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657. "Es schmeckt genau wie Zucker". Wie kommt es, daß ich dessen so sicher sein kann?—Und zwar auch, wenn es sich dann als falsch herausstellt. Und was erstaunt mich daran? Daß ich den Begriff Zucker in eine so ''feste'' Verbindung mit der Geschmacksempfindung bringe. Daß ich die Substanz Zucker direkt im Geschmack zu erkennen scheine.
657. "Es schmeckt genau wie Zucker". Wie kommt es, daß ich dessen so sicher sein kann?—Und zwar auch, wenn es sich dann als falsch herausstellt. Und was erstaunt mich daran? Daß ich den Begriff Zucker in eine so ''feste'' Verbindung mit der Geschmacksempfindung bringe. Daß ich die Substanz Zucker direkt im Geschmack zu erkennen scheine.
Aber statt des Ausdrucks "Es schmeckt genau ...." könnte ich ja primitiver "Zuckerl" ausrufen. Und kann man denn sagen, bei dem Wort 'schwebe mir die Substanz Zucker vor'? Wie tut sie das?
658. Kann ich sagen, dieser Geschmack brächte gebieterisch den Namen "Zucker" mit sich; oder aber das Bild eines Stücks Zucker? Keines von beiden scheint richtig. Ja, gebieterisch ist das Verlangen nach dem Begriff 'Zucker' allerdings und zwar ebenso, wie nach dem Begriff 'rot', wenn wir ihn zur Beschreibung des Gesehenen verwenden.
659. Ich erinnere mich, daß Zucker so geschmeckt hat. Es kommt mir das Erlebnis zurück ins Bewußtsein. Aber freilich: wie weiß ich, daß es das frühere Erlebnis ist? Das Gedächtnis hilft mir da nicht mehr. Nein, diese Worte,—das Erlebnis komme zurück ....,—sind nur eine Umschreibung, keine Beschreibung des Erinnerns.
Aber wenn ich sage "Es schmeckt genau wie Zucker", so findet in einem wichtigen Sinne gar kein Erinnern statt. Ich ''begründe'' also mein Urteil oder meinen Ausruf ''nicht''. Wer mich fragt, "Was meinst du mit 'Zucker'?"—dem werde ich allerdings ein Stück Zucker zu zeigen trachten. Und wer fragt "Wie weißt du, daß Zucker so schmeckt", werde ich allerdings antworten "ich habe tausende Male Zucker gegessen"—aber das ist nicht eine Rechtfertigung, die ich mir selbst gebe.
660. "Es schmeckt wie Zucker.” Man erinnert sich genau und mit Sicherheit, wie Zucker schmeckt. Ich sage nicht "Ich glaube, so schmeckt Zucker". Welch merkwürdiges Phänomen! Eben das Phänomen des Gedächtnisses.—Aber ist es richtig, es ein merkwürdiges Phänomen zu nennen?
Es ist ja nichts weniger als merkwürdig. Jene Sicherheit ist ja nicht (um ein Haar) merkwürdiger, als es die Unsicherheit wäre. Was ist denn merkwürdig? Das, daß ich mit Sicherheit sage "Das schmeckt wie Zucker"? oder, daß es dann wirklich Zucker ist? Oder, daß andere dasselbe finden?
Wenn das sichere Erkennen des Zuckers merkwürdig ist, so wäre es also das Nichterkennen weniger.
661. "Welcher seltsame und furchtbare Laut. Ich werde ihn nie vergessen." Und warum sollte man das nicht vom Erinnern sagen können ("Welche seltsame .... Erfahrung ...."), wenn man zum ersten Mal in die Vergangenheit gesehen hat?—
662. Erinnern: ein Sehen in die Vergangenheit. ''Träumen'' könnte man so nennen, wenn es uns Vergangenes vorführt. Nicht aber Erinnern; denn auch wenn es uns Szenen mit halluzinatorischer Klarheit zeigte, so lehrt es uns nun doch erst, daß dies das Vergangene sei.
663. Aber wenn uns nun das Gedächtnis die Vergangenheit zeigt, wie zeigt es uns, daß es die Vergangenheit ist?
Es zeigt uns eben ''nicht'' die Vergangenheit. So wenig, wie unsere Sinne die Gegenwart.
664. Man kann auch nicht sagen, sie teile uns die Vergangenheit mit. Denn selbst, wäre das Gedächtnis eine hörbare Stimme, die zu uns spräche,—wie könnten wir sie verstehen? Sagt sie uns z. B. "Gestern war schönes Wetter", wie kann ich lernen, was "gestern" bedeutet?
665. Ich führe mir selbst nur ''so'' etwas vor, wie ich es auch den Andern vorführe.
666. Ich kann dem Andern mein gutes Gedächtnis vorführen, und auch mir selbst vorführen. Ich kann mich selbst ausfragen. (Vokabeln, Daten.)
667. Aber wie führe ich mir das Erinnern vor? Nun, ich frage mich "Wie verbrachte ich den heutigen Morgen?" und antworte mir darauf.—Aber was habe ich mir nun eigentlich vorgeführt? War es das Erinnern? Nämlich, wie das ist, sich an etwas zu erinnern?—Hätte ich denn damit einem ''Andern'' das Erinnern vorgeführt?
668. Die Bedeutung eines Wortes vergessen—sich wieder an sie erinnern. Was für Vorgänge gibt es da? An was erinnert man sich, was fällt einem da ein, wenn man sich wieder daran erinnert, was das englische Wort "perhaps" bedeutet.
669. Wenn man mich fragt: "Weißt du das ABC?" und ich antworte mit "ja", so sage ich doch nicht, daß ich jetzt im Geist das ABC durchgehe, oder in einem besondern Gemütszustand bin, der irgendwie dem Hersagen des ABC äquivalent ist.
670. Man kann doch einen Spiegel besitzen; besitzt man dann auch das Spiegelbild, das sich in ihm zeigt?
671. Etwas sagen, ist eine Tätigkeit, geneigt sein, etwas zu sagen, ein ''Zustand''. "Aber warum besteht der?"—Gib dir darüber Rechenschaft, wie der Ausdruck verwendet wird!
672. "Solange die Temperatur des Stabes nicht unter ..... herabsinkt, kann man ihn schmieden.” Es hat also Sinn zu sagen: "ich kann ihn von 5 bis 6 Uhr schmieden". Oder: "Ich kann von 5 bis 6 Schach spielen", d. h., ich habe von 5 bis 6 Zeit.—"Solange mein Puls nicht unter .... herabsinkt, kann ich die Rechnung ausführen." Diese Rechnung braucht 1½ Minuten; wielange braucht es aber: sie ausführen ''können''? Und wenn du sie eine Stunde lang rechnen ''kannst'', fangst du da immer wieder von Frischem an?
673. Die Aufmerksamkeit ist dynamisch, nicht statisch—möchte man sagen. Ich vergleiche das Aufmerken zuerst mit einem Hinstarren: das ist es aber nicht, was ich Aufmerksamkeit nenne; und will nun sagen, ich finde, man ''könne'' nicht statisch aufmerken.
674. Wenn ich in einem bestimmten Falle sage: die Aufmerksamkeit besteht in der Bereitschaft, jeder kleinsten Bewegung, die sich zeigen mag, zu folgen,—so siehst du schon, daß die Aufmerksamkeit nicht das starre Hinschauen ist, sondern ein Begriff anderer Art.
675. Zustände: 'Einen Berg ersteigen können', kann man einen Zustand meines Körpers nennen. Ich sage: "Ich kann hinaufsteigen—ich meine: ich bin stark genug dazu". Vergleiche damit diesen Zustand des Könnens: "Ja, ich kann dorthin gehen—ich meine: ich habe Zeit dazu."
676. Welche Rolle spielen falsche Sätze in einem Sprachspiel? Ich glaube, es gibt verschiedene Fälle.
(1) Einer hat die Signallaternen an einer Straßenkreuzung zu beobachten, und einem Andern zu sagen, welche Farben sie zeigen. Er verspricht sich dabei und sagt die falsche Farbe.
(2) Es werden meteorologische Beobachtungen angestellt und nach gewissen Regeln aus ihnen das Wetter für den nächsten Tag vorhergesagt. Die Vorhersage trifft ein oder nicht.
Im ersten Fall kann man sagen, er spielt falsch; im zweiten nicht—wie ich seinerzeit glaubte.
Man wird hier (nämlich) von einer Frage geplagt, die etwa so lautet: Gehört die Verifikation noch (mit) zum Sprachspiel?
677. Ich behaupte: "Wenn ''dies'' eintrifft, so wird ''das'' eintreffen. Habe ich darin Recht, so zahlst du mir einen Schilling, habe ich Unrecht, so zahle ich dir einen, bleibt es unentschieden, so zahlt keiner." Das könnte man auch so ausdrücken: Der Fall, in welchem die Prämisse ''nicht'' eintrifft, interessiert uns nicht, wir reden nicht von ihm. Oder auch: es ist uns hier nicht natürlich, die Wörter "ja" und "nein" so zu gebrauchen, wie in dem Fall (und solche Fälle gibt es), in welchem uns die materielle Implikation interessiert. Mit "Nein" wollen wir hier sagen "p und nicht q”, mit "Ja” nur “p und q”. Es gibt keinen Satz vom ausgeschlossenen Dritten, der ''so'' lautet: Du gewinnst die Wette oder verlierst sie—ein Drittes gibt es nicht.
678. Einer wirft im Würfelspiel etwa 5, dann 4 und sagt "Hatte ich bloß statt der seine 4 geworfen, so hätte ich gewonnen"! Die Bedingtheit ist nicht physikalisch sondern nur mathematisch, denn man könnte antworten: "Hättest du zuerst 4 geworfen,—wer weiß, was du danach geworfen hättest!"
679. Sagst du nun "Die Verwendung des Konjunktivs beruht auf dem Glauben an ein Naturgesetz"—so kann man entgegnen: "Sie ''beruht'' nicht auf diesem Glauben; sie und dieser Glaube stehen auf gleicher Stufe." (Ich hörte im Film einen Vater zu seiner Tochter sagen, er hätte eine Andre zur Frau nehmen sollen: "''Sie'' hätte deine Mutter sein sollen"! Warum ist das unrichtig?)
680. Das Schicksal steht im Gegensatz zum Naturgesetz. Das Naturgesetz will man ergründen und verwenden, das Schicksal nicht.
681. "Wenn p eintrifft, so trifft q ein" könnte man eine bedingte Vorhersage nennen. D. h.: für den Fall nicht-p mache ich ''keine'' Vorhersage. Aber darum wird, was ich sage, durch "nicht- und nicht-q" auch nicht wahrgemacht.
Oder auch ''so'': es gibt bedingte Vorhersagen, und "p impliziert q” ist ''keine'' solche.
682. Den Satz "Wenn p eintrifft, so trifft q ein", will ich "S" nennen.—"S oder nicht-S” ist eine Tautologie: aber ist es (auch) der Satz vom ausgeschlossenen Dritten? Oder auch so: Wenn