Tagebücher 1914-1916: Difference between revisions

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Angenommen, mir wären ''alle'' einfachen Sätze gegeben:  Dann  läßt sich einfach fragen: welche Sätze kann ich aus ihnen bilden.  Und  das sind ''alle'' Sätze, und ''so'' sind sie ''begrenzt.'' [4.51.]
Angenommen, mir wären ''alle'' einfachen Sätze gegeben:  Dann  läßt sich einfach fragen: welche Sätze kann ich aus ihnen bilden.  Und  das sind ''alle'' Sätze, und ''so'' sind sie ''begrenzt.'' [4.51.]


(p): p = aRx.xRy ... zRb
<p style="text-align:center;">(p): p = aRx.xRy ... zRb</p>




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So und nur so ist das Fortschreiten von einer Type zur anderen möglich. ''[Vgl.'' 5.252]
So und nur so ist das Fortschreiten von einer Type zur anderen möglich. ''[Vgl.'' 5.252]


Und man kann sagen, alle Typen stehen in Hierarchien.<references />
Und man kann sagen, alle Typen stehen in Hierarchien.
 
Und die Hierarchie ist nur möglich durch den Aufbau, durch die Operation.
 
Die empirische Realität ist begrenzt durch die Zahl der Gegenstände. Die Grenze zeigt sich wieder in der Gesamtheit der einfachen Sätze. [''S''. 5.5561.]
 
Die Hierarchien sind und müssen unabhängig sein von der Realität. [''S''. 5.5561.]
 
Die Bedeutungen ihrer Glieder werden erst durch Zuordnung der Gegenstände zu den Namen bestimmt.
 
 
27. 4. 16.
 
Sagen wir, ich wollte eine Funktion von 3 unter einander unauswechselbaren Argumenten darstellen.
 
φ(x): φ( ), x
 
Soll nun aber  in der  Logik  von unvertauschbaren  Argumenten die Rede sein? Wenn ja, so setzt dies doch etwas über die Beschaffenheit der Realität voraus.
 
 
6. 5''.'' 16.
 
Der ganzen Weltanschauung der Modernen liegt  diese Täuschung zu Grunde, daß die sogenannten Naturgesetze die Erklärungen der Naturerscheinungen seien. [6.371.]
 
So bleiben sie bei den "Naturgesetzen" als bei etwas ''Unantastbarem'' stehen, wie die Älteren bei Gott und dem Schicksal. [S. 6.372.]
 
Und sie haben ja beide recht und unrecht. Die Alten sind allerdings insofern klarer, als sie einen klaren Abschluß anerkannten,  während  es bei dem neuen System scheinen soll, als sei ''alles'' begründet. [S. 6.372.]
 
 
11. 5. 16.
 
| P    | (a, a)
 
Es gibt eben auch Operationen mit zwei Basen. Und die "|"-Opera­tion ist von dieser Art.
 
| (ξ, η) ...     ist ein beliebiges Glied der Reihe der Operationsresultate.
 
(∃x).φx
 
Ist denn (∃x) etc. wirklich eine Operation?
 
Was wäre aber ihre Basis?
 
 
11. 6. 16.
 
Was weiß ich über Gott und den Zweck des Lebens? Ich weiß, daß diese Welt ist.
 
Daß ich in ihr stehe, wie mein Auge in seinem Gesichtsfeld.
 
Daß etwas an ihr problematisch ist, was wir ihren Sinn nennen. Daß dieser Sinn nicht in ihr liegt sondern außer ihr. ''[Vgl.'' 6.41.] Daß das Leben die Welt ist. ''[Vgl.'' 5.621.]
 
Daß mein Wille die Welt durchdringt. Daß mein Wille gut oder böse ist.
 
Daß also Gut und Böse mit dem Sinn der Welt irgendwie zusammenhängt.
 
Den Sinn des Lebens, d. i. den Sinn der Welt, können wir Gott nennen.
 
Und das Gleichnis von Gott als einem Vater daran knüpfen. Das Gebet ist der Gedanke an den Sinn des Lebens.
 
Ich kann die Geschehnisse der Welt nicht nach meinem Willen lenken, sondern bin vollkommen machtlos.
 
Nur so kann ich mich unabhängig von der Welt  machen – und  sie also doch in gewissem Sinne beherrschen – indem  ich  auf einen Einfluß auf die Geschehnisse verzichte.
 
 
5. 7. 16.
 
Die Welt ist unabhängig von meinem Willen. [6.373.]
 
Auch wenn alles, was wir wünschen, geschähe, so wäre das doch  nur sozusagen eine Gnade des Schicksals, denn es ist kein logischer Zusammenhang zwischen Willen und Welt, der dies verbürgte, und den angenommenen physikalischen könnten wir doch nicht wieder wollen. [6.374.]
 
Wenn das gute oder böse Wollen eine  Wirkung  auf die Welt  hat, so kann es sie nur auf die Grenzen der Welt haben, nicht auf die Tatsachen, auf das, was durch die Sprache nicht abgebildet, sondern nur in der Sprache gezeigt werden kann. ''[Vgl.'' 6.43.]
 
Kurz, die ''Welt'' muß dann dadurch überhaupt eine andere werden. ''[S.'' 6.43.]
 
Sie muß sozusagen als Ganzes zunehmen oder abnehmen. Wie durch Dazukommen oder Wegfallen eines Sinnes. ''[Vgl.'' 6.43.]
 
Wie auch beim Tod die  Welt sich  nicht  ändert, sondern  aufhört zu sein. [6.431.]
 
 
6. 7. 16.
 
Und insofern hat wohl auch Dostojewski recht, wenn er sagt, daß der, welcher glücklich ist, den Zweck des Daseins erfüllt.
 
Oder man könnte auch so sagen, der erfüllt den Zweck des Daseins, der keinen Zweck außer dem Leben mehr braucht. Das heißt nämlich, der befriedigt ist.
 
Die Lösung des Problems des Lebens merkt man am Verschwinden dieses Problems. ''[S.'' 6.521.]
 
Kann man aber so leben, daß das Leben aufhört, problematisch zu sein? Daß man im Ewigen ''lebt'' und nicht in der Zeit?
 
 
7. 7. 16.
 
Ist nicht dies der Grund, warum Menschen, denen der Sinn des Lebens nach langen Zweifeln klar wurde, warum diese dann nicht sagen konnten, worin dieser Sinn bestand. ''[S.'' 6.521.]
 
Wenn ich mir eine "''Art'' von Gegenständen" denken kann, ohne zu wissen, ob es solche Gegenstände gibt, so muß ich mir ihr Urbild konstruiert haben.
 
Beruht hierauf nicht die Methode der Mechanik?
 
 
8. 7. 16.
 
An einen Gott glauben heißt, die Frage nach dem Sinn des Lebens verstehen.
 
An einen Gott glauben heißt sehen, daß es mit den Tatsachen der Welt noch nicht abgetan ist.
 
An Gott glauben heißt sehen, daß das Leben einen Sinn hat.
 
Die Welt ist mir ''gegeben,'' d. h. mein Wille tritt an die Welt ganz von außen als an etwas Fertiges heran.
 
(Was mein Wille ist, das weiß ich noch nicht.)
 
Daher haben wir das Gefühl, daß wir von einem fremden Willen abhängig sind.
 
''Wie dem auch  sei'', jedenfalls  ''sind'' wir in  einem  gewissen Sinne abhängig und das, wovon wir abhängig sind,  können  wir Gott nennen.
 
Gott wäre in diesem Sinne einfach das Schicksal oder, was dasselbe ist: die – von unserem Willen unabhängige – Welt.
 
Vom Schicksal kann ich mich unabhängig machen.
 
Es gibt zwei Gottheiten: die Welt und mein unabhängiges Ich.
 
Ich bin entweder glücklich oder unglücklich, das ist alles. Man kann sagen: gut oder böse gibt es nicht.
 
Wer glücklich ist, der darf keine Furcht haben. Auch nicht vor dem Tode.
 
Nur wer nicht in der Zeit, sondern in der Gegenwart lebt, ist glücklich.
 
Für das Leben in der Gegenwart gibt es keinen Tod.
 
Der Tod ist kein Ereignis des Lebens. Er ist keine Tatsache  der Welt. ''[Vgl.'' 6.4311.]
 
Wenn man unter Ewigkeit nicht unendliche Zeitdauer, sondern Unzeitlichkeit versteht, dann kann  man sagen,  daß  der ewig  lebt, der in der Gegenwart lebt. ''[S.'' 6.4311.]
 
Um glücklich zu leben, muß ich in Übereinstimmung sein mit der Welt. Und dies ''heißt'' ja "glücklich sein".
 
Ich bin dann sozusagen in Übereinstimmung mit jenem fremden Willen, von dem ich abhängig erscheine. Das heißt: 'ich  tue  den Willen Gottes'.
 
Die Furcht vor dem Tode ist das beste Zeichen eines falschen, d. h. schlechten Lebens.
 
Wenn ein Gewissen mich aus dem Gleichgewicht bringt, so bin ich nicht in Übereinstimmung mit Etwas. Aber was ist das? Ist es ''die Welt''?
 
Gewiß ist es richtig zu sagen: Das Gewissen ist die Stimme Gottes.
 
Zum Beispiel: es macht mich unglücklich zu denken, daß ich den und den beleidigt habe. Ist das mein Gewissen?
 
Kann man sagen: "Handle nach deinem Gewissen, es sei beschaffen wie es mag"?
 
Lebe glücklich!
 
 
9. 7. 16.
 
Wenn man nicht die allgemeinste Satzform angeben könnte, dann müßte ein Moment kommen, wo wir plötzlich eine neue Erfahrung machen, sozusagen eine logische.
 
Dies ist natürlich unmöglich.
 
Nicht vergessen, daß (∃x)fx nicht heißt: es gibt ein x so daß fx, sondern: es gibt einen wahren Satz "fx".
 
Der Satz fa spricht von bestimmten Gegenständen, der allgemeine Satz von ''allen'' Gegenständen.
 
 
11. 7. 16.
 
Der bestimmte Gegenstand ist eine sehr merkwürdige Erscheinung.
 
Statt "alle Gegenstände" könnte man sagen: alle ''bestimmten Gegenstände''.
 
Wenn alle bestimmten Gegenstände gegeben sind, sind "alle Gegenstände" gegeben.
 
Kurz, mit den bestimmten Gegenständen sind alle Gegenstände gegeben. ''[Vgl.'' 5.524.]
 
Wenn es Gegenstände gibt, gibt es damit auch "alle Gegenstände". ''[Vgl.'' 5.524.]
 
Darum muß sich auch die Einheit der Elementarsätze und der allgemeinen Sätze herstellen lassen.
 
Wenn nämlich die Elementarsätze gegeben sind, so sind damit auch ''alle'' Elementarsätze gegeben und damit der allgemeine Satz. – Und ist damit nicht schon die Einheit hergestellt? [''Vgl.'' 5. 524.]
 
 
13. 7. 16.
 
Immer wieder fühlt man, daß auch im Elementarsatz von allen Gegenständen die Rede ist.
 
:(∃x)φx.x = a
 
Wenn zwei Operationen gegeben sind, die sich nicht auf ''eine'' reduzieren lassen, so muß sich zum mindesten eine allgemeine Form ihrer Kombination aufstellen lassen.
 
:φx, ψy | χz , (∃x). , (x).
 
Da sich offenbar leicht erklären läßt, wie mit diesen Operationen sich Sätze bilden lassen und wie Sätze nicht zu bilden sind, so muß sich dies auch ''irgendwie'' exakt ausdrücken lassen.
 
 
14. 7. 16.
 
Und dieser Ausdruck muß auch schon in  der  allgemeinen Form des Operationszeichens gegeben sein.
 
Ja muß dies nicht der einzige legitime Ausdruck der Anwendung  der Operation sein? Offenbar ja!
 
Denn wenn die Operationsform überhaupt ausgedrückt  werden kann, dann muß sie es so, daß sie nur richtig angewendet werden ''kann.''
 
Der Mensch kann sich nicht ohne weiteres glücklich machen. Wer in der Gegenwart lebt, lebt ohne Furcht und Hoffnung.
 
 
21. 7. 16.
 
Was für eine Bewandtnis hat es eigentlich mit dem menschlichen Willen? Ich will "Willen" vor allem den Träger von Gut und Böse nennen.
 
Stellen wir uns einen Menschen vor, der keines seiner Glieder gebrauchen und daher im gewöhnlichen Sinne seinen ''Willen'' nicht betätigen könnte. Er könnte aber denken und ''wünschen'' und einem<references />