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283. Was heißt es: verstehen, daß etwas ein Befehl ist, wenn man auch den Befehl selber noch nicht versteht? ("Er meint: ich soll etwas tun—aber ''was'' er wünscht, weiß ich nicht.") | 283. Was heißt es: verstehen, daß etwas ein Befehl ist, wenn man auch den Befehl selber noch nicht versteht? ("Er meint: ich soll etwas tun—aber ''was'' er wünscht, weiß ich nicht.") | ||
284. Der Satz "Ich muß den Befehl verstehen, ehe ich nach ihm handeln kann", hat natürlich einen guten Sinn; aber wieder keinen metalogischen. | |||
285. Die Idee, die man dabei vom Verstchen hat, ist etwa, daß man dadurch von den Worten näher an die Ausführung heran kommt.—In welchem Sinne ist das richtig? | |||
286. "Aber ich muß einen Befehl verstehen, um nach ihm handeln zu können." Hier ist das "''Muß''" verdächtig.— | |||
Denk auch an die Frage: "Wie lange vor dem Befolgen mußt du den Befehl verstehen?" | |||
287. "Ich kann den Befehl nicht ausführen, weil ich nicht verstehe, was du meinst.——Ja, jetzt verstehe ich dich."—Was ging da vor, als ich plötzlich den Andern verstand? Da gab es viele Möglichkeiten. Der Befehl konnte z. B. mit falscher Betonung gegeben worden sein; und es fiel mir plötzlich die richtige Betonung ein. Einem Dritten würde ich dann sagen "Jetzt verstehe ich ihn, er meint ....." und würde den Befehl in richtiger Betonung wiederholen. Und in der richtigen Betonung verstünde ich ihn nun; d. h., ich müßte nun nicht noch einen ''Sinn'' erfassen (etwas ''außerhalb'' des Satzes, also ätherisches), sondern es genügt mir vollkommen der wohlbekannte deutsche Wortlaut.—Oder der Befehl ist mir in verständlichem Deutsch gegeben worden, schien mir aber ungereimt. Dann fällt mir eine Erklärung ein; und nun kann ich ihn ausführen-Oder es konnten mir mehrere Deutungen vorschweben, für deren eine ich mich endlich entscheide. | |||
288. Wenn der Befehl ''nicht'' befolgt wird—wo ist dann der Schatten seiner Befolgung, den du zu sehen meintest; weil dir die Form vorschwebte: Er befiehlt ''das und das''. | |||
289. Wenn die Verbindung des Meinens ''vor'' dem Befehl hergestellt werden konnte, dann auch nach dem Befehl. | |||
290. “Er hat ''das'' getan, was ich ihm befohlen habe.”—Warum soll man hier nicht sagen: es sei eine Identität der Handlung und der ''Worte''?! Wozu soll ich einen Schatten zwischen die beiden stellen? Wir haben ja eine Projektionsmethode.—Nur ist es eine andere Identität: "Ich habe das getan, was er getan hat" und anderseits "Ich habe das getan, was er befohlen hat". | |||
291. "Verbindung des Bildes mit dem Abgebildeten" könnte man die Projektionsstrahlen nennen; aber auch die Technik des Projizierens. | |||
292. Die Doppeldeutigkeit unserer Ausdrucksweise: Wenn uns ein Befehl in einer Chiffer gegeben wäre und der Schlüssel zur Übersetzung ins Deutsche, so könnten wir den Vorgang, den deutschen Befehl zu bilden, mit den Worten bezeichnen: "aus der Chiffer ableiten, was wir zu tun haben", oder "ableiten, welches die Befolgung des Befehls ist". Wenn wir anderseits nach dem Befehl handeln, ihn befolgen, so kann man auch hier in gewissen Fällen von einem Ableiten der Befolgung reden. | |||
293. Ich gebe die Regeln eines Spiels. Der Andere macht, diesen Regeln ganz entsprechend, einen Zug, dessen Möglichkeit ich nicht vorausgesehen hatte, und der das Spiel stört, so wie ich's nämlich wollte. Ich muß nun sagen: "Ich habe schlechte Regeln gegeben"; ich muß meine Regeln ändern oder vielleicht ergänzen. | |||
So habe ich also schon zum Voraus ein Bild des Spiels? In gewissem Sinne: ja! | |||
Es war doch z. B. möglich, daß ich nicht voraussah, daß eine quadratische Gleichung nicht reelle Lösungen haben muß. | |||
Die Regel führt mich also zu etwas, wovon ich sage: "Dieses Bild hatte ich nicht erwartet; ich stellte mir eine Lösung immer ''so'' vor: ......" | |||
294. Im einen Fall machen wir den Zug eines bestehenden Spiels, im andern setzen wir eine Spielregel fest. Man könnte auch das Zichen mit einer Spielfigur auf diese beiden Arten auffassen: als Paradigma für künftige Züge, und als Zug einer Partie. | |||
295. Du mußt bedenken, daß es ein Sprachspiel geben kann, 'eine Reihe von Ziffern fortsetzen', in dem keine Regel, kein Regelausdruck je gegeben wird, sondern das Lernen nur durch Beispiele geschicht. So daß die Idee, jeder Schritt sei durch ein Etwas—eine Art Vorbild—in unserm Geiste zu rechtfertigen, diesen Leuten gänzlich fremd wäre. | |||
296. Wie seltsam: Es scheint, als ob zwar eine physische (mechanische) Führung versagen, Unvorhergesehenes zulassen könnte, aber eine Regel nicht! Sie wäre sozusagen die einzig verläßliche Führung. Aber worin besteht es, daß eine Führung eine Bewegung nicht zuläßt und worin, daß eine Regel sie nicht zuläßt?—Wie weiß man das eine, und wie das andere? | |||
297. "Wie mach ich's denn, um ein Wort immer richtig, d. h., sinnvoll anzuwenden; schau ich immer in der Grammatik nach? Nein; daß ich etwas meine-was ich meine, hindert mich, Unsinn zu sagen."—"Ich meine etwas mit den Worten" heißt hier: Ich ''weiß'', daß ich sie anwenden kann. | |||
Ich kann aber glauben, sie anwenden zu können, und es zeigt sich, daß ich im Irrtum war. | |||
298. Daraus folgt nicht, daß Verstehen die Tätigkeit ist, durch die wir unser Verständnis zeigen. Die Frage, ob es diese Tätigkeit ist, ist irreführend. Sie darf nicht so aufgefaßt werden: "Ist also das Verstehen diese Tätigkeit—ist es nicht doch eine ''andere''?"—Sondern so: "Wird 'Verstehen' zur Bezeichnung dieser Tätigkeit gebraucht wird es nicht ''anders'' gebraucht?" | |||
299. Wir sagen: "Wenn ihr beim Multiplizieren wirklich der Regel folgt, ''muß'' das Gleiche herauskommen." Nun, wenn dies nur die etwas hysterische Ausdrucksweise der Universitätssprache ist, so braucht sie uns nicht sehr zu interessieren. Es ist aber der Ausdruck einer Einstellung zu der Technik des Rechnens, die sich überall in unserm Leben zeigt. Die Emphase des Muß entspricht nur der Unerbittlichkeit dieser Einstellung, sowohl zur Technik des Rechnens, als auch zu unzähligen verwandten Übungen. | |||
300. Mit den Worten: "''Diese'' Zahl ist die folgerechte Fortsetzung dieser Reihe," könnte ich einen dazu bringen, daß er in Zukunft das und das "folgerechte Fortsetzung" nennt. Was 'das und das' ist, kann ich nur an Beispielen zeigen. D. h., ich lehre ihn eine Reihe (Grundreihe) fortsetzen, ohne einen Ausdruck des 'Gesetzes der Reihe' zu verwenden; vielmehr, um ein Substrat zu erhalten für die Bedeutung algebraischer Regeln, oder was ihnen ähnlich ist. | |||
301. Er muß ''ohne Grund'' so fortsetzen. Aber nicht, weil man ihm den Grund noch nicht begreiflich machen kann, sondern weil es—in ''diesem'' System—keinen Grund gibt. ("Die Kette der Gründe hat ein Ende.”) | |||
Und das ''so'' (in "so fortsetzen") ist durch eine Ziffer, einen Wert, bezeichnet. Denn auf ''dieser'' Stufe wird der Regelausdruck durch den Wert erklärt, nicht der Wert durch die Regel. | |||
302. Denn dort, wo es heißt "Aber ''siehst'' du denn nicht .....?" nützt ja eben die Regel nichts, sie ist Erklärtes, nicht Erklärendes. | |||
303. "Er erfaßt die Regel intuitiv."—Warum aber die Regel? Und nicht, wie er jetzt fortsetzen soll? | |||
304. “Hat er nur das Richtige gesehen, diejenige der unendlich vielen Beziehungen, die ich ihm nahezubringen trachte, --hat er sie nur einmal erfaßt, so wird er jetzt ohne weiteres die Reihe richtig fortsetzen. Ich gebe zu, er kann diese Beziehung, die ich meine, nur erraten (intuitiv erraten)—ist es aber gelungen, dann ist das Spiel gewonnen."—Aber dieses Richtige von mir Gemeinte gibt es gar nicht. Der Vergleich ist falsch. Es gibt hier nicht quasi ein Rädchen, das er erfassen soll, die richtige Maschine, die ihn, einmal gewählt, automatisch weiterbringt. Es könnte ja sein, daß sich in unserm Gehirn so etwas abspielt, aber das interessiert uns nicht. | |||
305. "Tu dasselbe!" Aber dabei muß ich ja auf die Regel zeigen. Die muß er also schon ''anzuwenden'' gelernt haben. Denn was bedeutet ihr Ausdruck sonst für ihn? | |||
306. Die Bedeutung der Regel erraten, sie intuitiv zu erfassen, könnte doch nur heißen: ihre ''Anwendung'' erraten. Und das kann nun nicht heißen: die ''Art'', die ''Regel'' ihrer Anwendung erraten. Und vom Erraten ist hier überhaupt keine Rede. | |||
307. Ich könnte z. B. erraten, welche Fortsetzung dem Andern ''Freude'' machen wird (etwa nach seinem Gesicht). Die Anwendung der Regel erraten könnte man nur, sofern man bereits unter verschiedenen Anwendungen wählen kann. | |||
308. Man könnte sich ja dann auch denken, daß er, statt die 'Anwendung der Regel zu erraten', sie ''erfindet''. Nun, wie sähe das aus?—Soll er etwa sagen: "Der Regel + 1" folgen, möge einmal heißen zu schreiben: 1, 1+1, 1+1+1, u. s. w."? Aber was meint er damit? Das "u. s. w." setzt ja eben schon das Beherrschen einer Technik voraus. |