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|translator = Herausgegeben von [https://en.wikipedia.org/wiki/G._E._M._Anscombe G. E. M. Anscombe] und [https://en.wikipedia.org/wiki/Georg_Henrik_von_Wright G. H. von Wright] | |translator = Herausgegeben von [https://en.wikipedia.org/wiki/G._E._M._Anscombe G. E. M. Anscombe] und [https://en.wikipedia.org/wiki/Georg_Henrik_von_Wright G. H. von Wright] | ||
|notes= Diese digitale Ausgabe ist | |notes= Diese digitale Ausgabe ist eine Reproduktion von L. Wittgenstein, ''Zettel''. Herausgegeben von G. E. M. Anscombe und G. H. von Wright. Basil Blackwell, Oxford 1967. | ||
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{{ParZ|248}} (Etwas, was auf den ersten Blick ausschaut wie ein Satz und keiner ist.) Der folgende Vorschlag zur Konstruktion einer Straßenwalze wurde mir einmal mitgeteilt. Der Motor befindet sich im Innern der hohlen Walze. Die Kurbelwelle läuft durch die Mitte der Walze und ist an beiden Enden durch Speichen mit dem Walzenrand verbunden. Der Zylinder des Motors ist an der Innenseite der Walze befestigt. Auf den ersten Blick sieht diese Konstruktion wie eine Maschine aus. Aber sie ist ein starres System, und der Kolben kann sich im Zylinder nicht aus und ein bewegen. Wir haben ihn der Bewegungsmöglichkeit beraubt und wissen es nicht. | {{ParZ|248}} (Etwas, was auf den ersten Blick ausschaut wie ein Satz und keiner ist.) Der folgende Vorschlag zur Konstruktion einer Straßenwalze wurde mir einmal mitgeteilt. Der Motor befindet sich im Innern der hohlen Walze. Die Kurbelwelle läuft durch die Mitte der Walze und ist an beiden Enden durch Speichen mit dem Walzenrand verbunden. Der Zylinder des Motors ist an der Innenseite der Walze befestigt. Auf den ersten Blick sieht diese Konstruktion wie eine Maschine aus. Aber sie ist ein starres System, und der Kolben kann sich im Zylinder nicht aus und ein bewegen. Wir haben ihn der Bewegungsmöglichkeit beraubt und wissen es nicht. | ||
{{ParZ|249}} "Nichts leichter, als sich einen 4-dimensionalen Würfel vorstellen! Er schaut so aus:<ref>Im Original findet man keine Zeichnung: der Leser möge sich etwas Passendes | {{ParZ|249}} "Nichts leichter, als sich einen 4-dimensionalen Würfel vorstellen! Er schaut so aus:<ref>Im Original findet man keine Zeichnung: der Leser möge sich etwas Passendes ausdenken. Es gibt verschiedene Möglichkeiten; wir haben eine Zeichnung von <span class=plainlinks>[https://commons.wikimedia.org/wiki/User:A2569875 A2569875]</span> (<span class=plainlinks>[https://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0/deed.en CC BY-SA]</span>) benutzt. Herausgeber der digitalen Ausgabe.</ref> | ||
[[File:Zettel 249.gif|center|link=https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Net_of_tesseract.gif|class=comfy]] | [[File:Zettel 249.gif|center|link=https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Net_of_tesseract.gif|class=comfy]] | ||
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{{ParZ|271}} Wozu dient ein Satz wie dieser: "Wir können uns die Empfindungen eines Jongleurs wie Rastelli gar nicht vorstellen"? | {{ParZ|271}} Wozu dient ein Satz wie dieser: "Wir können uns die Empfindungen eines Jongleurs wie Rastelli gar nicht vorstellen"? | ||
{{ParZ|272}} "Es hat Sinn, von einer endlosen Baumreihe zu reden; ich kann mir doch vorstellen, daß eine Baumreihe ohne Ende weiterläuft." D. h. etwa: Wenn es Sinn hat zu sagen, die Baumreihe komme hier zu einem Ende, hat es Sinn zu sagen, [sie komme nie zu einem Ende].<ref>Vermutung der Herausgeber.</ref> Ramsey pflegte auf solche Fragen zu antworten: es sei ''eben doch'' möglich, so etwas zu denken. So etwa, wie man sagt "Die Technik leistet heute eben Dinge, die du dir gar nie vorstellen kannst."——Nun, da muß man herausfinden, was du dabei denkst. (Daß du versicherst, diese Phrase ließe sich ''denken''—was kann ich damit machen? Darauf kommt es ja nicht an. Ihr Zweck ist ja nicht der, Nebel in deiner Seele aufsteigen zu lassen.) ''Was'' du meinst—Wie ist es herauszufinden? Wir müssen geduldig prüfen, wie dieser Satz angewandt werden soll. Wie ''rund um ihn'' alles aussieht. Da wird sich sein Sinn zeigen. | {{ParZ|272}} "Es hat Sinn, von einer endlosen Baumreihe zu reden; ich kann mir doch vorstellen, daß eine Baumreihe ohne Ende weiterläuft." D. h. etwa: Wenn es Sinn hat zu sagen, die Baumreihe komme hier zu einem Ende, hat es Sinn zu sagen, [sie komme nie zu einem Ende].<ref>Vermutung der Herausgeber der Papierausgabe.</ref> Ramsey pflegte auf solche Fragen zu antworten: es sei ''eben doch'' möglich, so etwas zu denken. So etwa, wie man sagt "Die Technik leistet heute eben Dinge, die du dir gar nie vorstellen kannst."——Nun, da muß man herausfinden, was du dabei denkst. (Daß du versicherst, diese Phrase ließe sich ''denken''—was kann ich damit machen? Darauf kommt es ja nicht an. Ihr Zweck ist ja nicht der, Nebel in deiner Seele aufsteigen zu lassen.) ''Was'' du meinst—Wie ist es herauszufinden? Wir müssen geduldig prüfen, wie dieser Satz angewandt werden soll. Wie ''rund um ihn'' alles aussieht. Da wird sich sein Sinn zeigen. | ||
{{ParZ|273}} Hardy: "That 'the finite cannot understand the infinite' should surely be a theological and not a mathematical war-cry." Es ist wahr, dieser Ausdruck ist ungeschickt. Aber was Leute damit sagen wollen, ist: "Es muß hier doch mit rechten Dingen zugehen! Woher dieser Sprung von Endlichen zum Unendlichen?" Und so ganz unsinnig ist die Ausdrucksweise auch nicht—nur ist das 'Endliche', was das Unendliche nicht soll denken können, nicht der Mensch', oder 'unser Verstand', sondern der Kalkül. Und ''wie'' dieser das 'Unendliche' denkt, dies ist wohl einer Untersuchung wert. Und die ist zu vergleichen der genauen Untersuchung und Klärung der Geschäftsgebarung eines Unternehmens durch einen Chartered Accountant. Das Ziel ist eine übersichtliche, vergleichende Darstellung aller Anwendungen, Illustrationen, Auffassungen des Kalküls. Die vollkommene Übersicht über alles, was Unklarheit schaffen kann. Und diese Übersicht muß sich auf ein weites Gebiet erstrecken, denn die Wurzeln unserer Ideen reichen weit.—"Das Endliche kann nicht das Unendliche verstehen", heißt hier: ''So'' kann es nicht zugehen, wie ihr es in charakteristischer Oberflächlichkeit darstellt. | {{ParZ|273}} Hardy: "That 'the finite cannot understand the infinite' should surely be a theological and not a mathematical war-cry." Es ist wahr, dieser Ausdruck ist ungeschickt. Aber was Leute damit sagen wollen, ist: "Es muß hier doch mit rechten Dingen zugehen! Woher dieser Sprung von Endlichen zum Unendlichen?" Und so ganz unsinnig ist die Ausdrucksweise auch nicht—nur ist das 'Endliche', was das Unendliche nicht soll denken können, nicht der Mensch', oder 'unser Verstand', sondern der Kalkül. Und ''wie'' dieser das 'Unendliche' denkt, dies ist wohl einer Untersuchung wert. Und die ist zu vergleichen der genauen Untersuchung und Klärung der Geschäftsgebarung eines Unternehmens durch einen Chartered Accountant. Das Ziel ist eine übersichtliche, vergleichende Darstellung aller Anwendungen, Illustrationen, Auffassungen des Kalküls. Die vollkommene Übersicht über alles, was Unklarheit schaffen kann. Und diese Übersicht muß sich auf ein weites Gebiet erstrecken, denn die Wurzeln unserer Ideen reichen weit.—"Das Endliche kann nicht das Unendliche verstehen", heißt hier: ''So'' kann es nicht zugehen, wie ihr es in charakteristischer Oberflächlichkeit darstellt. |