Tagebücher 1914-1916: Difference between revisions

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26.9. 14.
 
26. 9. 14.


Worauf gründet sich unsere – sicher wohl begründete – Zuversicht, daß wir jeden beliebigen Sinn in unserer zweidimensionalen Schrift werden ausdrücken können?!
Worauf gründet sich unsere – sicher wohl begründete – Zuversicht, daß wir jeden beliebigen Sinn in unserer zweidimensionalen Schrift werden ausdrücken können?!




27.9. 14.
27. 9. 14.


Ein Satz kann seinen Sinn ja nur dadurch ausdrücken, daß er dessen logisches Abbild ist!
Ein Satz kann seinen Sinn ja nur dadurch ausdrücken, daß er dessen logisches Abbild ist!
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Auffallend ist die Ähnlichkeit zwischen den Zeichen
Auffallend ist die Ähnlichkeit zwischen den Zeichen


"aRb"
<p style="text-align:center;">"aRb"<br>
und "aσR . Rσb".</p>


und "aσR . Rσb".


29.· 9.·14
29. 9. 14


Der allgemeine Begriff des Satzes führt auch einen ganz allgemeinen Begriff der Zuordnung von Satz und Sachverhalt mit Sich: Die Losung aller meiner Fragen muß ''höchst'' einfach sein!
Der allgemeine Begriff des Satzes führt auch einen ganz allgemeinen Begriff der Zuordnung von Satz und Sachverhalt mit Sich: Die Losung aller meiner Fragen muß ''höchst'' einfach sein!


Im Satz wird eine Welt probeweise zusammengestellt. (Wie wenn im Pariser Gerichtssaal ein Automobilunglück mit Puppen etc. dargestellt wird.) [''Vgl.'' 4.031.]
Im Satz wird eine Welt probeweise zusammengestellt. (Wie wenn im Pariser Gerichtssaal ein Automobilunglück mit Puppen etc. dargestellt wird.)<ref>Diese Bemerkung...</ref> [''Vgl.'' 4.031.]


Daraus muß sich (wenn ich nicht blind wäre) sofort das Wesen der Wahrheit ergeben.
Daraus muß sich (wenn ich nicht blind wäre) sofort das Wesen der Wahrheit ergeben.
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Denken wir an hieroglyphische Schriften, bei denen jedes Wort seine Bedeutung darstellt! Denken wir daran, daß auch ''wirkliche'' Bilder von Sachverhalten ''stimmen'' und ''nicht stimmen'' können. [''Vgl.'' 4.016.]
Denken wir an hieroglyphische Schriften, bei denen jedes Wort seine Bedeutung darstellt! Denken wir daran, daß auch ''wirkliche'' Bilder von Sachverhalten ''stimmen'' und ''nicht stimmen'' können. [''Vgl.'' 4.016.]


"": Wenn in diesem Bild der rechte Mann den
"[[File:Illustrazione 29.9.14.png|100px|link=]]": Wenn in diesem Bild der rechte Mann den Menschen A vorstellt, und bezeichnet der linke den Menschen B, so könnte etwa das ganze aussagen "A ficht mit B". Der Satz in Bilderschrift kann wahr und falsch sein. Er hat einen Sinn unabhängig von seiner Wahr- oder Falschheit. An ihm muß sich alles Wesentliche demonstrieren lassen:
 
Menschen A vorstellt, und bezeichnet der linke den Menschen B, so könnte etwa das ganze aussagen "A ficht mit B". Der Satz in Bilderschrift kann wahr und falsch sein. Er hat einen Sinn unabhängig von seiner Wahr- oder Falschheit. An ihm muß sich alles Wesentliche demonstrieren lassen:


Man kann sagen, wir haben zwar nicht die Gewißheit, daß wir alle Sachverhalte in Bildern aufs Papier bringen können, wohl aber die Gewißheit, daß wir alle ''logischen'' Eigenschaften der Sachverhalte in einer zweidimensionalen Schrift abbilden können.
Man kann sagen, wir haben zwar nicht die Gewißheit, daß wir alle Sachverhalte in Bildern aufs Papier bringen können, wohl aber die Gewißheit, daß wir alle ''logischen'' Eigenschaften der Sachverhalte in einer zweidimensionalen Schrift abbilden können.


Wir sind hier noch immer sehr an der Oberfläche, aber wohl auf einer guten Ader.
Wir sind hier noch immer sehr an der Oberfläche, aber wohl auf einer guten Ader.


30. 9. 14.
30. 9. 14.


Man kann sagen, in unserem Bilde stellt der Rechte etwas dar und auch der Linke, ''aber'' selbst wenn dies nicht der Fall wäre, so könnte ihre gegenseitige Stellung etwas darstellen. (Nämlich eine Bezieh­ ung.)
Man kann sagen, in unserem Bilde stellt der Rechte etwas dar und auch der Linke, ''aber'' selbst wenn dies nicht der Fall wäre, so könnte ihre gegenseitige Stellung etwas darstellen. (Nämlich eine Bezieh­ ung.)
Ein Bild kann Beziehungen darstellen, die es nicht gibt!!! Wie ist dies möglich?
Jetzt scheint es wieder, als müßte alle Beziehungen logisch sein, damit ihre Existenz durch die des Zeichens verbürgt sei.
2. 10. 14.
Was in "aRb.bSc" a und c verbindet ist nicht das "." Zeichen sondern ''das Vorkommen desselben Buchstabe'' "b" in den beiden einfachen Sätzen.
Man kann geradezu sagen: statt, dieser Satz hat diesen und diesen Sinn: dieser Satz stellt diesen und diesen Sachverhalt dar! [''S.'' 4.031.]
Er bildet ihn logisch ab.
Nur so kann ''der Satz'' wahr oder falsch sein: nur dadurch kann er mit der Wirklichkeit übereinstimmen oder nicht übereinstimmen, daß er ''ein Bild'' eines Sachverhaltes ist. ''[Vgl.'' 4.06.]
3. 10. 14.
Nur in ''soweit'' ist der Satz ein Bild eines Sachverhalts, als er logisch gegliedert ist! (Ein einfaches – ungegliedertes – Zeichen kann  weder wahr noch falsch sein.) [''Vgl.'' 4.032.]
Der ''Name'' ist ''kein'' Bild des Benannten!
Der Satz ''sagt nur insoweit etwas aus,'' als er ''ein Bild'' ist! [''S.'' 4.03.]
Tautologien sagen nichts aus, sie sind nicht Bilder von Sachverhalten: Sie sind selber logisch vollkommen neutral: (Das logische Produkt einer Tautologie und eines Satzes sagt nicht mehr noch weniger aus als dieser allein.) [''Vgl.'' 4.462 ''u.'' 4.465.]
4. 10. 14.
Es ist klar daß in "xRy" das bezeichnende Element einer Relation enthalten sein kann, auch wenn "x" und "y" nichts bezeichnen. Und dann ist die Relation das einzige, was in jenem Zeichen bezeichnet wird.
Aber wie ist es dann<ref>Bezieht sich auf früher.</ref> möglich, daß in einem Code "Kilo" heißt: "es geht mir gut"? Hier sagt doch ein ''einfaches Zeichen'' etwas aus, und wird benützt, andern etwas mitzuteilen!! –
Kann denn in der vorigen Bedeutung das ''Wort'' "Kilo" nicht wahr oder falsch sein?!
Jedenfalls kann man doch ein einfaches Zeichen dem Sinne eines Satzes zuordnen. –
Nur die Wirklichkeit interessiert die Logik. Also die Sätze NUR in soweit sie ''Bilder'' der Wirklichkeit sind.
Wie aber KANN ''ein Wort'' wahr oder falsch sein? Es kann jedenfalls nicht den ''Gedanken'' ausdrücken, der mit der Wirklichkeit übereinstimmt oder nicht übereinstimmt. Der muß doch gegliedert sein!
Ein Wort kann nicht wahr oder falsch sein in ''dem'' Sinne, daß es nicht mit der Wirklichkeit übereinstimmen kann, oder das Gegenteil.
6. 10. 14.
Der allgemeine Begriff zweier Komplexe, von denen der. eine das logische Bild des andern sein kann, also in ''einem'' Sinne ''ist.''
Die Übereinstimmung zweier Komplexe ist offenbar ''intern'' und kann daher nicht ausgedrückt sondern nur gezeigt werden.
"p" ist wahr, sagt nichts Anderes aus als p!
"'p' ist  wahr" ist – nach dem obigen – nur ein Scheinsatz, wie alle jene Zeichenverbindungen die scheinbar etwas sagen was nur gezeigt werden kann.
7. 10. 14.
Wenn ein Satz ''φ''a gegeben ist, so sind mit ihm auch ''schon'' alle seine logischen Funktionen (~''φ''a etc.) mitgegeben! [''Vgl.'' 5.442.]
8. 10. 14.
Vollständige und unvollständige Abbildung eines Sachverhaltes. (Funktion und Argument wird durch Funktion und Argument abgebildet.)
Der Ausdruck "nicht mehr weiter zerlegbar" ist auch einer der mit "Funktion", "Ding" etc. auf dem Index stehenden; wie aber wird das ''gezeigt'', was wir durch ihn ausdrücken wollen?
(Man kann natürlich weder von einem Ding noch von einem Komplex sagen, sie seien nicht mehr weiter zerlegbar.)
9. 10. 14.
Wenn es eine unmittelbare Zuordnung von Relationen gäbe, so wäre die Frage: wie sind dann die Dinge zu einander zugeordnet, die in diesen Relationen stehen? Gibt es eine direkte Zuordnung von Relationen ohne Rücksicht auf ihren ''Sinn''?<references />