Logisch-philosophische Abhandlung: Difference between revisions

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<p style="text-align: center;">''Vorwort''</p>
<p style="text-align: center;">''Vorwort''</p>


Dieses Buch wird vielleicht nur der verstehen, der die Gedanken, die darin ausgedrückt sind – oder doch ähnliche Gedanken – schon selbst ein- mal gedacht hat. – Es ist also kein Lehrbuch. – Sein Zweck wäre erreicht, wenn es Einem, der es mit Verständnis liest Vergnügen bereitete.
Dieses Buch wird vielleicht nur der verstehen, der die Gedanken, die darin ausgedrückt sind – oder doch ähnliche Gedanken – schon selbst einmal gedacht hat. – Es ist also kein Lehrbuch. – Sein Zweck wäre erreicht, wenn es Einem, der es mit Verständnis liest Vergnügen bereitete.


Das Buch behandelt die philosophischen Probleme und zeigt – wie ich glaube – dass die Fragestellung dieser Probleme auf dem Missverständ- nis der Logik unserer Sprache beruht. Man könnte den ganzen Sinn des Buches etwa in die Worte fassen: Was sich überhaupt sagen lässt, lässt sich klar sagen; und wovon man nicht reden kann, darüber muss man schweigen.
Das Buch behandelt die philosophischen Probleme und zeigt – wie ich glaube – dass die Fragestellung dieser Probleme auf dem Missverständnis der Logik unserer Sprache beruht. Man könnte den ganzen Sinn des Buches etwa in die Worte fassen: Was sich überhaupt sagen lässt, lässt sich klar sagen; und wovon man nicht reden kann, darüber muss man schweigen.


Das Buch will also dem Denken eine Grenze ziehen, oder vielmehr – nicht dem Denken, sondern dem Ausdruck der Gedanken: Denn um dem Denken eine Grenze zu ziehen, müssten wir beide Seiten dieser Grenze denken können (wir müssten also denken können, was sich nicht denken lässt).
Das Buch will also dem Denken eine Grenze ziehen, oder vielmehr – nicht dem Denken, sondern dem Ausdruck der Gedanken: Denn um dem Denken eine Grenze zu ziehen, müssten wir beide Seiten dieser Grenze denken können (wir müssten also denken können, was sich nicht denken lässt).
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Die Grenze wird also nur in der Sprache gezogen werden können und was jenseits der Grenze liegt, wird einfach Unsinn sein.
Die Grenze wird also nur in der Sprache gezogen werden können und was jenseits der Grenze liegt, wird einfach Unsinn sein.


Wieweit meine Bestrebungen mit denen anderer Philosophen zusam- menfallen, will ich nicht beurteilen. Ja, was ich hier geschrieben habe macht im Einzelnen überhaupt nicht den Anspruch auf Neuheit; und darum gebe ich auch keine Quellen an, weil es mir gleichgültig ist, ob das was ich gedacht habe, vor mir schon ein anderer gedacht hat.
Wieweit meine Bestrebungen mit denen anderer Philosophen zusammenfallen, will ich nicht beurteilen. Ja, was ich hier geschrieben habe macht im Einzelnen überhaupt nicht den Anspruch auf Neuheit; und darum gebe ich auch keine Quellen an, weil es mir gleichgültig ist, ob das was ich gedacht habe, vor mir schon ein anderer gedacht hat.


Nur das will ich erwähnen, dass ich den grossartigen Werken Freges und den Arbeiten meines Freundes Herrn Bertrand Russell einen grossen Teil der Anregung zu meinen Gedanken schulde.
Nur das will ich erwähnen, dass ich den grossartigen Werken Freges und den Arbeiten meines Freundes Herrn Bertrand Russell einen grossen Teil der Anregung zu meinen Gedanken schulde.
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1.21 Eines kann der Fall sein oder nicht der Fall sein und alles übrige gleich bleiben.
1.21 Eines kann der Fall sein oder nicht der Fall sein und alles übrige gleich bleiben.


2             Was der Fall ist, die Tatsache, ist das Bestehen von Sachverhal- ten.
2             Was der Fall ist, die Tatsache, ist das Bestehen von Sachverhalten.


2.01 Der Sachverhalt ist eine Verbindung von Gegenständen. (Sachen, Dingen.)
2.01 Der Sachverhalt ist eine Verbindung von Gegenständen. (Sachen, Dingen.)
Line 53: Line 53:
Wenn die Dinge in Sachverhalten vorkommen können, so muss dies schon in ihnen liegen.
Wenn die Dinge in Sachverhalten vorkommen können, so muss dies schon in ihnen liegen.


(Etwas Logisches kann nicht nur-möglich sein. Die Logik han- delt von jeder Möglichkeit und alle Möglichkeiten sind ihre Tat- sachen.)
(Etwas Logisches kann nicht nur-möglich sein. Die Logik handelt von jeder Möglichkeit und alle Möglichkeiten sind ihre Tatsachen.)


Wie wir uns räumliche Gegenstände überhaupt nicht aus- serhalb des Raumes, zeitliche nicht ausserhalb der Zeit denken können, so können wir uns ke i n e n Gegenstand ausserhalb der Möglichkeit seiner Verbindung mit anderen denken.
Wie wir uns räumliche Gegenstände überhaupt nicht ausserhalb des Raumes, zeitliche nicht ausserhalb der Zeit denken können, so können wir uns k e i n e n Gegenstand ausserhalb der Möglichkeit seiner Verbindung mit anderen denken.


Wenn ich mir den Gegenstand im Verbande des Sachverhalts denken kann, so kann ich ihn nicht ausserhalb der M ö g l i ch - ke i t dieses Verbandes denken.
Wenn ich mir den Gegenstand im Verbande des Sachverhalts denken kann, so kann ich ihn nicht ausserhalb der M ö g l i c h ke i t dieses Verbandes denken.


2.0122 Das Ding ist selbständig, insofern es in allen m ö g l i ch e n Sach- lagen vorkommen kann, aber diese Form der Selbständigkeit ist eine Form des Zusammenhangs mit dem Sachverhalt, eine Form der Unselbständigkeit. (Es ist unmöglich, dass Worte in zwei verschiedenen Weisen auftreten, allein und im Satz.)
2.0122 Das Ding ist selbständig, insofern es in allen m ö g l i ch e n Sachlagen vorkommen kann, aber diese Form der Selbständigkeit ist eine Form des Zusammenhangs mit dem Sachverhalt, eine Form der Unselbständigkeit. (Es ist unmöglich, dass Worte in zwei verschiedenen Weisen auftreten, allein und im Satz.)


2.0123 Wenn ich den Gegenstand kenne, so kenne ich auch sämtliche Möglichkeiten seines Vorkommens in Sachverhalten.
2.0123 Wenn ich den Gegenstand kenne, so kenne ich auch sämtliche Möglichkeiten seines Vorkommens in Sachverhalten.
Line 67: Line 67:
Es kann nicht nachträglich eine neue Möglichkeit gefunden werden.
Es kann nicht nachträglich eine neue Möglichkeit gefunden werden.


2.01231 Um einen Gegenstand zu kennen, muss ich zwar nicht seine externen – aber ich muss alle seine internen Eigenschaften ken- nen.
2.01231 Um einen Gegenstand zu kennen, muss ich zwar nicht seine externen – aber ich muss alle seine internen Eigenschaften kennen.


2.0124 Sind alle Gegenstände gegeben, so sind damit auch alle m ö g l i ch e n Sachverhalte gegeben.
2.0124 Sind alle Gegenstände gegeben, so sind damit auch alle m ö g l i ch e n Sachverhalte gegeben.


2.013                Jedes Ding ist, gleichsam, in einem Raume möglicher Sachver- halte. Diesen Raum kann ich mir leer denken, nicht aber das Ding ohne den Raum.
2.013                Jedes Ding ist, gleichsam, in einem Raume möglicher Sachverhalte. Diesen Raum kann ich mir leer denken, nicht aber das Ding ohne den Raum.


2.0131 Der räumliche Gegenstand muss im unendlichen Raume liegen. (Der Raumpunkt ist eine Argumentstelle.)
2.0131 Der räumliche Gegenstand muss im unendlichen Raume liegen. (Der Raumpunkt ist eine Argumentstelle.)
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2.0212 Es wäre dann unmöglich, ein Bild der Welt (wahr oder falsch) zu entwerfen.
2.0212 Es wäre dann unmöglich, ein Bild der Welt (wahr oder falsch) zu entwerfen.


2.022               Es ist offenbar, dass auch eine von der wirklichen noch so ver- schieden gedachte Welt Etwas – eine Form – mit der wirklichen gemein haben muss.
2.022               Es ist offenbar, dass auch eine von der wirklichen noch so verschieden gedachte Welt Etwas – eine Form – mit der wirklichen gemein haben muss.


2.023               Diese feste Form besteht eben aus den Gegenständen.
2.023               Diese feste Form besteht eben aus den Gegenständen.


2.0231 Die Substanz der Welt ka n n nur eine Form und keine materiel- len Eigenschaften bestimmen. Denn diese werden erst durch die Sätze dargestellt – erst durch die Konfiguration der Gegenstände gebildet.
2.0231 Die Substanz der Welt ka n n nur eine Form und keine materiellen Eigenschaften bestimmen. Denn diese werden erst durch die Sätze dargestellt – erst durch die Konfiguration der Gegenstände gebildet.


2.0232 Beiläufig gesprochen: Die Gegenstände sind farblos.
2.0232 Beiläufig gesprochen: Die Gegenstände sind farblos.


2.0233 Zwei Gegenstände von der gleichen logischen Form sind – abge- sehen von ihren externen Eigenschaften – von einander nur da- durch unterschieden, dass sie verschieden sind.
2.0233 Zwei Gegenstände von der gleichen logischen Form sind – abgesehen von ihren externen Eigenschaften – von einander nur dadurch unterschieden, dass sie verschieden sind.


2.02331 Entweder ein Ding hat Eigenschaften, die kein anderes hat, dann kann man es ohneweiteres durch eine Beschreibung aus den an- deren herausheben, und darauf hinweisen; oder aber, es gibt mehrere Dinge, die ihre sämtlichen Eigenschaften gemeinsam haben, dann ist es überhaupt unmöglich auf eines von ihnen zu zeigen.
2.02331 Entweder ein Ding hat Eigenschaften, die kein anderes hat, dann kann man es ohneweiteres durch eine Beschreibung aus den anderen herausheben, und darauf hinweisen; oder aber, es gibt mehrere Dinge, die ihre sämtlichen Eigenschaften gemeinsam haben, dann ist es überhaupt unmöglich auf eines von ihnen zu zeigen.


Denn, ist das Ding durch nichts hervorgehoben, so kann ich es nicht hervorheben, denn sonst ist es eben hervorgehoben.  
Denn, ist das Ding durch nichts hervorgehoben, so kann ich es nicht hervorheben, denn sonst ist es eben hervorgehoben.  
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2.025               Sie ist Form und Inhalt.
2.025               Sie ist Form und Inhalt.


2.0251   Raum, Zeit und Farbe (Färbigkeit) sind Formen der Gegenstän- de.
2.0251   Raum, Zeit und Farbe (Färbigkeit) sind Formen der Gegenstände.


2.026               Nur wenn es Gegenstände gibt, kann es eine feste Form der Welt geben.
2.026               Nur wenn es Gegenstände gibt, kann es eine feste Form der Welt geben.
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2.0272   Die Konfiguration der Gegenstände bildet den Sachverhalt.
2.0272   Die Konfiguration der Gegenstände bildet den Sachverhalt.


2.03       Im Sachverhalt hängen die Gegenstände ineinander, wie die Glie- der einer Kette.
2.03       Im Sachverhalt hängen die Gegenstände ineinander, wie die Glieder einer Kette.


2.031                Im Sachverhalt verhalten sich die Gegenstände in bestimmter Art und Weise zueinander.
2.031                Im Sachverhalt verhalten sich die Gegenstände in bestimmter Art und Weise zueinander.


2.032               Die Art und Weise, wie die Gegenstände im Sachverhalt zusam- menhängen, ist die Struktur des Sachverhaltes.
2.032               Die Art und Weise, wie die Gegenstände im Sachverhalt zusammenhängen, ist die Struktur des Sachverhaltes.


2.033               Die Form ist die Möglichkeit der Struktur.
2.033               Die Form ist die Möglichkeit der Struktur.


2.034               Die Struktur der Tatsache besteht aus den Strukturen der Sach- verhalte.
2.034               Die Struktur der Tatsache besteht aus den Strukturen der Sachverhalte.


2.04               Die Gesamtheit der bestehenden Sachverhalte ist die Welt.
2.04               Die Gesamtheit der bestehenden Sachverhalte ist die Welt.
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2.05               Die Gesamtheit der bestehenden Sachverhalte bestimmt auch, welche Sachverhalte nicht bestehen.
2.05               Die Gesamtheit der bestehenden Sachverhalte bestimmt auch, welche Sachverhalte nicht bestehen.


2.06               Das Bestehen und Nichtbestehen von Sachverhalten ist die Wirk- lichkeit.
2.06               Das Bestehen und Nichtbestehen von Sachverhalten ist die Wirklichkeit.


(Das Bestehen von Sachverhalten nennen wir auch eine po- sitive, das Nichtbestehen eine negative Tatsache.)
(Das Bestehen von Sachverhalten nennen wir auch eine positive, das Nichtbestehen eine negative Tatsache.)


2.061                Die Sachverhalte sind von einander unabhängig.
2.061                Die Sachverhalte sind von einander unabhängig.


2.062               Aus dem Bestehen oder Nichtbestehen eines Sachverhaltes kann nicht auf das Bestehen oder Nichtbestehen eines anderen ge- schlossen werden.
2.062               Aus dem Bestehen oder Nichtbestehen eines Sachverhaltes kann nicht auf das Bestehen oder Nichtbestehen eines anderen geschlossen werden.


2.063               Die gesamte Wirklichkeit ist die Welt.
2.063               Die gesamte Wirklichkeit ist die Welt.
Line 151: Line 151:
2.12              Das Bild ist ein Modell der Wirklichkeit.
2.12              Das Bild ist ein Modell der Wirklichkeit.


2.13              Den Gegenständen entsprechen im Bilde die Elemente des Bil- des.
2.13              Den Gegenständen entsprechen im Bilde die Elemente des Bildes.


2.131      Die Elemente des Bildes vertreten im Bild die Gegenstände.
2.131      Die Elemente des Bildes vertreten im Bild die Gegenstände.
Line 159: Line 159:
2.141      Das Bild ist eine Tatsache.
2.141      Das Bild ist eine Tatsache.


2.15   Dass sich die Elemente des Bildes in bestimmter Art und Wei- se zu einander verhalten stellt vor, dass sich die Sachen so zu einander verhalten.
2.15   Dass sich die Elemente des Bildes in bestimmter Art und Weise zu einander verhalten stellt vor, dass sich die Sachen so zu einander verhalten.


Dieser Zusammenhang der Elemente des Bildes heisse seine Struktur und ihre Möglichkeit seine Form der Abbildung.
Dieser Zusammenhang der Elemente des Bildes heisse seine Struktur und ihre Möglichkeit seine Form der Abbildung.
Line 173: Line 173:
2.1513    Nach dieser Auffassung gehört also zum Bilde auch noch die abbildende Beziehung, die es zum Bild macht.
2.1513    Nach dieser Auffassung gehört also zum Bilde auch noch die abbildende Beziehung, die es zum Bild macht.


2.1514    Die abbildende Beziehung besteht aus den Zuordnungen der Ele- mente des Bildes und der Sachen.
2.1514    Die abbildende Beziehung besteht aus den Zuordnungen der Elemente des Bildes und der Sachen.


2.1515    Diese Zuordnungen sind gleichsam die Fühler der Bildelemente, mit denen das Bild die Wirklichkeit berührt.
2.1515    Diese Zuordnungen sind gleichsam die Fühler der Bildelemente, mit denen das Bild die Wirklichkeit berührt.
Line 181: Line 181:
2.161      In Bild und Abgebildetem muss etwas identisch sein, damit das eine überhaupt ein Bild des anderen sein kann.
2.161      In Bild und Abgebildetem muss etwas identisch sein, damit das eine überhaupt ein Bild des anderen sein kann.


2.17                Was das Bild mit der Wirklichkeit gemein haben muss, um sie auf seine Art und Weise – richtig oder falsch – abbilden zu kön- nen, ist seine Form der Abbildung.
2.17                Was das Bild mit der Wirklichkeit gemein haben muss, um sie auf seine Art und Weise – richtig oder falsch – abbilden zu können, ist seine Form der Abbildung.


2.171           Das Bild kann jede Wirklichkeit abbilden, deren Form es hat. Das räumliche Bild alles Räumliche, das farbige alles Farbige, etc.
2.171           Das Bild kann jede Wirklichkeit abbilden, deren Form es hat. Das räumliche Bild alles Räumliche, das farbige alles Farbige, etc.
Line 187: Line 187:
2.172          Seine Form der Abbildung aber, kann das Bild nicht abbilden; es weist sie auf.
2.172          Seine Form der Abbildung aber, kann das Bild nicht abbilden; es weist sie auf.


2.173          Das Bild stellt sein Objekt von ausserhalb dar (sein Standpunkt ist seine Form der Darstellung), darum stellt das Bild sein Ob- jekt richtig oder falsch dar.
2.173          Das Bild stellt sein Objekt von ausserhalb dar (sein Standpunkt ist seine Form der Darstellung), darum stellt das Bild sein Objekt richtig oder falsch dar.


2.174          Das Bild kann sich aber nicht ausserhalb seiner Form der Dar- stellung stellen.
2.174          Das Bild kann sich aber nicht ausserhalb seiner Form der Darstellung stellen.


2.18 Was jedes Bild, welcher Form immer, mit der Wirklichkeit ge- mein haben muss, um sie überhaupt – richtig oder falsch – ab- bilden zu können, ist die logische Form, das ist, die Form der Wirklichkeit.
2.18 Was jedes Bild, welcher Form immer, mit der Wirklichkeit gemein haben muss, um sie überhaupt – richtig oder falsch – abbilden zu können, ist die logische Form, das ist, die Form der Wirklichkeit.


2.181           Ist die Form der Abbildung die logische Form, so heisst das Bild das logische Bild.
2.181           Ist die Form der Abbildung die logische Form, so heisst das Bild das logische Bild.
Line 199: Line 199:
2.19 Das logische Bild kann die Welt abbilden.
2.19 Das logische Bild kann die Welt abbilden.


2.2         Das Bild hat mit dem Abgebildeten die logische Form der Ab- bildung gemein.
2.2         Das Bild hat mit dem Abgebildeten die logische Form der Abbildung gemein.


2.201           Das Bild bildet die Wirklichkeit ab, indem es eine Möglichkeit des Bestehens und Nichtbestehens von Sachverhalten darstellt.
2.201           Das Bild bildet die Wirklichkeit ab, indem es eine Möglichkeit des Bestehens und Nichtbestehens von Sachverhalten darstellt.
Line 213: Line 213:
2.221           Was das Bild darstellt, ist sein Sinn.
2.221           Was das Bild darstellt, ist sein Sinn.


2.222          In der Übereinstimmung oder Nichtübereinstimmung seines Sin- nes mit der Wirklichkeit, besteht seine Wahrheit oder Falschheit.
2.222          In der Übereinstimmung oder Nichtübereinstimmung seines Sinnes mit der Wirklichkeit, besteht seine Wahrheit oder Falschheit.


2.223          Um zu erkennen, ob das Bild wahr oder falsch ist, müssen wir es mit der Wirklichkeit vergleichen.
2.223          Um zu erkennen, ob das Bild wahr oder falsch ist, müssen wir es mit der Wirklichkeit vergleichen.
Line 231: Line 231:
3.03              Wir können nichts Unlogisches denken, weil wir sonst unlogisch denken müssten.
3.03              Wir können nichts Unlogisches denken, weil wir sonst unlogisch denken müssten.


3.031                Man sagte einmal, dass Gott alles schaffen könne, nur nichts, was den logischen Gesetzen zuwider wäre. – Wir könnten näm- lich von einer „unlogischen“ Welt nicht s a g e n, wie sie aussähe.
3.031                Man sagte einmal, dass Gott alles schaffen könne, nur nichts, was den logischen Gesetzen zuwider wäre. – Wir könnten nämlich von einer „unlogischen“ Welt nicht s a g e n, wie sie aussähe.


3.032               Etwas „der Logik widersprechendes“ in der Sprache darstellen, kann man ebensowenig, wie in der Geometrie eine den Geset- zen des Raumes widersprechende Figur durch ihre Koordinaten darstellen; oder die Koordinaten eines Punktes angeben, welcher nicht existiert.
3.032               Etwas „der Logik widersprechendes“ in der Sprache darstellen, kann man ebensowenig, wie in der Geometrie eine den Gesetzen des Raumes widersprechende Figur durch ihre Koordinaten darstellen; oder die Koordinaten eines Punktes angeben, welcher nicht existiert.


3.0321 Wohl können wir einen Sachverhalt räumlich darstellen, welcher den Gesetzen der Physik, aber keinen, der den Gesetzen der Geometrie zuwiderliefe.
3.0321 Wohl können wir einen Sachverhalt räumlich darstellen, welcher den Gesetzen der Physik, aber keinen, der den Gesetzen der Geometrie zuwiderliefe.


3.04               Ein a priori richtiger Gedanke wäre ein solcher, dessen Möglich- keit seine Wahrheit bedingte.
3.04               Ein a priori richtiger Gedanke wäre ein solcher, dessen Möglichkeit seine Wahrheit bedingte.


3.05               Nur so könnten wir a priori wissen, dass ein Gedanke wahr ist, wenn aus dem Gedanken selbst (ohne Vergleichsobjekt) seine Wahrheit zu erkennen wäre.
3.05               Nur so könnten wir a priori wissen, dass ein Gedanke wahr ist, wenn aus dem Gedanken selbst (ohne Vergleichsobjekt) seine Wahrheit zu erkennen wäre.
Line 255: Line 255:
Im Satz ist also sein Sinn noch nicht enthalten, wohl aber die Möglichkeit ihn auszudrücken.
Im Satz ist also sein Sinn noch nicht enthalten, wohl aber die Möglichkeit ihn auszudrücken.


(„Der Inhalt des Satzes“ heisst der Inhalt des sinnvollen Sat- zes.)
(„Der Inhalt des Satzes“ heisst der Inhalt des sinnvollen Satzes.)


Im Satz ist die Form seines Sinnes enthalten, aber nicht des- sen Inhalt.
Im Satz ist die Form seines Sinnes enthalten, aber nicht dessen Inhalt.


3.14              Das Satzzeichen besteht darin, dass sich seine Elemente, die Wörter, in ihm auf bestimmte Art und Weise zu einander ver- halten.
3.14              Das Satzzeichen besteht darin, dass sich seine Elemente, die Wörter, in ihm auf bestimmte Art und Weise zu einander verhalten.


Das Satzzeichen ist eine Tatsache.
Das Satzzeichen ist eine Tatsache.


3.141           Der Satz ist kein Wörtergemisch. – (Wie das musikalische The- ma kein Gemisch von Tönen.)
3.141           Der Satz ist kein Wörtergemisch. – (Wie das musikalische Thema kein Gemisch von Tönen.)


Der Satz ist artikuliert.
Der Satz ist artikuliert.
Line 269: Line 269:
3.142          Nur Tatsachen können einen Sinn ausdrücken, eine Klasse von Namen kann es nicht.
3.142          Nur Tatsachen können einen Sinn ausdrücken, eine Klasse von Namen kann es nicht.


3.143          Dass das Satzzeichen eine Tatsache ist, wird durch die gewöhn- liche Ausdrucksform der Schrift oder des Druckes verschleiert.
3.143          Dass das Satzzeichen eine Tatsache ist, wird durch die gewöhnliche Ausdrucksform der Schrift oder des Druckes verschleiert.


Denn im gedruckten Satz z. B. sieht das Satzzeichen nicht wesentlich verschieden aus vom Wort.
Denn im gedruckten Satz z. B. sieht das Satzzeichen nicht wesentlich verschieden aus vom Wort.


(So war es möglich, dass Frege den Satz einen zusammenge- setzten Namen nannte.)
(So war es möglich, dass Frege den Satz einen zusammengesetzten Namen nannte.)


3.1431 Sehr klar wird das Wesen des Satzzeichens, wenn wir es uns, statt aus Schriftzeichen, aus räumlichen Gegenständen (etwa Tischen, Stühlen, Büchern) zusammengesetzt denken.
3.1431 Sehr klar wird das Wesen des Satzzeichens, wenn wir es uns, statt aus Schriftzeichen, aus räumlichen Gegenständen (etwa Tischen, Stühlen, Büchern) zusammengesetzt denken.
Line 279: Line 279:
Die gegenseitige räumliche Lage dieser Dinge drückt dann den Sinn des Satzes aus.  
Die gegenseitige räumliche Lage dieser Dinge drückt dann den Sinn des Satzes aus.  


3.1432 Nicht: „Das komplexe Zeichen ‚''aRb''‘ sagt, dass ''a'' in der Bezie- hung ''R'' zu ''b'' steht“, sondern: D a s s „''a''“ in einer gewissen Bezie- hung zu „''b''“ steht, sagt, d a s s ''aRb''.
3.1432 Nicht: „Das komplexe Zeichen ‚''aRb''‘ sagt, dass ''a'' in der Beziehung ''R'' zu ''b'' steht“, sondern: D a s s „''a''“ in einer gewissen Beziehung zu „''b''“ steht, sagt, d a s s ''aRb''.


3.144          Sachlagen kann man beschreiben, nicht b e n e n n e n.
3.144          Sachlagen kann man beschreiben, nicht b e n e n n e n.
Line 285: Line 285:
(Namen gleichen Punkten, Sätze Pfeilen, sie haben Sinn.)
(Namen gleichen Punkten, Sätze Pfeilen, sie haben Sinn.)


3.2         Im Satze kann der Gedanke so ausgedrückt sein, dass den Gegen- ständen des Gedankens Elemente des Satzzeichens entsprechen.
3.2         Im Satze kann der Gedanke so ausgedrückt sein, dass den Gegenständen des Gedankens Elemente des Satzzeichens entsprechen.


3.201           Diese Elemente nenne ich „einfache Zeichen“ und den Satz „voll- ständig analysiert“.
3.201           Diese Elemente nenne ich „einfache Zeichen“ und den Satz „vollständig analysiert“.


3.202          Die im Satze angewandten einfachen Zeichen heissen Namen.
3.202          Die im Satze angewandten einfachen Zeichen heissen Namen.
Line 293: Line 293:
3.203          Der Name bedeutet den Gegenstand. Der Gegenstand ist seine Bedeutung. („''A''“ ist dasselbe Zeichen wie „''A''“.)
3.203          Der Name bedeutet den Gegenstand. Der Gegenstand ist seine Bedeutung. („''A''“ ist dasselbe Zeichen wie „''A''“.)


3.21               Der Konfiguration der einfachen Zeichen im Satzzeichen ent- spricht die Konfiguration der Gegenstände in der Sachlage.
3.21               Der Konfiguration der einfachen Zeichen im Satzzeichen entspricht die Konfiguration der Gegenstände in der Sachlage.


3.22              Der Name vertritt im Satz den Gegenstand.
3.22              Der Name vertritt im Satz den Gegenstand.
Line 299: Line 299:
3.221 Die Gegenstände kann ich nur n e n n e n. Zeichen vertreten sie. Ich kann nur vo n ihnen sprechen, s i e a u s s p r e ch e n kann ich nicht. Ein Satz kann nur sagen, w i e ein Ding ist, nicht wa s es ist.
3.221 Die Gegenstände kann ich nur n e n n e n. Zeichen vertreten sie. Ich kann nur vo n ihnen sprechen, s i e a u s s p r e ch e n kann ich nicht. Ein Satz kann nur sagen, w i e ein Ding ist, nicht wa s es ist.


3.23               Die Forderung der Möglichkeit der einfachen Zeichen ist die For- derung der Bestimmtheit des Sinnes.
3.23               Die Forderung der Möglichkeit der einfachen Zeichen ist die Forderung der Bestimmtheit des Sinnes.


3.24               Der Satz, welcher vom Komplex handelt, steht in interner Be- ziehung zum Satze, der von dessen Bestandteil handelt.
3.24               Der Satz, welcher vom Komplex handelt, steht in interner Beziehung zum Satze, der von dessen Bestandteil handelt.


Der Komplex kann nur durch seine Beschreibung gegeben sein, und diese wird stimmen oder nicht stimmen. Der Satz, in welchem von einem Komplex die Rede ist, wird, wenn dieser nicht existiert, nicht unsinnig, sondern einfach falsch sein.
Der Komplex kann nur durch seine Beschreibung gegeben sein, und diese wird stimmen oder nicht stimmen. Der Satz, in welchem von einem Komplex die Rede ist, wird, wenn dieser nicht existiert, nicht unsinnig, sondern einfach falsch sein.


Dass ein Satzelement einen Komplex bezeichnet, kann man aus einer Unbestimmtheit in den Sätzen sehen, worin es vor- kommt. Wir w i s s e n, durch diesen Satz ist noch nicht alles bestimmt. (Die Allgemeinheitsbezeichnung e nt h ä l t ja ein Ur- bild.)
Dass ein Satzelement einen Komplex bezeichnet, kann man aus einer Unbestimmtheit in den Sätzen sehen, worin es vorkommt. Wir w i s s e n, durch diesen Satz ist noch nicht alles bestimmt. (Die Allgemeinheitsbezeichnung e nt h ä l t ja ein Urbild.)


Die Zusammenfassung des Symbols eines Komplexes in ein einfaches Symbol kann durch eine Definition ausgedrückt werden.
Die Zusammenfassung des Symbols eines Komplexes in ein einfaches Symbol kann durch eine Definition ausgedrückt werden.
Line 317: Line 317:
3.261           Jedes definierte Zeichen bezeichnet ü b e r jene Zeichen, durch welche es definiert wurde; und die Definitionen weisen den Weg.
3.261           Jedes definierte Zeichen bezeichnet ü b e r jene Zeichen, durch welche es definiert wurde; und die Definitionen weisen den Weg.


Zwei Zeichen, ein Urzeichen, und ein durch Urzeichen de- finiertes, können nicht auf dieselbe Art und Weise bezeichnen. Namen ka n n man nicht durch Definitionen auseinanderlegen. (Kein Zeichen, welches allein, selbständig eine Bedeutung hat.)
Zwei Zeichen, ein Urzeichen, und ein durch Urzeichen definiertes, können nicht auf dieselbe Art und Weise bezeichnen. Namen ka n n man nicht durch Definitionen auseinanderlegen. (Kein Zeichen, welches allein, selbständig eine Bedeutung hat.)


3.262          Was in den Zeichen nicht zum Ausdruck kommt, das zeigt ih- re Anwendung. Was die Zeichen verschlucken, das spricht ihre Anwendung aus.
3.262          Was in den Zeichen nicht zum Ausdruck kommt, das zeigt ihre Anwendung. Was die Zeichen verschlucken, das spricht ihre Anwendung aus.


3.263          Die Bedeutungen von Urzeichen können durch Erläuterungen erklärt werden. Erläuterungen sind Sätze, welche die Urzeichen enthalten. Sie können also nur verstanden werden, wenn die Be- deutungen dieser Zeichen bereits bekannt sind.
3.263          Die Bedeutungen von Urzeichen können durch Erläuterungen erklärt werden. Erläuterungen sind Sätze, welche die Urzeichen enthalten. Sie können also nur verstanden werden, wenn die Bedeutungen dieser Zeichen bereits bekannt sind.


3.3   Nur der Satz hat Sinn; nur im Zusammenhange des Satzes hat ein Name Bedeutung.
3.3   Nur der Satz hat Sinn; nur im Zusammenhange des Satzes hat ein Name Bedeutung.
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3.313          Der Ausdruck wird also durch eine Variable dargestellt, deren Werte die Sätze sind, die den Ausdruck enthalten.
3.313          Der Ausdruck wird also durch eine Variable dargestellt, deren Werte die Sätze sind, die den Ausdruck enthalten.


(Im Grenzfall wird die Variable zur Konstanten, der Aus- druck zum Satz.)
(Im Grenzfall wird die Variable zur Konstanten, der Ausdruck zum Satz.)


Ich nenne eine solche Variable „Satzvariable“.
Ich nenne eine solche Variable „Satzvariable“.
Line 349: Line 349:
(Auch der variable Name.)
(Auch der variable Name.)


3.315          Verwandeln wir einen Bestandteil eines Satzes in eine Variable, so gibt es eine Klasse von Sätzen, welche sämtlich Werte des so entstandenen variablen Satzes sind. Diese Klasse hängt im allgemeinen noch davon ab, was wir, nach willkürlicher Über- einkunft, mit Teilen jenes Satzes meinen. Verwandeln wir aber alle jene Zeichen, deren Bedeutung willkürlich bestimmt wurde, in Variable, so gibt es nun noch immer eine solche Klasse. Die- se aber ist nun von keiner Übereinkunft abhängig, sondern nur noch von der Natur des Satzes. Sie entspricht einer logischen Form – einem logischen Urbild.
3.315          Verwandeln wir einen Bestandteil eines Satzes in eine Variable, so gibt es eine Klasse von Sätzen, welche sämtlich Werte des so entstandenen variablen Satzes sind. Diese Klasse hängt im allgemeinen noch davon ab, was wir, nach willkürlicher Übereinkunft, mit Teilen jenes Satzes meinen. Verwandeln wir aber alle jene Zeichen, deren Bedeutung willkürlich bestimmt wurde, in Variable, so gibt es nun noch immer eine solche Klasse. Diese aber ist nun von keiner Übereinkunft abhängig, sondern nur noch von der Natur des Satzes. Sie entspricht einer logischen Form – einem logischen Urbild.


3.316          Welche Werte die Satzvariable annehmen darf, wird festgesetzt. Die Festsetzung der Werte i s t die Variable.
3.316          Welche Werte die Satzvariable annehmen darf, wird festgesetzt. Die Festsetzung der Werte i s t die Variable.
Line 367: Line 367:
3.32 Das Zeichen ist das sinnlich Wahrnehmbare am Symbol.
3.32 Das Zeichen ist das sinnlich Wahrnehmbare am Symbol.


3.321           Zwei verschiedene Symbole können also das Zeichen (Schrift- zeichen oder Lautzeichen etc.) miteinander gemein haben – sie bezeichnen dann auf verschiedene Art und Weise.
3.321           Zwei verschiedene Symbole können also das Zeichen (Schriftzeichen oder Lautzeichen etc.) miteinander gemein haben – sie bezeichnen dann auf verschiedene Art und Weise.


3.322          Es kann nie das gemeinsame Merkmal zweier Gegenstände an- zeigen, dass wir sie mit demselben Zeichen, aber durch zwei verschiedene B e z e i ch nu n g s we i s e n bezeichnen. Denn das Zeichen ist ja willkürlich. Man könnte also auch zwei verschiedene Zeichen wählen, und wo bliebe dann das Gemeinsame in der Bezeichnung.
3.322          Es kann nie das gemeinsame Merkmal zweier Gegenstände anzeigen, dass wir sie mit demselben Zeichen, aber durch zwei verschiedene B e z e i ch nu n g s we i s e n bezeichnen. Denn das Zeichen ist ja willkürlich. Man könnte also auch zwei verschiedene Zeichen wählen, und wo bliebe dann das Gemeinsame in der Bezeichnung.


3.323          In der Umgangssprache kommt es ungemein häufig vor, dass dasselbe Wort auf verschiedene Art und Weise bezeichnet – also verschiedenen Symbolen angehört – , oder, dass zwei Wörter, die auf verschiedene Art und Weise bezeichnen, äusserlich in der gleichen Weise im Satze angewandt werden.
3.323          In der Umgangssprache kommt es ungemein häufig vor, dass dasselbe Wort auf verschiedene Art und Weise bezeichnet – also verschiedenen Symbolen angehört – , oder, dass zwei Wörter, die auf verschiedene Art und Weise bezeichnen, äusserlich in der gleichen Weise im Satze angewandt werden.


So erscheint das Wort „ist“ als Kopula, als Gleichheitszei- chen und als Ausdruck der Existenz; „existieren“ als intransiti- ves Zeitwort wie „gehen“; „identisch“ als Eigenschaftswort; wir reden von E twa s, aber auch davon, dass e twa s geschieht.
So erscheint das Wort „ist“ als Kopula, als Gleichheitszeichen und als Ausdruck der Existenz; „existieren“ als intransitives Zeitwort wie „gehen“; „identisch“ als Eigenschaftswort; wir reden von E twa s, aber auch davon, dass e twa s geschieht.


(Im Satze „Grün ist grün“ – wo das erste Wort ein Perso- nenname, das letzte ein Eigenschaftswort ist – haben diese Wor- te nicht einfach verschiedene Bedeutung, sondern es sind ve r - s ch i e d e n e S y mb o l e.)
(Im Satze „Grün ist grün“ – wo das erste Wort ein Personenname, das letzte ein Eigenschaftswort ist – haben diese Worte nicht einfach verschiedene Bedeutung, sondern es sind ve r s ch i e d e n e S y mb o l e.)


3.324          So entstehen leicht die fundamentalsten Verwechslungen (deren die ganze Philosophie voll ist).
3.324          So entstehen leicht die fundamentalsten Verwechslungen (deren die ganze Philosophie voll ist).


3.325          Um diesen Irrtümern zu entgehen, müssen wir eine Zeichen- sprache verwenden, welche sie ausschliesst, indem sie nicht das gleiche Zeichen in verschiedenen Symbolen, und Zeichen, welche auf verschiedene Art bezeichnen, nicht äusserlich auf die gleiche Art verwendet. Eine Zeichensprache also, die der l o g i s ch e n Grammatik – der logischen Syntax – gehorcht.
3.325          Um diesen Irrtümern zu entgehen, müssen wir eine Zeichensprache verwenden, welche sie ausschliesst, indem sie nicht das gleiche Zeichen in verschiedenen Symbolen, und Zeichen, welche auf verschiedene Art bezeichnen, nicht äusserlich auf die gleiche Art verwendet. Eine Zeichensprache also, die der l o g i s ch e n Grammatik – der logischen Syntax – gehorcht.


(Die Begriffsschrift Frege’s und Russell’s ist eine solche Spra- che, die allerdings noch nicht alle Fehler ausschliesst.)
(Die Begriffsschrift Frege’s und Russell’s ist eine solche Sprache, die allerdings noch nicht alle Fehler ausschliesst.)


3.326          Um das Symbol am Zeichen zu erkennen, muss man auf den sinnvollen Gebrauch achten.
3.326          Um das Symbol am Zeichen zu erkennen, muss man auf den sinnvollen Gebrauch achten.


3.327           Das Zeichen bestimmt erst mit seiner logisch-syntaktischen Ver- wendung zusammen eine logische Form.
3.327           Das Zeichen bestimmt erst mit seiner logisch-syntaktischen Verwendung zusammen eine logische Form.


3.328          Wird ein Zeichen n i c h t g e b r a u ch t, so ist es bedeutungslos. Das ist der Sinn der Devise Occams.
3.328          Wird ein Zeichen n i c h t g e b r a u ch t, so ist es bedeutungslos. Das ist der Sinn der Devise Occams.
Line 395: Line 395:
3.331           Von dieser Bemerkung sehen wir in Russell’s „Theory of types“ hinüber: Der Irrtum Russell’s zeigt sich darin, dass er bei der Aufstellung der Zeichenregeln von der Bedeutung der Zeichen reden musste.
3.331           Von dieser Bemerkung sehen wir in Russell’s „Theory of types“ hinüber: Der Irrtum Russell’s zeigt sich darin, dass er bei der Aufstellung der Zeichenregeln von der Bedeutung der Zeichen reden musste.


3.332          Kein Satz kann etwas über sich selbst aussagen, weil das Satzzei- chen nicht in sich selbst enthalten sein kann, (das ist die ganze „Theory of types“).
3.332          Kein Satz kann etwas über sich selbst aussagen, weil das Satzzeichen nicht in sich selbst enthalten sein kann, (das ist die ganze „Theory of types“).


3.333          Eine Funktion kann darum nicht ihr eigenes Argument sein, weil das Funktionszeichen bereits das Urbild seines Arguments ent- hält und es sich nicht selbst enthalten kann.
3.333          Eine Funktion kann darum nicht ihr eigenes Argument sein, weil das Funktionszeichen bereits das Urbild seines Arguments enthält und es sich nicht selbst enthalten kann.


Nehmen wir nämlich an, die Funktion ''F'' (''fx'') könnte ihr ei- genes Argument sein; dann gäbe es also einen Satz: „''F'' (''F'' (''fx''))“ und in diesem müssen die äussere Funktion ''F'' und die innere Funktion ''F'' verschiedene Bedeutungen haben, denn die innere hat die Form ''φ''(''fx''), die äussere, die Form ''ψ''(''φ''(''fx'')). Gemein- sam ist den beiden Funktionen nur der Buchstabe „''F'' “, der aber allein nichts bezeichnet.
Nehmen wir nämlich an, die Funktion ''F'' (''fx'') könnte ihr eigenes Argument sein; dann gäbe es also einen Satz: „''F'' (''F'' (''fx''))“ und in diesem müssen die äussere Funktion ''F'' und die innere Funktion ''F'' verschiedene Bedeutungen haben, denn die innere hat die Form ''φ''(''fx''), die äussere, die Form ''ψ''(''φ''(''fx'')). Gemeinsam ist den beiden Funktionen nur der Buchstabe „''F'' “, der aber allein nichts bezeichnet.


Dies wird sofort klar, wenn wir statt „''F'' (''F'' (''u''))“ schreiben „(∃''φ'') : ''F'' (''φu'') ''. φu'' = ''Fu''“.
Dies wird sofort klar, wenn wir statt „''F'' (''F'' (''u''))“ schreiben „(∃''φ'') : ''F'' (''φu'') ''. φu'' = ''Fu''“.
Line 405: Line 405:
Hiermit erledigt sich Russell’s Paradox.
Hiermit erledigt sich Russell’s Paradox.


3.334          Die Regeln der logischen Syntax müssen sich von selbst verste- hen, wenn man nur weiss, wie ein jedes Zeichen bezeichnet.
3.334          Die Regeln der logischen Syntax müssen sich von selbst verstehen, wenn man nur weiss, wie ein jedes Zeichen bezeichnet.


3.34 Der Satz besitzt wesentliche und zufällige Züge.
3.34 Der Satz besitzt wesentliche und zufällige Züge.


Zufällig sind die Züge, die von der besonderen Art der Her- vorbringung des Satzzeichens herrühren. Wesentlich diejenigen, welche allein den Satz befähigen, seinen Sinn auszudrücken.
Zufällig sind die Züge, die von der besonderen Art der Hervorbringung des Satzzeichens herrühren. Wesentlich diejenigen, welche allein den Satz befähigen, seinen Sinn auszudrücken.


3.341           Das Wesentliche am Satz ist also das, was allen Sätzen, welche den gleichen Sinn ausdrücken können, gemeinsam ist.
3.341           Das Wesentliche am Satz ist also das, was allen Sätzen, welche den gleichen Sinn ausdrücken können, gemeinsam ist.


Und ebenso ist allgemein das Wesentliche am Symbol das, was alle Symbole, die denselben Zweck erfüllen können, gemein- sam haben.
Und ebenso ist allgemein das Wesentliche am Symbol das, was alle Symbole, die denselben Zweck erfüllen können, gemeinsam haben.


3.3411 Man könnte also sagen: Der eigentliche Name ist das, was alle Symbole, die den Gegenstand bezeichnen, gemeinsam haben. Es würde sich so successive ergeben, dass keinerlei Zusammenset- zung für den Namen wesentlich ist.
3.3411 Man könnte also sagen: Der eigentliche Name ist das, was alle Symbole, die den Gegenstand bezeichnen, gemeinsam haben. Es würde sich so successive ergeben, dass keinerlei Zusammensetzung für den Namen wesentlich ist.


3.342          An unseren Notationen ist zwar etwas willkürlich, aber d a s ist nicht willkürlich: Dass, we n n wir etwas willkürlich bestimmt haben, dann etwas anderes der Fall sein muss. (Dies hängt von dem We s e n der Notation ab.)
3.342          An unseren Notationen ist zwar etwas willkürlich, aber d a s ist nicht willkürlich: Dass, we n n wir etwas willkürlich bestimmt haben, dann etwas anderes der Fall sein muss. (Dies hängt von dem We s e n der Notation ab.)


3.3421 Eine besondere Bezeichnungsweise mag unwichtig sein, aber wichtig ist es immer, dass diese eine m ö g l i ch e Bezeichnungs- weise ist. Und so verhält es sich in der Philosophie überhaupt: Das Einzelne erweist sich immer wieder als unwichtig, aber die Möglichkeit jedes Einzelnen gibt uns einen Aufschluss über das Wesen der Welt.
3.3421 Eine besondere Bezeichnungsweise mag unwichtig sein, aber wichtig ist es immer, dass diese eine m ö g l i ch e Bezeichnungsweise ist. Und so verhält es sich in der Philosophie überhaupt: Das Einzelne erweist sich immer wieder als unwichtig, aber die Möglichkeit jedes Einzelnen gibt uns einen Aufschluss über das Wesen der Welt.


3.343          Definitionen sind Regeln der Übersetzung von einer Sprache in eine andere. Jede richtige Zeichensprache muss sich in jede an- dere nach solchen Regeln übersetzen lassen: D i e s ist, was sie alle gemeinsam haben.
3.343          Definitionen sind Regeln der Übersetzung von einer Sprache in eine andere. Jede richtige Zeichensprache muss sich in jede andere nach solchen Regeln übersetzen lassen: D i e s ist, was sie alle gemeinsam haben.


3.344          Das, was am Symbol bezeichnet, ist das Gemeinsame aller jener Symbole, durch die das erste den Regeln der logischen Syntax zufolge ersetzt werden kann.
3.344          Das, was am Symbol bezeichnet, ist das Gemeinsame aller jener Symbole, durch die das erste den Regeln der logischen Syntax zufolge ersetzt werden kann.


3.3441 Man kann z. B. das Gemeinsame aller Notationen für die Wahr- heitsfunktionen so ausdrücken: Es ist ihnen gemeinsam, dass sich alle – z. B. – durch die Notation von „∼''p''“ („nicht ''p''“) und „''p'' ∨ ''q''“ („''p'' oder ''q''“) e r s e t z e n l a s s e n.
3.3441 Man kann z. B. das Gemeinsame aller Notationen für die Wahrheitsfunktionen so ausdrücken: Es ist ihnen gemeinsam, dass sich alle – z. B. – durch die Notation von „∼''p''“ („nicht ''p''“) und „''p'' ∨ ''q''“ („''p'' oder ''q''“) e r s e t z e n l a s s e n.


(Hiermit ist die Art und Weise gekennzeichnet, wie eine spezielle mögliche Notation uns allgemeine Aufschlüsse geben kann.)
(Hiermit ist die Art und Weise gekennzeichnet, wie eine spezielle mögliche Notation uns allgemeine Aufschlüsse geben kann.)
Line 433: Line 433:
3.4 Der Satz bestimmt einen Ort im logischen Raum. Die Existenz dieses logischen Ortes ist durch die Existenz der Bestandteile allein verbürgt, durch die Existenz des sinnvollen Satzes.
3.4 Der Satz bestimmt einen Ort im logischen Raum. Die Existenz dieses logischen Ortes ist durch die Existenz der Bestandteile allein verbürgt, durch die Existenz des sinnvollen Satzes.


3.41 Das Satzzeichen und die logischen Koordinaten: Das ist der lo- gische Ort.
3.41 Das Satzzeichen und die logischen Koordinaten: Das ist der logische Ort.


3.411 Der geometrische und der logische Ort stimmen darin überein, dass beide die Möglichkeit einer Existenz sind.
3.411 Der geometrische und der logische Ort stimmen darin überein, dass beide die Möglichkeit einer Existenz sind.
Line 439: Line 439:
3.42 Obwohl der Satz nur einen Ort des logischen Raumes bestimmen darf, so muss doch durch ihn schon der ganze logische Raum gegeben sein.
3.42 Obwohl der Satz nur einen Ort des logischen Raumes bestimmen darf, so muss doch durch ihn schon der ganze logische Raum gegeben sein.


(Sonst würden durch die Verneinung, die logische Summe, das logische Produkt, etc. immer neue Elemente – in Koordina- tion – eingeführt.)
(Sonst würden durch die Verneinung, die logische Summe, das logische Produkt, etc. immer neue Elemente – in Koordination – eingeführt.)


(Das logische Gerüst um das Bild herum bestimmt den logi- schen Raum. Der Satz durchgreift den ganzen logischen Raum.)
(Das logische Gerüst um das Bild herum bestimmt den logischen Raum. Der Satz durchgreift den ganzen logischen Raum.)


3.5          Das angewandte, gedachte, Satzzeichen ist der Gedanke.
3.5          Das angewandte, gedachte, Satzzeichen ist der Gedanke.
Line 451: Line 451:
4.002              Der Mensch besitzt die Fähigkeit Sprachen zu bauen, womit sich jeder Sinn ausdrücken lässt, ohne eine Ahnung davon zu haben, wie und was jedes Wort bedeutet. – Wie man auch spricht, ohne zu wissen, wie die einzelnen Laute hervorgebracht werden.
4.002              Der Mensch besitzt die Fähigkeit Sprachen zu bauen, womit sich jeder Sinn ausdrücken lässt, ohne eine Ahnung davon zu haben, wie und was jedes Wort bedeutet. – Wie man auch spricht, ohne zu wissen, wie die einzelnen Laute hervorgebracht werden.


Die Umgangssprache ist ein Teil des menschlichen Organis- mus und nicht weniger kompliziert als dieser.
Die Umgangssprache ist ein Teil des menschlichen Organismus und nicht weniger kompliziert als dieser.


Es ist menschenunmöglich, die Sprachlogik aus ihr unmittel- bar zu entnehmen.
Es ist menschenunmöglich, die Sprachlogik aus ihr unmittelbar zu entnehmen.


Die Sprache verkleidet den Gedanken. Und zwar so, dass man nach der äusseren Form des Kleides, nicht auf die Form des bekleideten Gedankens schliessen kann; weil die äussere Form des Kleides nach ganz anderen Zwecken gebildet ist, als danach, die Form des Körpers erkennen zu lassen.
Die Sprache verkleidet den Gedanken. Und zwar so, dass man nach der äusseren Form des Kleides, nicht auf die Form des bekleideten Gedankens schliessen kann; weil die äussere Form des Kleides nach ganz anderen Zwecken gebildet ist, als danach, die Form des Körpers erkennen zu lassen.
Line 459: Line 459:
Die stillschweigenden Abmachungen zum Verständnis der Umgangssprache sind enorm kompliziert.
Die stillschweigenden Abmachungen zum Verständnis der Umgangssprache sind enorm kompliziert.


4.003               Die meisten Sätze und Fragen, welche über philosophische Din- ge geschrieben worden sind, sind nicht falsch, sondern unsinnig. Wir können daher Fragen dieser Art überhaupt nicht beantwor- ten, sondern nur ihre Unsinnigkeit feststellen. Die meisten Fra- gen und Sätze der Philosophen beruhen darauf, dass wir unsere Sprachlogik nicht verstehen.
4.003               Die meisten Sätze und Fragen, welche über philosophische Dinge geschrieben worden sind, sind nicht falsch, sondern unsinnig. Wir können daher Fragen dieser Art überhaupt nicht beantworten, sondern nur ihre Unsinnigkeit feststellen. Die meisten Fragen und Sätze der Philosophen beruhen darauf, dass wir unsere Sprachlogik nicht verstehen.


(Sie sind von der Art der Frage, ob das Gute mehr oder weniger identisch sei als das Schöne.)  
(Sie sind von der Art der Frage, ob das Gute mehr oder weniger identisch sei als das Schöne.)  
Line 471: Line 471:
Der Satz ist ein Modell der Wirklichkeit, so wie wir sie uns denken.
Der Satz ist ein Modell der Wirklichkeit, so wie wir sie uns denken.


4.011                Auf den ersten Blick scheint der Satz – wie er etwa auf dem Papier gedruckt steht – kein Bild der Wirklichkeit zu sein, von der er handelt. Aber auch die Notenschrift scheint auf den ers- ten Blick kein Bild der Musik zu sein, und unsere Lautzeichen- (Buchstaben-)Schrift kein Bild unserer Lautsprache.
4.011                Auf den ersten Blick scheint der Satz – wie er etwa auf dem Papier gedruckt steht – kein Bild der Wirklichkeit zu sein, von der er handelt. Aber auch die Notenschrift scheint auf den ersten Blick kein Bild der Musik zu sein, und unsere Lautzeichen- (Buchstaben-)Schrift kein Bild unserer Lautsprache.


Und doch erweisen sich diese Zeichensprachen auch im ge- wöhnlichen Sinne als Bilder dessen, was sie darstellen.
Und doch erweisen sich diese Zeichensprachen auch im gewöhnlichen Sinne als Bilder dessen, was sie darstellen.


4.012               Offenbar ist, dass wir einen Satz von der Form „''aRb''“ als Bild empfinden. Hier ist das Zeichen offenbar ein Gleichnis des Be- zeichneten.
4.012               Offenbar ist, dass wir einen Satz von der Form „''aRb''“ als Bild empfinden. Hier ist das Zeichen offenbar ein Gleichnis des Bezeichneten.


4.013               Und wenn wir in das Wesentliche dieser Bildhaftigkeit eindrin- gen, so sehen wir, dass dieselbe durch s ch e i nb a r e U n r e - g e l m ä s s i g ke i t e n (wie die Verwendung der ♯ und ♭ in der Notenschrift) n i c h t gestört wird.
4.013               Und wenn wir in das Wesentliche dieser Bildhaftigkeit eindringen, so sehen wir, dass dieselbe durch s ch e i nb a r e U n r e g e l m ä s s i g ke i t e n (wie die Verwendung der ♯ und ♭ in der Notenschrift) n i c h t gestört wird.


Denn auch diese Unregelmässigkeiten bilden das ab, was sie ausdrücken sollen; nur auf eine andere Art und Weise.
Denn auch diese Unregelmässigkeiten bilden das ab, was sie ausdrücken sollen; nur auf eine andere Art und Weise.


4.014                Die Grammophonplatte, der musikalische Gedanke, die Noten- schrift, die Schallwellen, stehen alle in jener abbildenden inter- nen Beziehung zu einander, die zwischen Sprache und Welt be- steht.
4.014                Die Grammophonplatte, der musikalische Gedanke, die Notenschrift, die Schallwellen, stehen alle in jener abbildenden internen Beziehung zu einander, die zwischen Sprache und Welt besteht.


Ihnen allen ist der logische Bau gemeinsam.
Ihnen allen ist der logische Bau gemeinsam.
Line 487: Line 487:
(Wie im Märchen die zwei Jünglinge, ihre zwei Pferde und ihre Lilien. Sie sind alle in gewissem Sinne Eins.)
(Wie im Märchen die zwei Jünglinge, ihre zwei Pferde und ihre Lilien. Sie sind alle in gewissem Sinne Eins.)


4.0141 Dass es eine allgemeine Regel gibt, durch die der Musiker aus der Partitur die Symphonie entnehmen kann, durch welche man aus der Linie auf der Grammophonplatte die Symphonie und nach der ersten Regel wieder die Partitur ableiten kann, dar- in besteht eben die innere Ähnlichkeit dieser scheinbar so ganz verschiedenen Gebilde. Und jene Regel ist das Gesetz der Pro- jektion, welches die Symphonie in die Notensprache projiziert. Sie ist die Regel der Übersetzung der Notensprache in die Spra- che der Grammophonplatte.
4.0141 Dass es eine allgemeine Regel gibt, durch die der Musiker aus der Partitur die Symphonie entnehmen kann, durch welche man aus der Linie auf der Grammophonplatte die Symphonie und nach der ersten Regel wieder die Partitur ableiten kann, darin besteht eben die innere Ähnlichkeit dieser scheinbar so ganz verschiedenen Gebilde. Und jene Regel ist das Gesetz der Projektion, welches die Symphonie in die Notensprache projiziert. Sie ist die Regel der Übersetzung der Notensprache in die Sprache der Grammophonplatte.


4.015               Die Möglichkeit aller Gleichnisse, der ganzen Bildhaftigkeit un- serer Ausdrucksweise, ruht in der Logik der Abbildung.
4.015               Die Möglichkeit aller Gleichnisse, der ganzen Bildhaftigkeit unserer Ausdrucksweise, ruht in der Logik der Abbildung.


4.016               Um das Wesen des Satzes zu verstehen, denken wir an die Hiero- glyphenschrift, welche die Tatsachen die sie beschreibt abbildet. Und aus ihr wurde die Buchstabenschrift, ohne das Wesentliche der Abbildung zu verlieren.
4.016               Um das Wesen des Satzes zu verstehen, denken wir an die Hieroglyphenschrift, welche die Tatsachen die sie beschreibt abbildet. Und aus ihr wurde die Buchstabenschrift, ohne das Wesentliche der Abbildung zu verlieren.


4.02 Dies sehen wir daraus, dass wir den Sinn des Satzzeichens ver- stehen, ohne dass er uns erklärt wurde.
4.02 Dies sehen wir daraus, dass wir den Sinn des Satzzeichens verstehen, ohne dass er uns erklärt wurde.


4.021                Der Satz ist ein Bild der Wirklichkeit: Denn ich kenne die von ihm dargestellte Sachlage, wenn ich den Satz verstehe. Und den Satz verstehe ich, ohne dass mir sein Sinn erklärt wurde.
4.021                Der Satz ist ein Bild der Wirklichkeit: Denn ich kenne die von ihm dargestellte Sachlage, wenn ich den Satz verstehe. Und den Satz verstehe ich, ohne dass mir sein Sinn erklärt wurde.
Line 505: Line 505:
Dazu muss sie durch ihn vollständig beschrieben werden. Der Satz ist die Beschreibung eines Sachverhaltes.
Dazu muss sie durch ihn vollständig beschrieben werden. Der Satz ist die Beschreibung eines Sachverhaltes.


Wie die Beschreibung einen Gegenstand nach seinen exter- nen Eigenschaften, so beschreibt der Satz die Wirklichkeit nach ihren internen Eigenschaften.
Wie die Beschreibung einen Gegenstand nach seinen externen Eigenschaften, so beschreibt der Satz die Wirklichkeit nach ihren internen Eigenschaften.


Der Satz konstruiert eine Welt mit Hilfe eines logischen Ge- rüstes und darum kann man am Satz auch sehen, wie sich al- les Logische verhält, we n n er wahr ist. Man kann aus einem falschen Satz S ch l ü s s e z i e h e n.
Der Satz konstruiert eine Welt mit Hilfe eines logischen Gerüstes und darum kann man am Satz auch sehen, wie sich alles Logische verhält, we n n er wahr ist. Man kann aus einem falschen Satz S ch l ü s s e z i e h e n.


4.024               Einen Satz verstehen, heisst, wissen was der Fall ist, wenn er wahr ist.
4.024               Einen Satz verstehen, heisst, wissen was der Fall ist, wenn er wahr ist.
Line 517: Line 517:
4.025               Die Übersetzung einer Sprache in eine andere geht nicht so vor sich, dass man jeden S a t z der einen in einen S a t z der anderen übersetzt, sondern nur die Satzbestandteile werden übersetzt.
4.025               Die Übersetzung einer Sprache in eine andere geht nicht so vor sich, dass man jeden S a t z der einen in einen S a t z der anderen übersetzt, sondern nur die Satzbestandteile werden übersetzt.


(Und das Wörterbuch übersetzt nicht nur Substantiva, son- dern auch Zeit-, Eigenschafts- und Bindewörter etc.; und es be- handelt sie alle gleich.)
(Und das Wörterbuch übersetzt nicht nur Substantiva, sondern auch Zeit-, Eigenschafts- und Bindewörter etc.; und es behandelt sie alle gleich.)


4.026               Die Bedeutungen der einfachen Zeichen (der Wörter) müssen uns erklärt werden, dass wir sie verstehen.
4.026               Die Bedeutungen der einfachen Zeichen (der Wörter) müssen uns erklärt werden, dass wir sie verstehen.
Line 531: Line 531:
Der Satz sagt nur insoweit etwas aus, als er ein Bild ist.
Der Satz sagt nur insoweit etwas aus, als er ein Bild ist.


4.031                Im Satz wird gleichsam eine Sachlage probeweise zusammenge- stellt.
4.031                Im Satz wird gleichsam eine Sachlage probeweise zusammengestellt.


Man kann geradezu sagen: statt, dieser Satz hat diesen und diesen Sinn; dieser Satz stellt diese und diese Sachlage dar.
Man kann geradezu sagen: statt, dieser Satz hat diesen und diesen Sinn; dieser Satz stellt diese und diese Sachlage dar.
Line 537: Line 537:
4.0311 Ein Name steht für ein Ding, ein anderer für ein anderes Ding und untereinander sind sie verbunden, so stellt das Ganze – wie ein lebendes Bild – den Sachverhalt vor.
4.0311 Ein Name steht für ein Ding, ein anderer für ein anderes Ding und untereinander sind sie verbunden, so stellt das Ganze – wie ein lebendes Bild – den Sachverhalt vor.


4.0312 Die Möglichkeit des Satzes beruht auf dem Prinzip der Vertre- tung von Gegenständen durch Zeichen.
4.0312 Die Möglichkeit des Satzes beruht auf dem Prinzip der Vertretung von Gegenständen durch Zeichen.


Mein Grundgedanke ist, dass die „logischen Konstanten“ nicht vertreten. Dass sich die L o g i k der Tatsachen nicht ver- treten lässt.
Mein Grundgedanke ist, dass die „logischen Konstanten“ nicht vertreten. Dass sich die L o g i k der Tatsachen nicht vertreten lässt.


4.032               Nur insoweit ist der Satz ein Bild einer Sachlage, als er logisch gegliedert ist.
4.032               Nur insoweit ist der Satz ein Bild einer Sachlage, als er logisch gegliedert ist.
Line 551: Line 551:
4.041 Diese mathematische Mannigfaltigkeit kann man natürlich nicht selbst wieder abbilden. Aus ihr kann man beim Abbilden nicht heraus.
4.041 Diese mathematische Mannigfaltigkeit kann man natürlich nicht selbst wieder abbilden. Aus ihr kann man beim Abbilden nicht heraus.


4.0411 Wollten wir z. B. das, was wir durch „(''x'')''fx''“ ausdrücken, durch Vorsetzen eines Indexes vor „''fx''“ ausdrücken – etwa so: „Alg. ''fx''“, es würde nicht genügen – wir wüssten nicht, was verallge- meinert wurde. Wollten wir es durch einen Index „''a''“ anzeigen –  etwa so: „''f'' (''x<sub>a</sub>'')“ – es würde auch nicht genügen – wir wüssten nicht den Bereich der Allgemeinheitsbezeichnung.
4.0411 Wollten wir z. B. das, was wir durch „(''x'')''fx''“ ausdrücken, durch Vorsetzen eines Indexes vor „''fx''“ ausdrücken – etwa so: „Alg. ''fx''“, es würde nicht genügen – wir wüssten nicht, was verallgemeinert wurde. Wollten wir es durch einen Index „''a''“ anzeigen –  etwa so: „''f'' (''x<sub>a</sub>'')“ – es würde auch nicht genügen – wir wüssten nicht den Bereich der Allgemeinheitsbezeichnung.


Wollten wir es durch Einführung einer Marke in die Argumentstellen versuchen – etwa so: „(''A, A'') ''. F'' (''A, A'')“ – es würde nicht genügen – wir könnten die Identität der Variablen nicht feststellen. U.s.w.
Wollten wir es durch Einführung einer Marke in die Argumentstellen versuchen – etwa so: „(''A, A'') ''. F'' (''A, A'')“ – es würde nicht genügen – wir könnten die Identität der Variablen nicht feststellen. U.s.w.
Line 563: Line 563:
4.06               Nur dadurch kann der Satz wahr oder falsch sein, indem er ein Bild der Wirklichkeit ist.
4.06               Nur dadurch kann der Satz wahr oder falsch sein, indem er ein Bild der Wirklichkeit ist.


4.061                Beachtet man nicht, dass der Satz einen von den Tatsachen un- abhängigen Sinn hat, so kann man leicht glauben, dass wahr und falsch gleichberechtigte Beziehungen von Zeichen und Bezeich- netem sind.
4.061                Beachtet man nicht, dass der Satz einen von den Tatsachen unabhängigen Sinn hat, so kann man leicht glauben, dass wahr und falsch gleichberechtigte Beziehungen von Zeichen und Bezeichnetem sind.


Man könnte dann z. B. sagen, dass „''p''“ auf die wahre Art bezeichnet, was „∼''p''“ auf die falsche Art, etc.
Man könnte dann z. B. sagen, dass „''p''“ auf die wahre Art bezeichnet, was „∼''p''“ auf die falsche Art, etc.
Line 569: Line 569:
4.062               Kann man sich nicht mit falschen Sätzen, wie bisher mit wahren, verständigen? Solange man nur weiss, dass sie falsch gemeint sind. Nein! Denn, wahr ist ein Satz, wenn es sich so verhält, wie wir es durch ihn sagen; und wenn wir mit „''p''“ ∼''p'' meinen, und es sich so verhält wie wir es meinen, so ist „''p''“ in der neuen Auffassung wahr und nicht falsch.
4.062               Kann man sich nicht mit falschen Sätzen, wie bisher mit wahren, verständigen? Solange man nur weiss, dass sie falsch gemeint sind. Nein! Denn, wahr ist ein Satz, wenn es sich so verhält, wie wir es durch ihn sagen; und wenn wir mit „''p''“ ∼''p'' meinen, und es sich so verhält wie wir es meinen, so ist „''p''“ in der neuen Auffassung wahr und nicht falsch.


4.0621 Dass aber die Zeichen „''p''“ und „∼''p''“ das gleiche sagen  kö n - n e n, ist wichtig. Denn es zeigt, dass dem Zeichen „∼“ in der Wirklichkeit nichts entspricht.
4.0621 Dass aber die Zeichen „''p''“ und „∼''p''“ das gleiche sagen  kö n n e n, ist wichtig. Denn es zeigt, dass dem Zeichen „∼“ in der Wirklichkeit nichts entspricht.


Dass in einem Satz die Verneinung vorkommt, ist noch kein Merkmal seines Sinnes (∼∼''p'' = ''p'').
Dass in einem Satz die Verneinung vorkommt, ist noch kein Merkmal seines Sinnes (∼∼''p'' = ''p'').
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4.063               Ein Bild zur Erklärung des Wahrheitsbegriffes: Schwarzer Fleck auf weissem Papier; die Form des Fleckes kann man beschreiben, indem man für jeden Punkt der Fläche angibt, ob er weiss oder schwarz ist. Der Tatsache, dass ein Punkt schwarz ist, entspricht eine positive – der, dass ein Punkt weiss (nicht schwarz) ist, eine negative Tatsache. Bezeichne ich einen Punkt der Fläche (einen Frege’schen Wahrheitswert), so entspricht dies der Annahme, die zur Beurteilung aufgestellt wird, etc. etc.
4.063               Ein Bild zur Erklärung des Wahrheitsbegriffes: Schwarzer Fleck auf weissem Papier; die Form des Fleckes kann man beschreiben, indem man für jeden Punkt der Fläche angibt, ob er weiss oder schwarz ist. Der Tatsache, dass ein Punkt schwarz ist, entspricht eine positive – der, dass ein Punkt weiss (nicht schwarz) ist, eine negative Tatsache. Bezeichne ich einen Punkt der Fläche (einen Frege’schen Wahrheitswert), so entspricht dies der Annahme, die zur Beurteilung aufgestellt wird, etc. etc.


Um aber sagen zu können, ein Punkt sei schwarz oder weiss, muss ich vorerst wissen, wann man einen Punkt schwarz und wann man ihn weiss nennt; um sagen zu können: „''p''“ ist wahr (oder falsch), muss ich bestimmt haben, unter welchen Umstän- den ich „''p''“ wahr nenne, und damit bestimme ich den Sinn des Satzes.
Um aber sagen zu können, ein Punkt sei schwarz oder weiss, muss ich vorerst wissen, wann man einen Punkt schwarz und wann man ihn weiss nennt; um sagen zu können: „''p''“ ist wahr (oder falsch), muss ich bestimmt haben, unter welchen Umständen ich „''p''“ wahr nenne, und damit bestimme ich den Sinn des Satzes.


Der Punkt an dem das Gleichnis hinkt ist nun der: Wir kön- nen auf einen Punkt des Papiers zeigen, auch ohne zu wissen, was weiss und schwarz ist; einem Satz ohne Sinn aber entspricht gar nichts, denn er bezeichnet kein Ding (Wahrheitswert) dessen Ei- genschaften etwa „falsch“ oder „wahr“ hiessen; das Verbum eines Satzes ist nicht „ist wahr“ oder „ist falsch“ – wie Frege glaubte – , sondern das, was „wahr ist“ muss das Verbum schon enthalten.
Der Punkt an dem das Gleichnis hinkt ist nun der: Wir können auf einen Punkt des Papiers zeigen, auch ohne zu wissen, was weiss und schwarz ist; einem Satz ohne Sinn aber entspricht gar nichts, denn er bezeichnet kein Ding (Wahrheitswert) dessen Eigenschaften etwa „falsch“ oder „wahr“ hiessen; das Verbum eines Satzes ist nicht „ist wahr“ oder „ist falsch“ – wie Frege glaubte – , sondern das, was „wahr ist“ muss das Verbum schon enthalten.


4.064               Jeder Satz muss s ch o n einen Sinn haben; die Bejahung kann ihn ihm nicht geben, denn sie bejaht ja gerade den Sinn. Und dasselbe gilt von der Verneinung, etc.
4.064               Jeder Satz muss s ch o n einen Sinn haben; die Bejahung kann ihn ihm nicht geben, denn sie bejaht ja gerade den Sinn. Und dasselbe gilt von der Verneinung, etc.
Line 587: Line 587:
Der verneinende Satz bestimmt einen a n d e r e n logischen Ort als der verneinte.
Der verneinende Satz bestimmt einen a n d e r e n logischen Ort als der verneinte.


Der verneinende Satz bestimmt einen logischen Ort mit Hilfe des logischen Ortes des verneinten Satzes, indem er jenen aus- serhalb diesem liegend beschreibt.
Der verneinende Satz bestimmt einen logischen Ort mit Hilfe des logischen Ortes des verneinten Satzes, indem er jenen ausserhalb diesem liegend beschreibt.


Dass man den verneinten Satz wieder verneinen kann, zeigt schon, dass das, was verneint wird, schon ein Satz und nicht erst die Vorbereitung zu einem Satze ist.
Dass man den verneinten Satz wieder verneinen kann, zeigt schon, dass das, was verneint wird, schon ein Satz und nicht erst die Vorbereitung zu einem Satze ist.
Line 593: Line 593:
1.1                   Der Satz stellt das Bestehen und Nichtbestehen der Sachverhalte dar.
1.1                   Der Satz stellt das Bestehen und Nichtbestehen der Sachverhalte dar.


4.11        Die Gesamtheit der wahren Sätze ist die gesamte Naturwissen- schaft (oder die Gesamtheit der Naturwissenschaften).
4.11        Die Gesamtheit der wahren Sätze ist die gesamte Naturwissenschaft (oder die Gesamtheit der Naturwissenschaften).


4.111           Die Philosophie ist keine der Naturwissenschaften.
4.111           Die Philosophie ist keine der Naturwissenschaften.
Line 599: Line 599:
(Das Wort „Philosophie“ muss etwas bedeuten, was über oder unter, aber nicht neben den Naturwissenschaften steht.)
(Das Wort „Philosophie“ muss etwas bedeuten, was über oder unter, aber nicht neben den Naturwissenschaften steht.)


4.112          Der Zweck der Philosophie ist die logische Klärung der Gedan- ken.
4.112          Der Zweck der Philosophie ist die logische Klärung der Gedanken.


Die Philosophie ist keine Lehre, sondern eine Tätigkeit.
Die Philosophie ist keine Lehre, sondern eine Tätigkeit.


Ein philosophisches Werk besteht wesentlich aus Erläuterun- gen.
Ein philosophisches Werk besteht wesentlich aus Erläuterungen.


Das Resultat der Philosophie sind nicht „philosophische Sät- ze“, sondern das Klarwerden von Sätzen.
Das Resultat der Philosophie sind nicht „philosophische Sätze“, sondern das Klarwerden von Sätzen.


Die Philosophie soll die Gedanken, die sonst, gleichsam, trü- be und verschwommen sind, klar machen und scharf abgrenzen.
Die Philosophie soll die Gedanken, die sonst, gleichsam, trübe und verschwommen sind, klar machen und scharf abgrenzen.


4.1121    Die Psychologie ist der Philosophie nicht verwandter als irgend eine andere Naturwissenschaft.
4.1121    Die Psychologie ist der Philosophie nicht verwandter als irgend eine andere Naturwissenschaft.
Line 615: Line 615:
Entspricht nicht mein Studium der Zeichensprache dem Studium der Denkprozesse, welches die Philosophen für die Philosophie der Logik für so wesentlich hielten? Nur verwickelten sie sich meistens in unwesentliche psychologische Untersuchungen und eine analoge Gefahr gibt es auch bei meiner Methode.
Entspricht nicht mein Studium der Zeichensprache dem Studium der Denkprozesse, welches die Philosophen für die Philosophie der Logik für so wesentlich hielten? Nur verwickelten sie sich meistens in unwesentliche psychologische Untersuchungen und eine analoge Gefahr gibt es auch bei meiner Methode.


4.1122 Die Darwinsche Theorie hat mit der Philosophie nicht mehr  zu schaffen, als irgend eine andere Hypothese der Naturwissen- schaft.
4.1122 Die Darwinsche Theorie hat mit der Philosophie nicht mehr  zu schaffen, als irgend eine andere Hypothese der Naturwissenschaft.


4.113          Die Philosophie begrenzt das bestreitbare Gebiet der Naturwis- senschaft.
4.113          Die Philosophie begrenzt das bestreitbare Gebiet der Naturwissenschaft.


4.114          Sie soll das Denkbare abgrenzen und damit das Undenkbare. Sie soll das Undenkbare von innen durch das Denkbare begrenzen.
4.114          Sie soll das Denkbare abgrenzen und damit das Undenkbare. Sie soll das Undenkbare von innen durch das Denkbare begrenzen.
Line 623: Line 623:
4.115          Sie wird das Unsagbare bedeuten, indem sie das Sagbare klar darstellt.
4.115          Sie wird das Unsagbare bedeuten, indem sie das Sagbare klar darstellt.


4.116          Alles was überhaupt gedacht werden kann, kann klar gedacht werden. Alles was sich aussprechen lässt, lässt sich klar ausspre- chen.
4.116          Alles was überhaupt gedacht werden kann, kann klar gedacht werden. Alles was sich aussprechen lässt, lässt sich klar aussprechen.


4.12 Der Satz kann die gesamte Wirklichkeit darstellen, aber er kann nicht das darstellen, was er mit der Wirklichkeit gemein haben muss, um sie darstellen zu können – die logische Form.
4.12 Der Satz kann die gesamte Wirklichkeit darstellen, aber er kann nicht das darstellen, was er mit der Wirklichkeit gemein haben muss, um sie darstellen zu können – die logische Form.
Line 645: Line 645:
4.1213 Jetzt verstehen wir auch unser Gefühl: dass wir im Besitze einer richtigen logischen Auffassung seien, wenn nur einmal alles in unserer Zeichensprache stimmt.
4.1213 Jetzt verstehen wir auch unser Gefühl: dass wir im Besitze einer richtigen logischen Auffassung seien, wenn nur einmal alles in unserer Zeichensprache stimmt.


4.122          Wir können in gewissem Sinne von formalen Eigenschaften der Gegenstände und Sachverhalte bezw. von Eigenschaften der Struktur der Tatsachen reden und in demselben Sinne von for- malen Relationen und Relationen von Strukturen.
4.122          Wir können in gewissem Sinne von formalen Eigenschaften der Gegenstände und Sachverhalte bezw. von Eigenschaften der Struktur der Tatsachen reden und in demselben Sinne von formalen Relationen und Relationen von Strukturen.


(Statt Eigenschaft der Struktur sage ich auch „interne Eigen- schaft“; statt Relation der Strukturen „interne Relation“.
(Statt Eigenschaft der Struktur sage ich auch „interne Eigenschaft“; statt Relation der Strukturen „interne Relation“.


Ich führe diese Ausdrücke ein, um den Grund der, bei den Philosophen sehr verbreiteten Verwechslung zwischen den internen Relationen und den eigentlichen (externen) Relationen zu zeigen.)
Ich führe diese Ausdrücke ein, um den Grund der, bei den Philosophen sehr verbreiteten Verwechslung zwischen den internen Relationen und den eigentlichen (externen) Relationen zu zeigen.)
Line 655: Line 655:
4.1221 Eine interne Eigenschaft einer Tatsache können wir auch einen Zug dieser Tatsache nennen. (In dem Sinn, in welchem wir etwa von Gesichtszügen sprechen.)
4.1221 Eine interne Eigenschaft einer Tatsache können wir auch einen Zug dieser Tatsache nennen. (In dem Sinn, in welchem wir etwa von Gesichtszügen sprechen.)


4.123          Eine Eigenschaft ist intern, wenn es undenkbar ist, dass ihr Ge- genstand sie nicht besitzt.
4.123          Eine Eigenschaft ist intern, wenn es undenkbar ist, dass ihr Gegenstand sie nicht besitzt.


(Diese blaue Farbe und jene stehen in der internen Relation von heller und dunkler eo ipso. Es ist undenkbar, dass d i e s e beiden Gegenstände nicht in dieser Relation stünden.)
(Diese blaue Farbe und jene stehen in der internen Relation von heller und dunkler eo ipso. Es ist undenkbar, dass d i e s e beiden Gegenstände nicht in dieser Relation stünden.)


(Hier entspricht dem schwankenden Gebrauch der Worte „Ei- genschaft“ und „Relation“ der schwankende Gebrauch des Wor- tes „Gegenstand“.)
(Hier entspricht dem schwankenden Gebrauch der Worte „Eigenschaft“ und „Relation“ der schwankende Gebrauch des Wortes „Gegenstand“.)


4.124          Das Bestehen einer internen Eigenschaft einer möglichen Sach- lage wird nicht durch einen Satz ausgedrückt, sondern es drückt sich in dem sie darstellenden Satz, durch eine interne Eigenschaft dieses Satzes aus.
4.124          Das Bestehen einer internen Eigenschaft einer möglichen Sachlage wird nicht durch einen Satz ausgedrückt, sondern es drückt sich in dem sie darstellenden Satz, durch eine interne Eigenschaft dieses Satzes aus.


Es wäre ebenso unsinnig, dem Satze eine formale Eigenschaft zuzusprechen, als sie ihm abzusprechen.
Es wäre ebenso unsinnig, dem Satze eine formale Eigenschaft zuzusprechen, als sie ihm abzusprechen.
Line 667: Line 667:
4.1241 Formen kann man nicht dadurch von einander unterscheiden, dass man sagt, die eine habe diese, die andere aber jene Eigenschaft; denn dies setzt voraus, dass es einen Sinn habe, beide Eigenschaften von beiden Formen auszusagen.
4.1241 Formen kann man nicht dadurch von einander unterscheiden, dass man sagt, die eine habe diese, die andere aber jene Eigenschaft; denn dies setzt voraus, dass es einen Sinn habe, beide Eigenschaften von beiden Formen auszusagen.


4.125          Das Bestehen einer internen Relation zwischen möglichen Sach- lagen drückt sich sprachlich durch eine interne Relation zwischen den sie darstellenden Sätzen aus.
4.125          Das Bestehen einer internen Relation zwischen möglichen Sachlagen drückt sich sprachlich durch eine interne Relation zwischen den sie darstellenden Sätzen aus.


4.1251    Hier erledigt sich nun die Streitfrage „ob alle Relationen intern oder extern“ seien.
4.1251    Hier erledigt sich nun die Streitfrage „ob alle Relationen intern oder extern“ seien.
Line 679: Line 679:
(Steht ''b'' in einer dieser Beziehungen zu ''a'', so nenne ich ''b'' einen Nachfolger von ''a''.)
(Steht ''b'' in einer dieser Beziehungen zu ''a'', so nenne ich ''b'' einen Nachfolger von ''a''.)


4.126          In dem Sinne, in welchem wir von formalen Eigenschaften spre- chen, können wir nun auch von formalen Begriffen reden.
4.126          In dem Sinne, in welchem wir von formalen Eigenschaften sprechen, können wir nun auch von formalen Begriffen reden.


(Ich führe diesen Ausdruck ein, um den Grund der Verwechs- lung der formalen Begriffe mit den eigentlichen Begriffen, welche die ganze alte Logik durchzieht, klar zu machen.)
(Ich führe diesen Ausdruck ein, um den Grund der Verwechslung der formalen Begriffe mit den eigentlichen Begriffen, welche die ganze alte Logik durchzieht, klar zu machen.)


Dass etwas unter einen formalen Begriff als dessen Gegen- stand fällt, kann nicht durch einen Satz ausgedrückt werden. Sondern es zeigt sich an dem Zeichen dieses Gegenstandes selbst. (Der Name zeigt, dass er einen Gegenstand bezeichnet, das Zah- lenzeichen, dass es eine Zahl bezeichnet etc.)
Dass etwas unter einen formalen Begriff als dessen Gegenstand fällt, kann nicht durch einen Satz ausgedrückt werden. Sondern es zeigt sich an dem Zeichen dieses Gegenstandes selbst. (Der Name zeigt, dass er einen Gegenstand bezeichnet, das Zahlenzeichen, dass es eine Zahl bezeichnet etc.)


Die formalen Begriffe können ja nicht, wie die eigentlichen Begriffe, durch eine Funktion dargestellt werden.
Die formalen Begriffe können ja nicht, wie die eigentlichen Begriffe, durch eine Funktion dargestellt werden.
Line 691: Line 691:
Der Ausdruck der formalen Eigenschaft ist ein Zug gewisser Symbole.
Der Ausdruck der formalen Eigenschaft ist ein Zug gewisser Symbole.


Das Zeichen der Merkmale eines formalen Begriffes ist al- so ein charakteristischer Zug aller Symbole, deren Bedeutungen unter den Begriff fallen.
Das Zeichen der Merkmale eines formalen Begriffes ist also ein charakteristischer Zug aller Symbole, deren Bedeutungen unter den Begriff fallen.


Der Ausdruck des formalen Begriffes also, eine Satzvariable, in welcher nur dieser charakteristische Zug konstant ist.
Der Ausdruck des formalen Begriffes also, eine Satzvariable, in welcher nur dieser charakteristische Zug konstant ist.
Line 709: Line 709:
. . . “ durch „(∃''x, y'') ''. . .''“.
. . . “ durch „(∃''x, y'') ''. . .''“.


Wo immer es anders, also als eigentliches Begriffswort ge- braucht wird, entstehen unsinnige Scheinsätze.
Wo immer es anders, also als eigentliches Begriffswort gebraucht wird, entstehen unsinnige Scheinsätze.


So kann man z. B. nicht sagen „Es gibt Gegenstände“, wie man etwa sagt „Es gibt Bücher“. Und ebenso wenig „Es gibt 100 Gegenstände“, oder „Es gibt ℵ<sub>0</sub> Gegenstände“.
So kann man z. B. nicht sagen „Es gibt Gegenstände“, wie man etwa sagt „Es gibt Bücher“. Und ebenso wenig „Es gibt 100 Gegenstände“, oder „Es gibt ℵ<sub>0</sub> Gegenstände“.
Line 717: Line 717:
Dasselbe gilt von den Worten „Komplex“, „Tatsache“, „Funktion“, „Zahl“, etc.
Dasselbe gilt von den Worten „Komplex“, „Tatsache“, „Funktion“, „Zahl“, etc.


Sie alle bezeichnen formale Begriffe und werden in der Be- griffsschrift durch Variable, nicht durch Funktionen oder Klassen dargestellt. (Wie Frege und Russell glaubten.)
Sie alle bezeichnen formale Begriffe und werden in der Begriffsschrift durch Variable, nicht durch Funktionen oder Klassen dargestellt. (Wie Frege und Russell glaubten.)


Ausdrücke wie „1 ist eine Zahl“, „es gibt nur Eine Null“ und alle ähnlichen sind unsinnig.
Ausdrücke wie „1 ist eine Zahl“, „es gibt nur Eine Null“ und alle ähnlichen sind unsinnig.
Line 723: Line 723:
(Es ist ebenso unsinnig zu sagen „es gibt nur eine 1“, als es unsinnig wäre, zu sagen: 2 + 2 ist um 3 Uhr gleich 4.)
(Es ist ebenso unsinnig zu sagen „es gibt nur eine 1“, als es unsinnig wäre, zu sagen: 2 + 2 ist um 3 Uhr gleich 4.)


4.12721 Der formale Begriff ist mit einem Gegenstand, der unter ihn fällt, bereits gegeben. Man kann also nicht Gegenstände eines forma- len Begriffes u n d den formalen Begriff selbst als Grundbegriffe einführen. Man kann also z. B. nicht den Begriff der Funktion, und auch spezielle Funktionen (wie Russell) als Grundbegriffe einführen; oder den Begriff der Zahl und bestimmte Zahlen.
4.12721 Der formale Begriff ist mit einem Gegenstand, der unter ihn fällt, bereits gegeben. Man kann also nicht Gegenstände eines formalen Begriffes u n d den formalen Begriff selbst als Grundbegriffe einführen. Man kann also z. B. nicht den Begriff der Funktion, und auch spezielle Funktionen (wie Russell) als Grundbegriffe einführen; oder den Begriff der Zahl und bestimmte Zahlen.


4.1273 Wollen wir den allgemeinen Satz: „''b'' ist ein Nachfolger von ''a''“ in der Begriffsschrift ausdrücken, so brauchen wir hierzu einen Ausdruck für das allgemeine Glied der Formenreihe: ''aRb'', (∃''x'') : ''aRx.xRb'', (∃''x, y'') : ''aRx.xRy.yRb'', . . . Das allgemeine Glied einer Formenreihe kann man nur durch eine Variable ausdrücken, denn der Begriff: Glied dieser Formenreihe, ist ein f o r m a l e r Begriff. (Dies haben Frege und Russell übersehen; die Art und Weise wie sie allgemeine Sätze, wie den obigen ausdrücken wollen ist daher falsch; sie enthält einen circulus vitiosus.)
4.1273 Wollen wir den allgemeinen Satz: „''b'' ist ein Nachfolger von ''a''“ in der Begriffsschrift ausdrücken, so brauchen wir hierzu einen Ausdruck für das allgemeine Glied der Formenreihe: ''aRb'', (∃''x'') : ''aRx.xRb'', (∃''x, y'') : ''aRx.xRy.yRb'', . . . Das allgemeine Glied einer Formenreihe kann man nur durch eine Variable ausdrücken, denn der Begriff: Glied dieser Formenreihe, ist ein f o r m a l e r Begriff. (Dies haben Frege und Russell übersehen; die Art und Weise wie sie allgemeine Sätze, wie den obigen ausdrücken wollen ist daher falsch; sie enthält einen circulus vitiosus.)


Wir können das allgemeine Glied der Formenreihe bestimmen, indem wir ihr erstes Glied angeben und die allgemeine Form der Operation, welche das folgende Glied aus dem vorher- gehenden Satz erzeugt.
Wir können das allgemeine Glied der Formenreihe bestimmen, indem wir ihr erstes Glied angeben und die allgemeine Form der Operation, welche das folgende Glied aus dem vorhergehenden Satz erzeugt.


4.1274 Die Frage nach der Existenz eines formalen Begriffes ist unsinnig. Denn kein Satz kann eine solche Frage beantworten.
4.1274 Die Frage nach der Existenz eines formalen Begriffes ist unsinnig. Denn kein Satz kann eine solche Frage beantworten.
Line 737: Line 737:
Darum gibt es in der Logik keine ausgezeichneten Zahlen und darum gibt es keinen philosophischen Monismus oder Dualismus, etc.
Darum gibt es in der Logik keine ausgezeichneten Zahlen und darum gibt es keinen philosophischen Monismus oder Dualismus, etc.


4.2 Der Sinn des Satzes ist seine Übereinstimmung, und Nichtüber- einstimmung mit den Möglichkeiten des Bestehens und Nicht- bestehens der Sachverhalte.
4.2 Der Sinn des Satzes ist seine Übereinstimmung, und Nichtübereinstimmung mit den Möglichkeiten des Bestehens und Nichtbestehens der Sachverhalte.


4.21 Der einfachste Satz, der Elementarsatz, behauptet das Bestehen eines Sachverhaltes.
4.21 Der einfachste Satz, der Elementarsatz, behauptet das Bestehen eines Sachverhaltes.
Line 743: Line 743:
4.211 Ein Zeichen des Elementarsatzes ist es, dass kein Elementarsatz mit ihm in Widerspruch stehen kann.
4.211 Ein Zeichen des Elementarsatzes ist es, dass kein Elementarsatz mit ihm in Widerspruch stehen kann.


4.22 Der Elementarsatz besteht aus Namen. Er ist ein Zusammen- hang, eine Verkettung, von Namen.
4.22 Der Elementarsatz besteht aus Namen. Er ist ein Zusammenhang, eine Verkettung, von Namen.


4.221 Es ist offenbar, dass wir bei der Analyse der Sätze auf Elemen- tarsätze kommen müssen, die aus Namen in unmittelbarer Ver- bindung bestehen.
4.221 Es ist offenbar, dass wir bei der Analyse der Sätze auf Elementarsätze kommen müssen, die aus Namen in unmittelbarer Verbindung bestehen.


Es frägt sich hier, wie kommt der Satzverband zustande.
Es frägt sich hier, wie kommt der Satzverband zustande.


4.2211 Auch wenn die Welt unendlich komplex ist, so dass jede Tatsache aus unendlich vielen Sachverhalten besteht und jeder Sachver- halt aus unendlich vielen Gegenständen zusammengesetzt ist, auch dann müsste es Gegenstände und Sachverhalte geben.
4.2211 Auch wenn die Welt unendlich komplex ist, so dass jede Tatsache aus unendlich vielen Sachverhalten besteht und jeder Sachverhalt aus unendlich vielen Gegenständen zusammengesetzt ist, auch dann müsste es Gegenstände und Sachverhalte geben.


4.23               Der Name kommt im Satz nur im Zusammenhange des Elemen- tarsatzes vor.  
4.23               Der Name kommt im Satz nur im Zusammenhange des Elementarsatzes vor.  


4.24               Die Namen sind die einfachen Symbole, ich deute sie durch ein- zelne Buchstaben („''x''“, „''y''“, „''z''“) an.
4.24               Die Namen sind die einfachen Symbole, ich deute sie durch einzelne Buchstaben („''x''“, „''y''“, „''z''“) an.


Den Elementarsatz schreibe ich als Funktion der Namen in der Form: „''fx''“, „''φ''(''x, y'')“, etc.
Den Elementarsatz schreibe ich als Funktion der Namen in der Form: „''fx''“, „''φ''(''x, y'')“, etc.
Line 763: Line 763:
„''a'' = ''b''“ heisst also: das Zeichen „''a''“ ist durch das Zeichen „''b''“ ersetzbar.
„''a'' = ''b''“ heisst also: das Zeichen „''a''“ ist durch das Zeichen „''b''“ ersetzbar.


(Führe ich durch eine Gleichung ein neues Zeichen „''b''“ ein, indem ich bestimme, es solle ein bereits bekanntes Zeichen „''a''“ er- setzen, so schreibe ich die Gleichung – Definition – (wie Russell) in der Form „''a'' = ''b'' Def.“. Die Definition ist eine Zeichenregel.)
(Führe ich durch eine Gleichung ein neues Zeichen „''b''“ ein, indem ich bestimme, es solle ein bereits bekanntes Zeichen „''a''“ ersetzen, so schreibe ich die Gleichung – Definition – (wie Russell) in der Form „''a'' = ''b'' Def.“. Die Definition ist eine Zeichenregel.)


4.242          Ausdrücke von der Form „''a'' = ''b''“ sind also nur Behelfe der Dar- stellung; sie sagen nichts über die Bedeutung der Zeichen „''a''“, „''b''“ aus.
4.242          Ausdrücke von der Form „''a'' = ''b''“ sind also nur Behelfe der Darstellung; sie sagen nichts über die Bedeutung der Zeichen „''a''“, „''b''“ aus.


4.243          Können wir zwei Namen verstehen, ohne zu wissen, ob sie das- selbe Ding oder zwei verschiedene Dinge bezeichnen? – Können wir einen Satz, worin zwei Namen vorkommen, verstehen, ohne zu wissen, ob sie Dasselbe oder Verschiedenes bedeuten?
4.243          Können wir zwei Namen verstehen, ohne zu wissen, ob sie dasselbe Ding oder zwei verschiedene Dinge bezeichnen? – Können wir einen Satz, worin zwei Namen vorkommen, verstehen, ohne zu wissen, ob sie Dasselbe oder Verschiedenes bedeuten?


Kenne ich etwa die Bedeutung eines englischen und eines gleichbedeutenden deutschen Wortes, so ist es unmöglich, dass ich nicht weiss, dass die beiden gleichbedeutend sind; es ist un- möglich, dass ich sie nicht ineinander übersetzen kann.
Kenne ich etwa die Bedeutung eines englischen und eines gleichbedeutenden deutschen Wortes, so ist es unmöglich, dass ich nicht weiss, dass die beiden gleichbedeutend sind; es ist unmöglich, dass ich sie nicht ineinander übersetzen kann.


Ausdrücke wie „''a'' = ''a''“, oder von diesen abgeleitete, sind weder Elementarsätze, noch sonst sinnvolle Zeichen. (Dies wird sich später zeigen.)
Ausdrücke wie „''a'' = ''a''“, oder von diesen abgeleitete, sind weder Elementarsätze, noch sonst sinnvolle Zeichen. (Dies wird sich später zeigen.)
Line 775: Line 775:
4.25               Ist der Elementarsatz wahr, so besteht der Sachverhalt; ist der Elementarsatz falsch, so besteht der Sachverhalt nicht.
4.25               Ist der Elementarsatz wahr, so besteht der Sachverhalt; ist der Elementarsatz falsch, so besteht der Sachverhalt nicht.


4.26               Die Angabe aller wahren Elementarsätze beschreibt die Welt vollständig. Die Welt ist vollständig beschrieben durch die An- gaben aller Elementarsätze plus der Angabe, welche von ihnen wahr und welche falsch sind.
4.26               Die Angabe aller wahren Elementarsätze beschreibt die Welt vollständig. Die Welt ist vollständig beschrieben durch die Angaben aller Elementarsätze plus der Angabe, welche von ihnen wahr und welche falsch sind.


4.27               Bezüglich des Bestehens und Nichtbestehens von ''n'' Sachverhalten gibt es <math>K_n = \sum_{v=0}^n \binom{n}{v}</math> Möglichkeiten.
4.27               Bezüglich des Bestehens und Nichtbestehens von ''n'' Sachverhalten gibt es <math>K_n = \sum_{v=0}^n \binom{n}{v}</math> Möglichkeiten.
Line 783: Line 783:
4.28               Diesen Kombinationen entsprechen ebenso viele Möglichkeiten der Wahrheit – und Falschheit – von ''n'' Elementarsätzen.
4.28               Diesen Kombinationen entsprechen ebenso viele Möglichkeiten der Wahrheit – und Falschheit – von ''n'' Elementarsätzen.


4.3 Die Wahrheitsmöglichkeiten der Elementarsätze bedeuten die Möglichkeiten des Bestehens und Nichtbestehens der Sachver- halte.
4.3 Die Wahrheitsmöglichkeiten der Elementarsätze bedeuten die Möglichkeiten des Bestehens und Nichtbestehens der Sachverhalte.


4.31 Die Wahrheitsmöglichkeiten können wir durch Schemata folgen- der Art darstellen („W“ bedeutet „wahr“, „F“, „falsch“. Die Reihen der „W“ und „F“ unter der Reihe der Elementarsätze bedeu- ten in leichtverständlicher Symbolik deren Wahrheitsmöglichkeiten):
4.31 Die Wahrheitsmöglichkeiten können wir durch Schemata folgender Art darstellen („W“ bedeutet „wahr“, „F“, „falsch“. Die Reihen der „W“ und „F“ unter der Reihe der Elementarsätze bedeuten in leichtverständlicher Symbolik deren Wahrheitsmöglichkeiten):


{{TLP 4.31 de}}
{{TLP 4.31 de}}


4.4 Der Satz ist der Ausdruck der Übereinstimmung und Nichtüber- einstimmung mit den Wahrheitsmöglichkeiten der Elementarsät- ze.
4.4 Der Satz ist der Ausdruck der Übereinstimmung und Nichtübereinstimmung mit den Wahrheitsmöglichkeiten der Elementarsätze.


4.41 Die Wahrheitsmöglichkeiten der Elementarsätze sind die Bedin- gungen der Wahrheit und Falschheit der Sätze.
4.41 Die Wahrheitsmöglichkeiten der Elementarsätze sind die Bedingungen der Wahrheit und Falschheit der Sätze.


4.411 Es ist von vornherein wahrscheinlich, dass die Einführung der Elementarsätze für das Verständnis aller anderen Satzarten grundlegend ist. Ja, das Verständnis der allgemeinen Sätze hängt f ü h l b a r von dem der Elementarsätze ab.
4.411 Es ist von vornherein wahrscheinlich, dass die Einführung der Elementarsätze für das Verständnis aller anderen Satzarten grundlegend ist. Ja, das Verständnis der allgemeinen Sätze hängt f ü h l b a r von dem der Elementarsätze ab.


4.42    Bezüglich der Übereinstimmung und Nichtübereinstimmung ei- nes Satzes mit den Wahrheitsmöglichkeiten von ''n'' Elementarsätzen gibt es <math>\sum_{k=0}^{K_n} \binom{K_n}{k} = L_n</math> Möglichkeiten.
4.42    Bezüglich der Übereinstimmung und Nichtübereinstimmung eines Satzes mit den Wahrheitsmöglichkeiten von ''n'' Elementarsätzen gibt es <math>\sum_{k=0}^{K_n} \binom{K_n}{k} = L_n</math> Möglichkeiten.


4.43               Die Übereinstimmung mit den Wahrheitsmöglichkeiten können wir dadurch ausdrücken, indem wir ihnen im Schema etwa das Abzeichen „W“ (wahr) zuordnen.
4.43               Die Übereinstimmung mit den Wahrheitsmöglichkeiten können wir dadurch ausdrücken, indem wir ihnen im Schema etwa das Abzeichen „W“ (wahr) zuordnen.


Das Fehlen dieses Abzeichens bedeutet die Nichtübereinstim- mung.
Das Fehlen dieses Abzeichens bedeutet die Nichtübereinstimmung.


4.431 Der Ausdruck der Übereinstimmung und Nichtübereinstimmung mit den Wahrheitsmöglichkeiten der Elementarsätze drückt die Wahrheitsbedingungen des Satzes aus.
4.431 Der Ausdruck der Übereinstimmung und Nichtübereinstimmung mit den Wahrheitsmöglichkeiten der Elementarsätze drückt die Wahrheitsbedingungen des Satzes aus.


Der Satz ist der Ausdruck seiner Wahrheitsbedingungen. (Frege hat sie daher ganz richtig als Erklärung der Zeichen seiner Begriffsschrift vorausgeschickt. Nur ist die Erklärung  des Wahrheitsbegriffes bei Frege falsch: Wären „das Wahre“  und „das Falsche“ wirklich Gegenstände und die Argumente in ∼''p'' etc. dann wäre nach Frege’s Bestimmung der Sinn von „∼''p''“ kei- neswegs bestimmt.)
Der Satz ist der Ausdruck seiner Wahrheitsbedingungen. (Frege hat sie daher ganz richtig als Erklärung der Zeichen seiner Begriffsschrift vorausgeschickt. Nur ist die Erklärung  des Wahrheitsbegriffes bei Frege falsch: Wären „das Wahre“  und „das Falsche“ wirklich Gegenstände und die Argumente in ∼''p'' etc. dann wäre nach Frege’s Bestimmung der Sinn von „∼''p''“ keineswegs bestimmt.)


4.44               Das Zeichen, welches durch die Zuordnung jener Abzeichen „W“ und der Wahrheitsmöglichkeiten entsteht, ist ein Satzzeichen.
4.44               Das Zeichen, welches durch die Zuordnung jener Abzeichen „W“ und der Wahrheitsmöglichkeiten entsteht, ist ein Satzzeichen.
Line 809: Line 809:
4.441 Es ist klar, dass dem Komplex der Zeichen „F“ und „W“ kein Gegenstand (oder Komplex von Gegenständen) entspricht; so wenig, wie den horizontalen und vertikalen Strichen oder den Klammern. – „Logische Gegenstände“ gibt es nicht.
4.441 Es ist klar, dass dem Komplex der Zeichen „F“ und „W“ kein Gegenstand (oder Komplex von Gegenständen) entspricht; so wenig, wie den horizontalen und vertikalen Strichen oder den Klammern. – „Logische Gegenstände“ gibt es nicht.


Analoges gilt natürlich für alle Zeichen, die dasselbe aus- drücken wie die Schemata der „W“ und „F“.
Analoges gilt natürlich für alle Zeichen, die dasselbe ausdrücken wie die Schemata der „W“ und „F“.


4.442     Es ist z. B.:
4.442     Es ist z. B.:
Line 841: Line 841:
Frege’s „Urteilsstrich“ „<math>\vdash</math>“ ist logisch ganz bedeutungslos; er zeigt bei Frege (und Russell) nur an, dass diese Autoren die so bezeichneten Sätze für wahr halten. „<math>\vdash</math>“ gehört daher ebenso wenig zum Satzgefüge, wie etwa die Nummer des Satzes. Ein Satz kann unmöglich von sich selbst aussagen, dass er wahr ist.)
Frege’s „Urteilsstrich“ „<math>\vdash</math>“ ist logisch ganz bedeutungslos; er zeigt bei Frege (und Russell) nur an, dass diese Autoren die so bezeichneten Sätze für wahr halten. „<math>\vdash</math>“ gehört daher ebenso wenig zum Satzgefüge, wie etwa die Nummer des Satzes. Ein Satz kann unmöglich von sich selbst aussagen, dass er wahr ist.)


Ist die Reihenfolge der Wahrheitsmöglichkeiten im Schema durch eine Kombinationsregel ein für allemal festgesetzt, dann ist die letzte Kolonne allein schon ein Ausdruck der Wahrheits- bedingungen. Schreiben wir diese Kolonne als Reihe hin, so wird das Satzzeichen zu:
Ist die Reihenfolge der Wahrheitsmöglichkeiten im Schema durch eine Kombinationsregel ein für allemal festgesetzt, dann ist die letzte Kolonne allein schon ein Ausdruck der Wahrheitsbedingungen. Schreiben wir diese Kolonne als Reihe hin, so wird das Satzzeichen zu:


„(WW–W)(''p'', ''q'')“ oder deutlicher „(WWFW)(''p'', ''q'')“.
„(WW–W)(''p'', ''q'')“ oder deutlicher „(WWFW)(''p'', ''q'')“.
Line 847: Line 847:
(Die Anzahl der Stellen in der linken Klammer ist durch die Anzahl der Glieder in der rechten bestimmt.)
(Die Anzahl der Stellen in der linken Klammer ist durch die Anzahl der Glieder in der rechten bestimmt.)


4.45               Für ''n'' Elementarsätze gibt es ''L<sub>n</sub>'' mögliche Gruppen von Wahr- heitsbedingungen.
4.45               Für ''n'' Elementarsätze gibt es ''L<sub>n</sub>'' mögliche Gruppen von Wahrheitsbedingungen.


Die Gruppen von Wahrheitsbedingungen, welche zu den Wahrheitsmöglichkeiten einer Anzahl von Elementarsätzen ge- hören, lassen sich in eine Reihe ordnen.
Die Gruppen von Wahrheitsbedingungen, welche zu den Wahrheitsmöglichkeiten einer Anzahl von Elementarsätzen gehören, lassen sich in eine Reihe ordnen.


4.46               Unter den möglichen Gruppen von Wahrheitsbedingungen gibt es zwei extreme Fälle.
4.46               Unter den möglichen Gruppen von Wahrheitsbedingungen gibt es zwei extreme Fälle.


In dem einen Fall ist der Satz für sämtliche Wahrheitsmög- lichkeiten der Elementarsätze wahr. Wir sagen, die Wahrheits- bedingungen sind t a u t o l o g i s c h.
In dem einen Fall ist der Satz für sämtliche Wahrheitsmöglichkeiten der Elementarsätze wahr. Wir sagen, die Wahrheitsbedingungen sind t a u t o l o g i s c h.


Im zweiten Fall ist der Satz für sämtliche Wahrheitsmöglich- keiten falsch: Die Wahrheitsbedingungen sind ko nt r a d i k t o - r i s c h.
Im zweiten Fall ist der Satz für sämtliche Wahrheitsmöglichkeiten falsch: Die Wahrheitsbedingungen sind ko nt r a d i k t o r i s c h.


Im ersten Fall nennen wir den Satz eine Tautologie, im zwei- ten Fall eine Kontradiktion.
Im ersten Fall nennen wir den Satz eine Tautologie, im zweiten Fall eine Kontradiktion.


4.461 Der Satz zeigt was er sagt, die Tautologie und die Kontradiktion, dass sie nichts sagen.
4.461 Der Satz zeigt was er sagt, die Tautologie und die Kontradiktion, dass sie nichts sagen.
Line 869: Line 869:
(Ich weiss z. B. nichts über das Wetter, wenn ich weiss, dass es regnet oder nicht regnet.)
(Ich weiss z. B. nichts über das Wetter, wenn ich weiss, dass es regnet oder nicht regnet.)


4.4611 Tautologie und Kontradiktion sind aber nicht unsinnig; sie gehö- ren zum Symbolismus, und zwar ähnlich wie die „0“ zum Sym- bolismus der Arithmetik.
4.4611 Tautologie und Kontradiktion sind aber nicht unsinnig; sie gehören zum Symbolismus, und zwar ähnlich wie die „0“ zum Symbolismus der Arithmetik.


4.462                         Tautologie und Kontradiktion sind nicht Bilder der Wirklichkeit. Sie stellen keine mögliche Sachlage dar. Denn jene lässt j e d e mögliche Sachlage zu, diese ke i n e.
4.462                         Tautologie und Kontradiktion sind nicht Bilder der Wirklichkeit. Sie stellen keine mögliche Sachlage dar. Denn jene lässt j e d e mögliche Sachlage zu, diese ke i n e.


In der Tautologie heben die Bedingungen der Übereinstim- mung mit der Welt – die darstellenden Beziehungen – einander auf, so dass sie in keiner darstellenden Beziehung zur Wirklich- keit steht.
In der Tautologie heben die Bedingungen der Übereinstimmung mit der Welt – die darstellenden Beziehungen – einander auf, so dass sie in keiner darstellenden Beziehung zur Wirklichkeit steht.


4.463                             Die Wahrheitsbedingungen bestimmen den Spielraum, der den Tatsachen durch den Satz gelassen wird.
4.463                             Die Wahrheitsbedingungen bestimmen den Spielraum, der den Tatsachen durch den Satz gelassen wird.


(Der Satz, das Bild, das Modell, sind im negativen Sinne wie ein fester Körper, der die Bewegungsfreiheit der anderen beschränkt; im positiven Sinne, wie der von fester Substanz be- grenzte Raum, worin ein Körper Platz hat.)
(Der Satz, das Bild, das Modell, sind im negativen Sinne wie ein fester Körper, der die Bewegungsfreiheit der anderen beschränkt; im positiven Sinne, wie der von fester Substanz begrenzte Raum, worin ein Körper Platz hat.)


Die Tautologie lässt der Wirklichkeit den ganzen – unend- lichen – logischen Raum; die Kontradiktion erfüllt den ganzen logischen Raum und lässt der Wirklichkeit keinen Punkt. Keine von beiden kann daher die Wirklichkeit irgendwie bestimmen.
Die Tautologie lässt der Wirklichkeit den ganzen – unendlichen – logischen Raum; die Kontradiktion erfüllt den ganzen logischen Raum und lässt der Wirklichkeit keinen Punkt. Keine von beiden kann daher die Wirklichkeit irgendwie bestimmen.


4.464                             Die Wahrheit der Tautologie ist gewiss, des Satzes möglich, der Kontradiktion unmöglich.
4.464                             Die Wahrheit der Tautologie ist gewiss, des Satzes möglich, der Kontradiktion unmöglich.


(Gewiss, möglich, unmöglich: Hier haben wir das Anzeichen jener Gradation, die wir in der Wahrscheinlichkeitslehre brau- chen.)
(Gewiss, möglich, unmöglich: Hier haben wir das Anzeichen jener Gradation, die wir in der Wahrscheinlichkeitslehre brauchen.)


4.465                             Das logische Produkt einer Tautologie und eines Satzes sagt das- selbe, wie der Satz. Also ist jenes Produkt identisch mit dem Satz. Denn man kann das Wesentliche des Symbols nicht än- dern, ohne seinen Sinn zu ändern.
4.465                             Das logische Produkt einer Tautologie und eines Satzes sagt dasselbe, wie der Satz. Also ist jenes Produkt identisch mit dem Satz. Denn man kann das Wesentliche des Symbols nicht ändern, ohne seinen Sinn zu ändern.


4.466                             Einer bestimmten logischen Verbindung von Zeichen entspricht eine bestimmte logische Verbindung ihrer Bedeutungen; j e d e b e l i e b i g e Verbindung entspricht nur den unverbundenen Zei- chen.
4.466                             Einer bestimmten logischen Verbindung von Zeichen entspricht eine bestimmte logische Verbindung ihrer Bedeutungen; j e d e b e l i e b i g e Verbindung entspricht nur den unverbundenen Zeichen.


Das heisst, Sätze die für jede Sachlage wahr sind, können überhaupt keine Zeichenverbindungen sein, denn sonst könnten ihnen nur bestimmte Verbindungen von Gegenständen entspre- chen.
Das heisst, Sätze die für jede Sachlage wahr sind, können überhaupt keine Zeichenverbindungen sein, denn sonst könnten ihnen nur bestimmte Verbindungen von Gegenständen entsprechen.


(Und keiner logischen Verbindung entspricht ke i n e Verbindung der Gegenstände.)
(Und keiner logischen Verbindung entspricht ke i n e Verbindung der Gegenstände.)
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Tautologie und Kontradiktion sind die Grenzfälle der Zeichenverbindung, nämlich ihre Auflösung.
Tautologie und Kontradiktion sind die Grenzfälle der Zeichenverbindung, nämlich ihre Auflösung.


4.4661 Freilich sind auch in der Tautologie und Kontradiktion die Zei- chen noch mit einander verbunden, d. h. sie stehen in Bezie- hungen zu einander, aber diese Beziehungen sind bedeutungslos, dem S y mb o l unwesentlich.
4.4661 Freilich sind auch in der Tautologie und Kontradiktion die Zeichen noch mit einander verbunden, d. h. sie stehen in Beziehungen zu einander, aber diese Beziehungen sind bedeutungslos, dem S y mb o l unwesentlich.


4.5 Nun scheint es möglich zu sein, die allgemeinste Satzform anzu- geben: das heisst, eine Beschreibung der Sätze i r g e n d e i n e r Zeichensprache zu geben, so dass jeder mögliche Sinn durch ein Symbol, auf welches die Beschreibung passt, ausgedrückt wer- den kann, und dass jedes Symbol, worauf die Beschreibung passt, einen Sinn ausdrücken kann, wenn die Bedeutungen der Namen entsprechend gewählt werden.
4.5 Nun scheint es möglich zu sein, die allgemeinste Satzform anzugeben: das heisst, eine Beschreibung der Sätze i r g e n d e i n e r Zeichensprache zu geben, so dass jeder mögliche Sinn durch ein Symbol, auf welches die Beschreibung passt, ausgedrückt werden kann, und dass jedes Symbol, worauf die Beschreibung passt, einen Sinn ausdrücken kann, wenn die Bedeutungen der Namen entsprechend gewählt werden.


Es ist klar, dass bei der Beschreibung der allgemeinsten Satz- form nu r ihr Wesentliches beschrieben werden darf, – sonst wäre sie nämlich nicht die allgemeinste.
Es ist klar, dass bei der Beschreibung der allgemeinsten Satzform nu r ihr Wesentliches beschrieben werden darf, – sonst wäre sie nämlich nicht die allgemeinste.


Dass es eine allgemeine Satzform gibt, wird dadurch bewie- sen, dass es keinen Satz geben darf, dessen Form man nicht hätte voraussehen (d. h. konstruieren) können. Die allgemeine Form des Satzes ist: Es verhält sich so und so.
Dass es eine allgemeine Satzform gibt, wird dadurch bewiesen, dass es keinen Satz geben darf, dessen Form man nicht hätte voraussehen (d. h. konstruieren) können. Die allgemeine Form des Satzes ist: Es verhält sich so und so.


4.51               Angenommen, mir wären a l l e Elementarsätze gegeben: Dann lässt sich einfach fragen: welche Sätze kann ich aus ihnen bilden. Und das sind a l l e Sätze und s o sind sie begrenzt.
4.51               Angenommen, mir wären a l l e Elementarsätze gegeben: Dann lässt sich einfach fragen: welche Sätze kann ich aus ihnen bilden. Und das sind a l l e Sätze und s o sind sie begrenzt.


4.52              Die Sätze sind Alles, was aus der Gesamtheit aller Elementar- sätze folgt (natürlich auch daraus, dass es die G e s a mt h e i t a l l e r ist). (So könnte man in gewissem Sinne sagen, dass a l l e Sätze Verallgemeinerungen der Elementarsätze sind.)
4.52              Die Sätze sind Alles, was aus der Gesamtheit aller Elementarsätze folgt (natürlich auch daraus, dass es die G e s a mt h e i t a l l e r ist). (So könnte man in gewissem Sinne sagen, dass a l l e Sätze Verallgemeinerungen der Elementarsätze sind.)


4.53              Die allgemeine Satzform ist eine Variable.
4.53              Die allgemeine Satzform ist eine Variable.
Line 1,842: Line 1,842:
6.53               Die richtige Methode der Philosophie wäre eigentlich die: Nichts zu sagen, als was sich sagen lässt, also Sätze der Naturwissenschaft – also etwas, was mit Philosophie  nichts zu tun hat – , und dann immer, wenn ein anderer etwas Metaphysisches sagen wollte, ihm nachzuweisen, dass er gewissen Zeichen in seinen Sätzen keine Bedeutung gegeben hat. Diese Methode wäre für den anderen unbefriedigend – er hätte nicht das Gefühl, dass wir ihn Philosophie lehrten – aber s i e wäre die einzig streng richtige.
6.53               Die richtige Methode der Philosophie wäre eigentlich die: Nichts zu sagen, als was sich sagen lässt, also Sätze der Naturwissenschaft – also etwas, was mit Philosophie  nichts zu tun hat – , und dann immer, wenn ein anderer etwas Metaphysisches sagen wollte, ihm nachzuweisen, dass er gewissen Zeichen in seinen Sätzen keine Bedeutung gegeben hat. Diese Methode wäre für den anderen unbefriedigend – er hätte nicht das Gefühl, dass wir ihn Philosophie lehrten – aber s i e wäre die einzig streng richtige.


6.54               Meine Sätze erläutern dadurch, dass sie der, welcher mich ver- steht, am Ende als unsinnig erkennt, wenn er durch sie – auf ihnen – über sie hinausgestiegen ist. (Er muss sozusagen die Leiter wegwerfen, nachdem er auf ihr hinaufgestiegen ist.)
6.54               Meine Sätze erläutern dadurch, dass sie der, welcher mich versteht, am Ende als unsinnig erkennt, wenn er durch sie – auf ihnen – über sie hinausgestiegen ist. (Er muss sozusagen die Leiter wegwerfen, nachdem er auf ihr hinaufgestiegen ist.)


Er muss diese Sätze überwinden, dann sieht er die Welt richtig.
Er muss diese Sätze überwinden, dann sieht er die Welt richtig.


7                     Wovon man nicht sprechen kann, darüber muss man schweigen.<references />
7                     Wovon man nicht sprechen kann, darüber muss man schweigen.<references />