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Der Gedanke kann gleichsam ''fliegen'', er braucht nicht zu gehen. Du verstehst, d. h. übersiehst deine Transaktionen nicht und projizierst quasi dein Unverständnis in die Idee eines Mediums, in dem das Erstaunlichste möglich ist. | Der Gedanke kann gleichsam ''fliegen'', er braucht nicht zu gehen. Du verstehst, d. h. übersiehst deine Transaktionen nicht und projizierst quasi dein Unverständnis in die Idee eines Mediums, in dem das Erstaunlichste möglich ist. | ||
274. Das 'wirklich Unendliche' ist ein 'bloßes Wort'. Besser wäre zu sagen: dieser Ausdruck schafft vorläufig bloß ein Bild,—das noch in der Luft hängt; dessen Anwendung du uns noch schuldig bist. | |||
275. Eine unendlich lange Kugelreihe, ein unendlich langer Stab. Denk dir, davon sei in einer Art Märchen die Rede. Welche Anwendung könnte man, wenn auch nur fiktiv, von diesem Begriff machen? Die Frage sei jetzt nicht: Kann es so etwas geben? Sondern: Was stellen wir uns vor? Lass also deiner Einbildung wirklich die Zügel schießen! Du kannst es jetzt haben, wie du's willst. Du brauchst nur zu ''sagen'', wie du's willst. Mach also (nur) ein Wortbild; illustrier es, wie du willst—durch Zeichnungen, durch Vergleiche etc.! Du kannst also—gleichsam—eine Werkzeichnung anfertigen.—Und nun ist noch die Frage, wie nach ihr gearbeitet werden soll. | |||
276. Ich glaube, im Reihenstück ganz fein eine Zeichnung zu erblicken, die nurmehr des "u.s.w." bedarf, um in die Unendlichkeit zu reichen. | |||
"Ich erblicke ein Charakteristikum in ihr.”—Nun, doch etwas, was dem algebraischen Ausdruck entspricht.—"Ja, aber nichts Geschriebenes, sondern förmlich etwas Ätherisches."—Welches seltsame Bild.—"Etwas, was nicht der algebraische Ausdruck ist, sondern wofür dieser nur eben der ''Ausdruck'' ist." | |||
277. Ich erblicke etwas in ihr—ähnlich wie eine Gestalt im Vexierbild. Und sehe ich das, so sage ich "Das ist alles, was ich brauche."—Wer den Wegweiser findet, sucht nun nicht nach einer weiteren Instruktion, sondern er ''geht''. (Und sagte ich statt "er geht" "er richtet sich nun nach ihm", so könnte der Unterschied der beiden nur sein, daß der zweite Ausdruck auf gewisse psychologische Begleiterscheinungen anspielt.) | |||
278. Was heißt es: Man kann eine gerade Strecke beliebig verlängern? Gibt es hier nicht ein "Und so weiter ad inf.", das ganz verschieden ist von dem der mathematischen Induktion? Nach dem Bisherigen bestünde der Ausdruck für die Möglichkeit der Verlängerns, im Sinn der Beschreibung des verlängerten Stückes oder des Verlängerns. Hier scheint es sich nun zunächst gar nicht um Zahlen zu handeln. Ich kann mir denken, daß der Bleistift, der die Strecke zeichnet, seine Bewegung fortsetzt und nun immer so weiter geht. Ist es aber auch denkbar, daß die Möglichkeit nicht besteht, diesen Vorgang mit einem zählbaren Vorgang zu begleiten? Ich glaube nicht. | |||
279. Wann sagen wir: "Die Linie gibt mir das ''als Regel'' ein—immer das Gleiche."? Und anderseits: "Sie gibt mir immer wieder ein, was ich zu tun habe—sie ist keine Regel."? | |||
Im ersten Fall heißt es: ich habe keine weitere Instanz dafür, was ich zu tun habe. Die Regel tut es ganz allein; ich brauche ihr nur zu folgen (und folgen ist eben ''eins''). Ich fühle nicht z. B.: es ist seltsam, daß mir die Linie immer etwas sagt.—Der andre Satz sagt: Ich weiß nicht, was ich tun werde; die Linie wird's mir sagen. | |||
280. Man könnte sich denken, daß einer mit solchen Gefühlen multipliziert, richtig multipliziert; immer wieder sagt "Ich weiß nicht—jetzt gibt mir die Regel auf einmal ''das'' ein!"—und daß wir antworten: "Freilich; du gehst ja ganz nach der Regel vor." | |||
281. Zu sagen, die Punkte, die dieses Experiment liefert, liegen durchschnittlich auf dieser Linie, z. B. einer Geraden, sagt etwas Ähnliches, wie: "Aus dieser Entfernung gesehen, scheinen sie in einer Geraden zu liegen." | |||
Ich kann von einer Strecke sagen, der allgemeine Eindruck ist der einer Geraden; aber nicht von der Linie [[File:Zettel 281.png|90px|link=]]; obwohl es möglich wäre, sie als Stück einer längeren Linie zu sehen, in der sich die Abweichung von der Geraden verlieren würden. Ich kann nicht sagen: "Dies Linienstück schaut gerade aus, denn es kann das Stück einer Linie sein, die mir als Ganzes den Eindruck der Geraden macht.” (Berge auf der Erde und auf dem Mond. Erde eine Kugel.) | |||
282. "Sie gibt mir verantwortungslos dies oder das ein" heißt: ich kann es dich nicht lehren, ''wie'' ich der Linie folge. Ich setze nicht voraus, daß du ihr folgen wirst wie ich, auch wenn du ihr folgst. | |||
283. Was heißt es: verstehen, daß etwas ein Befehl ist, wenn man auch den Befehl selber noch nicht versteht? ("Er meint: ich soll etwas tun—aber ''was'' er wünscht, weiß ich nicht.") |