Logisch-philosophische Abhandlung: Difference between revisions

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5.01               Die Elementarsätze sind die Wahrheitsargumente des Satzes.
5.01               Die Elementarsätze sind die Wahrheitsargumente des Satzes.


5.02              Es liegt nahe, die Argumente von Funktionen mit den Indices von Namen zu verwechseln. Ich erkenne nämlich sowohl am Ar- gument wie am Index die Bedeutung des sie enthaltenden Zeichens.
5.02              Es liegt nahe, die Argumente von Funktionen mit den Indices von Namen zu verwechseln. Ich erkenne nämlich sowohl am Argument wie am Index die Bedeutung des sie enthaltenden Zeichens.


In Russell’s „+''<sub>c</sub>''“ ist z. B. „''c''“ ein Index, der darauf hinweist, dass das ganze Zeichen das Additionszeichen für Kardinalzahlen ist. Aber diese Bezeichnung beruht auf willkürlicher Übereinkunft und man könnte statt „+''<sub>c</sub>''“ auch ein einfaches Zeichen wählen; in „∼''p''“ aber ist „''p''“ kein Index, sondern ein Argument: der Sinn von „∼''p''“ ka n n n i cht verstanden werden, ohne dass vorher der Sinn von „''p''“ verstanden worden wäre. (Im Namen Julius Cäsar ist „Julius“ ein Index. Der Index ist immer ein Teil einer Beschreibung des Gegenstandes, dessen Namen wir ihn an- hängen. Z. B. D e r Cäsar aus dem Geschlechte der Julier.)
In Russell’s „+''<sub>c</sub>''“ ist z. B. „''c''“ ein Index, der darauf hinweist, dass das ganze Zeichen das Additionszeichen für Kardinalzahlen ist. Aber diese Bezeichnung beruht auf willkürlicher Übereinkunft und man könnte statt „+''<sub>c</sub>''“ auch ein einfaches Zeichen wählen; in „∼''p''“ aber ist „''p''“ kein Index, sondern ein Argument: der Sinn von „∼''p''“ ka n n n i cht verstanden werden, ohne dass vorher der Sinn von „''p''“ verstanden worden wäre. (Im Namen Julius Cäsar ist „Julius“ ein Index. Der Index ist immer ein Teil einer Beschreibung des Gegenstandes, dessen Namen wir ihn anhängen. Z. B. D e r Cäsar aus dem Geschlechte der Julier.)


Die Verwechslung von Argument und Index liegt, wenn ich mich nicht irre, der Theorie Frege’s von der Bedeutung der Sätze und Funktionen zugrunde. Für Frege waren die Sätze der Logik Namen, und deren Argumente die Indices dieser Namen.
Die Verwechslung von Argument und Index liegt, wenn ich mich nicht irre, der Theorie Frege’s von der Bedeutung der Sätze und Funktionen zugrunde. Für Frege waren die Sätze der Logik Namen, und deren Argumente die Indices dieser Namen.
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Diejenigen Wahrheitsmöglichkeiten seiner Wahrheitsargumente, welche den Satz bewahrheiten, will ich seine Wa h r h e i t s g r ü n d e nennen.
Diejenigen Wahrheitsmöglichkeiten seiner Wahrheitsargumente, welche den Satz bewahrheiten, will ich seine Wa h r h e i t s g r ü n d e nennen.


5.11               Sind die Wahrheitsgründe, die einer Anzahl von Sätzen gemein- sam sind, sämtlich auch Wahrheitsgründe eines bestimmten Satzes, so sagen wir, die Wahrheit dieses Satzes folge aus der Wahr- heit jener Sätze.
5.11               Sind die Wahrheitsgründe, die einer Anzahl von Sätzen gemeinsam sind, sämtlich auch Wahrheitsgründe eines bestimmten Satzes, so sagen wir, die Wahrheit dieses Satzes folge aus der Wahrheit jener Sätze.


5.12              Insbesondere folgt die Wahrheit eines Satzes „''p''“ aus der Wahr- heit eines anderen „''q''“, wenn alle Wahrheitsgründe des zweiten Wahrheitsgründe des ersten sind.
5.12              Insbesondere folgt die Wahrheit eines Satzes „''p''“ aus der Wahrheit eines anderen „''q''“, wenn alle Wahrheitsgründe des zweiten Wahrheitsgründe des ersten sind.


5.121           Die Wahrheitsgründe des einen sind in denen des anderen ent- halten; ''p'' folgt aus ''q''.
5.121           Die Wahrheitsgründe des einen sind in denen des anderen enthalten; ''p'' folgt aus ''q''.


5.122          Folgt ''p'' aus ''q'', so ist der Sinn von „''p''“ im Sinne von „''q''“ enthalten.
5.122          Folgt ''p'' aus ''q'', so ist der Sinn von „''p''“ im Sinne von „''q''“ enthalten.
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Nur sie selbst können den Schluss rechtfertigen.
Nur sie selbst können den Schluss rechtfertigen.


„Schlussgesetze“, welche – wie bei Frege und Russell – die Schlüsse rechtfertigen sollen, sind sinnlos, und wären überflüs- sig.
„Schlussgesetze“, welche – wie bei Frege und Russell – die Schlüsse rechtfertigen sollen, sind sinnlos, und wären überflüssig.


5.132          Alles Folgern geschieht a priori.
5.132          Alles Folgern geschieht a priori.
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5.135          Einen Kausalnexus, der einen solchen Schluss rechtfertigte, gibt es nicht.
5.135          Einen Kausalnexus, der einen solchen Schluss rechtfertigte, gibt es nicht.


5.1361 Die Ereignisse der Zukunft kö n n e n wir nicht aus den gegen- wärtigen erschliessen.
5.1361 Die Ereignisse der Zukunft kö n n e n wir nicht aus den gegenwärtigen erschliessen.


Der Glaube an den Kausalnexus ist der A b e r g l a u b e.
Der Glaube an den Kausalnexus ist der A b e r g l a u b e.


5.1362 Die Willensfreiheit besteht darin, dass zukünftige Handlungen jetzt nicht gewusst werden können. Nur dann könnten wir sie wissen, wenn die Kausalität eine i n n e r e Notwendigkeit wäre, wie die des logischen Schlusses. – Der Zusammenhang von Wis- sen und Gewusstem, ist der der logischen Notwendigkeit.
5.1362 Die Willensfreiheit besteht darin, dass zukünftige Handlungen jetzt nicht gewusst werden können. Nur dann könnten wir sie wissen, wenn die Kausalität eine i n n e r e Notwendigkeit wäre, wie die des logischen Schlusses. – Der Zusammenhang von Wissen und Gewusstem, ist der der logischen Notwendigkeit.


(„A weiss, dass ''p'' der Fall ist“ ist sinnlos, wenn ''p'' eine Tauto- logie ist.)
(„A weiss, dass ''p'' der Fall ist“ ist sinnlos, wenn ''p'' eine Tautologie ist.)


5.1363 Wenn daraus, dass ein Satz uns einleuchtet, nicht f o l g t, dass er wahr ist, so ist das Einleuchten auch keine Rechtfertigung für unseren Glauben an seine Wahrheit.
5.1363 Wenn daraus, dass ein Satz uns einleuchtet, nicht f o l g t, dass er wahr ist, so ist das Einleuchten auch keine Rechtfertigung für unseren Glauben an seine Wahrheit.
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5.142          Die Tautologie folgt aus allen Sätzen: sie sagt Nichts.
5.142          Die Tautologie folgt aus allen Sätzen: sie sagt Nichts.


5.143          Die Kontradiktion ist das Gemeinsame der Sätze, was ke i n Satz mit einem anderen gemein hat. Die Tautologie ist das Gemein- same aller Sätze, welche nichts miteinander gemein haben.
5.143          Die Kontradiktion ist das Gemeinsame der Sätze, was ke i n Satz mit einem anderen gemein hat. Die Tautologie ist das Gemeinsame aller Sätze, welche nichts miteinander gemein haben.


Die Kontradiktion verschwindet sozusagen ausserhalb, die Tautologie innerhalb aller Sätze.
Die Kontradiktion verschwindet sozusagen ausserhalb, die Tautologie innerhalb aller Sätze.


Die Kontradiktion ist die äussere Grenze der Sätze, die Tau- tologie ihr substanzloser Mittelpunkt.
Die Kontradiktion ist die äussere Grenze der Sätze, die Tautologie ihr substanzloser Mittelpunkt.


5.15               Ist ''W<sub>r</sub>'' die Anzahl der Wahrheitsgründe des Satzes „''r''“, ''W<sub>rs</sub>'' die Anzahl derjenigen Wahrheitsgründe des Satzes „''s''“, die zugleich Wahrheitsgründe von „''r''“ sind, dann nennen wir das Verhältnis: ''W<sub>rs</sub>'' : ''W<sub>r</sub>'' das Mass der Wa h r s ch e i n l i ch ke i t, welche der Satz „''r''“ dem Satz „''s''“ gibt.
5.15               Ist ''W<sub>r</sub>'' die Anzahl der Wahrheitsgründe des Satzes „''r''“, ''W<sub>rs</sub>'' die Anzahl derjenigen Wahrheitsgründe des Satzes „''s''“, die zugleich Wahrheitsgründe von „''r''“ sind, dann nennen wir das Verhältnis: ''W<sub>rs</sub>'' : ''W<sub>r</sub>'' das Mass der Wa h r s ch e i n l i ch ke i t, welche der Satz „''r''“ dem Satz „''s''“ gibt.
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5.151           Sei in einem Schema wie dem obigen in No. 5.101 ''W<sub>r</sub>'' die Anzahl der „''W'' “ im Satze ''r''; ''W<sub>rs</sub>'' die Anzahl derjenigen „''W'' “ im Satze ''s'', die in gleichen Kolonnen mit „''W'' “ des Satzes ''r'' stehen. Der Satz ''r'' gibt dann dem Satze ''s'' die Wahrscheinlichkeit: ''W<sub>rs</sub>'' : ''W<sub>r</sub>''.
5.151           Sei in einem Schema wie dem obigen in No. 5.101 ''W<sub>r</sub>'' die Anzahl der „''W'' “ im Satze ''r''; ''W<sub>rs</sub>'' die Anzahl derjenigen „''W'' “ im Satze ''s'', die in gleichen Kolonnen mit „''W'' “ des Satzes ''r'' stehen. Der Satz ''r'' gibt dann dem Satze ''s'' die Wahrscheinlichkeit: ''W<sub>rs</sub>'' : ''W<sub>r</sub>''.


5.1511 Es gibt keinen besonderen Gegenstand, der den Wahrscheinlich- keitssätzen eigen wäre.
5.1511 Es gibt keinen besonderen Gegenstand, der den Wahrscheinlichkeitssätzen eigen wäre.


5.152          Sätze, welche keine Wahrheitsargumente mit einander gemein haben, nennen wir von einander unabhängig.
5.152          Sätze, welche keine Wahrheitsargumente mit einander gemein haben, nennen wir von einander unabhängig.


Von einander unabhängige Sätze (z. B. irgend zwei Elemen- tarsätze) geben einander die Wahrscheinlichkeit ½.
Von einander unabhängige Sätze (z. B. irgend zwei Elementarsätze) geben einander die Wahrscheinlichkeit ½.


Folgt ''p'' aus ''q'', so gibt der Satz „''q''“ dem Satz „''p''“ die Wahrscheinlichkeit 1. Die Gewissheit des logischen Schlusses ist ein Grenzfall der Wahrscheinlichkeit.
Folgt ''p'' aus ''q'', so gibt der Satz „''q''“ dem Satz „''p''“ die Wahrscheinlichkeit 1. Die Gewissheit des logischen Schlusses ist ein Grenzfall der Wahrscheinlichkeit.
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Was ich durch den Versuch bestätige ist, dass das Eintreffen der beiden Ereignisse von den Umständen, die ich nicht näher kenne, unabhängig ist.
Was ich durch den Versuch bestätige ist, dass das Eintreffen der beiden Ereignisse von den Umständen, die ich nicht näher kenne, unabhängig ist.


5.155           Die Einheit des Wahrscheinlichkeitssatzes ist: Die Umstände – die ich sonst nicht weiter kenne – geben dem Eintreffen eines bestimmten Ereignisses den und den Grad der Wahrscheinlich- keit.
5.155           Die Einheit des Wahrscheinlichkeitssatzes ist: Die Umstände – die ich sonst nicht weiter kenne – geben dem Eintreffen eines bestimmten Ereignisses den und den Grad der Wahrscheinlichkeit.


5.156          So ist die Wahrscheinlichkeit eine Verallgemeinerung.
5.156          So ist die Wahrscheinlichkeit eine Verallgemeinerung.


Sie involviert eine allgemeine Beschreibung einer Satzform. Nur in Ermanglung der Gewissheit gebrauchen wir die Wahrscheinlichkeit. – Wenn wir zwar eine Tatsache  nicht vollkommen kennen, wohl aber e twa s über ihre Form wissen.
Sie involviert eine allgemeine Beschreibung einer Satzform. Nur in Ermanglung der Gewissheit gebrauchen wir die Wahrscheinlichkeit. – Wenn wir zwar eine Tatsache  nicht vollkommen kennen, wohl aber e t w a s über ihre Form wissen.


(Ein Satz kann zwar ein unvollständiges Bild einer gewissen Sachlage sein, aber er ist immer e i n vollständiges Bild.)
(Ein Satz kann zwar ein unvollständiges Bild einer gewissen Sachlage sein, aber er ist immer e i n vollständiges Bild.)


Der Wahrscheinlichkeitssatz ist gleichsam ein Auszug aus an- deren Sätzen.
Der Wahrscheinlichkeitssatz ist gleichsam ein Auszug aus anderen Sätzen.


5.2 Die Strukturen der Sätze stehen in internen Beziehungen zu ein- ander.
5.2 Die Strukturen der Sätze stehen in internen Beziehungen zu einander.


5.21               Wir können diese internen Beziehungen dadurch in unserer Aus- drucksweise hervorheben, dass wir einen Satz als Resultat einer Operation darstellen, die ihn aus anderen Sätzen (den Basen der Operation) hervorbringt.
5.21               Wir können diese internen Beziehungen dadurch in unserer Ausdrucksweise hervorheben, dass wir einen Satz als Resultat einer Operation darstellen, die ihn aus anderen Sätzen (den Basen der Operation) hervorbringt.


5.22              Die Operation ist der Ausdruck einer Beziehung zwischen den Strukturen ihres Resultats und ihrer Basen.
5.22              Die Operation ist der Ausdruck einer Beziehung zwischen den Strukturen ihres Resultats und ihrer Basen.
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Sie bringt den Unterschied der Formen zum Ausdruck. (Und das Gemeinsame zwischen den Basen und dem Resultat der Operation sind eben die Basen.)
Sie bringt den Unterschied der Formen zum Ausdruck. (Und das Gemeinsame zwischen den Basen und dem Resultat der Operation sind eben die Basen.)


5.241           Die Operation kennzeichnet keine Form, sondern nur den Un- terschied der Formen.
5.241           Die Operation kennzeichnet keine Form, sondern nur den Unterschied der Formen.


5.242          Dieselbe Operation, die „''q''“ aus „''p''“ macht, macht aus „''q''“ „''r''“ u. s. f. Dies kann nur darin ausgedrückt sein, dass „''p''“, „''q''“, „''r''“, etc. Variable sind, die gewisse formale Relationen allgemein zum Ausdruck bringen.
5.242          Dieselbe Operation, die „''q''“ aus „''p''“ macht, macht aus „''q''“ „''r''“ u. s. f. Dies kann nur darin ausgedrückt sein, dass „''p''“, „''q''“, „''r''“, etc. Variable sind, die gewisse formale Relationen allgemein zum Ausdruck bringen.
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Die Operation sagt ja nichts aus, nur ihr Resultat, und dies hängt von den Basen der Operation ab.
Die Operation sagt ja nichts aus, nur ihr Resultat, und dies hängt von den Basen der Operation ab.


(Operation und Funktion dürfen nicht miteinander verwech- selt werden.)
(Operation und Funktion dürfen nicht miteinander verwechselt werden.)


5.251           Eine Funktion kann nicht ihr eigenes Argument sein, wohl aber kann das Resultat einer Operation ihre eigene Basis werden.
5.251           Eine Funktion kann nicht ihr eigenes Argument sein, wohl aber kann das Resultat einer Operation ihre eigene Basis werden.


5.252          Nur so ist das Fortschreiten von Glied zu Glied in einer Formen- reihe (von Type zu Type in den Hierarchien Russells und White- heads) möglich. (Russell und Whitehead haben die Möglichkeit dieses Fortschreitens nicht zugegeben, aber immer wieder von ihr Gebrauch gemacht.)
5.252          Nur so ist das Fortschreiten von Glied zu Glied in einer Formenreihe (von Type zu Type in den Hierarchien Russells und Whiteheads) möglich. (Russell und Whitehead haben die Möglichkeit dieses Fortschreitens nicht zugegeben, aber immer wieder von ihr Gebrauch gemacht.)


5.2521 Die fortgesetzte Anwendung einer Operation auf ihr eigenes Re- sultat nenne ich ihre successive Anwendung („''O'O'O'a''“  ist das Resultat der dreimaligen successiven Anwendung von „''O'ξ''“  auf „''a''“).
5.2521 Die fortgesetzte Anwendung einer Operation auf ihr eigenes Resultat nenne ich ihre successive Anwendung („''O'O'O'a''“  ist das Resultat der dreimaligen successiven Anwendung von „''O'ξ''“  auf „''a''“).


In einem ähnlichen Sinne rede ich von der successiven Anwendung m e h r e r e r Operationen auf eine Anzahl von Sätzen.
In einem ähnlichen Sinne rede ich von der successiven Anwendung m e h r e r e r Operationen auf eine Anzahl von Sätzen.
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5.2522    Das  allgemeine Glied  einer Formenreihe  ''a'',  ''O'a'',  ''O'O'a'',  ''. . . .'' schreibe ich daher so: „[''a, x, O'x'']“. Dieser Klammerausdruck ist eine Variable. Das erste Glied des Klammerausdruckes ist der Anfang der Formenreihe, das zweite die Form eines beliebigen Gliedes ''x'' der Reihe und das dritte die Form desjenigen Gliedes der Reihe, welches auf ''x'' unmittelbar folgt.
5.2522    Das  allgemeine Glied  einer Formenreihe  ''a'',  ''O'a'',  ''O'O'a'',  ''. . . .'' schreibe ich daher so: „[''a, x, O'x'']“. Dieser Klammerausdruck ist eine Variable. Das erste Glied des Klammerausdruckes ist der Anfang der Formenreihe, das zweite die Form eines beliebigen Gliedes ''x'' der Reihe und das dritte die Form desjenigen Gliedes der Reihe, welches auf ''x'' unmittelbar folgt.


5.2523   Der Begriff der successiven Anwendung der Operation ist äqui- valent mit dem Begriff „und so weiter“.
5.2523   Der Begriff der successiven Anwendung der Operation ist äquivalent mit dem Begriff „und so weiter“.


5.253           Eine Operation kann die Wirkung einer anderen rückgängig ma- chen. Operationen können einander aufheben.
5.253           Eine Operation kann die Wirkung einer anderen rückgängig machen. Operationen können einander aufheben.


5.254          Die Operation kann verschwinden (z. B. die Verneinung in „∼∼''p''“, ∼∼''p'' = ''p'').
5.254          Die Operation kann verschwinden (z. B. die Verneinung in „∼∼''p''“, ∼∼''p'' = ''p'').
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5.31               Die Schemata No. 4.31 haben auch dann eine Bedeutung, wenn „''p''“, „''q''“, „''r''“, etc. nicht Elementarsätze sind.
5.31               Die Schemata No. 4.31 haben auch dann eine Bedeutung, wenn „''p''“, „''q''“, „''r''“, etc. nicht Elementarsätze sind.


Und es ist leicht zu sehen, dass das Satzzeichen in No. [[Logisch-philosophische Abhandlung#4.442|4.442]], auch wenn „''p''“ und „''q''“ Wahrheitsfunktionen von Elemen- tarsätzen sind, Eine Wahrheitsfunktion von Elementarsätzen ausdrückt.
Und es ist leicht zu sehen, dass das Satzzeichen in No. [[Logisch-philosophische Abhandlung#4.442|4.442]], auch wenn „''p''“ und „''q''“ Wahrheitsfunktionen von Elementarsätzen sind, Eine Wahrheitsfunktion von Elementarsätzen ausdrückt.


5.32              Alle Wahrheitsfunktionen sind Resultate der successiven An- wendung einer endlichen Anzahl von Wahrheitsoperationen auf die Elementarsätze.
5.32              Alle Wahrheitsfunktionen sind Resultate der successiven Anwendung einer endlichen Anzahl von Wahrheitsoperationen auf die Elementarsätze.


5.4 Hier zeigt es sich, dass es „logische Gegenstände“, „logische Konstante“ (im Sinne Freges und Russells) nicht gibt.
5.4 Hier zeigt es sich, dass es „logische Gegenstände“, „logische Konstante“ (im Sinne Freges und Russells) nicht gibt.


5.41               Denn: Alle Resultate von Wahrheitsoperationen mit Wahrheits- funktionen sind identisch, welche eine und dieselbe Wahrheits- funktion von Elementarsätzen sind.
5.41               Denn: Alle Resultate von Wahrheitsoperationen mit Wahrheitsfunktionen sind identisch, welche eine und dieselbe Wahrheitsfunktion von Elementarsätzen sind.


5.42           Dass ∨, ⊃, etc. nicht Beziehungen im Sinne von  rechts und  links etc. sind, leuchtet ein.
5.42           Dass ∨, ⊃, etc. nicht Beziehungen im Sinne von  rechts und  links etc. sind, leuchtet ein.
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Und es ist offenbar, dass das „⊃“, welches wir durch „∼“ und „∨“ definieren, identisch ist mit dem, durch welches wir „∨ “ mit „∼“ definieren und dass dieses „∨“ mit dem ersten identisch ist. U. s. w.
Und es ist offenbar, dass das „⊃“, welches wir durch „∼“ und „∨“ definieren, identisch ist mit dem, durch welches wir „∨ “ mit „∼“ definieren und dass dieses „∨“ mit dem ersten identisch ist. U. s. w.


5.43              Dass aus einer Tatsache ''p'' unendlich viele a n d e r e folgen soll- ten, nämlich ∼∼''p'', ∼∼∼∼''p'', etc., ist doch von vornherein kaum zu glauben. Und nicht weniger merkwürdig ist, dass die unendliche Anzahl der Sätze der Logik (der Mathematik) aus einem halben Dutzend „Grundgesetzen“ folgen.
5.43              Dass aus einer Tatsache ''p'' unendlich viele a n d e r e folgen sollten, nämlich ∼∼''p'', ∼∼∼∼''p'', etc., ist doch von vornherein kaum zu glauben. Und nicht weniger merkwürdig ist, dass die unendliche Anzahl der Sätze der Logik (der Mathematik) aus einem halben Dutzend „Grundgesetzen“ folgen.


Alle Sätze der Logik sagen aber dasselbe. Nämlich Nichts.
Alle Sätze der Logik sagen aber dasselbe. Nämlich Nichts.
Line 1,177: Line 1,177:
Wenn man z. B. eine Bejahung durch doppelte Verneinung erzeugen kann, ist dann die Verneinung – in irgend einem Sinn – in der Bejahung enthalten? Verneint „∼∼''p''“ ∼''p'', oder bejaht es ''p''; oder beides?
Wenn man z. B. eine Bejahung durch doppelte Verneinung erzeugen kann, ist dann die Verneinung – in irgend einem Sinn – in der Bejahung enthalten? Verneint „∼∼''p''“ ∼''p'', oder bejaht es ''p''; oder beides?


Der Satz „∼∼''p''“ handelt nicht von der Verneinung wie von einem Gegenstand; wohl aber ist die Möglichkeit der Vernei- nung in der Bejahung bereits präjudiziert.
Der Satz „∼∼''p''“ handelt nicht von der Verneinung wie von einem Gegenstand; wohl aber ist die Möglichkeit der Verneinung in der Bejahung bereits präjudiziert.


Und gäbe es einen Gegenstand, der „∼“ hiesse, so müsste „∼∼''p''“ etwas anderes sagen als „''p''“. Denn der eine Satz würde dann eben von ∼ handeln, der andere nicht.
Und gäbe es einen Gegenstand, der „∼“ hiesse, so müsste „∼∼''p''“ etwas anderes sagen als „''p''“. Denn der eine Satz würde dann eben von ∼ handeln, der andere nicht.
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5.45 Gibt es logische Urzeichen, so muss eine richtige Logik ihre Stellung zueinander klar machen und ihr Dasein rechtfertigen. Der Bau der Logik a u s ihren Urzeichen muss klar werden.
5.45 Gibt es logische Urzeichen, so muss eine richtige Logik ihre Stellung zueinander klar machen und ihr Dasein rechtfertigen. Der Bau der Logik a u s ihren Urzeichen muss klar werden.


5.451 Hat die Logik Grundbegriffe, so müssen sie von einander un- abhängig sein. Ist ein Grundbegriff eingeführt, so muss er in allen Verbindungen eingeführt sein, worin er überhaupt vor- kommt. Man kann ihn also nicht zuerst für e i n e Verbindung, dann noch einmal für eine andere einführen. Z. B.: Ist die Ver- neinung eingeführt, so müssen wir sie jetzt in Sätzen von  der Form  „∼''p''“  ebenso verstehen, wie in Sätzen wie  „∼(''p'' ∨ ''q'')“, „(∃''x'') ''.'' ∼''fx''“ u. a. Wir dürfen sie nicht erst für die eine Klas- se von Fällen, dann für die andere einführen, denn es bliebe dann zweifelhaft, ob ihre Bedeutung in beiden Fällen die glei- che wäre und es wäre kein Grund vorhanden, in beiden Fällen dieselbe Art der Zeichenverbindung zu benützen.
5.451 Hat die Logik Grundbegriffe, so müssen sie von einander unabhängig sein. Ist ein Grundbegriff eingeführt, so muss er in allen Verbindungen eingeführt sein, worin er überhaupt vorkommt. Man kann ihn also nicht zuerst für e i n e Verbindung, dann noch einmal für eine andere einführen. Z. B.: Ist die Verneinung eingeführt, so müssen wir sie jetzt in Sätzen von  der Form  „∼''p''“  ebenso verstehen, wie in Sätzen wie  „∼(''p'' ∨ ''q'')“, „(∃''x'') ''.'' ∼''fx''“ u. a. Wir dürfen sie nicht erst für die eine Klasse von Fällen, dann für die andere einführen, denn es bliebe dann zweifelhaft, ob ihre Bedeutung in beiden Fällen die gleiche wäre und es wäre kein Grund vorhanden, in beiden Fällen dieselbe Art der Zeichenverbindung zu benützen.


(Kurz, für die Einführung der Urzeichen gilt, mutatis mu- tandis, dasselbe, was Frege („Grundgesetze der Arithmetik“) für die Einführung von Zeichen durch Definitionen gesagt hat.)
(Kurz, für die Einführung der Urzeichen gilt, mutatis mutandis, dasselbe, was Frege („Grundgesetze der Arithmetik“) für die Einführung von Zeichen durch Definitionen gesagt hat.)


5.452 Die Einführung eines neuen Behelfes in den Symbolismus der Logik muss immer ein folgenschweres Ereignis sein. Kein neu- er Behelf darf in die Logik – sozusagen, mit ganz unschuldiger Miene – in Klammern oder unter dem Striche eingeführt wer- den.
5.452 Die Einführung eines neuen Behelfes in den Symbolismus der Logik muss immer ein folgenschweres Ereignis sein. Kein neuer Behelf darf in die Logik – sozusagen, mit ganz unschuldiger Miene – in Klammern oder unter dem Striche eingeführt werden.


(So kommen in den „Principia Mathematica“ von Russell und Whitehead Definitionen und Grundgesetze in Worten vor. Warum hier plötzlich Worte? Dies bedürfte einer Rechtferti- gung. Sie fehlt und muss fehlen, da das Vorgehen tatsächlich unerlaubt ist.)
(So kommen in den „Principia Mathematica“ von Russell und Whitehead Definitionen und Grundgesetze in Worten vor. Warum hier plötzlich Worte? Dies bedürfte einer Rechtfertigung. Sie fehlt und muss fehlen, da das Vorgehen tatsächlich unerlaubt ist.)


Hat sich aber die Einführung eines neuen Behelfes an einer Stelle als nötig erwiesen, so muss man sich nun sofort fragen: Wo muss dieser Behelf nun i m m e r angewandt werden? Seine Stellung in der Logik muss nun erklärt werden.
Hat sich aber die Einführung eines neuen Behelfes an einer Stelle als nötig erwiesen, so muss man sich nun sofort fragen: Wo muss dieser Behelf nun i m m e r angewandt werden? Seine Stellung in der Logik muss nun erklärt werden.
Line 1,203: Line 1,203:
Es gibt keine ausgezeichneten Zahlen.
Es gibt keine ausgezeichneten Zahlen.


5.454 In der Logik gibt es kein Nebeneinander, kann es keine Klassi- fikation geben.
5.454 In der Logik gibt es kein Nebeneinander, kann es keine Klassifikation geben.


In der Logik kann es nicht Allgemeineres und Spezielleres geben.
In der Logik kann es nicht Allgemeineres und Spezielleres geben.
Line 1,209: Line 1,209:
5.4541 Die Lösungen der logischen Probleme müssen einfach sein, denn sie setzen den Standard der Einfachheit.
5.4541 Die Lösungen der logischen Probleme müssen einfach sein, denn sie setzen den Standard der Einfachheit.


Die Menschen haben immer geahnt, dass es ein Gebiet von Fragen geben müsse, deren Antworten – a priori – symmetrisch, und zu einem abgeschlossenen, regelmässigen Gebilde vereint- liegen.
Die Menschen haben immer geahnt, dass es ein Gebiet von Fragen geben müsse, deren Antworten – a priori – symmetrisch, und zu einem abgeschlossenen, regelmässigen Gebilde vereintliegen.


Ein Gebiet, in dem der Satz gilt: simplex sigillum veri.
Ein Gebiet, in dem der Satz gilt: simplex sigillum veri.
Line 1,233: Line 1,233:
5.471 Die allgemeine Satzform ist das Wesen des Satzes.
5.471 Die allgemeine Satzform ist das Wesen des Satzes.


5.4711 Das Wesen des Satzes angeben, heisst, das Wesen aller  Be- schreibung angeben, also das Wesen der Welt.
5.4711 Das Wesen des Satzes angeben, heisst, das Wesen aller  Beschreibung angeben, also das Wesen der Welt.


5.472 Die Beschreibung der allgemeinsten Satzform ist  die Beschrei- bung des einen und einzigen allgemeinen Urzeichens  der Logik.
5.472 Die Beschreibung der allgemeinsten Satzform ist  die Beschreibung des einen und einzigen allgemeinen Urzeichens  der Logik.


5.473 Die Logik muss für sich selber sorgen.
5.473 Die Logik muss für sich selber sorgen.


Ein m ö g l i ch e s Zeichen muss auch bezeichnen können. Al- les was in der Logik möglich ist, ist auch erlaubt. („Sokrates ist identisch“ heisst darum nichts, weil es keine Eigenschaft gibt, die „identisch“ heisst. Der Satz ist unsinnig, weil wir eine will- kürliche Bestimmung nicht getroffen haben, aber nicht darum, weil das Symbol an und für sich unerlaubt wäre.)
Ein m ö g l i ch e s Zeichen muss auch bezeichnen können. Alles was in der Logik möglich ist, ist auch erlaubt. („Sokrates ist identisch“ heisst darum nichts, weil es keine Eigenschaft gibt, die „identisch“ heisst. Der Satz ist unsinnig, weil wir eine willkürliche Bestimmung nicht getroffen haben, aber nicht darum, weil das Symbol an und für sich unerlaubt wäre.)


Wir können uns, in gewissem Sinne, nicht in der Logik irren.
Wir können uns, in gewissem Sinne, nicht in der Logik irren.


5.4731 Das Einleuchten, von dem Russell so viel sprach, kann nur da- durch in der Logik entbehrlich werden, dass die Sprache selbst jeden logischen Fehler verhindert. – Dass die Logik a priori ist, besteht darin, dass nicht unlogisch gedacht werden ka n n.
5.4731 Das Einleuchten, von dem Russell so viel sprach, kann nur dadurch in der Logik entbehrlich werden, dass die Sprache selbst jeden logischen Fehler verhindert. – Dass die Logik a priori ist, besteht darin, dass nicht unlogisch gedacht werden ka n n.


5.4732 Wir können einem Zeichen nicht den unrechten Sinn geben.
5.4732 Wir können einem Zeichen nicht den unrechten Sinn geben.
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Zeichen, die E i n e n Zweck erfüllen, sind logisch äquivalent, Zeichen, die ke i n e n Zweck erfüllen, logisch bedeutungslos.
Zeichen, die E i n e n Zweck erfüllen, sind logisch äquivalent, Zeichen, die ke i n e n Zweck erfüllen, logisch bedeutungslos.


5.4733 Frege sagt: Jeder rechtmässig gebildete Satz muss einen Sinn haben; und ich sage: Jeder mögliche Satz ist rechtmässig ge- bildet, und wenn er keinen Sinn hat, so kann das nur daran liegen, dass wir einigen seiner Bestandteile keine B e d e u t u n g gegeben haben.
5.4733 Frege sagt: Jeder rechtmässig gebildete Satz muss einen Sinn haben; und ich sage: Jeder mögliche Satz ist rechtmässig gebildet, und wenn er keinen Sinn hat, so kann das nur daran liegen, dass wir einigen seiner Bestandteile keine B e d e u t u n g gegeben haben.


(Wenn wir auch glauben, es getan zu haben.)  
(Wenn wir auch glauben, es getan zu haben.)  


So sagt „Sokrates ist identisch“ darum nichts, weil wir dem Wort „identisch“ als E i g e n s ch a f t s wo r t ke i n e Bedeutung gegeben haben. Denn, wenn es als Gleichheitszeichen auftritt, so symbolisiert es auf ganz andere Art und Weise – die bezeich- nende Beziehung ist eine andere, – also ist auch das Symbol in beiden Fällen ganz verschieden; die beiden Symbole haben nur das Zeichen zufällig miteinander gemein.
So sagt „Sokrates ist identisch“ darum nichts, weil wir dem Wort „identisch“ als E i g e n s ch a f t s wo r t ke i n e Bedeutung gegeben haben. Denn, wenn es als Gleichheitszeichen auftritt, so symbolisiert es auf ganz andere Art und Weise – die bezeichnende Beziehung ist eine andere, – also ist auch das Symbol in beiden Fällen ganz verschieden; die beiden Symbole haben nur das Zeichen zufällig miteinander gemein.


5.474 Die Anzahl der nötigen Grundoperationen hängt nu r von un- serer Notation ab.
5.474 Die Anzahl der nötigen Grundoperationen hängt nu r von unserer Notation ab.


5.475 Es kommt nur darauf an, ein Zeichensystem von einer be- stimmten Anzahl von Dimensionen – von einer bestimmten ma- thematischen Mannigfaltigkeit – zu bilden.
5.475 Es kommt nur darauf an, ein Zeichensystem von einer bestimmten Anzahl von Dimensionen – von einer bestimmten mathematischen Mannigfaltigkeit – zu bilden.


5.476   Es ist klar, dass es sich hier nicht  um eine  A n z a h l   vo n    G r u n d b e g r i f f e n handelt, die bezeichnet werden müssen, sondern um den Ausdruck einer Regel.
5.476   Es ist klar, dass es sich hier nicht  um eine  A n z a h l   vo n    G r u n d b e g r i f f e n handelt, die bezeichnet werden müssen, sondern um den Ausdruck einer Regel.


5.5 Jede Wahrheitsfunktion ist ein Resultat der successiven An- wendung der Operation (– – – – –W)(''ξ, . . . .'') auf Elementarsät- ze.
5.5 Jede Wahrheitsfunktion ist ein Resultat der successiven Anwendung der Operation (– – – – –W)(''ξ, . . . .'') auf Elementarsätze.


Diese Operation verneint sämtliche Sätze in der rechten Klammer und ich nenne sie die Negation dieser Sätze.
Diese Operation verneint sämtliche Sätze in der rechten Klammer und ich nenne sie die Negation dieser Sätze.
Line 1,277: Line 1,277:
Wie die Beschreibung der Glieder des Klammerausdruckes geschieht, ist unwesentlich.
Wie die Beschreibung der Glieder des Klammerausdruckes geschieht, ist unwesentlich.


Wir kö n n e n drei Arten der Beschreibung unterscheiden: 1. Die direkte Aufzählung. In diesem Fall können wir statt der Variablen einfach ihre konstanten Werte setzen. 2. Die Angabe einer Funktion ''fx'', deren Werte für alle Werte von ''x'' die zu beschreibenden Sätze sind. 3. Die Angabe eines formalen Ge- setzes, nach welchem jene Sätze gebildet sind. In diesem Falle sind die Glieder des Klammerausdrucks sämtliche Glieder einer Formenreihe.
Wir kö n n e n drei Arten der Beschreibung unterscheiden: 1. Die direkte Aufzählung. In diesem Fall können wir statt der Variablen einfach ihre konstanten Werte setzen. 2. Die Angabe einer Funktion ''fx'', deren Werte für alle Werte von ''x'' die zu beschreibenden Sätze sind. 3. Die Angabe eines formalen Gesetzes, nach welchem jene Sätze gebildet sind. In diesem Falle sind die Glieder des Klammerausdrucks sämtliche Glieder einer Formenreihe.


5.502 Ich schreibe also statt „(– – – – –W)(''ξ, . . . .'')“ „''N'' (<math>\bar{\xi}</math>)“.
5.502 Ich schreibe also statt „(– – – – –W)(''ξ, . . . .'')“ „''N'' (<math>\bar{\xi}</math>)“.
Line 1,283: Line 1,283:
„''N'' (<math>\bar{\xi}</math>)“ ist die Negation sämtlicher Werte der Satzvariablen <math>\xi</math>.
„''N'' (<math>\bar{\xi}</math>)“ ist die Negation sämtlicher Werte der Satzvariablen <math>\xi</math>.


5.503 Da sich offenbar leicht ausdrücken lässt, wie mit dieser Opera- tion Sätze gebildet werden können und wie Sätze mit ihr nicht zu bilden sind, so muss dies auch einen exakten Ausdruck fin- den können.
5.503 Da sich offenbar leicht ausdrücken lässt, wie mit dieser Operation Sätze gebildet werden können und wie Sätze mit ihr nicht zu bilden sind, so muss dies auch einen exakten Ausdruck finden können.


5.51 Hat <math>\xi</math> nur einen Wert, so ist ''N'' (<math>\bar{\xi}</math>) = ∼''p'' (nicht ''p''), hat es zwei Werte, so ist ''N'' (<math>\bar{\xi}</math>) = ∼''p .'' ∼''q'' (weder ''p'' noch ''q'').
5.51 Hat <math>\xi</math> nur einen Wert, so ist ''N'' (<math>\bar{\xi}</math>) = ∼''p'' (nicht ''p''), hat es zwei Werte, so ist ''N'' (<math>\bar{\xi}</math>) = ∼''p .'' ∼''q'' (weder ''p'' noch ''q'').


5.511 Wie kann die allumfassende, weltspiegelnde Logik so spezielle Haken und Manipulationen gebrauchen? Nur, indem sich al- le diese zu einem unendlich feinen Netzwerk, zu dem grossen Spiegel, verknüpfen.
5.511 Wie kann die allumfassende, weltspiegelnde Logik so spezielle Haken und Manipulationen gebrauchen? Nur, indem sich alle diese zu einem unendlich feinen Netzwerk, zu dem grossen Spiegel, verknüpfen.


5.512 „∼''p''“ ist wahr, wenn „''p''“ falsch ist. Also in dem wahren Satz „∼''p''“ ist „''p''“ ein falscher Satz. Wie kann ihn nun der Strich „∼“ mit der Wirklichkeit zum Stimmen bringen?
5.512 „∼''p''“ ist wahr, wenn „''p''“ falsch ist. Also in dem wahren Satz „∼''p''“ ist „''p''“ ein falscher Satz. Wie kann ihn nun der Strich „∼“ mit der Wirklichkeit zum Stimmen bringen?


Das, was in „∼''p''“ verneint, ist aber nicht das „∼“, sondern dasjenige, was allen Zeichen dieser Notation, welche ''p'' vernei- nen, gemeinsam ist.
Das, was in „∼''p''“ verneint, ist aber nicht das „∼“, sondern dasjenige, was allen Zeichen dieser Notation, welche ''p'' verneinen, gemeinsam ist.


Also die gemeinsame Regel, nach welcher „∼''p''“, „∼∼∼''p''“, „∼''p'' ∨ ∼''p''“, „∼''p .'' ∼''p''“, etc. etc. (ad inf.) gebildet werden. Und dies Gemeinsame spiegelt die Verneinung wider.
Also die gemeinsame Regel, nach welcher „∼''p''“, „∼∼∼''p''“, „∼''p'' ∨ ∼''p''“, „∼''p .'' ∼''p''“, etc. etc. (ad inf.) gebildet werden. Und dies Gemeinsame spiegelt die Verneinung wider.
Line 1,297: Line 1,297:
5.513 Man könnte sagen: Das Gemeinsame aller Symbole, die sowohl ''p'' als ''q'' bejahen, ist der Satz „''p . q''“. Das Gemeinsame aller Symbole, die entweder ''p'' oder ''q'' bejahen, ist der Satz „''p'' ∨ ''q''“.
5.513 Man könnte sagen: Das Gemeinsame aller Symbole, die sowohl ''p'' als ''q'' bejahen, ist der Satz „''p . q''“. Das Gemeinsame aller Symbole, die entweder ''p'' oder ''q'' bejahen, ist der Satz „''p'' ∨ ''q''“.


Und so kann man sagen: Zwei Sätze sind einander entge- gengesetzt, wenn sie nichts miteinander gemein haben, und: Jeder Satz hat nur ein Negativ, weil es nur einen Satz gibt, der ganz ausserhalb seiner liegt.
Und so kann man sagen: Zwei Sätze sind einander entgegengesetzt, wenn sie nichts miteinander gemein haben, und: Jeder Satz hat nur ein Negativ, weil es nur einen Satz gibt, der ganz ausserhalb seiner liegt.


Es zeigt sich so auch in Russells Notation, dass „''q'' : ''p'' ∨ ∼''p''“ dasselbe sagt wie „''q''“; dass „''p'' ∨ ∼''p''“ nichts sagt.
Es zeigt sich so auch in Russells Notation, dass „''q'' : ''p'' ∨ ∼''p''“ dasselbe sagt wie „''q''“; dass „''p'' ∨ ∼''p''“ nichts sagt.
Line 1,317: Line 1,317:
5.521 Ich trenne den Begriff A l l e von der Wahrheitsfunktion.
5.521 Ich trenne den Begriff A l l e von der Wahrheitsfunktion.


Frege und Russell haben die Allgemeinheit in Verbindung mit dem logischen Produkt oder der logischen Summe einge- führt. So wurde es schwer, die Sätze „(∃''x'') ''. fx''“ und „(''x'') ''. fx''“, in welchen beide Ideen beschlossen liegen, zu verstehen.
Frege und Russell haben die Allgemeinheit in Verbindung mit dem logischen Produkt oder der logischen Summe eingeführt. So wurde es schwer, die Sätze „(∃''x'') ''. fx''“ und „(''x'') ''. fx''“, in welchen beide Ideen beschlossen liegen, zu verstehen.


5.522  Das Eigentümliche der Allgemeinheitsbezeichnung ist erstens, dass sie auf ein logisches Urbild hinweist, und zweitens, dass sie Konstante hervorhebt.
5.522  Das Eigentümliche der Allgemeinheitsbezeichnung ist erstens, dass sie auf ein logisches Urbild hinweist, und zweitens, dass sie Konstante hervorhebt.
Line 1,331: Line 1,331:
Gewissheit, Möglichkeit oder Unmöglichkeit einer Sachlage wird nicht durch einen Satz ausgedrückt, sondern dadurch, dass ein Ausdruck eine Tautologie, ein sinnvoller Satz, oder eine Kontradiktion ist.
Gewissheit, Möglichkeit oder Unmöglichkeit einer Sachlage wird nicht durch einen Satz ausgedrückt, sondern dadurch, dass ein Ausdruck eine Tautologie, ein sinnvoller Satz, oder eine Kontradiktion ist.


Jener Präzedenzfall, auf den man sich immer berufen möch- te, muss schon im Symbol selber liegen.
Jener Präzedenzfall, auf den man sich immer berufen möchte, muss schon im Symbol selber liegen.


5.526                             Man kann die Welt vollständig durch vollkommen verallgemei- nerte Sätze beschreiben, das heisst also, ohne irgend einen Na- men von vornherein einem bestimmten Gegenstand zuzuord- nen.
5.526                             Man kann die Welt vollständig durch vollkommen verallgemeinerte Sätze beschreiben, das heisst also, ohne irgend einen Namen von vornherein einem bestimmten Gegenstand zuzuordnen.


Um dann auf die gewöhnliche Ausdrucksweise zu kommen, muss man einfach nach einem Ausdruck „es gibt ein und nur ein ''x'', welches ''. . . .''“ sagen: Und dies ''x'' ist ''a''.
Um dann auf die gewöhnliche Ausdrucksweise zu kommen, muss man einfach nach einem Ausdruck „es gibt ein und nur ein ''x'', welches ''. . . .''“ sagen: Und dies ''x'' ist ''a''.


5.5261    Ein vollkommen verallgemeinerter Satz ist, wie jeder ande- re Satz zusammengesetzt. (Dies zeigt sich daran, dass wir in „(∃''x, φ'')''.φx''“ „''φ''“ und „''x''“ getrennt erwähnen müssen. Beide stehen unabhängig in bezeichnenden Beziehungen zur Welt, wie im unverallgemeinerten Satz.)
5.5261    Ein vollkommen verallgemeinerter Satz ist, wie jeder andere Satz zusammengesetzt. (Dies zeigt sich daran, dass wir in „(∃''x, φ'')''.φx''“ „''φ''“ und „''x''“ getrennt erwähnen müssen. Beide stehen unabhängig in bezeichnenden Beziehungen zur Welt, wie im unverallgemeinerten Satz.)


Kennzeichen des zusammengesetzten Symbols: Es hat etwas mit a n d e r e n Symbolen gemeinsam.
Kennzeichen des zusammengesetzten Symbols: Es hat etwas mit a n d e r e n Symbolen gemeinsam.
Line 1,343: Line 1,343:
5.5262 Es verändert ja die Wahr- oder Falschheit j e d e s Satzes etwas am allgemeinen Bau der Welt. Und der Spielraum, welcher ihrem Bau durch die Gesamtheit der Elementarsätze gelassen wird, ist eben derjenige, welchen die ganz allgemeinen Sätze begrenzen.
5.5262 Es verändert ja die Wahr- oder Falschheit j e d e s Satzes etwas am allgemeinen Bau der Welt. Und der Spielraum, welcher ihrem Bau durch die Gesamtheit der Elementarsätze gelassen wird, ist eben derjenige, welchen die ganz allgemeinen Sätze begrenzen.


(Wenn ein Elementarsatz wahr ist, so ist damit doch jeden- falls Ein Elementarsatz m e h r wahr.)
(Wenn ein Elementarsatz wahr ist, so ist damit doch jedenfalls Ein Elementarsatz m e h r wahr.)


5.53 Gleichheit des Gegenstandes drücke ich durch Gleichheit des Zeichens aus, und nicht mit Hilfe eines Gleichheitszeichens. Verschiedenheit der Gegenstände durch Verschiedenheit der Zeichen.
5.53 Gleichheit des Gegenstandes drücke ich durch Gleichheit des Zeichens aus, und nicht mit Hilfe eines Gleichheitszeichens. Verschiedenheit der Gegenstände durch Verschiedenheit der Zeichen.
Line 1,369: Line 1,369:
5.534  Und nun sehen wir, dass Scheinsätze wie: „''a'' = ''a''“, „''a'' = ''b . b'' = ''c.'' ⊃ ''a'' = ''c''“, „(''x'') ''. x'' = ''x''“, „(∃''x'') ''. x'' = ''a''“, etc. sich in einer richtigen Begriffsschrift gar nicht hinschreiben lassen.
5.534  Und nun sehen wir, dass Scheinsätze wie: „''a'' = ''a''“, „''a'' = ''b . b'' = ''c.'' ⊃ ''a'' = ''c''“, „(''x'') ''. x'' = ''x''“, „(∃''x'') ''. x'' = ''a''“, etc. sich in einer richtigen Begriffsschrift gar nicht hinschreiben lassen.


5.535  Damit erledigen sich auch alle Probleme, die an solche Schein- sätze geknüpft waren.
5.535  Damit erledigen sich auch alle Probleme, die an solche Scheinsätze geknüpft waren.


Alle Probleme, die Russells „Axiom of Infinity“ mit sich bringt, sind schon hier zu lösen.
Alle Probleme, die Russells „Axiom of Infinity“ mit sich bringt, sind schon hier zu lösen.
Line 1,377: Line 1,377:
5.5351 Es gibt gewisse Fälle, wo man in Versuchung gerät, Ausdrücke von der Form „''a'' = ''a''“ oder „''p'' ⊃ ''p''“  u. dgl.  zu  benützen. Und zwar geschieht dies, wenn man von dem Urbild: Satz, Ding, etc. reden möchte. So hat Russell in den „Principles of Mathematics“ den Unsinn „''p'' ist ein Satz“ in Symbolen durch „''p'' ⊃ ''p''“ wiedergegeben und als Hypothese vor gewisse Sätze gestellt, damit deren Argumentstellen nur von Sätzen besetzt werden könnten.
5.5351 Es gibt gewisse Fälle, wo man in Versuchung gerät, Ausdrücke von der Form „''a'' = ''a''“ oder „''p'' ⊃ ''p''“  u. dgl.  zu  benützen. Und zwar geschieht dies, wenn man von dem Urbild: Satz, Ding, etc. reden möchte. So hat Russell in den „Principles of Mathematics“ den Unsinn „''p'' ist ein Satz“ in Symbolen durch „''p'' ⊃ ''p''“ wiedergegeben und als Hypothese vor gewisse Sätze gestellt, damit deren Argumentstellen nur von Sätzen besetzt werden könnten.


(Es ist schon darum Unsinn, die Hypothese ''p'' ⊃ ''p'' vor einen Satz zu stellen, um ihm Argumente der richtigen Form zu si- chern, weil die Hypothese für einen Nicht-Satz als Argument nicht falsch, sondern unsinnig wird, und weil der Satz selbst durch die unrichtige Gattung von Argumenten unsinnig wird, also sich selbst ebenso gut, oder so schlecht, vor den unrech- ten Argumenten bewahrt, wie die zu diesem Zweck angehängte sinnlose Hypothese.)
(Es ist schon darum Unsinn, die Hypothese ''p'' ⊃ ''p'' vor einen Satz zu stellen, um ihm Argumente der richtigen Form zu sichern, weil die Hypothese für einen Nicht-Satz als Argument nicht falsch, sondern unsinnig wird, und weil der Satz selbst durch die unrichtige Gattung von Argumenten unsinnig wird, also sich selbst ebenso gut, oder so schlecht, vor den unrechten Argumenten bewahrt, wie die zu diesem Zweck angehängte sinnlose Hypothese.)


5.5352 Ebenso wollte man „Es gibt keine D i n g e“ ausdrücken durch „∼(∃''x'') ''. x'' = ''x''“. Aber selbst wenn dies ein Satz wäre, – wäre er nicht auch wahr, wenn es zwar „Dinge gäbe“, aber diese nicht mit sich selbst identisch wären?
5.5352 Ebenso wollte man „Es gibt keine D i n g e“ ausdrücken durch „∼(∃''x'') ''. x'' = ''x''“. Aber selbst wenn dies ein Satz wäre, – wäre er nicht auch wahr, wenn es zwar „Dinge gäbe“, aber diese nicht mit sich selbst identisch wären?
Line 1,397: Line 1,397:
Eine zusammengesetzte Seele wäre nämlich keine Seele mehr.
Eine zusammengesetzte Seele wäre nämlich keine Seele mehr.


5.5422 Die richtige Erklärung der Form des Satzes „A urteilt ''p''“ muss zeigen, dass es unmöglich ist, einen Unsinn zu urteilen. (Rus- sells Theorie genügt dieser Bedingung nicht.)
5.5422 Die richtige Erklärung der Form des Satzes „A urteilt ''p''“ muss zeigen, dass es unmöglich ist, einen Unsinn zu urteilen. (Russells Theorie genügt dieser Bedingung nicht.)


5.5423 Einen Komplex wahrnehmen, heisst, wahrnehmen, dass sich seine Bestandteile so und so zu einander verhalten.
5.5423 Einen Komplex wahrnehmen, heisst, wahrnehmen, dass sich seine Bestandteile so und so zu einander verhalten.
Line 1,413: Line 1,413:
Der Elementarsatz besteht aus Namen. Da wir aber die Anzahl der Namen von verschiedener Bedeutung nicht angeben können, so können wir auch nicht die Zusammensetzung des Elementarsatzes angeben.
Der Elementarsatz besteht aus Namen. Da wir aber die Anzahl der Namen von verschiedener Bedeutung nicht angeben können, so können wir auch nicht die Zusammensetzung des Elementarsatzes angeben.


5.551  Unser Grundsatz ist, dass jede Frage, die sich überhaupt durch die Logik entscheiden lässt, sich ohne weiteres entscheiden las- sen muss.
5.551  Unser Grundsatz ist, dass jede Frage, die sich überhaupt durch die Logik entscheiden lässt, sich ohne weiteres entscheiden lassen muss.


(Und wenn wir in die Lage kommen, ein solches Problem durch Ansehen der Welt beantworten zu müssen, so zeigt dies, dass wir auf grundfalscher Fährte sind.)
(Und wenn wir in die Lage kommen, ein solches Problem durch Ansehen der Welt beantworten zu müssen, so zeigt dies, dass wir auf grundfalscher Fährte sind.)
Line 1,421: Line 1,421:
Die Logik ist vo r jeder Erfahrung – dass etwas s o ist. Sie ist vor dem Wie, nicht vor dem Was.
Die Logik ist vo r jeder Erfahrung – dass etwas s o ist. Sie ist vor dem Wie, nicht vor dem Was.


5.5521 Und wenn dies nicht so wäre, wie könnten wir die Logik anwen- den? Man könnte sagen: Wenn es eine Logik gäbe, auch wenn es keine Welt gäbe, wie könnte es dann eine Logik geben, da es eine Welt gibt.
5.5521 Und wenn dies nicht so wäre, wie könnten wir die Logik anwenden? Man könnte sagen: Wenn es eine Logik gäbe, auch wenn es keine Welt gäbe, wie könnte es dann eine Logik geben, da es eine Welt gibt.


5.553                             Russell sagte, es gäbe einfache Relationen zwischen verschie- denen Anzahlen von Dingen (Individuals). Aber zwischen wel- chen Anzahlen? Und wie soll sich das entscheiden? – Durch die Erfahrung?
5.553                             Russell sagte, es gäbe einfache Relationen zwischen verschiedenen Anzahlen von Dingen (Individuals). Aber zwischen welchen Anzahlen? Und wie soll sich das entscheiden? – Durch die Erfahrung?


(Eine ausgezeichnete Zahl gibt es nicht.)
(Eine ausgezeichnete Zahl gibt es nicht.)
Line 1,429: Line 1,429:
5.554                             Die Angabe jeder speziellen Form wäre vollkommen willkürlich.
5.554                             Die Angabe jeder speziellen Form wäre vollkommen willkürlich.


5.5541 Es soll sich a priori angeben lassen, ob ich z. B. in die Lage kommen kann, etwas mit dem Zeichen einer 27-stelligen Rela- tion bezeichnen zu müssen.
5.5541 Es soll sich a priori angeben lassen, ob ich z. B. in die Lage kommen kann, etwas mit dem Zeichen einer 27-stelligen Relation bezeichnen zu müssen.


5.5542 Dürfen wir denn aber überhaupt so fragen? Können wir eine Zeichenform aufstellen und nicht wissen, ob ihr etwas entspre- chen könne?
5.5542 Dürfen wir denn aber überhaupt so fragen? Können wir eine Zeichenform aufstellen und nicht wissen, ob ihr etwas entsprechen könne?


Hat die Frage einen Sinn: Was muss s e i n, damit etwas der-Fall-sein kann?
Hat die Frage einen Sinn: Was muss s e i n, damit etwas der-Fall-sein kann?


5.555                             Es ist klar, wir haben vom Elementarsatz einen Begriff, abge- sehen von seiner besonderen logischen Form.
5.555                             Es ist klar, wir haben vom Elementarsatz einen Begriff, abgesehen von seiner besonderen logischen Form.


Wo man aber Symbole nach einem System bilden kann, dort ist dieses System das logisch wichtige und nicht die ein- zelnen Symbole.
Wo man aber Symbole nach einem System bilden kann, dort ist dieses System das logisch wichtige und nicht die einzelnen Symbole.


Und wie wäre es auch möglich, dass ich es in der Logik mit Formen zu tun hätte, die ich erfinden kann; sondern mit dem muss ich es zu tun haben, was es mir möglich macht, sie zu erfinden.
Und wie wäre es auch möglich, dass ich es in der Logik mit Formen zu tun hätte, die ich erfinden kann; sondern mit dem muss ich es zu tun haben, was es mir möglich macht, sie zu erfinden.


5.556 Eine Hierarchie der Formen der Elementarsätze kann es nicht geben. Nur was wir selbst konstruieren, können wir vorausse- hen.
5.556 Eine Hierarchie der Formen der Elementarsätze kann es nicht geben. Nur was wir selbst konstruieren, können wir voraussehen.


5.5561 Die empirische Realität ist begrenzt durch die Gesamtheit der Gegenstände. Die Grenze zeigt sich wieder in der Gesamtheit der Elementarsätze.
5.5561 Die empirische Realität ist begrenzt durch die Gesamtheit der Gegenstände. Die Grenze zeigt sich wieder in der Gesamtheit der Elementarsätze.


Die Hierarchien sind, und müssen unabhängig von der Rea- lität sein.
Die Hierarchien sind, und müssen unabhängig von der Realität sein.


5.5562 Wissen wir aus rein logischen Gründen, dass es Elementarsätze geben muss, dann muss es jeder wissen, der die Sätze in ihrer unanalysierten Form versteht.
5.5562 Wissen wir aus rein logischen Gründen, dass es Elementarsätze geben muss, dann muss es jeder wissen, der die Sätze in ihrer unanalysierten Form versteht.
Line 1,455: Line 1,455:
5.557  Die A nwe n d u n g der Logik entscheidet darüber, welche Elementarsätze es gibt.
5.557  Die A nwe n d u n g der Logik entscheidet darüber, welche Elementarsätze es gibt.


Was in der Anwendung liegt, kann die Logik nicht voraus- nehmen.
Was in der Anwendung liegt, kann die Logik nicht vorausnehmen.


Das ist klar: Die Logik darf mit ihrer Anwendung nicht kollidieren.
Das ist klar: Die Logik darf mit ihrer Anwendung nicht kollidieren.
Line 1,473: Line 1,473:
Das würde nämlich scheinbar voraussetzen, dass wir gewisse Möglichkeiten ausschliessen und dies kann nicht der Fall sein, da sonst die Logik über die Grenzen der Welt hinaus müsste; wenn sie nämlich diese Grenzen auch von der anderen Seite betrachten könnte.
Das würde nämlich scheinbar voraussetzen, dass wir gewisse Möglichkeiten ausschliessen und dies kann nicht der Fall sein, da sonst die Logik über die Grenzen der Welt hinaus müsste; wenn sie nämlich diese Grenzen auch von der anderen Seite betrachten könnte.


Was wir nicht denken können, das können wir nicht den- ken; wir können also auch nicht s a g e n, was wir nicht denken können.
Was wir nicht denken können, das können wir nicht denken; wir können also auch nicht s a g e n, was wir nicht denken können.


5.62              Diese Bemerkung gibt den Schlüssel zur Entscheidung der Fra- ge, inwieweit der Solipsismus eine Wahrheit ist.
5.62              Diese Bemerkung gibt den Schlüssel zur Entscheidung der Frage, inwieweit der Solipsismus eine Wahrheit ist.


Was der Solipsismus nämlich m e i n t, ist ganz richtig, nur lässt es sich nicht s a g e n, sondern es zeigt sich.
Was der Solipsismus nämlich m e i n t, ist ganz richtig, nur lässt es sich nicht s a g e n, sondern es zeigt sich.
Line 1,487: Line 1,487:
5.631      Das denkende, vorstellende, Subjekt gibt es nicht.
5.631      Das denkende, vorstellende, Subjekt gibt es nicht.


Wenn ich ein Buch schriebe „Die Welt, wie ich sie vor- fand“, so wäre darin auch über meinen Leib zu berichten und zu sagen, welche Glieder meinem Willen unterstehen und wel- che nicht etc., dies ist nämlich eine Methode, das Subjekt zu isolieren, oder vielmehr zu zeigen, dass es in einem wichtigen Sinne kein Subjekt gibt: Von ihm allein nämlich könnte in die- sem Buche n i cht die Rede sein. –  
Wenn ich ein Buch schriebe „Die Welt, wie ich sie vorfand“, so wäre darin auch über meinen Leib zu berichten und zu sagen, welche Glieder meinem Willen unterstehen und welche nicht etc., dies ist nämlich eine Methode, das Subjekt zu isolieren, oder vielmehr zu zeigen, dass es in einem wichtigen Sinne kein Subjekt gibt: Von ihm allein nämlich könnte in diesem Buche n i cht die Rede sein. –  


5.632 Das Subjekt gehört nicht zur Welt, sondern es ist eine Grenze der Welt.
5.632 Das Subjekt gehört nicht zur Welt, sondern es ist eine Grenze der Welt.
Line 1,493: Line 1,493:
5.633 Wo in der Welt ist ein metaphysisches Subjekt zu merken?
5.633 Wo in der Welt ist ein metaphysisches Subjekt zu merken?


Du sagst, es verhält sich hier ganz, wie mit Auge und Ge- sichtsfeld. Aber das Auge siehst du wirklich n i ch t.
Du sagst, es verhält sich hier ganz, wie mit Auge und Gesichtsfeld. Aber das Auge siehst du wirklich n i ch t.


Und nichts a m G e s i cht s f e l d lässt darauf schliessen, dass es von einem Auge gesehen wird.
Und nichts a m G e s i cht s f e l d lässt darauf schliessen, dass es von einem Auge gesehen wird.
Line 1,509: Line 1,509:
Es gibt keine Ordnung der Dinge a priori.
Es gibt keine Ordnung der Dinge a priori.


5.64 Hier sieht man, dass der Solipsismus, streng durchgeführt, mit dem reinen Realismus zusammenfällt. Das Ich des Solipsis- mus schrumpft zum ausdehnungslosen Punkt zusammen, und es bleibt die ihm koordinierte Realität.
5.64 Hier sieht man, dass der Solipsismus, streng durchgeführt, mit dem reinen Realismus zusammenfällt. Das Ich des Solipsismus schrumpft zum ausdehnungslosen Punkt zusammen, und es bleibt die ihm koordinierte Realität.


5.641 Es gibt also wirklich einen Sinn, in welchem in der Philosophie nicht-psychologisch vom Ich die Rede sein kann.
5.641 Es gibt also wirklich einen Sinn, in welchem in der Philosophie nicht-psychologisch vom Ich die Rede sein kann.
Line 1,566: Line 1,566:
6.11 Die Sätze der Logik sagen also Nichts.  (Sie sind die analyti-  schen Sätze.)
6.11 Die Sätze der Logik sagen also Nichts.  (Sie sind die analyti-  schen Sätze.)


6.111           Theorien, die einen Satz der Logik gehaltvoll erscheinen lassen, sind immer falsch. Man könnte z. B. glauben, dass die Worte „wahr“ und „falsch“ zwei Eigenschaften unter anderen Eigen- schaften bezeichnen, und da erschiene es als eine merkwürdige Tatsache, dass jeder Satz eine dieser Eigenschaften besitzt. Das scheint nun nichts weniger als selbstverständlich zu sein, eben- sowenig selbstverständlich, wie etwa der Satz, „alle Rosen sind entweder gelb oder rot“ klänge, auch wenn er wahr wäre. Ja, jener Satz bekommt nun ganz den Charakter eines naturwis- senschaftlichen Satzes und dies ist das sichere Anzeichen dafür, dass er falsch aufgefasst wurde.
6.111           Theorien, die einen Satz der Logik gehaltvoll erscheinen lassen, sind immer falsch. Man könnte z. B. glauben, dass die Worte „wahr“ und „falsch“ zwei Eigenschaften unter anderen Eigenschaften bezeichnen, und da erschiene es als eine merkwürdige Tatsache, dass jeder Satz eine dieser Eigenschaften besitzt. Das scheint nun nichts weniger als selbstverständlich zu sein, ebensowenig selbstverständlich, wie etwa der Satz, „alle Rosen sind entweder gelb oder rot“ klänge, auch wenn er wahr wäre. Ja, jener Satz bekommt nun ganz den Charakter eines naturwissenschaftlichen Satzes und dies ist das sichere Anzeichen dafür, dass er falsch aufgefasst wurde.


6.112          Die richtige Erklärung der logischen Sätze muss ihnen eine einzigartige Stellung unter allen Sätzen geben.
6.112          Die richtige Erklärung der logischen Sätze muss ihnen eine einzigartige Stellung unter allen Sätzen geben.
Line 1,574: Line 1,574:
6.12 Dass die Sätze der Logik Tautologien sind, das z e i g t die formalen – logischen – Eigenschaften der Sprache, der Welt.
6.12 Dass die Sätze der Logik Tautologien sind, das z e i g t die formalen – logischen – Eigenschaften der Sprache, der Welt.


Dass ihre Bestandteile s o verknüpft eine Tautologie erge- ben, das charakterisiert die Logik ihrer Bestandteile.
Dass ihre Bestandteile s o verknüpft eine Tautologie ergeben, das charakterisiert die Logik ihrer Bestandteile.


Damit Sätze, auf bestimmte Art und Weise verknüpft, eine Tautologie ergeben, dazu müssen sie bestimmte Eigenschaften der Struktur haben. Dass sie s o verbunden eine Tautologie ergeben, zeigt also, dass sie diese Eigenschaften der Struktur besitzen.
Damit Sätze, auf bestimmte Art und Weise verknüpft, eine Tautologie ergeben, dazu müssen sie bestimmte Eigenschaften der Struktur haben. Dass sie s o verbunden eine Tautologie ergeben, zeigt also, dass sie diese Eigenschaften der Struktur besitzen.
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6.1203 Um eine Tautologie  als  solche zu  erkennen,  kann  man  sich, in den Fällen, in welchen in der Tautologie keine Allgemeinheitsbezeichnung vorkommt, folgender anschaulichen Methode bedienen: Ich schreibe statt „''p''“, „''q''“, „''r''“ etc. „W''p''F“, „W''q''F“, „W''r''F“ etc. Die Wahrheitskombinationen drücke ich durch Klammern aus. z. B.:
6.1203 Um eine Tautologie  als  solche zu  erkennen,  kann  man  sich, in den Fällen, in welchen in der Tautologie keine Allgemeinheitsbezeichnung vorkommt, folgender anschaulichen Methode bedienen: Ich schreibe statt „''p''“, „''q''“, „''r''“ etc. „W''p''F“, „W''q''F“, „W''r''F“ etc. Die Wahrheitskombinationen drücke ich durch Klammern aus. z. B.:


[[File:TLP 6.1203a.png|250px|center|link=]]und die Zuordnung der Wahr- oder Falschheit des ganzen Satzes und der Wahrheitskombinationen der Wahrheitsargumente durch Striche auf folgende Weise:[[File:TLP 6.1203b.png|250px|center|link=]]Dies Zeichen würde also z. B. den Satz ''p'' ⊃ ''q'' darstellen. Nun will ich z. B. den Satz ∼(''p .'' ∼''p'') (Gesetz des Widerspruchs) daraufhin untersuchen, ob er eine Tautologie ist. Die Form „∼''ξ''“ wird in unserer Notation[[File:TLP 6.1203c.png|120px|center|link=]]geschrieben; die Form „''ξ . η''“ so:[[File:TLP 6.1203d.png|250px|center|link=]]Daher lautet der Satz ∼(''p .'' ∼''q'') so:[[File:TLP 6.1203e.png|200px|center|link=]]Setzen wir hier statt „''q''“ „''p''“ ein und untersuchen die Verbin- dung der äussersten W und F mit den innersten, so ergibt sich, dass die Wahrheit des ganzen Satzes a l l e n Wahrheits- kombinationen seines Argumentes, seine Falschheit keiner der Wahrheitskombinationen zugeordnet ist.
[[File:TLP 6.1203a.png|250px|center|link=]]und die Zuordnung der Wahr- oder Falschheit des ganzen Satzes und der Wahrheitskombinationen der Wahrheitsargumente durch Striche auf folgende Weise:[[File:TLP 6.1203b.png|250px|center|link=]]Dies Zeichen würde also z. B. den Satz ''p'' ⊃ ''q'' darstellen. Nun will ich z. B. den Satz ∼(''p .'' ∼''p'') (Gesetz des Widerspruchs) daraufhin untersuchen, ob er eine Tautologie ist. Die Form „∼''ξ''“ wird in unserer Notation[[File:TLP 6.1203c.png|120px|center|link=]]geschrieben; die Form „''ξ . η''“ so:[[File:TLP 6.1203d.png|250px|center|link=]]Daher lautet der Satz ∼(''p .'' ∼''q'') so:[[File:TLP 6.1203e.png|200px|center|link=]]Setzen wir hier statt „''q''“ „''p''“ ein und untersuchen die Verbindung der äussersten W und F mit den innersten, so ergibt sich, dass die Wahrheit des ganzen Satzes a l l e n Wahrheitskombinationen seines Argumentes, seine Falschheit keiner der Wahrheitskombinationen zugeordnet ist.


6.121           Die Sätze der Logik demonstrieren die logischen Eigenschaften der Sätze, indem sie sie zu nichtssagenden Sätzen verbinden.
6.121           Die Sätze der Logik demonstrieren die logischen Eigenschaften der Sätze, indem sie sie zu nichtssagenden Sätzen verbinden.
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Dass z. B. „''q''“ aus „''p'' ⊃ ''q . p''“ folgt, ersehen wir aus diesen beiden Sätzen selbst, aber wir können es auch s o zeigen, indem wir sie zu „''p'' ⊃ ''q . p'' : ⊃ : ''q''“ verbinden und nun zeigen, dass dies eine Tautologie ist.
Dass z. B. „''q''“ aus „''p'' ⊃ ''q . p''“ folgt, ersehen wir aus diesen beiden Sätzen selbst, aber wir können es auch s o zeigen, indem wir sie zu „''p'' ⊃ ''q . p'' : ⊃ : ''q''“ verbinden und nun zeigen, dass dies eine Tautologie ist.


6.1222 Dies wirft ein Licht  auf die Frage,  warum die logischen Sät-  ze nicht durch die Erfahrung bestätigt werden können, ebenso wenig, wie sie durch die Erfahrung widerlegt werden können. Nicht nur muss ein Satz der Logik durch keine mögliche Er- fahrung widerlegt werden können, sondern er darf auch nicht durch eine solche bestätigt werden können.
6.1222 Dies wirft ein Licht  auf die Frage,  warum die logischen Sät-  ze nicht durch die Erfahrung bestätigt werden können, ebenso wenig, wie sie durch die Erfahrung widerlegt werden können. Nicht nur muss ein Satz der Logik durch keine mögliche Erfahrung widerlegt werden können, sondern er darf auch nicht durch eine solche bestätigt werden können.


6.1223 Nun wird klar, warum man oft fühlte, als wären die „logischen Wahrheiten“ von uns zu „f o r d e r n“: Wir können sie nämlich insofern fordern, als wir eine genügende Notation fordern kön- nen.
6.1223 Nun wird klar, warum man oft fühlte, als wären die „logischen Wahrheiten“ von uns zu „f o r d e r n“: Wir können sie nämlich insofern fordern, als wir eine genügende Notation fordern können.


6.1224 Es wird jetzt auch klar, warum die Logik die Lehre von den Formen und vom Schliessen genannt wurde.
6.1224 Es wird jetzt auch klar, warum die Logik die Lehre von den Formen und vom Schliessen genannt wurde.
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6.1231 Das Anzeichen des logischen Satzes ist n i cht die Allgemeingültigkeit.
6.1231 Das Anzeichen des logischen Satzes ist n i cht die Allgemeingültigkeit.


Allgemein sein, heisst ja nur: Zufälligerweise für alle Dinge gelten. Ein unverallgemeinerter Satz kann ja ebensowohl tau- tologisch sein, als ein verallgemeinerter.
Allgemein sein, heisst ja nur: Zufälligerweise für alle Dinge gelten. Ein unverallgemeinerter Satz kann ja ebensowohl tautologisch sein, als ein verallgemeinerter.


6.1232 Die logische Allgemeingültigkeit könnte man wesentlich nen- nen, im Gegensatz zu jener zufälligen, etwa des Satzes „alle Menschen sind sterblich“. Sätze, wie Russells „Axiom of redu- cibility“ sind nicht logische Sätze, und dies erklärt unser Ge- fühl: Dass sie, wenn wahr, so doch nur durch einen günstigen Zufall wahr sein könnten.
6.1232 Die logische Allgemeingültigkeit könnte man wesentlich nennen, im Gegensatz zu jener zufälligen, etwa des Satzes „alle Menschen sind sterblich“. Sätze, wie Russells „Axiom of reducibility“ sind nicht logische Sätze, und dies erklärt unser Gefühl: Dass sie, wenn wahr, so doch nur durch einen günstigen Zufall wahr sein könnten.


6.1233 Es lässt sich eine Welt denken, in der das Axiom of reducibility nicht gilt. Es ist aber klar, dass die Logik nichts mit der Frage zu schaffen hat, ob unsere Welt wirklich so ist oder nicht.
6.1233 Es lässt sich eine Welt denken, in der das Axiom of reducibility nicht gilt. Es ist aber klar, dass die Logik nichts mit der Frage zu schaffen hat, ob unsere Welt wirklich so ist oder nicht.


6.124           Die logischen Sätze beschreiben das Gerüst der Welt, oder viel- mehr, sie stellen es dar. Sie „handeln“ von nichts. Sie setzen voraus, dass Namen Bedeutung, und Elementarsätze Sinn ha- ben: Und dies ist ihre Verbindung mit der Welt. Es ist klar, dass es etwas über die Welt anzeigen muss, dass gewisse Ver- bindungen von Symbolen – welche wesentlich einen bestimmten Charakter haben – Tautologien sind. Hierin liegt das Entschei- dende. Wir sagten, manches an den Symbolen, die wir gebrau- chen, wäre willkürlich, manches nicht. In der Logik drückt nur dieses aus: Dass heisst aber, in der Logik drücken nicht w i r mit Hilfe der Zeichen aus, was wir wollen, sondern in der Logik sagt die Natur der naturnotwendigen Zeichen selbst aus: Wenn wir die logische Syntax irgend einer Zeichensprache kennen, dann sind bereits alle Sätze der Logik gegeben.
6.124           Die logischen Sätze beschreiben das Gerüst der Welt, oder vielmehr, sie stellen es dar. Sie „handeln“ von nichts. Sie setzen voraus, dass Namen Bedeutung, und Elementarsätze Sinn haben: Und dies ist ihre Verbindung mit der Welt. Es ist klar, dass es etwas über die Welt anzeigen muss, dass gewisse Verbindungen von Symbolen – welche wesentlich einen bestimmten Charakter haben – Tautologien sind. Hierin liegt das Entscheidende. Wir sagten, manches an den Symbolen, die wir gebrauchen, wäre willkürlich, manches nicht. In der Logik drückt nur dieses aus: Dass heisst aber, in der Logik drücken nicht w i r mit Hilfe der Zeichen aus, was wir wollen, sondern in der Logik sagt die Natur der naturnotwendigen Zeichen selbst aus: Wenn wir die logische Syntax irgend einer Zeichensprache kennen, dann sind bereits alle Sätze der Logik gegeben.


6.125          Es ist möglich, und zwar auch nach der alten Auffassung der Logik, von vornherein eine Beschreibung aller „wahren“ logi- schen Sätze zu geben.
6.125          Es ist möglich, und zwar auch nach der alten Auffassung der Logik, von vornherein eine Beschreibung aller „wahren“ logischen Sätze zu geben.


6.1251 Darum kann es in der Logik auch n i e Überraschungen geben.
6.1251 Darum kann es in der Logik auch n i e Überraschungen geben.


6.126          Ob ein Satz der Logik angehört, kann man berechnen, indem man die logischen Eigenschaften des S y mb o l s berechnet.
6.126          Ob ein Satz der Logik angehört, kann man berechnen, indem man die logischen Eigenschaften des S y mb o l s berechnet.
Und dies tun wir, wenn wir einen logischen Satz „beweisen“. Denn, ohne uns um einen Sinn und eine Bedeutung zu küm- mern, bilden wir den logischen Satz aus anderen nach blossen Z e i ch e n r e g e l n.
Und dies tun wir, wenn wir einen logischen Satz „beweisen“. Denn, ohne uns um einen Sinn und eine Bedeutung zu kümmern, bilden wir den logischen Satz aus anderen nach blossen Z e i ch e n r e g e l n.
Der Beweis der logischen Sätze besteht darin, dass wir sie aus anderen logischen Sätzen durch successive Anwendung ge- wisser Operationen entstehen lassen, die aus den ersten immer wieder Tautologien erzeugen. (Und zwar f o l g e n aus einer Tautologie nur Tautologien.)
Der Beweis der logischen Sätze besteht darin, dass wir sie aus anderen logischen Sätzen durch successive Anwendung gewisser Operationen entstehen lassen, die aus den ersten immer wieder Tautologien erzeugen. (Und zwar f o l g e n aus einer Tautologie nur Tautologien.)


Natürlich ist diese Art zu zeigen, dass ihre Sätze Tautolo- gien sind, der Logik durchaus unwesentlich. Schon darum, weil die Sätze, von welchen der Beweis ausgeht, ja ohne Beweis zeigen müssen, dass sie Tautologien sind.
Natürlich ist diese Art zu zeigen, dass ihre Sätze Tautologien sind, der Logik durchaus unwesentlich. Schon darum, weil die Sätze, von welchen der Beweis ausgeht, ja ohne Beweis zeigen müssen, dass sie Tautologien sind.


6.1261 In der Logik sind Prozess und Resultat äquivalent. (Darum keine Überraschung.)
6.1261 In der Logik sind Prozess und Resultat äquivalent. (Darum keine Überraschung.)
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6.1262 Der Beweis in der Logik ist nur ein mechanisches Hilfsmittel zum leichteren Erkennen der Tautologie, wo sie kompliziert ist.
6.1262 Der Beweis in der Logik ist nur ein mechanisches Hilfsmittel zum leichteren Erkennen der Tautologie, wo sie kompliziert ist.


6.1263 Es wäre ja auch zu merkwürdig, wenn man einen sinnvollen Satz l o g i s ch aus anderen beweisen könnte, und einen logi- schen Satz a u c h. Es ist von vornherein klar, dass der logische Beweis eines sinnvollen Satzes und der Beweis i n der Logik zwei ganz verschiedene Dinge sein müssen.
6.1263 Es wäre ja auch zu merkwürdig, wenn man einen sinnvollen Satz l o g i s ch aus anderen beweisen könnte, und einen logischen Satz a u c h. Es ist von vornherein klar, dass der logische Beweis eines sinnvollen Satzes und der Beweis i n der Logik zwei ganz verschiedene Dinge sein müssen.


6.1264 Der sinnvolle Satz sagt etwas aus, und sein Beweis zeigt, dass es so ist; in der Logik ist jeder Satz die Form eines Beweises.
6.1264 Der sinnvolle Satz sagt etwas aus, und sein Beweis zeigt, dass es so ist; in der Logik ist jeder Satz die Form eines Beweises.
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Jede Tautologie zeigt selbst, dass sie eine Tautologie ist.
Jede Tautologie zeigt selbst, dass sie eine Tautologie ist.
<span name="_bookmark984"></span>6.1271 Es ist klar, dass die Anzahl der „logischen Grundgesetze“ will- kürlich ist, denn man könnte die Logik ja aus Einem Grundge- setz ableiten, indem man einfach z. B. aus Freges Grundgesetzen das logische Produkt bildet. (Frege würde vielleicht sagen, dass dieses Grundgesetz nun nicht mehr unmittelbar einleuch- te. Aber es ist merkwürdig, dass ein so exakter Denker wie Frege sich auf den Grad des Einleuchtens als Kriterium des logischen Satzes berufen hat.)
<span name="_bookmark984"></span>6.1271 Es ist klar, dass die Anzahl der „logischen Grundgesetze“ willkürlich ist, denn man könnte die Logik ja aus Einem Grundgesetz ableiten, indem man einfach z. B. aus Freges Grundgesetzen das logische Produkt bildet. (Frege würde vielleicht sagen, dass dieses Grundgesetz nun nicht mehr unmittelbar einleuchte. Aber es ist merkwürdig, dass ein so exakter Denker wie Frege sich auf den Grad des Einleuchtens als Kriterium des logischen Satzes berufen hat.)
6.13 Die Logik ist keine Lehre, sondern ein Spiegelbild der Welt. Die Logik ist transcendental.
6.13 Die Logik ist keine Lehre, sondern ein Spiegelbild der Welt. Die Logik ist transcendental.


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6.21 Der Satz der Mathematik drückt keinen Gedanken aus.
6.21 Der Satz der Mathematik drückt keinen Gedanken aus.


6.211 Im Leben ist es ja nie der mathematische Satz, den wir brau- chen, sondern wir benützen den mathematischen Satz nu r, um aus Sätzen, welche nicht der Mathematik angehören, auf andere zu schliessen, welche gleichfalls nicht der Mathematik angehören.
6.211 Im Leben ist es ja nie der mathematische Satz, den wir brauchen, sondern wir benützen den mathematischen Satz nu r, um aus Sätzen, welche nicht der Mathematik angehören, auf andere zu schliessen, welche gleichfalls nicht der Mathematik angehören.


(In der Philosophie führt die Frage „wozu gebrauchen wir eigentlich jenes Wort, jenen Satz“ immer wieder zu wertvollen Einsichten.)
(In der Philosophie führt die Frage „wozu gebrauchen wir eigentlich jenes Wort, jenen Satz“ immer wieder zu wertvollen Einsichten.)
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6.2321 Und, dass die Sätze der Mathematik bewiesen werden können, heisst ja nichts anderes, als dass ihre Richtigkeit einzusehen ist, ohne dass das, was sie ausdrücken, selbst mit den Tatsachen auf seine Richtigkeit hin verglichen werden muss.
6.2321 Und, dass die Sätze der Mathematik bewiesen werden können, heisst ja nichts anderes, als dass ihre Richtigkeit einzusehen ist, ohne dass das, was sie ausdrücken, selbst mit den Tatsachen auf seine Richtigkeit hin verglichen werden muss.


6.2322 Die Identität der Bedeutung zweier Ausdrücke lässt sich nicht b e h a u p t e n. Denn um etwas von ihrer Bedeutung behaupten zu können, muss ich ihre Bedeutung kennen: und indem ich ihre Bedeutung kenne, weiss ich, ob sie dasselbe oder verschie- denes bedeuten.
6.2322 Die Identität der Bedeutung zweier Ausdrücke lässt sich nicht b e h a u p t e n. Denn um etwas von ihrer Bedeutung behaupten zu können, muss ich ihre Bedeutung kennen: und indem ich ihre Bedeutung kenne, weiss ich, ob sie dasselbe oder verschiedenes bedeuten.


6.2323 Die Gleichung kennzeichnet nur den Standpunkt, von welchem ich die beiden Ausdrücke betrachte, nämlich vom Standpunkte ihrer Bedeutungsgleichheit.
6.2323 Die Gleichung kennzeichnet nur den Standpunkt, von welchem ich die beiden Ausdrücke betrachte, nämlich vom Standpunkte ihrer Bedeutungsgleichheit.
Line 1,676: Line 1,676:
6.233          Die Frage, ob man zur Lösung der mathematischen Probleme die Anschauung brauche, muss dahin beantwortet werden, dass eben die Sprache hier die nötige Anschauung liefert.
6.233          Die Frage, ob man zur Lösung der mathematischen Probleme die Anschauung brauche, muss dahin beantwortet werden, dass eben die Sprache hier die nötige Anschauung liefert.


6.2331 Der Vorgang des R e ch n e n s vermittelt eben diese Anschau- ung.
6.2331 Der Vorgang des R e ch n e n s vermittelt eben diese Anschauung.


Die Rechnung ist kein Experiment.
Die Rechnung ist kein Experiment.
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6.234          Die Mathematik ist eine Methode der Logik.
6.234          Die Mathematik ist eine Methode der Logik.


6.2341 Das Wesentliche der mathematischen Methode ist es, mit Glei- chungen zu arbeiten. Auf dieser Methode beruht es nämlich, dass jeder Satz der Mathematik sich von selbst verstehen muss.
6.2341 Das Wesentliche der mathematischen Methode ist es, mit Gleichungen zu arbeiten. Auf dieser Methode beruht es nämlich, dass jeder Satz der Mathematik sich von selbst verstehen muss.


6.24 Die Methode der Mathematik, zu ihren Gleichungen zu kom- men, ist die Substitutionsmethode.
6.24 Die Methode der Mathematik, zu ihren Gleichungen zu kommen, ist die Substitutionsmethode.


Denn die Gleichungen drücken die Ersetzbarkeit zweier Ausdrücke aus und wir schreiten von einer Anzahl von Gleichungen zu neuen Gleichungen vor, indem wir, den Gleichungen entsprechend, Ausdrücke durch andere ersetzen.
Denn die Gleichungen drücken die Ersetzbarkeit zweier Ausdrücke aus und wir schreiten von einer Anzahl von Gleichungen zu neuen Gleichungen vor, indem wir, den Gleichungen entsprechend, Ausdrücke durch andere ersetzen.
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<p style="text-align:center;"><math>(\Omega ' \Omega)^{\prime} (\Omega ' \Omega)^{\prime} x = \Omega ' \Omega ' \Omega ' \Omega ' x = \Omega^{1 + 1 + 1 + 1 \prime} x = \Omega^{4 \prime} x</math></p>6.3   Die Erforschung der Logik bedeutet die Erforschung  a l l e r    G e s e t z m ä s s i g ke i t. Und ausserhalb der Logik ist alles Zufall.
<p style="text-align:center;"><math>(\Omega ' \Omega)^{\prime} (\Omega ' \Omega)^{\prime} x = \Omega ' \Omega ' \Omega ' \Omega ' x = \Omega^{1 + 1 + 1 + 1 \prime} x = \Omega^{4 \prime} x</math></p>6.3   Die Erforschung der Logik bedeutet die Erforschung  a l l e r    G e s e t z m ä s s i g ke i t. Und ausserhalb der Logik ist alles Zufall.


6.31               Das sogenannte Gesetz der Induktion kann jedenfalls kein lo- gisches Gesetz sein, denn es ist offenbar ein sinnvoller Satz. –  Und darum kann es auch kein Gesetz a priori sein.
6.31               Das sogenannte Gesetz der Induktion kann jedenfalls kein logisches Gesetz sein, denn es ist offenbar ein sinnvoller Satz. –  Und darum kann es auch kein Gesetz a priori sein.


6.32              Das Kausalitätsgesetz ist kein Gesetz, sondern die Form eines Gesetzes.
6.32              Das Kausalitätsgesetz ist kein Gesetz, sondern die Form eines Gesetzes.
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6.321 „Kausalitätsgesetz“, das ist ein Gattungsname. Und wie es in der Mechanik, sagen wir, Minimum-Gesetze gibt, – etwa der kleinsten Wirkung – so gibt es in der Physik Kausalitätsgesetze, Gesetze von der Kausalitätsform.
6.321 „Kausalitätsgesetz“, das ist ein Gattungsname. Und wie es in der Mechanik, sagen wir, Minimum-Gesetze gibt, – etwa der kleinsten Wirkung – so gibt es in der Physik Kausalitätsgesetze, Gesetze von der Kausalitätsform.


6.3211 Man hat ja auch davon eine Ahnung gehabt, dass es e i n „Ge- setz der kleinsten Wirkung“ geben müsse, ehe man genau wuss- te, wie es lautete. (Hier, wie immer, stellt sich das a priori Gewisse als etwas rein Logisches heraus.)
6.3211 Man hat ja auch davon eine Ahnung gehabt, dass es e i n „Gesetz der kleinsten Wirkung“ geben müsse, ehe man genau wusste, wie es lautete. (Hier, wie immer, stellt sich das a priori Gewisse als etwas rein Logisches heraus.)


6.33               Wir g l a u b e n nicht a priori an ein Erhaltungsgesetz, sondern wir w i s s e n a priori die Möglichkeit einer logischen Form.
6.33               Wir g l a u b e n nicht a priori an ein Erhaltungsgesetz, sondern wir w i s s e n a priori die Möglichkeit einer logischen Form.


6.34               Alle jene Sätze, wie der Satz vom Grunde, von der Kontinuität in der Natur, vom kleinsten Aufwande in der Natur etc. etc., alle diese sind Einsichten a priori über die mögliche Formge- bung der Sätze der Wissenschaft.
6.34               Alle jene Sätze, wie der Satz vom Grunde, von der Kontinuität in der Natur, vom kleinsten Aufwande in der Natur etc. etc., alle diese sind Einsichten a priori über die mögliche Formgebung der Sätze der Wissenschaft.


6.341           Die Newtonsche Mechanik z. B. bringt die Weltbeschreibung auf eine einheitliche Form. Denken wir uns eine weisse Flä- che, auf der unregelmässige schwarze Flecken wären. Wir sa- gen nun: Was für ein Bild immer hierdurch entsteht, immer kann ich seiner Beschreibung beliebig nahe kommen, indem ich die Fläche mit einem entsprechend feinen quadratischen Netzwerk bedecke und nun von jedem Quadrat sage, dass es weiss oder schwarz ist. Ich werde auf diese Weise die Beschrei- bung der Fläche auf eine einheitliche Form gebracht haben. Diese Form ist beliebig, denn ich hätte mit dem gleichen Er- folge ein Netz aus dreieckigen oder sechseckigen Maschen ver- wenden können. Es kann sein, dass die Beschreibung mit Hil- fe eines Dreiecks-Netzes einfacher geworden wäre; das heisst, dass wir die Fläche mit einem gröberen Dreiecks-Netz genauer beschreiben könnten, als mit einem feineren quadratischen (oder umgekehrt) usw. Den verschiedenen Netzen entsprechen verschiedene Systeme der Weltbeschreibung. Die Mechanik be- stimmt eine Form der Weltbeschreibung, indem sie sagt: Alle Sätze der Weltbeschreibung müssen aus einer Anzahl gegebe- ner Sätze – den mechanischen Axiomen – auf eine gegebene Art und Weise erhalten werden. Hierdurch liefert sie die Bausteine zum Bau des wissenschaftlichen Gebäudes und sagt: Welches Gebäude immer du aufführen willst, jedes musst du irgendwie mit diesen und nur diesen Bausteinen zusammenbringen.
6.341           Die Newtonsche Mechanik z. B. bringt die Weltbeschreibung auf eine einheitliche Form. Denken wir uns eine weisse Fläche, auf der unregelmässige schwarze Flecken wären. Wir sagen nun: Was für ein Bild immer hierdurch entsteht, immer kann ich seiner Beschreibung beliebig nahe kommen, indem ich die Fläche mit einem entsprechend feinen quadratischen Netzwerk bedecke und nun von jedem Quadrat sage, dass es weiss oder schwarz ist. Ich werde auf diese Weise die Beschreibung der Fläche auf eine einheitliche Form gebracht haben. Diese Form ist beliebig, denn ich hätte mit dem gleichen Erfolge ein Netz aus dreieckigen oder sechseckigen Maschen verwenden können. Es kann sein, dass die Beschreibung mit Hilfe eines Dreiecks-Netzes einfacher geworden wäre; das heisst, dass wir die Fläche mit einem gröberen Dreiecks-Netz genauer beschreiben könnten, als mit einem feineren quadratischen (oder umgekehrt) usw. Den verschiedenen Netzen entsprechen verschiedene Systeme der Weltbeschreibung. Die Mechanik bestimmt eine Form der Weltbeschreibung, indem sie sagt: Alle Sätze der Weltbeschreibung müssen aus einer Anzahl gegebener Sätze – den mechanischen Axiomen – auf eine gegebene Art und Weise erhalten werden. Hierdurch liefert sie die Bausteine zum Bau des wissenschaftlichen Gebäudes und sagt: Welches Gebäude immer du aufführen willst, jedes musst du irgendwie mit diesen und nur diesen Bausteinen zusammenbringen.


(Wie man mit dem Zahlensystem jede beliebige Anzahl, so muss man mit dem System der Mechanik jeden beliebigen Satz der Physik hinschreiben können.)
(Wie man mit dem Zahlensystem jede beliebige Anzahl, so muss man mit dem System der Mechanik jeden beliebigen Satz der Physik hinschreiben können.)
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So auch sagt es nichts über die Welt aus, dass sie sich durch die Newtonsche Mechanik beschreiben lässt; wohl aber, dass sie sich s o durch jene beschreiben lässt, wie dies eben der Fall ist. Auch das sagt etwas über die Welt, dass sie sich durch die eine Mechanik einfacher beschreiben lässt, als durch die andere.
So auch sagt es nichts über die Welt aus, dass sie sich durch die Newtonsche Mechanik beschreiben lässt; wohl aber, dass sie sich s o durch jene beschreiben lässt, wie dies eben der Fall ist. Auch das sagt etwas über die Welt, dass sie sich durch die eine Mechanik einfacher beschreiben lässt, als durch die andere.


6.343          Die Mechanik ist ein Versuch, alle wa h r e n Sätze, die wir zur Weltbeschreibung brauchen, nach Einem Plane zu konstruie- ren.
6.343          Die Mechanik ist ein Versuch, alle wa h r e n Sätze, die wir zur Weltbeschreibung brauchen, nach Einem Plane zu konstruieren.


6.3431 Durch den ganzen logischen Apparat hindurch sprechen die physikalischen Gesetze doch von den Gegenständen der Welt.
6.3431 Durch den ganzen logischen Apparat hindurch sprechen die physikalischen Gesetze doch von den Gegenständen der Welt.
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Daher ist die Beschreibung des zeitlichen Verlaufs nur so möglich, dass wir uns auf einen anderen Vorgang stützen.
Daher ist die Beschreibung des zeitlichen Verlaufs nur so möglich, dass wir uns auf einen anderen Vorgang stützen.


Ganz Analoges gilt für den Raum. Wo man z. B. sagt, es könne keines von zwei Ereignissen (die sich gegenseitig aus- schliessen) eintreten, weil ke i n e U r s a ch e vorhanden sei, warum das eine eher als das andere eintreten solle, da han- delt es sich in Wirklichkeit darum, dass man gar nicht e i n e s der beiden Ereignisse beschreiben kann, wenn nicht irgend eine Asymmetrie vorhanden ist. Und we n n eine solche Asymmetrie vorhanden i s t, so können wir diese als U r s a ch e des Eintref- fens des einen und Nicht-Eintreffens des anderen auffassen.
Ganz Analoges gilt für den Raum. Wo man z. B. sagt, es könne keines von zwei Ereignissen (die sich gegenseitig ausschliessen) eintreten, weil ke i n e U r s a ch e vorhanden sei, warum das eine eher als das andere eintreten solle, da handelt es sich in Wirklichkeit darum, dass man gar nicht e i n e s der beiden Ereignisse beschreiben kann, wenn nicht irgend eine Asymmetrie vorhanden ist. Und we n n eine solche Asymmetrie vorhanden i s t, so können wir diese als U r s a ch e des Eintreffens des einen und Nicht-Eintreffens des anderen auffassen.


6.36111 Das Kant’sche Problem von der rechten und linken Hand, die man nicht zur Deckung bringen kann, besteht schon in der Ebe- ne, ja im eindimensionalen Raum, wo die beiden kongruenten Figuren ''a'' und ''b'' auch nicht zur Deckung gebracht werden kön- nen, ohne aus diesem Raum herausbewegt zu werden. Rechte und linke Hand sind tatsächlich vollkommen kongruent. Und dass man sie nicht zur Deckung bringen kann, hat damit nichts zu tun.
6.36111 Das Kant’sche Problem von der rechten und linken Hand, die man nicht zur Deckung bringen kann, besteht schon in der Ebene, ja im eindimensionalen Raum, wo die beiden kongruenten Figuren ''a'' und ''b'' auch nicht zur Deckung gebracht werden können, ohne aus diesem Raum herausbewegt zu werden. Rechte und linke Hand sind tatsächlich vollkommen kongruent. Und dass man sie nicht zur Deckung bringen kann, hat damit nichts zu tun.


[[File:TLP 6.36111.png|330px|center|link=]]Den rechten Handschuh könnte man an die linke Hand ziehen, wenn man ihn im vierdimensionalen Raum umdrehen könnte.
[[File:TLP 6.36111.png|330px|center|link=]]Den rechten Handschuh könnte man an die linke Hand ziehen, wenn man ihn im vierdimensionalen Raum umdrehen könnte.
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6.362           Was sich beschreiben lässt, das kann auch geschehen, und was das Kausalitätsgesetz ausschliessen soll, das lässt sich auch nicht beschreiben.
6.362           Was sich beschreiben lässt, das kann auch geschehen, und was das Kausalitätsgesetz ausschliessen soll, das lässt sich auch nicht beschreiben.


6.363          Der Vorgang der Induktion besteht darin, dass wir das e i n - f a ch s t e Gesetz annehmen, das mit unseren Erfahrungen in Einklang zu bringen ist.
6.363          Der Vorgang der Induktion besteht darin, dass wir das e i n f a ch s t e Gesetz annehmen, das mit unseren Erfahrungen in Einklang zu bringen ist.


6.3631 Dieser Vorgang hat aber keine logische, sondern nur eine psy- chologische Begründung.
6.3631 Dieser Vorgang hat aber keine logische, sondern nur eine psychologische Begründung.


Es ist klar, dass kein Grund vorhanden ist, zu glauben, es werde nun auch wirklich der einfachste Fall eintreten.
Es ist klar, dass kein Grund vorhanden ist, zu glauben, es werde nun auch wirklich der einfachste Fall eintreten.
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6.36311 Dass die Sonne morgen aufgehen wird, ist eine Hypothese; und das heisst: wir w i s s e n nicht, ob sie aufgehen wird.
6.36311 Dass die Sonne morgen aufgehen wird, ist eine Hypothese; und das heisst: wir w i s s e n nicht, ob sie aufgehen wird.


6.37 Einen Zwang, nach dem Eines geschehen müsste, weil etwas anderes geschehen ist, gibt es nicht. Es gibt nur eine  l o g i - s ch e Notwendigkeit.
6.37 Einen Zwang, nach dem Eines geschehen müsste, weil etwas anderes geschehen ist, gibt es nicht. Es gibt nur eine  l o g i s ch e Notwendigkeit.


6.371           Der ganzen modernen Weltanschauung liegt die Täuschung zu- grunde, dass die sogenannten Naturgesetze die Erklärungen der Naturerscheinungen seien.
6.371           Der ganzen modernen Weltanschauung liegt die Täuschung zugrunde, dass die sogenannten Naturgesetze die Erklärungen der Naturerscheinungen seien.


6.372          So bleiben sie bei den Naturgesetzen als bei etwas Unantast- barem stehen, wie die älteren bei Gott und dem Schicksal.
6.372          So bleiben sie bei den Naturgesetzen als bei etwas Unantastbarem stehen, wie die älteren bei Gott und dem Schicksal.


Und sie haben ja beide Recht, und Unrecht. Die  Alten sind allerdings insofern klarer, als sie einen klaren Abschluss anerkennen, während es bei dem neuen System scheinen soll, als sei a l l e s erklärt.
Und sie haben ja beide Recht, und Unrecht. Die  Alten sind allerdings insofern klarer, als sie einen klaren Abschluss anerkennen, während es bei dem neuen System scheinen soll, als sei a l l e s erklärt.
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6.373          Die Welt ist unabhängig von meinem Willen.
6.373          Die Welt ist unabhängig von meinem Willen.


6.374          Auch wenn alles, was wir wünschen, geschähe, so wäre dies doch nur, sozusagen, eine Gnade des Schicksals, denn es ist kein l o g i s ch e r Zusammenhang zwischen Willen und Welt, der dies verbürgte, und den angenommenen physikalischen Zu- sammenhang könnten wir doch nicht selbst wieder wollen.
6.374          Auch wenn alles, was wir wünschen, geschähe, so wäre dies doch nur, sozusagen, eine Gnade des Schicksals, denn es ist kein l o g i s ch e r Zusammenhang zwischen Willen und Welt, der dies verbürgte, und den angenommenen physikalischen Zusammenhang könnten wir doch nicht selbst wieder wollen.


6.375          Wie es nur eine l o g i s ch e Notwendigkeit gibt, so gibt es auch nur eine l o g i s ch e Unmöglichkeit.
6.375          Wie es nur eine l o g i s ch e Notwendigkeit gibt, so gibt es auch nur eine l o g i s ch e Unmöglichkeit.


6.3751 Dass z. B. zwei Farben zugleich an einem Ort des Gesichtsfel- des sind, ist unmöglich und zwar logisch unmöglich, denn es ist durch die logische Struktur der Farbe ausgeschlossen.
6.3751 Dass z. B. zwei Farben zugleich an einem Ort des Gesichtsfeldes sind, ist unmöglich und zwar logisch unmöglich, denn es ist durch die logische Struktur der Farbe ausgeschlossen.


Denken wir daran, wie sich dieser Widerspruch in der Phy- sik darstellt: Ungefähr so, dass ein Teilchen nicht zu gleicher Zeit zwei Geschwindigkeiten haben kann; das heisst, dass es nicht zu gleicher Zeit an zwei Orten sein kann; das heisst, dass Teilchen an verschiedenen Orten zu Einer Zeit nicht identisch sein können.
Denken wir daran, wie sich dieser Widerspruch in der Physik darstellt: Ungefähr so, dass ein Teilchen nicht zu gleicher Zeit zwei Geschwindigkeiten haben kann; das heisst, dass es nicht zu gleicher Zeit an zwei Orten sein kann; das heisst, dass Teilchen an verschiedenen Orten zu Einer Zeit nicht identisch sein können.


(Es ist klar, dass das logische Produkt zweier Elementar- sätze weder eine Tautologie noch eine Kontradiktion sein kann. Die Aussage, dass ein Punkt des Gesichtsfeldes zu gleicher Zeit zwei verschiedene Farben hat, ist eine Kontradiktion.)
(Es ist klar, dass das logische Produkt zweier Elementarsätze weder eine Tautologie noch eine Kontradiktion sein kann. Die Aussage, dass ein Punkt des Gesichtsfeldes zu gleicher Zeit zwei verschiedene Farben hat, ist eine Kontradiktion.)


6.4 Alle Sätze sind gleichwertig.
6.4 Alle Sätze sind gleichwertig.
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6.41               Der Sinn der Welt muss ausserhalb ihrer liegen. In der Welt ist alles wie es ist und geschieht alles wie es geschieht; es gibt i n ihr keinen Wert – und wenn es ihn gäbe, so hätte er keinen Wert.
6.41               Der Sinn der Welt muss ausserhalb ihrer liegen. In der Welt ist alles wie es ist und geschieht alles wie es geschieht; es gibt i n ihr keinen Wert – und wenn es ihn gäbe, so hätte er keinen Wert.


Wenn es einen Wert gibt, der Wert hat, so muss er ausser- halb alles Geschehens und So-Seins liegen. Denn alles Geschehen und So-Sein ist zufällig.
Wenn es einen Wert gibt, der Wert hat, so muss er ausserhalb alles Geschehens und So-Seins liegen. Denn alles Geschehen und So-Sein ist zufällig.


Was es nicht-zufällig macht, kann nicht i n der Welt liegen, denn sonst wäre dies wieder zufällig.
Was es nicht-zufällig macht, kann nicht i n der Welt liegen, denn sonst wäre dies wieder zufällig.
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(Ethik und Aesthetik sind Eins.)
(Ethik und Aesthetik sind Eins.)


6.422 Der erste Gedanke bei der Aufstellung eines ethischen Gesetzes von der Form „du sollst ''. . . .''“ ist: Und was dann, wenn ich es nicht tue? Es ist aber klar, dass die Ethik nichts mit Strafe und Lohn im gewöhnlichen Sinne zu tun hat. Also muss diese Frage nach den Fo l g e n einer Handlung belanglos sein. – Zum Mindesten dürfen diese Folgen nicht Ereignisse sein. Denn et- was muss doch an jener Fragestellung richtig sein. Es muss zwar eine Art von ethischem Lohn und ethischer Strafe geben, aber diese müssen in der Handlung selbst liegen.
6.422 Der erste Gedanke bei der Aufstellung eines ethischen Gesetzes von der Form „du sollst ''. . . .''“ ist: Und was dann, wenn ich es nicht tue? Es ist aber klar, dass die Ethik nichts mit Strafe und Lohn im gewöhnlichen Sinne zu tun hat. Also muss diese Frage nach den Fo l g e n einer Handlung belanglos sein. – Zum Mindesten dürfen diese Folgen nicht Ereignisse sein. Denn etwas muss doch an jener Fragestellung richtig sein. Es muss zwar eine Art von ethischem Lohn und ethischer Strafe geben, aber diese müssen in der Handlung selbst liegen.


(Und das ist auch klar, dass der Lohn etwas Angenehmes, die Strafe etwas Unangenehmes sein muss.)
(Und das ist auch klar, dass der Lohn etwas Angenehmes, die Strafe etwas Unangenehmes sein muss.)
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6.423 Vom Willen als dem Träger des Ethischen kann nicht gesprochen werden.
6.423 Vom Willen als dem Träger des Ethischen kann nicht gesprochen werden.


Und der Wille als Phänomen interessiert nur die Psycholo- gie.
Und der Wille als Phänomen interessiert nur die Psychologie.


6.43 Wenn  das gute oder böse Wollen  die Welt ändert, so kann  es nur die Grenzen der Welt ändern, nicht die Tatsachen; nicht das, was durch die Sprache ausgedrückt werden kann.
6.43 Wenn  das gute oder böse Wollen  die Welt ändert, so kann  es nur die Grenzen der Welt ändern, nicht die Tatsachen; nicht das, was durch die Sprache ausgedrückt werden kann.


Kurz, die Welt muss dann dadurch überhaupt eine andere werden. Sie muss sozusagen als Ganzes abnehmen oder zuneh- men.
Kurz, die Welt muss dann dadurch überhaupt eine andere werden. Sie muss sozusagen als Ganzes abnehmen oder zunehmen.


Die Welt des Glücklichen ist eine andere als die des Un- glücklichen.
Die Welt des Glücklichen ist eine andere als die des Unglücklichen.


6.431 Wie auch beim Tod die Welt sich nicht ändert, sondern auf- hört.
6.431 Wie auch beim Tod die Welt sich nicht ändert, sondern aufhört.


6.4311 Der Tod ist kein Ereignis des Lebens. Den Tod erlebt man nicht.
6.4311 Der Tod ist kein Ereignis des Lebens. Den Tod erlebt man nicht.


Wenn man unter Ewigkeit nicht unendliche Zeitdauer, son- dern Unzeitlichkeit versteht, dann lebt der ewig, der in der Gegenwart lebt.
Wenn man unter Ewigkeit nicht unendliche Zeitdauer, sondern Unzeitlichkeit versteht, dann lebt der ewig, der in der Gegenwart lebt.


Unser Leben ist ebenso endlos, wie unser Gesichtsfeld gren- zenlos ist.
Unser Leben ist ebenso endlos, wie unser Gesichtsfeld grenzenlos ist.


6.4312 Die zeitliche Unsterblichkeit der Seele des Menschen, das heisst also ihr ewiges Fortleben auch nach dem Tode, ist nicht nur auf keine Weise verbürgt, sondern vor allem leistet diese Annahme gar nicht das, was man immer mit ihr erreichen wollte. Wird denn dadurch ein Rätsel gelöst, dass ich ewig fortlebe? Ist denn dieses ewige Leben dann nicht ebenso rätselhaft wie das gegenwärtige? Die Lösung des Rätsels des Lebens in Raum und Zeit liegt a u s s e r h a l b von Raum und Zeit.
6.4312 Die zeitliche Unsterblichkeit der Seele des Menschen, das heisst also ihr ewiges Fortleben auch nach dem Tode, ist nicht nur auf keine Weise verbürgt, sondern vor allem leistet diese Annahme gar nicht das, was man immer mit ihr erreichen wollte. Wird denn dadurch ein Rätsel gelöst, dass ich ewig fortlebe? Ist denn dieses ewige Leben dann nicht ebenso rätselhaft wie das gegenwärtige? Die Lösung des Rätsels des Lebens in Raum und Zeit liegt a u s s e r h a l b von Raum und Zeit.
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6.44               Nicht w i e die Welt ist, ist das Mystische, sondern d a s s sie ist.
6.44               Nicht w i e die Welt ist, ist das Mystische, sondern d a s s sie ist.


6.45               Die Anschauung der Welt sub specie aeterni ist ihre Anschau- ung als – begrenztes – Ganzes.
6.45               Die Anschauung der Welt sub specie aeterni ist ihre Anschauung als – begrenztes – Ganzes.


Das Gefühl der Welt als begrenztes Ganzes ist das mysti- sche.
Das Gefühl der Welt als begrenztes Ganzes ist das mystische.


6.5 Zu einer Antwort, die man nicht aussprechen kann, kann man auch die Frage nicht aussprechen.
6.5 Zu einer Antwort, die man nicht aussprechen kann, kann man auch die Frage nicht aussprechen.
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Wenn sich eine Frage überhaupt stellen lässt, so ka n n sie auch beantwortet werden.
Wenn sich eine Frage überhaupt stellen lässt, so ka n n sie auch beantwortet werden.


6.51               Skeptizismus ist n i cht unwiderleglich, sondern offenbar unsin- nig, wenn er bezweifeln will, wo nicht gefragt werden kann.
6.51               Skeptizismus ist n i cht unwiderleglich, sondern offenbar unsinnig, wenn er bezweifeln will, wo nicht gefragt werden kann.


Denn Zweifel kann nur bestehen, wo eine Frage besteht; eine Frage nur, wo eine Antwort besteht, und diese nur, wo etwas g e s a g t werden ka n n.
Denn Zweifel kann nur bestehen, wo eine Frage besteht; eine Frage nur, wo eine Antwort besteht, und diese nur, wo etwas g e s a g t werden ka n n.


6.52              Wir fühlen, dass selbst, wenn alle m ö g l i ch e n wissenschaft- lichen Fragen beantwortet sind, unsere Lebensprobleme noch gar nicht berührt sind. Freilich bleibt dann eben keine Frage mehr; und eben dies ist die Antwort.
6.52              Wir fühlen, dass selbst, wenn alle m ö g l i ch e n wissenschaftlichen Fragen beantwortet sind, unsere Lebensprobleme noch gar nicht berührt sind. Freilich bleibt dann eben keine Frage mehr; und eben dies ist die Antwort.


6.521 Die Lösung des Problems des Lebens merkt man am Ver- schwinden dieses Problems.
6.521 Die Lösung des Problems des Lebens merkt man am Verschwinden dieses Problems.


(Ist nicht dies der Grund, warum Menschen, denen der Sinn des Lebens nach langen Zweifeln klar wurde, warum diese dann nicht sagen konnten, worin dieser Sinn bestand.)
(Ist nicht dies der Grund, warum Menschen, denen der Sinn des Lebens nach langen Zweifeln klar wurde, warum diese dann nicht sagen konnten, worin dieser Sinn bestand.)