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254. (Wenn man mit jemandem über eine Zeiteinteilung redet, so geschieht es oft, daß man die Uhr zieht, nicht um zu sehen, wievel Uhr es ist, sondern um sich ein Bild der überdachten Einteilung machen zu können.)
254. (Wenn man mit jemandem über eine Zeiteinteilung redet, so geschieht es oft, daß man die Uhr zieht, nicht um zu sehen, wievel Uhr es ist, sondern um sich ein Bild der überdachten Einteilung machen zu können.)
255. Wie kann man durch Denken die Wahrheit lernen? Wie man ein Gesicht besser sehen lernt, wenn man es zeichnet.
256. Die Philosophen, die glauben, daß man im Denken die Erfahrung gleichsam ausdehnen kann, sollten daran denken, daß man durchs Telefon die Rede, aber nicht die Masern übertragen kann.
Ich kann auch nicht die Zeit als begrenzt empfinden, wenn ich will, oder das Gesichtsfeld als homogen etc.
257. Wäre es möglich, eine ''neue'' Farbe zu entdecken? (Denn der Farbenblinde ist ja in derselben Lage wie wir, seine Farben bilden ein ebenso komplettes System, wie die unsern; er sieht keine Lücke, wo die übrigen Farben noch hinein gehörten.)
(Vergleich mit der Mathematik.)
258. Man kann in der Logik die Allgemeinheit nicht weiter ausdehnen, als unsere logische Voraussicht reicht. Oder richtiger: als unser logischer Blick reicht.
259. "Wie aber kann der menschliche Verstand der Wirklichkeit vorausfliegen, und selbst das Unverifizierbare ''denken''?"—Warum sollen wir nicht das Unverifizierbare ''reden''? Wir machten es ja selbst unverifizierbar.
Es wird ein falscher ''Schein'' erzeugt? Und wie kann es auch nur So ''scheinen''? Willst du denn nicht sagen, daß dies ''so'' auch nicht einmal eine Beschreibung ist? Nun, dann ist es also kein ''falscher'' Schein, sondern vielmehr einer, der uns der Orientierung beraubt. So daß wir uns an den Kopf greifen und eben fragen: Wie ist es möglich?
260. Man kann nur scheinbar "über jede mögliche Erfahrung hinausgehen"; ja, dieses Wort hat auch nur scheinbar Sinn, weil es nach Analogie sinnvoller Ausdrücke gebildet ist.
261. Die "Philosophie des Als Ob" beruht ganz auf dieser Verwechslung zwischen Gleichnis und Wirklichkeit.
262. "Ich kann doch nicht in den Gedanken, durch Worte, eine Voraussicht erschleichen von etwas, was ich ''nicht kenne''.
(Nihil est in intellectu .....)
Als könnte ich in den Gedanken gleichsam von hinten herum kommen und einen Blick von etwas erhaschen, was von vorn zu sehen unmöglich ist."
263. Daher ist auch etwas daran richtig, daß die Unvorstellbarkeit ein Kriterium der Unsinnigkeit ist.
264. Wie, wenn einer sagte: "Ich kann mir nicht vorstellen, wie das ist, wenn man einen Sessel sieht, außer wenn ich ihn gerade ''sehe''"? Wäre er berechtigt, das zu sagen?
265. ''Bin ich berechtigt'' zu sagen, "Ich kann |||||||||| nicht als Gestalt sehen"? Was berechtigt mich dazu? (Was berechtigt den Blinden zu sagen, er könne nicht sehen?)
266. Kannst du dir absolutes Gehör vorstellen, wenn du es nicht hast?—Kannst du es dir vorstellen, ''wenn'' du es hast?—Kann ein Blinder sich das Sehen vorstellen? Kann ''ich'' mir es vorstellen?—Kann ich mir vorstellen, daß ich so und so spontan reagiere, wenn ich's nicht tue?—Kann ich mir's besser vorstellen, wenn ich's tue? ((Gehört zu der Frage: Kann ich mir vorstellen, daß jemand |||||||||| als artikulierte Gestalt sieht.))
267. Soll es Erfahrungstatsache sein, daß, wer ein Erlebnis hatte, es sich vorstellen kann, und daß es ein Andrer ''nicht'' kann? (Wie weiß ich, daß der Blinde sich die Farben vorstellen kann?) Aber: er kann ein Sprachspiel nicht spielen (nicht erlernen). Aber wie? Erfahrungsgemäß oder eo ipso? Das letztere.
268. Was würden wir dem sagen, der behauptete, er könne sich genau vorstellen, wie es ist, absolutes Gehör zu haben, ohne daß er's hat?
269. Wenn man glaubt, sich einen vierdimensionalen Raum vorstellen zu können, warum nicht auch vierdimensionale Farben, das sind Farben, die außer dem Grad der Sättigung, dem Farbton und der Lichtstärke noch eine vierte Bestimmung zulassen?
270. "Wie kann es denn Sinn haben, von einer mir ganz neuen Art der Sinneswahrnehmung zu reden, die ich vielleicht einmal haben werde? Wenn du nämlich nicht etwa vom Sinnes''organ'' reden willst."
271. Wozu dient ein Satz wie dieser: "Wir können uns die Empfindungen eines Jongleurs wie Rastelli gar nicht vorstellen"?
272. "Es hat Sinn, von einer endlosen Baumreihe zu reden; ich kann mir doch vorstellen, daß eine Baumreihe ohne Ende weiterläuft." D. h. etwa: Wenn es Sinn hat zu sagen, die Baumreihe komme hier zu einem Ende, hat es Sinn zu sagen, [sie komme nie zu einem Ende]."<ref>Vermutung der Herausgeber.</ref> Ramsey pflegte auf solche Fragen zu antworten: es sei ''eben doch'' möglich, so etwas zu denken. So etwa, wie man sagt "Die Technik leistet heute eben Dinge, die du dir gar nic vorstellen kannst."——Nun, da muß man herausfinden, was du dabei denkst. (Daß du versicherst, diese Phrase ließe sich ''denken''—was kann ich damit machen? Darauf kommt es ja nicht an. Ihr Zweck ist ja nicht der, Nebel in deiner Seele aufsteigen zu lassen.) ''Was'' du meinst—Wie ist es herauszufinden? Wir müssen geduldig prüfen, wie dieser Satz angewandt werden soll. Wie ''rund um ihn'' alles aussieht. Da wird sich sein Sinn zeigen.
273. Hardy: "That 'the finite cannot understand the infinite' should surely be a theological and not a mathematical war-cry." Es ist wahr, dieser Ausdruck ist ungeschickt. Aber was Leute damit sagen wollen, ist: "Es muß hier doch mit rechten Dingen zugehen! Woher dieser Sprung von Endlichen zum Unendlichen?” Und so ganz unsinnig ist die Ausdrucksweise auch nicht—nur ist das 'Endliche', was das Unendliche nicht soll denken können, nicht der Mensch', oder 'unser Verstand', sondern der Kalkül. Und ''wie'' dieser das 'Unendliche' denkt, dies ist wohl einer Untersuchung wert. Und die ist zu vergleichen der genauen Untersuchung und Klärung der Geschäftsgebarung eines Unternehmens durch einen Chartered Accountant. Das Ziel ist eine übersichtliche, vergleichende Darstellung aller Anwendungen, Illustrationen, Auffassungen des Kalküls. Die vollkommene Übersicht über alles, was Unklarheit schaffen kann. Und diese Übersicht muß sich auf ein weites Gebiet erstrecken, denn die Wurzeln unserer Ideen reichen weit.—"Das Endliche kann nicht das Unendliche verstehen", heißt hier: ''So'' kann es nicht zugehen, wie ihr es in charakteristischer Oberflächlichkeit darstellt.
Der Gedanke kann gleichsam ''fliegen'', er braucht nicht zu gehen. Du verstehst, d. h. übersiehst deine Transaktionen nicht und projizierst quasi dein Unverständnis in die Idee eines Mediums, in dem das Erstaunlichste möglich ist.