ich’s!«, und singe sie. Wie war es, als ich sie plötzlich wußte? Sie konnte mir doch nicht in diesem Moment ''ganz'' eingefallen sein! – Du sagst vielleicht: »Es ist ein bestimmtes Gefühl, als wäre sie jetzt ''da''« – aber ''ist'' sie jetzt da? Wie, wenn ich nun anfange, sie zu singen und stecken bleibe? –– Ja aber konnte ich nicht doch in diesem Moment ''sicher'' sein, daß ich sie wüßte? Sie war also eben doch in irgendeinem Sinne ''da''! –– Aber in welchem Sinne? Du sagst wohl, die Melodie sei da, wenn er sie etwa durchsingt, oder von Anfang zu Ende vor dem Innern Ohr hört. Ich leugne natürlich nicht, daß der Aussage, die Melodie sei da, auch ein ganz anderer Sinn gegeben werden kann – z.B. der, ich hätte einen Zettel, auf dem sie aufgeschrieben steht. – Und worin besteht es denn, daß er ›sicher‹ ist, er wisse sie? – Man kann natürlich sagen: Wenn jemand mit Überzeugung sagt, jetzt wisse er die Melodie, so steht sie in diesem Augenblick (irgendwie) ganz vor seinem Geist –– und dies ist eine Erklärung der Worte: »die Melodie steht ganz vor seinem Geist«. | |||
'''185'''. Gehen wir nun zu unserm Beispiel (143) zurück. Der Schüler beherrscht jetzt – nach den gewöhnlichen Kriterien beurteilt – die Grundzahlenreihe. Wir lehren ihn, nun auch andere Reihen von Kardinalzahlen anschreiben und bringen ihn dahin, daß er z.B. auf Befehle von der Form »+ n« Reihen der Form ### | |||
0, ''n'', 2''n'', 3''n'', etc. | |||
anschreibt; auf den Befehl »+1« also die Grundzahlenreihe. – Wir hätten unsre Übungen und Stichproben seines Verständnisses im Zahlenraum bis 1000 gemacht. | |||
Wir lassen nun den Schüler einmal eine Reihe (etwa »+2«) über 1000 hinaus fortsetzen, – da schreibt er: 1000, 1004, 1008, 1012. | |||
Wir sagen ihm: »Schau, was du machst!« – Er versteht uns nicht. Wir sagen: »Du solltest doch ''zwei'' addieren; schau, wie du die Reihe begonnen hast!« – Er antwortet: »Ja! Ist es denn nicht richtig? Ich dachte, so ''soll'' ich’s machen.« –– Oder nimm an, er sagte, auf die Reihe weisend: »Ich bin doch auf die gleiche Weise fortgefahren!« – Es würde uns nun nichts nützen, zu sagen »Aber siehst du denn nicht…?« – und ihm die alten Erklärungen und Beispiele zu wiederholen. – Wir könnten in so einem Falle etwa sagen: Dieser Mensch versteht von Natur aus jenen Befehl, auf unsre Erklärungen hin, so, wie ''wir'' den Befehl: »Addiere bis 1000 immer 2, bis 2000 4, bis 3000 6, etc.«. Dieser Fall hätte Ähnlichkeit mit dem, als reagierte ein Mensch auf eine zeigende Gebärde der Hand von Natur damit, daß er in der Richtung von der Fingerspitze zur Handwurzel blickt, statt in der Richtung zur Fingerspitze. | |||
'''186'''. »Was du sagst, läuft also darauf hinaus, es sei zum richtigen Befolgen des Befehls ›+n‹ auf jeder Stufe eine neue Einsicht – Intuition – nötig.« – Zur richtigen Befolgung! Wie wird denn entschieden, welches an einem bestimmten Punkt der richtige Schritt ist? – »Der richtige Schritt ist der, welcher mit dem Befehl – wie er ''gemeint'' war – übereinstimmt.« – Du hast also zur Zeit, als du den Befehl »+2« gabst, gemeint, er solle auf 1000 1002 schreiben – und hast du damals auch gemeint, er solle auf 1866 1868 schreiben, und auf 100054 100036, usf. – eine unendliche Anzahl solcher Sätze? – »Nein; ich habe gemeint, er solle nach ''jeder'' Zahl, die er schreibt, die zweitnächste schreiben; und daraus folgen ihres Orts alle jene Sätze.« – Aber es ist ja gerade die Frage, was, an irgendeinem Ort, aus jenem Satz folgt. Oder auch – was wir an irgendeinem Ort »Übereinstimmung« mit jenem Satz nennen sollen (und auch mit der ''Meinung'', die du damals dem Satz gegeben hast, – worin immer diese bestanden haben mag). Richtiger, als zu sagen, es sei an jedem Punkt eine Intuition nötig, wäre beinah, zu sagen: es sei an jedem Punkt eine neue Entscheidung nötig. | |||
'''187'''. »Ich habe aber doch auch damals, als ich den Befehl gab, schon gewußt, daß er auf 1000 1002 schreiben soll!« – Gewiß; und du kannst sogar sagen, du habest es damals ''gemeint''; nur sollst du dich nicht von der Grammatik der Wörter »wissen« und »meinen« irreführen lassen. Denn du meinst ja nicht, daß du damals an den Übergang von 1000 auf 1002 gedacht hast – und wenn auch an diesen Übergang, so doch an andre nicht. Dein »Ich habe damals schon gewußt…« heißt etwa: »Hätte man mich damals gefragt, welche Zahl er nach 1000 schreiben soll, so hätte ich geantwortet ›1002‹.« Und daran zweifle ich nicht. Es ist das eine Annahme etwa von der Art dieser: »Wenn er damals ins Wasser gefallen wäre, so wäre ich ihm nachgesprungen.« – Worin lag nun das Irrige deiner Idee? | |||
'''188'''. Da möchte ich zuerst sagen: Deine Idee sei die gewesen, jenes Meinen des Befehls habe auf seine Weise alle jene Übergänge doch schon gemacht: deine Seele fliege beim Meinen, gleichsam, voraus und mache alle Übergänge, ehe du körperlich bei dem oder jenem angelangt bist. | |||
Du warst also zu Ausdrücken geneigt, wie: »Die Übergänge sind ''eigentlich'' schon gemacht; auch ehe ich sie schriftlich, mündlich, oder in Gedanken mache.« Und es schien, als wären sie in einer ''einzigartigen'' Weise vorausbestimmt, antizipiert – wie nur das Meinen die Wirklichkeit antizipieren könne. | |||
'''189'''. »Aber sind die Übergänge also durch die algebraische Formel ''nicht'' bestimmt?« – In der Frage liegt ein Fehler. | |||
Wir verwenden den Ausdruck: »die Übergänge sind durch die Formel … bestimmt«. ''Wie'' wird er verwendet? – Wir können etwa davon reden, daß Menschen durch Erziehung (Abrichtung) dahin gebracht werden, die Formel y = x² so zu verwenden, daß Alle, wenn sie die gleiche Zahl für x einsetzen, immer die gleiche Zahl für y herausrechnen. Oder wir können sagen: »Diese Menschen sind so abgerichtet, daß sie alle auf den Befehl ›+3‹ auf der gleichen Stufe den gleichen Übergang machen. Wir könnten dies so ausdrücken: Der Befehl ›+3‹ bestimmt für diese Menschen jeden Übergang von einer Zahl zur nächsten völlig.« (Im Gegensatz zu andern Menschen, die auf diesen Befehl nicht wissen, was sie zu tun haben; oder die zwar mit völliger Sicherheit, aber ein jeder in anderer Weise, auf ihn reagieren.) | |||
Wir können anderseits verschiedene Arten von Formeln, und zu ihnen gehörige verschiedene Arten der Verwendung (verschiedene Arten der Abrichtung) einander entgegensetzen. Wir ''nennen'' dann Formeln einer bestimmten Art (und der dazugehörigen Verwendungsweise) »Formeln, welche eine Zahl y für ein gegebenes x bestimmen«, und Formeln anderer Art solche, »die die Zahl y für ein gegebenes x nicht bestimmen«. (y = x² wäre von der ersten Art, y ≠ x² von der zweiten.) Der Satz »Die Formel … bestimmt eine Zahl y« ist dann eine Aussage über die Form der Formel – und es ist nun zu unterscheiden ein Satz wie dieser: »Die Formel, die ich hingeschrieben habe, bestimmt y« oder »Hier steht eine Formel, die y bestimmt« – von einem Satz der Art: »Die Formel y = x² bestimmt die Zahl y für ein gegebenes x«. Die Frage »Steht dort eine Formel, die y bestimmt?« heißt dann dasselbe wie: »Steht dort eine Formel dieser Art, oder jener Art?« – was wir aber mit der Frage anfangen sollen »Ist y = x² eine Formel, die y für ein gegebenes x bestimmt?« ist nicht ohne weiteres klar. Diese Frage könnte man etwa an einen Schüler richten, um zu prüfen, ob er die Verwendung des Wortes »bestimmen« versteht; oder es könnte eine mathematische Aufgabe sein, in einem bestimmten System zu beweisen, daß x nur ein Quadrat besitzt. | |||
'''190'''. Man kann nun sagen: »Wie die Formel gemeint wird, das bestimmt, welche Übergänge zu machen sind.« Was ist das Kriterium dafür, wie die Formel gemeint ist? Etwa die Art und Weise, wie wir sie ständig gebrauchen, wie uns gelehrt wurde, sie zu gebrauchen. | |||
Wir sagen z.B. Einem, der ein uns unbekanntes Zeichen gebraucht: »Wenn du mit ›x!2‹ meinst x2, so erhältst du ''diesen'' Wert für y, wenn du 2x damit meinst, ''jenen''.« – Frage dich nun: Wie macht man es, mit »x!2« das eine, oder das andere ''meinen''?### | |||
''So'' kann also das Meinen die Übergänge zum Voraus bestimmen. | |||
'''191'''. »Es ist, als könnten wir die ganze Verwendung des Wortes mit einem Schlage erfassen.« – Wie ''was'' z. B.? – ''Kann'' man sie nicht – in gewissem Sinne – mit einem Schlag erfassen? Und in ''welchem'' Sinne kannst du dies nicht? – Es ist eben, als könnten wir sie in einem noch viel direkteren Sinne ›mit einem Schlag erfassen‹. – Aber hast du dafür ein Vorbild? Nein. Es bietet sich uns nur diese Ausdrucksweise an. Als das Resultat sich kreuzender Bilder. | |||
'''192'''. Du hast kein Vorbild dieser übermäßigen Tatsache, aber du wirst dazu verführt, einen Über-Ausdruck zu gebrauchen. (Man könnte das einen philosophischen Superlativ nennen.) | |||
'''193'''. Die Maschine als Symbol ihrer Wirkungsweise: Die Maschine – könnte ich zuerst sagen – scheint ihre Wirkungsweise schon in sich zu haben. Was heißt das? – Indem wir die Maschine kennen, scheint alles Übrige, nämlich die Bewegungen, welche sie machen wird, schon ganz bestimmt zu sein. | |||
Wir reden so, als könnten sich diese Teile nur so bewegen, als könnten sie nichts anderes tun. Wie ist es – vergessen wir also die Möglichkeit, daß sie sich biegen, abbrechen, schmelzen, etc.? Ja; wir denken in vielen Fällen gar nicht daran. Wir gebrauchen eine Maschine, oder das Bild einer Maschine, als Symbol für eine bestimmte Wirkungsweise. Wir teilen z.B. Einem dieses Bild mit und setzen voraus, daß er die Erscheinungen der Bewegung der Teile aus ihm ableitet. (So wie wir jemand eine Zahl mitteilen können, indem wir sagen, sie sei die fünfundzwanzigste der Reihe 1, 4, 9, 16, …) | |||
»Die Maschine scheint ihre Wirkungsweise schon in sich zu haben« heißt: wir sind geneigt, die künftigen Bewegungen der Maschine in ihrer Bestimmtheit mit Gegenständen zu vergleichen, die schon in einer Lade liegen und nun von uns herausgeholt werden. –– So aber reden wir nicht, wenn es sich darum handelt, das wirkliche Verhalten einer Maschine vorauszusagen. Da vergessen wir, im allgemeinen, nicht die Möglichkeit der Deformation der Teile, etc. –– Wohl aber, wenn wir uns darüber wundern, wie wir denn die Maschine als Symbol einer Bewegungsweise verwenden können, – da sie sich doch auch ganz ''anders'' bewegen kann. | |||
Wir könnten sagen, die Maschine, oder ihr Bild, sei der Anfang einer Reihe von Bildern, die wir aus diesem Bild abzuleiten gelernt haben. | |||
Wenn wir aber bedenken, daß sich die Maschine auch anders hätte bewegen können, so kann es nun scheinen, als müßte in der Maschine, als Symbol, ihre Bewegungsart noch viel bestimmter enthalten sein als in der wirklichen Maschine. Es genüge da nicht, daß dies die erfahrungsmäßig vorausbestimmten Bewegungen seien, sondern sie müßten eigentlich – in einem mysteriösen Sinne – bereits ''gegenwärtig'' sein. Und es ist ja wahr: die Bewegung des Maschinensymbols ist in anderer Weise vorausbestimmt als die einer gegebenen wirklichen Maschine. | |||
'''194'''. Wann denkt man denn: die Maschine habe ihre möglichen Bewegungen schon in irgendeiner mysteriösen Weise in sich? – Nun, wenn man philosophiert. Und was verleitet uns, das zu denken? Die Art und Weise, wie wir von der Maschine reden. Wir sagen z.B., die Maschine ''habe'' (besäße) diese Bewegungsmöglichkeiten; wir sprechen von der ideal starren Maschine, die sich nur so und so bewegen ''könne''. – Die Bewegungs''möglichkeit'', was ist sie? Sie ist nicht die ''Bewegung''; aber sie scheint auch nicht die bloße physikalische Bedingung der Bewegung zu sein – etwa, daß zwischen Lager und Zapfen ein Spielraum ist, der Zapfen nicht zu streng ins Lager paßt. Denn dies ist zwar erfahrungsmäßig die Bedingung der Bewegung, aber man könnte sich die Sache auch anders vorstellen. Die Bewegungsmöglichkeit soll eher wie ein Schatten der Bewegung selber sein. Aber kennst du so einen Schatten? Und unter Schatten verstehe ich nicht irgendein Bild der Bewegung, – denn dies Bild müßte ja nicht das Bild gerade ''dieser'' Bewegung sein. Aber die Möglichkeit dieser Bewegung muß die Möglichkeit gerade dieser Bewegung sein. (Sieh, wie hoch die Wellen der Sprache hier gehen!) | |||
Die Wellen legen sich, sowie wir uns fragen: Wie gebrauchen wir denn, wenn wir von einer Maschine reden, das Wort »Möglichkeit der Bewegung«? –– Woher kamen aber dann die seltsamen Ideen? Nun, ich zeige dir die Möglichkeit der Bewegung, etwa durch ein ''Bild'' der Bewegung: ›also ist die Möglichkeit etwas der Wirklichkeit Ähnliches‹. Wir sagen: »es bewegt sich noch nicht, aber es hat schon die Möglichkeit, sich zu bewegen« –– ›also ist die Möglichkeit etwas der Wirklichkeit sehr Nahes‹. Wir mögen zwar bezweifeln, ob die und die physikalische Bedingung diese Bewegung möglich macht, aber wir diskutieren nie, ob ''dies'' die Möglichkeit dieser oder jener Bewegung sei: ›also steht die Möglichkeit der Bewegung zur Bewegung selbst in einer einzigartigen Relation; enger als die des Bildes zu seinem Gegenstand‹; denn es kann bezweifelt werden, ob dies das Bild dieses oder jenes Gegenstandes ist. Wir sagen »Die Erfahrung wird lehren, ob dies dem Zapfen diese Bewegungsmöglichkeit gibt«, aber wir sagen nicht »Die Erfahrung wird lehren, ob dies die Möglichkeit dieser Bewegung ist«; ›also ist es nicht Erfahrungstatsache, daß diese Möglichkeit die Möglichkeit gerade dieser Bewegung ist‹. | |||
Wir achten auf unsere eigene Ausdrucksweise, diese Dinge betreffend, verstehen sie aber nicht, sondern mißdeuten sie. Wir sind, wenn wir philosophieren, wie wilde, primitive Menschen, die die Ausdrucksweise zivilisierter Menschen hören, sie mißdeuten und nun die seltsamsten Schlüsse aus ihrer Deutung ziehen. | |||
'''195'''. »Aber ich meine nicht, daß, was ich jetzt (beim Erfassen) tue, die künftige Verwendung ''kausal'' und erfahrungsmäßig bestimmt, sondern daß, in einer ''seltsamen'' Weise, diese Verwendung selbst in irgendeinem Sinne, gegenwärtig ist.« – Aber ›in ''irgendeinem'' Sinne‹ ist sie es ja! Eigentlich ist an dem, was du sagst, falsch nur der Ausdruck »in seltsamer Weise«. Das Übrige ist richtig; und seltsam erscheint der Satz nur, wenn man sich zu ihm ein anderes Sprachspiel vorstellt als das, worin wir ihn tatsächlich verwenden. (Jemand sagte mir, er habe sich als Kind darüber gewundert, daß der Schneider ›''ein Kleid nähen könne''‹ – er dachte, dies heiße, es werde durch bloßes Nähen ein Kleid erzeugt, indem man Faden an Faden näht.) | |||
'''196'''. Die unverstandene Verwendung des Wortes wird als Ausdruck eines seltsamen ''Vorgangs'' gedeutet. (Wie man sich die Zeit als seltsames Medium, die Seele als seltsames Wesen denkt.) | |||
'''197'''. »Es ist, als könnten wir die ganze Verwendung des Wortes mit einem Schlag erfassen.« – Wir sagen ja, daß wir es tun. D.h., wir beschreiben ja manchmal, was wir tun, mit diesen Worten. Aber es ist an dem, was geschieht, nichts Erstaunliches, nichts Seltsames. Seltsam wird es, wenn wir dazu geführt werden, zu denken, daß die künftige Entwicklung auf irgendeine Weise schon im Akt des Erfassens gegenwärtig sein muß und doch nicht gegenwärtig ist. – Denn wir sagen, es sei kein Zweifel, daß wir dies Wort verstehen, und anderseits liegt seine Bedeutung in seiner Verwendung. Es ist kein Zweifel, daß ich jetzt Schach spielen will; aber das Schachspiel ist dies Spiel durch alle seine Regeln (u. s. f.). Weiß ich also nicht, was ich spielen wollte, ehe ich gespielt ''habe?'' oder aber, sind alle Regeln in meinem Akt der Intention enthalten? Ist es nun Erfahrung, die mich lehrt, daß auf diesen Akt der Intention für gewöhnlich diese Art des Spielens folgt? Kann ich also doch nicht sicher sein, was ich zu tun beabsichtigte? Und wenn dies Unsinn ist, – welcherlei über-starre Verbindung besteht zwischen dem Akt der Absicht und dem Beabsichtigten? –– Wo ist die Verbindung gemacht zwischen dem Sinn der Worte »Spielen wir eine Partie Schach!« und allen Regeln des Spiels? – Nun, im Regelverzeichnis des Spiels, im Schachunterricht, in der täglichen Praxis des Spielens. | |||
'''198'''. »Aber wie kann mich eine Regel lehren, was ich an ''dieser'' Stelle zu tun habe? Was immer ich tue, ist doch durch irgendeine Deutung mit der Regel zu vereinbaren.« – Nein, so sollte es nicht heißen. Sondern so: Jede Deutung hängt, mitsamt dem Gedeuteten, in der Luft; sie kann ihm nicht als Stütze dienen. Die Deutungen allein bestimmen die Bedeutung nicht. | |||
»Also ist, was immer ich tue, mit der Regel vereinbar?« – Laß mich so fragen: Was hat der Ausdruck der Regel – sagen wir, der Wegweiser – mit meinen Handlungen zu tun? Was für eine Verbindung besteht da? – Nun, etwa diese: ich bin zu einem bestimmten Reagieren auf dieses Zeichen abgerichtet worden, und so reagiere ich nun. | |||
Aber damit hast du nur einen kausalen Zusammenhang angegeben, nur erklärt, wie es dazu kam, daß wir uns jetzt nach dem Wegweiser richten; nicht, worin dieses Dem-Zeichen-Folgen eigentlich besteht. Nein; ich habe auch noch angedeutet, daß sich Einer nur insofern nach einem Wegweiser richtet, als es einen ständigen Gebrauch, eine Gepflogenheit, gibt. | |||
'''199'''. Ist, was wir »einer Regel folgen« nennen, etwas, was nur ''ein'' Mensch, nur ''einmal'' im Leben, tun könnte? – Und das ist natürlich eine Anmerkung zur ''Grammatik'' des Ausdrucks »der Regel folgen«. | |||
Es kann nicht ein einziges Mal nur ein Mensch einer Regel gefolgt sein. Es kann nicht ein einziges Mal nur eine Mitteilung gemacht, ein Befehl gegeben, oder verstanden worden sein, etc. – Einer Regel folgen, eine Mitteilung machen, einen Befehl geben, eine Schachpartie spielen sind ''Gepflogenheiten'' (Gebräuche, Institutionen). | |||
Einen Satz verstehen, heißt, eine Sprache verstehen. Eine Sprache verstehen, heißt, eine Technik beherrschen. | |||
'''200'''. Es ist natürlich denkbar, daß in einem Volke, das Spiele nicht kennt, zwei Leute sich an ein Schachbrett setzen und die Züge einer Schachpartie ausführen; ja auch mit allen seelischen Begleiterscheinungen. Und sähen ''wir'' dies, so würden wir sagen, sie spielten Schach. Aber nun denk dir eine Schachpartie nach gewissen Regeln in eine Reihe von Handlungen übersetzt, die wir nicht gewöhnt sind, mit einem ''Spiel'' zu assoziieren, – etwa ein Ausstoßen von Schreien und Stampfen mit den Füßen. Und jene Beiden sollen nun, statt die uns geläufige Form des Schach zu spielen, schreien und stampfen; und zwar so, daß diese Vorgänge sich nach geeigneten Regeln in eine Schachpartie übersetzen ließen. Wären wir nun noch geneigt, zu sagen, sie spielten ein Spiel; und mit welchem Recht könnte man das sagen? | |||
----[1] “Nah” sarebbe una lezione più verosimile?### |